Protokoll der Sitzung vom 11.11.2015

[Gemeinsamer Bericht des Ausschusses für Sport und Olympia und des Ausschusses für Umwelt und Energie zum Thema: Hamburgs Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Spiele – Sachstandsbericht Nachhaltigkeitskonzept (Selbstbefas- sungsangelegenheit) – Drs 21/1888 –]

[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Nachhaltige und soziale Spiele – Auch die Bürgerschaft ist in der Pflicht – Drs 21/2197 –]

Wer wünscht dazu das Wort? – Frau Sparr von der GRÜNEN Fraktion, Sie bekommen es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir merken es gerade selbst: frühsommerliche Temperaturen zu Karnevalsbeginn. Das freut zwar den Narren, ist aber eigentlich ein dringender Hinweis darauf, dass wir endlich den Klimawandel in den Griff bekommen müssen.

Andere, viel handfestere Hinweise kommen dabei aus Ländern, die mit den Folgen viel direkter und brutaler konfrontiert sind als wir. Orkanstürme in Mittelamerika verheeren ganze Landschaften, Dürrekatastrophen und Wüstenbildungen führen zu Missernten und Revolten.

So durchlebte zum Beispiel Syrien von 2006 bis 2011 eine hierzulande wenig wahrgenommene Dürreperiode. Das Assad-Regime tat nichts, um die Folgen zu lindern, und das war wiederum einer der Gründe für die Revolte, die zum Aufstand und damit in letzter Konsequenz zu dem Massenexodus beiträgt, den wir jetzt erleben und der dazu beiträgt, dass Hamburg viel stärker wächst als in den letzten Jahren gedacht.

Um das Klima wirklich zu retten, brauchen wir natürlich internationale Vereinbarungen, wie sie hoffentlich Anfang Dezember in Paris getroffen werden.

(Dennis Thering CDU: Zum Thema!)

Ich habe Ihren Zwischenruf schon fast erwartet, Herr Thering.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ist schon das Wort Olympia gefallen? – Glocke)

(unterbrechend) : Frau Kollegin, einen Moment bitte. – Meine Damen und Herren! Auch eine kleine Zahl von Abgeordneten kann sehr viel Unruhe verursachen, das haben wir jetzt gerade festgestellt. Ich glaube, es gibt einen dezenten Hinweis auf das Thema. Ich würde mich dem anschließen. – Frau Abgeordnete, fahren Sie fort bitte.

Ich werde die Frage sofort auflösen, was das mit Olympia zu tun hat oder ob wir für das Klima Olympia nicht bräuchten.

Die Antwort lautet: Es hat eine ganze Menge mit unserer Olympiabewerbung in Hamburg zu tun, denn auch für das Klima können wir Olympia recht gut gebrauchen. Wir haben hier vor Ort eine Verantwortung, hier in unserem Stadtstaat Hamburg können wir einiges für das Klima tun.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Hauptforderung ist, dass alles und jedes in dieser Stadt, von der Beschaffung in den Behörden über Verkehr bis zu Bauvorhaben, unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit betrieben werden muss.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das machen Sie doch sowieso, das erklären Sie uns doch immer!)

Ich erkläre Ihnen das nur noch einmal, damit Sie das verarbeiten können.

Das bedeutet, herauszugehen aus den fossilen Energieträgern und hin zu den erneuerbaren. Das bedeutet bei Baustoffen, nicht nur auf die technischen Eigenschaften zu achten, sondern auch darauf, ob möglichst viele nachwachsende, recycelbare Rohstoffe enthalten sind und wie viel Energie für die Herstellung benötigt wurde. Das bedeutet aber auch faire und gesunde Arbeitsbedingungen für diejenigen, die diese Baustoffe herstellen und mit ihnen arbeiten.

In Sachen Nachhaltigkeit haben wir noch einen weiten Weg vor uns, aber die Olympiabewerbung hat dort tatsächlich etwas ausgelöst. Die bemerkenswert ambitionierten Anforderungen des Internationalen Olympischen Komitees wirken da wie ein Katalysator. Man mag das befremdlich finden, denn theoretisch könnte man viele der mit Olympia verknüpften Projekte auch so angehen. Die Erfahrung der letzten Monate zeigt allerdings: Mit Olympia wird es besser, schneller und sogar kostengünstiger gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Carl-Edgar Jarchow FDP)

Nachhaltigkeit bedeutet nämlich auch, dass nicht alles, was für die Spiele gebaut und bezuschusst wird, wieder abgebaut werden muss. Es sollen nachhaltige, klimaneutrale und sozial gerechte

Olympische Spiele werden. Das hat es so noch nicht gegeben, aber nichts Geringeres haben wir jetzt vor. Unsere Fachbehörden haben sich auf den Weg gemacht und erarbeiten ein olympisches Nachhaltigkeitskonzept, das sich sehen lassen kann. Wenn wir die Olympischen Spiele 2024 in Hamburg bekommen, dann wird es ein Olympia der kurzen Wege geben.

(Glocke)

(unterbrechend) : Frau Sparr, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Sudmann zu?

Nein, dann werde ich nicht fertig, danke.

Das wird von Ihrer Redezeit nicht abgehen.

Ulrike Sparr GRÜNE (fortfahrend) : Dennoch möchte ich gern meine Rede beenden. Danke.

(Dirk Nockemann AfD: Im Parlamentarismus sind Zwischenfragen zu stellen!)

Es reichen die Zwischenrufe, vielen Dank.

Wenn wir die Olympischen Spiele 2024 in Hamburg bekommen, dann wird es ein Olympia der kurzen Wege geben. Die meisten Spiele liegen innerhalb eines 10-Kilometer-Radius in der Stadt, nur wenige Wettbewerbe sollen außerhalb stattfinden, wie zum Beispiel die Segelwettbewerbe in Kiel. Wir werden dann alle Sportstätten barrierefrei errichten, und sie werden mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sein. Dann können wir auf dem Kleinen Grasbrook, der jetzt eine wenig effizient genutzte Lagerfläche ist, einen neuen Stadtteil bauen. Nach den Spielen wird er 8 000 Wohnungen bieten, und ein Drittel davon wird öffentlich gefördert sein. Dann werden wir die neu entstandenen Bauten den Kriterien der Nachhaltigkeit und den hohen energetischen Anforderungen der Gesellschaft für nachhaltiges Bauen anpassen. Dann wird ein neuer Park für gute Luft und Erholung sorgen, und im Uferbereich des Grasbrooks werden wir Flachwasserzonen zur Regeneration der Elbe anlegen.

Und nicht zuletzt: Olympia bedeutet überhaupt erst einmal Arbeit für viele Hamburgerinnen und Hamburger, alteingesessene und neu hinzugekommene, in Berufen völlig unterschiedlicher Qualifikation und Vielfältigkeit. Auch dies ist eine Dimension von Nachhaltigkeit. Wir wollen ebenfalls die Lieferketten der für Olympia benötigten Produkte beachten, vom T-Shirt bis zum Baustahl. Wir wollen, dass diese möglichst ökologischen Kriterien genügen und unter fairen Bedingungen und mit anständigen Löhnen produziert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Hinzu kommt, dass viele Sportvereine und Schulen von den Spielen profitieren würden. Wir werden sie nämlich bitten, ihre Trainingsstätten für die Zeit der Spiele den Olympioniken zur Verfügung zu stellen, und im Gegenzug werden wir ihre Hallen renovieren, Sportplätze sanieren und neue bauen. Wir werden dabei aber auch die Kosten nicht aus dem Blick verlieren. Niemand kann diese heute schon bis auf die letzte Kommastelle voraussagen, aber der Finanzreport hat eine Schätzung vorgelegt, die nicht nur die Preissteigerungen, sondern auch viele Polster für Unvorhergesehenes umfasst, sodass wir mit den 7,4 Milliarden Euro doch mehr als eine Ahnung bekommen von dem, was insgesamt für die Spiele aufgewandt werden muss.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Steuergelder!)

Eines ist klar: Hamburg wird sich nicht übernehmen, die Schuldenbremse gilt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Mehr als 1,2 Milliarden Euro, über die Jahre verteilt, sind für uns nicht drin. Wenn der Bund nicht im erforderlichen Maße einsteigt, dann war es das. Dann wird es diese Spiele nicht geben. Dafür stehen auch wir GRÜNEN.

Das ist aber nicht das, worauf die Regierungsfraktionen hinarbeiten. Wir wollen vielmehr einen großen Sprung nach vorn machen, mit nachhaltigen Spielen, von denen die ganze Stadt profitiert. Darum ist es uns auch so wichtig, transparent zu agieren und den Dialog mit sehr vielen Hamburgerinnen und Hamburgern zu führen. Darum gibt es die vielen öffentlichen Veranstaltungen zu Olympia, und darum gibt es auch das Referendum.

Genauso wichtig ist die Zusammenarbeit mit Organisationen und Verbänden, die jahrzehntelange Expertise in Sachen Ökologie, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit aufgebaut haben. Deshalb haben Hamburg, Schleswig-Holstein und der Deutsche Olympische Sportbund einerseits, DGB, NABU und Zukunftsrat andererseits gemeinsame Absichtserklärungen zu den hier skizzierten Zielen unterschrieben. Wir haben uns damit durchaus kritische Partner ins Boot geholt, aber das soll auch so sein, denn bis 2024 haben wir einen Marathon vor uns. Da mag schon manch einer unterwegs müde werden, und da mag es dann helfen, von diesen Partnern einmal gezwackt zu werden.

Meine Damen und Herren! Wenn das Referendum und die Bewerbung positiv ausgehen, werden wir 2024 nicht nur hoffentlich fröhliche und erfolgreiche Olympische Spiele in Hamburg haben, sondern wir werden viel mehr haben: eine in weiten Teilen erneuerte und nachhaltige Infrastruktur, neue U-Bahnen, Fahrradstraßen und Fußwege und einen citynahen neuen Stadtteil mit Wohnungen für viele Tausend Menschen, der kaum Ener

gie verbraucht und vielleicht sogar selbst welche produziert. Das alles bedeutet, dass mehr Einwohner weniger Energie pro Kopf verbrauchen; der Kohlendioxidausstoß der Stadt wird zumindest nicht wesentlich steigen. Damit hätten wir auch für den Klimaschutz einen großen Beitrag geleistet. Ich finde, dafür lohnt es sich zu arbeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt nun Frau Dr. Schaal von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachhaltigkeit, Transparenz und Teilnahme, das sind die zentralen Elemente des Hamburger Bewerbungskonzepts für Olympische und Paralympische Spiele in Hamburg. Der DGB Nord sowie der Zukunftsrat Hamburg und der NABU wollen daran mitarbeiten, dass dieser sperrige Begriff der Nachhaltigkeit nicht weiter abstrakt bleibt, sondern dass die Vorstellungen von Nachhaltigkeit nach einem positiven Ausgang des Referendums auch mit Leben gefüllt und umgesetzt werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Glocke)

(unterbrechend) : Frau Dr. Schaal, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Sudmann zu?

Nein, vielen Dank. Sie können sich wieder melden und Ihren Beitrag leisten.

Das haben die Verbände in Absichtserklärungen mit der Stadt und dem DOSB niedergelegt. DGB und Stadt wollen ein Olympia der guten Arbeit. Dabei geht es nicht nur um die nationalen und internationalen Tarif- und Arbeitsbedingungen, sondern auch um Teilhabe, um Barrierefreiheit und um einen guten Zustand der öffentlichen und sozialen Infrastruktur bei Verkehr oder Inklusion. Keiner darf ausgegrenzt werden. Auch die Mieten müssen bezahlbar bleiben, und alle Bevölkerungsgruppen sollen bei der Planung, Ausgestaltung und Durchführung der Spiele mit einbezogen werden. Das ist wegweisend und zeichnet die Hamburger Bewerbung schon jetzt aus.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Von Olympischen und Paralympischen Spielen in unserer Stadt sollen eben nicht nur einige wenige, sondern die ganze Stadt profitieren, und das ist schon jetzt spürbar. Es ist ein wichtiges Signal, dass sich die Stadt in Sachen Olympia zusammen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund auf den Weg gemacht hat. Ich werte es aber auch als ein sehr wichtiges Signal, dass der NABU zusammen mit dem Zukunftsrat, der per se schon für Nachhal

(Ulrike Sparr)