Protokoll der Sitzung vom 09.12.2015

Eigentlich widerspricht die CDU, Frau Stöver, genau den Gesetzen, die Sie im Bundestag beschlossen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Stöver, Sie sprechen von Wahrheiten. Dann müssen Sie auch die Wahrheiten, die Realitäten

sehen, wie sie in der Stadt sind, und können nicht so tun, als sei das irgendwie in Klein-Klein zu machen. Diese Sache ist ein Thema der Dringlichkeit und des Umfangs, und wir haben nicht zwei oder drei oder vier Jahre Zeit, um das umzusetzen, sondern das muss in den nächsten Monaten geschehen, sonst haben wir eine Katastrophe in den Flüchtlingsunterkünften.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich finde es unmöglich, wie Sie immer wieder mit Begrifflichkeiten wie Großsiedlungen und bewusst auch Siebzigerjahre umgehen. Auch hier gehen Sie an den Realitäten vorbei.

(Jörg Hamann CDU: Was wollen Sie denn hören? Wohnparks?)

Ich glaube nicht, dass Sie das aus Unwissenheit tun – das könnte ich Ihnen vielleicht noch verzeihen –, sondern Sie setzen diese Begrifflichkeiten sehr bewusst ein.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Damit legen Sie eine Lunte an etwas, für das Sie danach, wie der Zauberlehrling, kein Wasser mehr zum Löschen haben.

(André Trepoll CDU: Hören Sie auf mit dem Quatsch!)

Diese Lunte geht nach hinten los und spaltet. Das ist eigentlich nicht Ihre Aufgabe, die Sie gerade als christliche und demokratische Partei haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Duge, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Dennis Gladiator?

Nein, danke.

Dann fahren Sie fort.

Ich möchte noch einmal ganz kurz auf die bereits angesprochenen Großsiedlungen aus den Siebzigerjahren zu sprechen kommen: Steilshoop mit 22 000 Einwohnern, Osdorfer Born mit 11 000 Einwohnern, Mümmelmannsberg mit 19 000 Einwohnern, Neuallermöhe mit 24 000 Einwohnern. Das, worüber wir sprechen, sind nicht alles 4 000er-Siedlungen, sie sind zum Teil auch kleiner, ein Bruchteil dessen. Man kann bestenfalls von Quartieren sprechen. Bleiben Sie doch einmal sachlich in der Auseinandersetzung, machen Sie nicht etwas auf eine derart übertriebene Art und Weise scharf, sondern werden Sie ein bisschen konstruktiver – ich würde mich darüber freuen. Herr Dr. Dressel hat doch das Ange

(Dr. Andreas Dressel)

bot gemacht, auch über diese Punkte zu sprechen und einen Punkt 26 oder vielleicht auch 27 anzuführen. Aber Sie verweigern sich, und das ist eigentlich das Traurige in dieser Situation, in der wir die Menschen integrieren müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zur Frage der Integration möchte ich noch einmal auf einen Punkt eingehen, der uns auch sehr wichtig ist. Wenn Sie sich das 25-Punkte-Papier ansehen, finden Sie unter Punkt 8 einen Abschnitt zum Thema Beteiligungskultur. Wir haben Konzepte entwickelt, über das Quartiersmanagement, über zivilgesellschaftliche Akteure, über Sportvereine Bewohnerinnen und Bewohner, Nachbarschaft und Investoren an einer Integration mitarbeiten zu lassen. Das sind ganz konkrete Ansätze. Es gibt bereits zahlreiche Gruppen, mit denen wir vor Ort gesprochen haben und die gute Ideen haben und sich engagieren. Stoßen Sie diese Gruppen doch nicht vor den Kopf und machen Sie Ihnen keine Angst, sondern machen Sie ihnen Mut, ihre Aufgabe anzupacken. Das wäre der richtige Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich hoffe, Sie lassen sich das noch einmal durch den Kopf gehen. Wir brauchen keine Opposition, die Mauern aufbaut.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Sie brauchen gar keine Opposition, glaube ich!)

Wir brauchen eine Opposition, die Barrieren abbaut und die Flüchtlinge willkommen aufnimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt erhält das Wort Frau Dutschke von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es erstaunlich, dass wir so lange diskutieren und weder die Frau Senatorin noch die Regierungsfraktionen auch nur ansatzweise auf das Argument Ausfallrisiko durch diese Bürgschaften – wir reden noch immer über fast 1 Milliarde Euro – eingegangen sind. Das finde ich wirklich traurig.

(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Es wird doch im Ausschuss jedes ein- zelne Projekt besprochen!)

Sie wollen aber, dass wir heute über den Bürgschaftsrahmen beschließen. Insofern wird ja wohl die Bitte erlaubt sein, heute einmal etwas darüber zu hören, wie es mit dem Ausfallrisiko aussieht.

(Anna Gallina GRÜNE: Das wird doch im Ausschuss besprochen!)

Im Ausschuss ist dazu aber auch nicht viel gesagt worden.

Herr Dr. Dressel, interessant fand ich auch, dass Sie den Punkt dezentrale Unterbringung im Umland angesprochen haben. Auch da müsste man einmal den Status quo erklären, denn Ihr werter ehemaliger Kollege Senator Scheele hat regelmäßig berichtet, wie er an den anderen roten Ministerpräsidenten – Ihren Parteifreunden – scheitere, wenn es darum ging, Kooperationen abzuverlangen. Vielleicht können Sie dazu etwas Neues berichten. Es wäre schön, wenn auch wir davon wüssten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wenn es so weit ist, machen wir das!)

Herr Tjarks nennt nun ausgerechnet als Beispiel und Vorbild für die Unterkünfte und Massensiedlungen, die Sie schaffen wollen, Steilshoop,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Doch nicht als Vorbild!)

ein Quartier, in das in den vergangenen Jahrzehnten so viele Mittel hineingeflossen sind, um dort irgendwie eine nachhaltige Quartiersentwicklung zu schaffen.

(Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Das Wort hat Frau Dutschke. Wenn alle durcheinanderrufen, kann ich nicht einmal einen Ordnungsruf verteilen, weil ich gar nicht verstehe, was Sie sagen.

(André Trepoll CDU: Im Zweifel Kienscherf!)

Frau Dutschke, fahren Sie fort.

Zum Thema Bürgerbeteiligung: Herr Dressel, Sie selbst haben gesagt, Bürgerbeteiligung ,ja, aber. Über das Ob wollen Sie nicht diskutieren. Über das Wie wollen Sie diskutieren, aber gleichzeitig sagen Sie, dass Sie über die Zahlen und die Zahl der Personen, die untergebracht werden sollen, nicht diskutieren wollen. Insofern stellt sich die Frage, worüber Sie tatsächlich diskutieren wollen, denn die Situation ist, wie sie ist.

(Jörg Hamann CDU: In Wahrheit wollen Sie nicht diskutieren!)

Sie sprechen davon, dass der Begriff Gettoisierung maßlos übertrieben sei. Ganz ehrlich, Sie wollen ganz viele Personen an einem Standort unterbringen. Sie alle wissen, welche Risiken es birgt, viele Leute auf kleinem Raum unterzubringen. Sollten Sie das doch nicht wissen, dann sehen Sie sich die Großunterkünfte an, die Sie bisher geschaffen haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

(Olaf Duge)

Zu den Ausschussüberweisungen: Wir sagen Ihnen hiermit zu, dass wir die Drucksache 21/2551 mit überweisen mit der Maßgabe, dass unser Antrag auch am 8. Januar im Stadtentwicklungsausschuss beraten wird. Wir sind dann auch bereit, ihn am 20. Januar wieder mit auf die Tagesordnung zu nehmen. Das gilt für die Drucksache 21/2551, für den Rest nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Als Nächste erhält jetzt das Wort für 7 Minuten und 25 Sekunden Frau Schneider von der Fraktion DIE LINKE.

Ich wollte eigentlich gar nicht mehr weiter in die Debatte einsteigen, aber Sie, Herr Duge, haben mich dann doch dazu angeregt. Sie haben in der Debatte zu unserer Forderung, dass in den Quartieren 50 Prozent Sozialwohnungen gebaut werden müssen, gesagt, dies führe zur Gettobildung. Das ist doch scheinheilig.

(Beifall bei Stephan Jersch DIE LINKE und Jörg Hamann CDU)