Trotzdem sind wir im Gespräch mit den Nachbarländern und den Umlandgemeinden, wie man auch eine dezentrale Unterbringung außerhalb Hamburgs nach dem Vorbild Nostorf-Horst erreichen kann. Aber da verfahren wir nicht nach dem Vorbild Seehofer und sagen einfach, das machen wir jetzt so, sondern da ist kluge Diplomatie gefragt, um eine dezentrale Unterbringung zu erreichen. Aber auch da gilt: Angesichts der Gesamtzahl wird es nicht dazu kommen, dass uns das Umland dieses Thema abnimmt. Man wird uns vielleicht ein bisschen helfen, das tragbarer zu gestalten, aber wir dürfen nicht glauben, dass das bei der Gesamtzahl etwas ausmacht. Auch in dieser Situation muss man ehrlich sagen, dass die größte Herausforderung wir selbst in unseren Landesgrenzen zu bewältigen haben, und wir sind fest entschlossen, das zu schaffen.
Deshalb geht es bei diesem Programm darum – und daher können wir nicht monatelang Planungswerkstätten über das Ob und die Größe durchführen –, dass wir in der jetzigen Situation eine Perspektive haben, aus dieser Spirale von Zelten, Baumarkt- und Lagerhallen herauszukommen. Es muss doch unser gemeinsamer humanitärer Anspruch sein, dafür zu sorgen, dass wir im nächsten und übernächsten Winter nicht wieder hier sitzen und gemeinsam überlegen, ob es klappt, die Zelte rechtzeitig leer zu bekommen.
So ist dieses Konzept entstanden, dass wir einen Teil der Folgeunterkünfte in Festbauten realisieren wollen, um eben nicht nach x Jahren wieder alles abzureißen und neu mit Wohnungsbau zu beginnen. Natürlich kommt dann die Diskussion auf, ob man es nicht auch gleich mischen könne. Wenn es nach uns ginge, sofort.
(Karin Prien CDU: Dann machen Sie das doch! – Dennis Thering CDU: Das ist doch alles nur wieder eine Ausrede!)
Liebe Karin Prien, wir sind beide Juristen, und du weißt, was in Paragraf 246 Baugesetzbuch steht. Das ist das gemeinsam beschlossene Baurecht, das unter größten Schmerzen durch Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat gegangen ist. Wäre es nach uns gegangen, würde darin stehen, es solle ab dem ersten Tag alles gemischt werden, weil es in der Tat besser wäre, aber wir haben uns nun einmal an das Bundesrecht zu halten. So ist die Realität.
Weil wir diesen Aspekt ja sehen, haben wir in den Zusatzantrag mit aufgenommen, noch einmal einen Anlauf zu nehmen, alles gleich zu mischen, und wir wollen die Bezirke in den Stand versetzen, so schnell Planrecht zu schaffen, dass wir auch die Möglichkeit haben, in ein bis drei Jahren im Fluktuationsfall entsprechend zu mischen. Die Bezirke sind jetzt dabei, ihre Planungen vorzunehmen, zum Beispiel Flächen zu nehmen, wo man eine Erweiterungsperspektive hat und vielleicht gleich 100 Wohneinheiten mehr realisiert und somit von Tag 1 an mischen kann. Das muss man von Fall zu Fall sehen. Wir wollen mischen, das ist unser Versprechen. Diese Notwendigkeit gibt es, und deshalb ist es richtig, dass wir versuchen, zwischen den rechtlichen Gegebenheiten und den Notwendigkeiten einen vernünftigen Kompromiss hinzubekommen.
Lieber Kollege Thering, beim Thema Beteiligung muss ich mir von Ihnen wirklich keine Nachhilfe geben lassen.
Sie wissen ganz genau, dass ich versuche, mich in meinem Wahlkreis um jede einzelne Flüchtlingsunterkunft zu kümmern, und unsere Wahlkreisabgeordneten aus Bürgerschaft und Bezirksversammlung tun das an allen anderen Stellen auch.
Das Schlimme ist ja, wenn man beteiligt – nehmen wir einfach das Beispiel Ohlstedt, wo Christiane Blömeke und ich auf die Bürgerinnen und Bürger zugehen und sagen, wir seien bemüht, in dieser Situation einen Kompromiss hinzubekommen –, was ist dann die Reaktion des Kollegen Thering? Alles eine Farce. Wenn man auf die Bürger zugeht, ist es das, was man von der CDU nachher serviert bekommt. Schönen Dank, sage ich da nur.
Bei der Frage des Ob und Wieviel kann man in dieser Lage nicht erreichen, dass sich jeder Stadtteil die Zahl der Flüchtlinge aussucht. Das würde am Schluss heißen, dass Tausende ohne Unterkunft bleiben, mit all den schrecklichen und gefährlichen Folgen für unser Gemeinwesen, und zwar nicht nur für die Flüchtlinge. Man muss sich einmal vorstel
len, was in dieser Stadt los ist, wenn tatsächlich Tausende ohne Obdach bleiben. Das werden wir nicht verantworten, und wir werden alles dafür tun, dass das unterbleibt.
Trotzdem ermöglichen wir Beteiligung und reden mit Initiativen in allen Stadtteilen, wo es um große Unterkünfte geht.
(Dennis Gladiator CDU: Reden Sie doch mal wirklich mit den Leuten! – Dennis Thering CDU: Das ist doch nicht Beteiligung!)
Es geht nämlich nicht nur um die Frage von Größe, sondern auch um die Frage, wie man die Einrichtung konkret gestaltet, wie man die Beziehung zum Wohnumfeld gestaltet oder wie man die soziale Infrastruktur vor Ort gestaltet. Wir wissen doch alle, weil wir vor Ort verankert sind, dass es um ganz konkrete Fragen geht wie zum Beispiel: Dauert es jetzt länger, bis ich meinen Kita-Platz bekomme? Kann ich morgens in meinen Bus steigen, oder kann ich erst den nächsten nehmen, weil der Bus schon voll ist? Wie ist die Situation an den Schulen? Wie ist die Situation bei meinem Hausarzt? Das sind alles ganz konkrete Fragen, und da sehen wir auch den Spielraum. Das kann man an den 25 Punkten in unserem Zusatzantrag sehr deutlich ablesen, und diesen Spielraum werden wir so ausschöpfen, dass wir Nachteile für die Nachbarstadtteile, für die Nachbarn und für die Anwohner vermeiden werden. Das ist unser Versprechen, das wir den Bürgerinnen und Bürgern mit diesem Antrag geben.
Wenn man nämlich in die konkrete Diskussion einsteigt und genau hinsieht, worin die realen Probleme jenseits des Themas Größe bestehen, erzielt man in ganz vielen Punkten eine Übereinstimmung.
Ich kann Ihnen sagen, lieber Kollege Thering, dass die Gespräche, die Christiane Blömeke und ich vor Ort mit unseren Bezirksfraktionen führen, schon mehr Fortschritte machen, als Ihnen mit Ihrer Oppositionsstrategie wahrscheinlich lieb sein dürfte. Das ist aber das Gute für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort: dass wir reale Fortschritte erzielen, wenn man miteinander spricht.
Ich glaube, dass es in der Situation richtig ist, diese Schritte miteinander zu gehen. Dazu wollen wir auch Geld in die Hand nehmen – das wollen wir im Stadtentwicklungsausschuss mit Ihnen besprechen –, und wir würden uns freuen, wenn von Ihnen außer der Forderung nach weniger auch einmal etwas käme.
Für die Frage nach weniger tragen wir vielleicht auf anderer Ebene noch gemeinsam Verantwortung, nämlich für das, was in Berlin nun endlich einmal herauskommen muss, nämlich dass es beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge endlich mehr Mitarbeiter gibt und, und, und. Das sind Ihre Baustellen.
dieser Widerspruch wird Ihnen am Schluss von den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort auch nicht abgenommen; seien Sie da ganz sicher.
Kurz noch zu dem zweiten Punkt. Auch das ist eine Frage, die wir hier intensiv diskutiert haben und in den Stadtteilen diskutieren: die Frage nach der Anwendung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes für die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften. Dass es eine Diskussion darüber gibt – das soll eigentlich ein Regelinstrument sein –, können wir nachvollziehen, weil wir es in der Tat richtig finden, dass die Einhaltung von rechtsstaatlichen Standards in der Bewältigung der Flüchtlingskrise ein wichtiger Punkt ist. Trotzdem gilt auch da, dass man es in der operativen Umsetzung konkret hinkriegen muss. Da hilft uns jetzt in der Tat das am 24. Oktober in Kraft getretene neue Baurecht mit dem Paragrafen 246, das uns mehr Möglichkeiten eröffnet, auch Genehmigungen zu erteilen. Wir haben dazu jetzt auch ein Angebot vorgelegt, um das zu flankieren, nämlich in der Bauordnung eine Norm zu ergänzen, die ermöglicht, dass schon vorzeitig mit Bauarbeiten begonnen werden kann, wenn a) die Baugenehmigung zu erwarten ist und b) der Antragsteller, also in dem Fall immer die Behörde, sich zum Rückbau, zu Schadensersatz und so weiter verpflichtet, falls nachher doch etwas anderes von der Genehmigungsbehörde entschieden würde.
Diese Regelung – Herr Hamann, Sie kennen das, weil Sie auch anwaltlich tätig sind – dürfte Ihnen vom Emissionsschutzrecht, dem Wasserrecht und
anderen Rechtsgebieten her vertraut sein, und deshalb ist es ein vertretbarer Weg aus diesem Dilemma – das in der Tat immer zu Diskussionen führt und rechtsstaatlich logischerweise nicht die allerbesten Kürnoten erzielt –, das SOG in Anspruch zu nehmen; es gibt auch gerichtliche Hinweise dazu. Es ist völlig klar, dass wir einen anderen Weg anbieten wollen, um die Anwendung des SOG auch in diesen strittigen Fällen zurückzuführen. Das ist ein rechtsstaatlich gut vertretbarer Weg, und deshalb schlagen wir das an dieser Stelle so vor. Wir haben Ihnen dazu auch ein Verfahren vorgeschlagen, zu dem außer ein paar Rückmeldungen noch nichts richtig Konkretes von Ihnen gekommen ist. Wir wollen eine Ausschussberatung, damit alle Fragen, die dazu gestellt werden müssen und können, dann auch gestellt werden, zum Beispiel am 8. Januar. Aber wir möchten gern, weil Sie auch der Auffassung sind, dass man die Nutzung von SOG zurückführen soll.
Jetzt sind wir gerade schon wieder bei einer anderen Baustelle. Jetzt geht es darum, dass die Inanspruchnahme des SOG zurückgeführt wird.
Da verstehe ich den Antrag der FDP so, dass man bei der Genehmigung von Flüchtlingsunterkünften gern weniger oder gar kein SOG einsetzen möchte. Wir bewegen uns durchaus in diese Richtung und haben dazu einen Vorschlag gemacht. Wir würden Ihnen jetzt gern anbieten, das im Ausschuss zu beraten, aber außer Zwischenrufen kommt hier nicht so richtig was an Rückmeldungen an.
Wir haben angeboten, für den 8. Januar eine Ausschusssitzung im Stadtentwicklungsausschuss anzusetzen und am 20. Januar die Beratung dazu. Bisher waren Sie nicht in der Lage, dafür eine verbindliche Zusage zu geben, aber ich bitte ein bisschen um Verständnis, dass wir in dieser Situation schon auf verbindliche Zusagen angewiesen sind. Das ist, glaube ich, nachvollziehbar.