Protokoll der Sitzung vom 09.12.2015

Wir auch.

(Andrea Oelschläger)

von 185 Milliarden Euro auf 50 Milliarden Euro abbauen. Deswegen war es so falsch, Herr Hackbusch, 2009 die Abwicklung der Bank zu fordern. Aus heutiger Sicht ist es erwiesenermaßen falsch, in solchen Situationen vor unangenehmen Lösungen davonzulaufen, und deswegen war es richtig, die Restrukturierung so zu betreiben. Das ist nicht einfach, aber es hat sich im Hinblick auf diese enormen Risikopositionen, die wir 2009 noch hatten, gelohnt. Verblieben sind aber nach wie vor besonders problematische Altgeschäfte, insbesondere mehrere Milliarden Euro alte Schiffskredite, die als Lasten der Vergangenheit in der Bilanz der Bank liegen. Solche Kredite verschlechtern die aufsichtsrechtlichen Kennzahlen, das Rating, die Stabilität und auch die Ertragskraft einer Bank. Als Eigentümer, Gewährträger und Garantiegeber haben wir als Länder aber ein eigenes Vermögensinteresse, dass für diese Altgeschäfte eine Lösung gefunden wird – Altgeschäfte, die in früheren Jahren, nicht vom heutigen Vorstand und der heutigen neuen HSH Nordbank, auf unverantwortliche Art und Weise angegangen wurden. Wie viele Verluste davon am Ende von den Länderhaushalten zu tragen sind, werden wir erst in einigen Jahren wissen. Es gibt eben diese Glaskugel nicht, in die irgendjemand hineinblicken kann. Deswegen schließe ich für die Zukunft auch ausdrücklich nichts aus. Diese Fragen, ob ich ausschließen könne, dass dies oder jenes passiert, sind ziemlich anstrengend. Wir können es nicht ausschließen. Es gehört zur Wahrheit dazu, dass wir, wenn wir vernünftige Annahmen, auch Worst-Case-Annahmen treffen, feststellen – das ist eine sehr harte rationale Überlegung –, dass selbst im schlimmsten Fall, der bei der Fortführung passieren kann, die Länder immer noch viele Milliarden Euro Vorteile dadurch haben, dass wir die Bank jetzt nicht unkontrolliert oder nach SAG (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz) abwickeln, sondern sie weiterführen und ihr die Möglichkeit geben, sich besser aufzustellen und das Kerngeschäft fortzuentwickeln. Damit eröffnen wir uns eine Chance, die Bank in zwei Jahren zu verkaufen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Damit haben wir eine zusätzliche Option, denn ein positiver Verkaufserlös in zwei Jahren verbessert unsere Vermögensposition, die ohnehin gefährdet genug ist. Bei der Auslagerung von Risiken, die schon in der Bank liegen und für die wir auch immer wirtschaftlich haften, wenn sie in der Bank bleiben, geht es also nicht um neue Milliarden oder neue Risiken, sondern um den Abbau der alten Risiken, ohne dass diese das positive Neugeschäft und den werthaltigen Teil der Bank in Mitleidenschaft ziehen. Mit der Fortführung der HSH Nordbank haben wir die Möglichkeit, diese Bank so zu organisieren und weiterführen zu können, dass es zu einem positiven Verkaufserlös kommen kann. Deshalb werden wir den Verkaufsprozess, weil er

für uns eine zusätzliche Option und Chance ist, professionell organisieren, darüber aber – das sage ich ausdrücklich, Herr Kruse – keine Spekulationen in die Welt setzen, auch wenn Sie dies fordern, um mit solchen Spekulationen über den Verkaufsprozess politische Spiele zulasten der Steuerzahler zu betreiben. Das kommt nicht infrage.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die für eine Inanspruchnahme der Garantie von der CDU beantragte Verringerung der Kreditermächtigung wirkt auf mich wie eine Fortsetzung der Behauptung, die Länder müssten nicht in vollem Umfang für die Garantie eintreten, die sie 2009 übernommen haben. Von diesem Irrtum kann ich nur abraten. Wir werden in jedem Fall für alles einstehen müssen, was am Ende von dem großen Vermögensschaden übrig bleibt, der durch eine verfehlte Landesbankenpolitik bis 2008 angerichtet wurde.

Mit der Umsetzung der Verständigung, die wir in Brüssel erreicht haben, werden die Risiken für den Steuerzahler weiter verringert und nicht erhöht und die Vermögensinteressen der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein bestmöglich gewahrt. – Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt nun Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Hackbusch, ich möchte auf Sie zurückkommen, denn wir haben sehr genau dem zugehört, was Sie eben gesagt haben. Nachdem Sie sehr allgemein darüber geredet haben, man müsste irgendwelche anderen Dinge tun, haben Sie ein paar Dinge erwähnt, weshalb Sie meinen, die Abwicklung nach SAG sei vorteilhaft. Aber Sie haben auch schon für die Abwicklung 2009 gestritten, als wir noch eine Gewährträgerhaftung von 64 Milliarden Euro hatten, es kein SAG gab und eine Abwicklung ein bestandsgefährdender Vermögensschaden für die Stadt Hamburg gewesen wäre. Sie sagten, aus Ihrer Sicht bestünde der erste Vorteil darin, dass nicht mehr die Freie und Hansestadt Hamburg oder der jetzige HSH Nordbank-Vorstand, sondern unabhängige Kontrolleure eingesetzt werden, die überhaupt kein Interesse an der Wahrung der Vermögensposition der Freien und Hansestadt Hamburg hätten. Wie das vorteilhaft sein kann, Herr Hackbusch, ist mir wirklich schleierhaft.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dann sagten Sie in einem Nebensatz, das Eigenkapital sei aufgebraucht. Diese Aussage ist schlicht falsch. Die HSH Nordbank hat gerade einen ziemlich harten Bankenstresstest vor einem Jahr bestanden, weil das Eigenkapital eben nicht

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

aufgebraucht ist, sondern weil sie eine Eigenkapitalquote hat, die genau das erfüllt. Und genau deswegen ist es auch weiterhin ein Vermögensschaden der Länder, wenn es exakt an der Stelle zu einer Abwicklung kommt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie sagten auch, es gebe wieder die ominösen Sprünge in den Wertpapieren von Investoren. Genau darauf sind wir auch eingegangen, und genau darauf ist Bain & Company ebenfalls eingegangen, als sie gesagt haben, natürlich seien nicht alle dieser Titel gewährträgerbehaftet, sondern es gebe natürlich auch nichtgewährträgerbehaftete Titel und selbstverständlich profitierten diese Titel davon, wenn das Institut als Ganzes gerettet wird. Nur noch einmal die Fragestellung: Warum sollten wir als Stadt mehrere Milliarden Euro mehr ausgeben, nur damit private Investoren nicht noch zusätzlich geschädigt werden? Das macht doch in der Sache überhaupt keinen Sinn.

Sie haben als letzten Punkt angeführt, dass man das alles erst im Jahr 2016 stattfinden lassen solle. Mit Verlaub, wie das gehen und wie der Weg dahin aussehen soll, haben Sie leider nicht gesagt, und genau darauf bezog sich unser Reden am Anfang. Es gibt nämlich diesen dritten Weg nicht. Und wenn Sie sagen, es gebe ihn, dann müssen Sie ihn schon sehr konkret beschreiben, und zwar mit einer Sicherheit von mindestens 97,79 Prozent, damit Sie den Weg auch gehen können. Die Restsicherheit würde nämlich einen erheblichen Vermögensschaden für die Stadt Hamburg bedeuten. Das hilft uns in der Sache nicht weiter. Auch diesen Weg haben Sie nicht aufgezeigt, und ich kann daher wieder nur zur Mechanik feststellen, dass wir in die Gewährträgerhaftung gehen, dass uns die Bank gehört, dass uns das Eigenkapital verloren geht und wir auch noch der Anteilseigner sind. Zu dieser Mechanik haben Sie sich erneut nicht verhalten, und deswegen kann ich diese Position irgendwann nicht mehr ernst nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte auch noch auf die Aussage eingehen, alles werde immer schlechter. Sicherlich ist die Entwicklung der Bank nicht einfach, aber man muss sich doch auch einmal vor Augen führen, dass wir in 2009, als wir das erste Mal darüber gesprochen haben, wie man so eine Bank rettet, eine Gewährträgerhaftung von 64 Milliarden Euro hatten, die mittlerweile auf 12 Milliarden Euro gesunken ist und am 31. Dezember dieses Jahres auf 2,5 Milliarden Euro sinken wird. Wir sind also nicht mehr in der Situation, dass wir einen bestandsgefährdenden Vermögensschaden für die Stadt Hamburg haben. Wer in dieser Zeit behauptet, die Risiken seien nicht abgebaut und alles sei schlechter geworden, hat einfach nicht verstanden, wie sich diese Bank in der letzten Zeit entwickelt hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dasselbe gilt, nur ein wenig anders, auch für Herrn Kruse. Herr Kruse, Sie haben viele Fragen gestellt, und in der Tat gibt es einige Fragen, die Sie zu Recht gestellt haben.

(Michael Kruse FDP: Danke!)

Sicherlich, wenn wir noch ein halbes Jahr gewartet hätten, dann wäre nicht nur die Bank pleite gegangen und wir hätten ein großes Problem, sondern dann hätten Sie gefragt, warum die Drucksache so spät komme. Nun sagen Sie, die Drucksache komme zu schnell. Man kann es Ihnen an der Stelle nicht recht machen. Aber neben der Tatsache, dass Sie viele Fragen gestellt haben, haben Sie sich überhaupt nicht zu der Sache verhalten. Sie haben überhaupt keine Aussage dazu getroffen, dass es eine Mechanik gibt, die, wenn wir in eine unkontrollierte Abwicklung gehen, die die logische Konsequenz Ihres Antrags wäre, für die Freie und Hansestadt Hamburg mindestens 4 Milliarden Euro teurer wäre, als jetzt eine Entscheidung zu treffen.

(Michael Kruse FDP: Noch neun Tage!)

Und ich finde, zu diesem rationalen Grund müssen Sie sich auch verhalten, Herr Kruse. Ich denke, man könnte von einem verantwortungsvollen Abgeordneten erwarten, dass er dann auch mit Ja stimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das ist ein wenig das Grundmissverständnis, das Herr Kubicki und auch Sie vor sich her tragen. Sie fordern immer, die Bank zu privatisieren. Aber wie wollen Sie denn eine Bank privatisieren, die niemand kaufen möchte? Die Voraussetzung, um diese Bank zu privatisieren, ist doch die Entscheidung, die wir heute treffen. Deswegen müssen Sie erst diese Entscheidung treffen, und dann können Sie sich auf den Weg machen. Das müssen Sie doch einsehen, denn andersherum wird es nicht funktionieren, andersherum wäre diese Bank abgewickelt worden. Genau deswegen machen wir das hier, und wenn Sie verantwortungsvoll handeln, obwohl uns zugegebenermaßen vieles an diesem Geschäftsgebaren der Bank gestern genervt hat und man ihr auch manchmal heute auf die Finger schauen muss, so muss man heute diese Entscheidung sinnvoll treffen. Dies muss möglich sein, ohne dass man von Ihnen unterstellt bekommt, man würde sich Hoffnung machen auf diverse Zusatzszenarien in der Zukunft. Der Finanzsenator hat sehr treffend gesagt, dass wir nicht in die Glaskugel schauen, aber jetzt eine rationale Abwägungsentscheidung treffen können. Und diese ist ziemlich eindeutig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Nun bekommt Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion das Wort.

(Dr. Anjes Tjarks)

(Zurufe von der SPD und der LINKEN: Oh, oh!)

Es ist ein bisschen nach dem Zufallsprinzip, wie wir in der zweiten Runde aufgerufen werden.

(Glocke)

Es ist schlicht nach der Redereihenfolge.

Ich möchte mich jetzt nicht darüber auslassen, denn ich finde die Drucksache so inhaltsschwer, dass wir sie weiter diskutieren sollten.

Ich möchte auf den Vorwurf der SPD eingehen, die sich die Aussage von Frau Heinold gestern zu eigen gemacht hat. Es steht schlichtweg die Formulierung im Raum, der Antrag, den die CDU vorgelegt habe, widerspreche der Einigung mit der EUKommission, und wenn man den heute so beschließen würde, wäre die Folge die sofortige Abwicklung der Bank. Diesen Vorwurf weise ich entschieden zurück. Ich finde es sehr wohltuend, dass sich unser Hamburger Finanzsenator dieser Argumentation gar nicht angeschlossen hat, Herr Schreiber. Das ist Ihnen vielleicht auch aufgefallen.

(Beifall bei der CDU)

Die Argumentation war immer, dass die Abwicklungsanstalt in diesem Jahr aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen gegründet werden muss. Das finde ich völlig plausibel. Und ansonsten – auch das habe ich eben noch einmal in den Wortprotokollen nachgelesen – hat auch der Finanzsenator selbst an vielen Stellen darauf hingewiesen, dass die Marktwerte der Portfolien, die wir übernehmen, deutlich unter dem Nominalwert liegen. Im Übrigen ist die Formulierung mit der EUKommission nicht fix, 6,2 Milliarden Euro, sondern es heißt bis zu 6,2 Milliarden Euro, Herr Schreiber. Auch insofern sehe ich da keinen Dissens mit der Vereinbarung der EU-Kommission. Entweder ist es von Ihnen eine Irreführung in der Argumentation, oder aber wir sind im Ausschuss schlichtweg falsch informiert worden. Beides halte ich für sehr unangemessen bei einer Drucksache dieser Tragweite.

(Beifall bei der CDU)

Gehen wir noch einmal auf unseren Antrag ein; Herr Tjarks liest ihn gerade noch einmal nach.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Nee, das ist "So- zialismusAktuell"! – Gegenruf von André Trepoll CDU: Das erklärt einiges!)

Das ist "SozialismusAktuell", okay, das würde ich eher zweitrangig lesen.

(Beifall bei der CDU)

Das schreibt im Übrigen nicht Herr Hackbusch, sondern Herr Bischoff, der bei diesem Thema durchaus immer den einen oder anderen interessanten Einwand vorgebracht hat.

Wenn wir auf den Antrag der CDU zurückkommen, dann sehen wir zum einen im Ersuchen die Punkte a) bis g). Ich glaube nicht, dass man aus diesem Ersuchen an den Senat irgendeinen Punkt finden kann, der der Einigung widerspricht. Es ist vernünftig und häufig so gehandhabt worden, in diesem Zusammenhang Aufforderungen an den Senat zu adressieren.

Das Zweite betrifft die von uns vorgeschlagene Änderung in den Staatsverträgen: zum einen die vom Senator angesprochene Garantie in Höhe von 10 Milliarden Euro im HSH Finanzfonds. Sie ist im Außenverhältnis unverändert gültig. Sie hat im Übrigen bislang mit der Kreditermächtigung von 5 Prozent dieser Summe funktioniert. Aber auch da ist uns kein Szenario vorgerechnet worden, das zumindest für den Zeitraum bis 2018 gilt, wenn sich dann wieder die Frage der endgültigen Abwicklung der Bank stellt und dort überhaupt auch nur annähernd eine Garantieinanspruchnahme der Länder in dieser Höhe realistisch erscheinen lässt.

Das Dritte ist dann die Änderung im Bereich der "hsh portfoliomanagement AöR“ portfoliomanagement", auf die ich eingegangen bin. Da nehmen wir den Punkt mit den Marktwerten.

Herr Tschentscher, Sie sagten, es gebe die Garantie, es gebe die Haftung von 10 Milliarden Euro, der Haftungsrahmen für die Länder verändere sich nicht. Und genau das ist falsch. Mit den 6,2 Milliarden Euro geben wir heute die Ermächtigung, dass Sie zusätzliches Geld in dieser Summe einsetzen können. Das führt natürlich auch dazu, dass wir mit diesem zusätzlichen Geld ins Risiko gehen und haften. Es ist sinnvoll, zusätzliches Geld in einem gewissen Umfang zu investieren, um das Gesamtengagement zu stabilisieren. Aber es ist unsinnig, 6,2 Milliarden Euro in den Raum zu stellen. Wir alle wollen, dass die Gewährträgerhaftung sich weiter reduziert, und zwar um 10 Milliarden Euro zum Ende dieses Jahres. Um diese Risikoverminderung von 10 Milliarden Euro zu realisieren, erhöhen wir die Garantie um 3 Milliarden Euro, geben eine Kreditermächtigung von 6,2 Milliarden Euro, dann sind wir schon bei 9,2 Milliarden Euro neuem Risiko, und gründen eine Holding, in der sich Verluste ansammeln werden. Somit ersetze ich doch 10 Milliarden Euro altes Risiko durch 10 Milliarden Euro neues Risiko, und das ist fahrlässig und sollten wir nicht machen.

(Beifall bei der CDU)