Bei allem Optimismus und angesichts der großartigen Hilfsbereitschaft zahlloser Hamburgerinnen und Hamburger ist klar, dass die Unterbringung der vielen Flüchtlinge schon jetzt, aber erst recht in den kalten Wintermonaten eine gigantische Herausforderung sein wird.
Schon jetzt stehen oft nur völlig unzureichende Notunterkünfte und Zelte zur Verfügung, und nicht selten entsteht der Eindruck der Überforderung. Die Aufgabe des Senats erschöpft sich daher längst nicht darin, sich um die Flüchtlinge zu kümmern, die in Hamburg ankommen, er muss sich auf Bundesebene stark machen, um die Herausforderung in Hamburg beherrschbar zu machen. Frau Möller, ich habe mich ein bisschen gewundert, dass Sie den Zusammenhang nicht verstehen zwischen der Größe der Herausforderung, die wir in Hamburg jeden Tag ganz konkret haben, und den Entscheidungen, die auf Bundesebene in diesen Fragen getroffen werden. Deswegen hier einige unserer zentralen Forderungen an den Senat.
Erstes: Asylverfahren müssen beschleunigt werden und der Bund muss die finanzielle Verantwortung für die Flüchtlingsaufnahme übernehmen. Es ist doch so, dass der Bund über das Aufenthaltsrecht entscheidet. Der Bund hat die Behörde, die den Stempel auf den Asylantrag macht. Also muss der Bund auch die Kosten für die Unterbringung während dieser Phase übernehmen.
Frau Suding, ich habe den Zusammenhang verstanden. Ich habe nur die CDU darauf hingewiesen, dass sie Rot-Grün in Hamburg nicht daran erinnern muss, wir arbeiten selbst daran. Das war der feine Unterschied.
Kommen wir zurück zu der Forderung, dass der Bund die Kosten für die Unterbringung übernehmen soll. Dann hätte Innenminister de Maizière auch einen Anreiz, die Verfahren zu beschleunigen. Er bezahlt die Unterkünfte nicht, aber er stellt 1 600 Leute beim Zoll ein, um den Mindestlohn in einer Bäckerei zu kontrollieren, während beim Asylverfahren die Leute fehlen, um den Antragsstau zu bearbeiten. So geht es nicht.
(Beifall bei der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD – Dr. Andreas Dressel SPD: Der Min- destlohn ist ziemlich hilfreich in der jetzigen Situation!)
Es geht um die Kontrolle, Herr Dressel. Es sind 1 600 Leute; erzählen Sie einmal, ob die dort gut aufgehoben sind.
Das Flüchtlingspaket des Bundes, das vor anderthalb Wochen beschlossen wurde, und dass Hamburg Mehreinnahmen von etwa 75 Millionen Euro zuweist, ist – da sind wir uns wohl alle einig – nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Die SPD-Ministerpräsidentin aus NRW, Frau Kraft, hat es bereits lautstark kritisiert, und auch aus dem Senat hören wir sehr verhaltene, wenn nicht sogar kritische Töne und das zu Recht. Wer saß denn aber mit am Tisch, als dieses Paket beschlossen wurde? Raten Sie einmal: Es war Bürgermeister Scholz. Ich erwarte von ihm als Bürgermeister, dass er sich mit viel mehr Nachdruck für die Interessen Hamburgs einsetzt, auch und gerade in Berlin.
(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Wir sind doch noch mitten im Ge- spräch! Von euch war doch keiner dabei ge- wesen!)
Der zweite Punkt: Der Bund muss den Stau von 250 000 Asylanträgen in den Griff bekommen. Die Asylanträge aus dem Irak, aus Syrien oder aus Eritrea werden zu 99,5 Prozent positiv beschieden, aber die Leute bleiben trotzdem monatelang in den Aufnahmeeinrichtungen, auch in Hamburg, bis das endlich geschieht. Und deshalb unser Vorschlag einer pauschalen Anerkennung der bisherigen Anträge von Menschen aus diesen Ländern. Nach einer Sicherheits- und Identitätsprüfung muss der Stempel auf den Antrag. Dann können die Leute, von denen viele hochqualifiziert sind, endlich arbeiten. Sie warten nur darauf.
Drittens: Damit die Zahl der Flüchtlinge nicht weiter derart rasant steigt, müssen wir zügig von der ungeordneten zu einer geordneten Zuwanderung kommen. Die Länder des Westbalkans sind als sichere Herkunftsländer einzustufen, für diese Länder müssen wir die Visapflicht wieder einführen.
Der Bürgermeister sieht das genauso wie wir, und deswegen sage ich, der grüne Anbau in seinem Senat darf diese richtige Erkenntnis nicht blockieren. Wir erwarten vom Senat eine Zustimmung in dieser Frage im Bundesrat.
Viertens: Gleichzeitig müssen wir ein Einwanderungsgesetz schaffen, mit dem sich qualifizierte Menschen um eine Arbeitserlaubnis in Deutschland bewerben können. Deutschland ist längst ein Einwanderungsland, nehmen wir doch die Realität zur Kenntnis. Ich bitte Sie noch einmal, Herr Bürgermeister, machen Sie auch in dieser Frage endlich Dampf in Berlin.
Meine Damen und Herren! Als FDP-Fraktion sehen wir die Verantwortung, die die ganze Stadt in dieser außergewöhnlichen Situation trägt, und wir wollen unseren Teil dazu tun. Das haben wir immer betont, und das gilt auch weiterhin. Unsere Kritik an der Flüchtlingspolitik des Senats habe ich Ihnen erläutert. Wir haben große Bedenken, was die Solidität der Gegenfinanzierung der erheblichen Mehrbedarfe angeht. Daher haben wir unsere eigenen Vorschläge noch einmal ins Leben gerufen.
Wir fordern vom Senat, insbesondere vom Bürgermeister und stellvertretendem SPD-Vorsitzenden, deutlich mehr Einsatz für ein Umsteuern in der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Wir werden den beiden vorliegenden Drucksachen daher nicht zustimmen können und uns der Stimme enthalten.
Die Vorschläge, die uns die CDU mit ihrem Zusatzantrag vorgelegt hat, überzeugen uns nur teilweise. Manches geht in die richtige Richtung, manches aber auch in die falsche. Wir werden uns daher bei Ihrem Antrag insgesamt enthalten.
Dem Zusatzantrag von SPD und GRÜNEN werden wir dagegen zustimmen. Wir erwarten vom Senat volle Transparenz über die Verwendung der Mittel, übrigens – und das muss man ganz klar sagen – auch über das 1. Quartal 2016 hinaus. Ich hoffe, das war kein Missverständnis in diesem Antrag. Wir werden jedenfalls auch hier nicht lockerlassen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Sie mich fragen, was ich mit meiner Wohnung verbinde, dann sage ich Ihnen sofort: ein Zuhause. Ein Zuhause haben mehr als 2 500 Obdachlose in unserer Stadt nicht. Auch nicht die rund 300 000 Asylsuchenden, die schätzungsweise bis zum Jahresende nach Hamburg kommen. Gesunder Menschenverstand und Humanität gebieten, dass wir uns über eine Sache einig sind: Eine Pappe im Hauseingang ist kein Zuhause. Ein Zelt ist kein Zuhause. Auch Massenunterkünfte sind noch kein Zuhause, im Vergleich zu einem Zelt allerdings schon eine Verbesserung. Hamburg muss es sich leisten können, die Zelte abzubauen und feste Einrichtungen zu schaffen. Auch für Menschen, die ohne Bleibeperspektive hier sind, ist eine temporäre Unterbringung notwendig. Ich verzichte darauf, unsere Forderungen nach kürzeren Asylverfahren und schnelleren Rückführungen zu thematisieren. Dass solche Maßnahmen ergriffen werden müssen, ist selbstverständlich.
Ich möchte hier den Fokus auf einen anderen Punkt richten, auf Frauen, die allein nach Deutschland kommen. Notwendig sind schützende Räume für Frauen und ihre Kinder. In Hessen machen Organisationen wie pro familia und der Landesfrauenrat mobil, weil es zahlreiche Übergriffe in den Heimen – und ich rede hier ausdrücklich nicht vom Wachpersonal – auf allein eingereiste Frauen gibt. Davor dürfen wir die Augen aus politischer Korrektheit nicht verschließen, sondern wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass nicht alle Kulturen unser Frauenbild teilen. Auch wenn es sich hier hoffentlich nur um Einzelfälle handelt, dürfen wir uns das nicht bieten lassen. Hier muss mit der vollen Härte unseres Gesetzes gegen solche Übergriffe vorgegangen werden. Und dazu gehört auch, solche Dinge nicht unter den Teppich zu kehren, weil es zum Sommermärchen der Willkommenskultur nicht passt.
Dass der Staat repressiv vorgeht und dieses abscheuliche Verhalten bestraft, ist aber ein bloßes Minimum. Es müssen auch präventive Maßnahmen ergriffen werden, damit jedem Asylsuchenden hinlänglich Sicherheit geboten wird. So sind ab
schließbare Räume beispielsweise ein Muss. Auch sollte man darüber nachdenken, ob es in Anlehnung an das Konzept der Frauenhäuser nicht möglich sein sollte, weibliche Asylsuchende, die sich bedroht fühlen, in separaten Einrichtungen unterzubringen. Ich bin ziemlich schockiert, dass ich mich im Jahr 2015 wieder für Frauenrechte einsetzen muss, aber das ist ein Problem, das mit der wachsenden Zahl an Asylsuchenden aus anderen Kulturkreisen eher zu- als abnehmen wird.
Schon heute kann jeder, der durch die Straßen unserer Stadt geht, rein optisch bemerken, dass die Errungenschaften der Frauenbewegung wieder unter Druck geraten. Ich rede ausdrücklich davon, dass Kopftücher und andere Arten der Verschleierung deutlich zugenommen haben. Das ist für mich nichts anderes als eine Form der Unterdrückung der Frau. Genauso, wie wir aus Humanität und Rechtsstaatlichkeit heraus jedem Asylsuchenden hier eine zeitweilige Unterkunft bieten, gebieten diese Werte auch, dass wir an unseren Grundrechten festhalten und eine Unterdrückung von Frauen nicht dulden. Meine Damen und Herren vom Senat, mein Appell an Sie lautet: Kümmern Sie sich um dieses Problem. Schaffen Sie stabile, warme und sichere Unterkünfte.
Haushalterisch ist Ihr Geldbeschaffungsprogramm eine Katastrophe. Aus allen Ecken wurden in diesem Jahr nicht benötigte Geldmittel abgezweigt, um sie in die Krisenbewältigung zu stecken. Das wurde durch die CDU ausreichend erläutert. Solange aber die Bundeswehr nicht bereit ist, verstärkt nicht mehr benötigte Kasernen zur Verfügung zu stellen, müssen wir Notunterkünfte schaffen. Auch eine Notunterkunft oder eine Kaserne ist auf Dauer jedoch kein Zuhause. Aber wie bereits eingangs erwähnt, humaner und sicherer als ein Zelt.
Da wir uns dem Ziel nicht verschließen, werden wir trotz massiver Bedenken an der Art der Finanzierung nicht gegen Ihr Konzept stimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bewegende Szenen spielen sich an den Grenzen Europas und auf den europäischen Bahnhöfen ab. Die Bilder, die wir jeden Abend im Fernsehen sehen, kann man kaum aushalten. In Deutschland und auch in Hamburg gibt es eine überwältigende Hilfsbereitschaft. Die Menschen, die zu uns kommen und Schutz suchen, brauchen diese Solidarität. Am Samstag haben über 8 000 Hamburger und Hamburgerinnen auf dem Rathausmarkt ihre Solidarität mit Flücht
(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der FDP, der AfD, vereinzelt bei der CDU und bei Nebahat Güçlü fraktionslos)
Kein gutes Zeichen ist es, Flüchtlinge im Winter in Zelten unterzubringen. Im "Hamburger Abendblatt" konnte man heute im Kommentar von Insa Gall Folgendes lesen – ich zitiere –:
"Man mag sich gar nicht vorstellen, wie es sich darin lebt, wenn der Regen den Untergrund und die Wege aufweicht, wenn die Herbststürme einsetzen, wenn draußen Schnee fällt und im Inneren gegen die Minusgrade kaum noch anzuheizen ist. Solche Bilder vertragen sich außerordentlich schlecht mit dem Hochgefühl, das die Deutschen und auch die Hamburger erfasst hat."
Noch vor Wochen gab es die feste Zusage, dass es im Winter keine Zeltunterkünfte für Flüchtlinge in Hamburg geben wird. Und nun ist eingetreten, was viele befürchtet haben, Sie können Ihr Versprechen nicht halten. Eingesehen haben Sie, dass mehr Geld benötigt wird, um die ankommenden Flüchtlinge unterzubringen, aber die Menschen, die hier ankommen, brauchen mehr als ein festes Dach über dem Kopf. Neulich war eine junge Frau zu sehen, die ein Transparent mit der Aufschrift "Wir sind nicht gekommen, um hier zu essen und zu schlafen" in den Händen hielt.
Die vom Senat vorgelegte Nachbewilligungsdrucksache in Höhe von 501 Millionen Euro für die Finanzierung von Mehrbedarfen in der Unterbringung, Betreuung, medizinischen Versorgung und Integration von Flüchtlingen wird nicht reichen. Es fängt schon damit an, dass in der Drucksache davon ausgegangen wird, dass in diesem Jahr 400 000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Inzwischen gehen wir alle von 1 Million aus. Das ist also eine Steigerungsrate von 66 Prozent; die Zahl in der Drucksache ist längst überholt. Klug ist das nicht, Frau Bekeris. Laut Drucksache soll die Finanzierung aus Rücklagen, aus unverbrauchten Haushaltsresten und durch Umverteilung und Einsparungen in den Behörden zusammengekratzt werden, quasi die Schatzkiste des Finanzsenators geöffnet werden. Eine solide Finanzierung sieht anders aus. Gar nicht aufgeführt werden die Steuermehreinnahmen,
die nach Schätzungen erheblich sein werden. Allein für 2015 sollen es 327 Millionen Euro und für 2016 414 000 Millionen Euro sein. Frau Suding hat Frau Kraft zitiert, ich zitiere einen Kollegen von Ihnen aus dem Landtag in Nordrhein-Westfalen, nämlich den FDP-Abgeordneten Joachim Stamp. Der hat neulich in einer Debatte gesagt – ich zitiere –: