Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Ich möchte einmal an einem anderen Beispiel deutlich machen, was sich tatsächlich verändert hat. Von den gut 400 Personen, die im letzten Monat zurückgekehrt sind – und ich formuliere dies absichtlich so, denn diese Personen sind mitnichten abgeschoben worden –, sind über 360 freiwillig ausgereist. Man kann das "freiwillig" in Anführungsstriche setzen, weil es natürlich nicht mehr ist als die Erkenntnis, dass sie hier keine weiteren Aufenthaltsmöglichkeiten haben. Aber dies ist aus unserer Sicht der Weg, den man gehen sollte, den man viel besser vorbereiten und unterstützen sollte, denn das Erkennen der Perspektivlosigkeit nach unseren neuen rechtlichen Regelungen in der Republik, nicht nur in Hamburg, ist oft hilfreicher, als nur darauf zu warten, dass dann tatsächlich eine Abschiebung durchgeführt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das ist nur für einige ein Weg. Das ist nur eine individuelle Hilfsmöglichkeit und keine politische pauschale Entscheidung, so wie Sie sie sich wünschen. Mehr ist auch für Hamburg in diesem Jahr nicht möglich.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

(Christiane Schneider)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann stimmen wir in der Sache ab.

Wer möchte dem Antrag gern seine Zustimmung geben? – Wer möchte das nicht? – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zu Punkt 74 unserer Tagesordnung, Drucksache 21/2385, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Missachtung der Rechtsprechung durch die Exekutive beenden – Paragraf 4 Absatz 2 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei streichen.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Missachtung der Rechtsprechung durch die Exekutive beenden – § 4 Absatz 2 PolDVG streichen! – Drs 21/2385 –]

[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Gefahrengebiete – Konsequenzen aus der Rechtsprechung ziehen – Drs 21/2552 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/2552 ein Zusatzantrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD vor.

Beide Drucksachen möchte DIE LINKE gern an den Innenausschuss überweisen.

Wer möchte zunächst die Ausgangsdrucksache dorthin überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Wer möchte den Zusatzantrag an den Innenausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann hat auch dieses Überweisungsbegehren erkennbar keine Mehrheit gefunden.

Mir ist mitgeteilt worden, dass aus den Reihen der Fraktion DIE LINKE das Wort begehrt wird. Ist das so? – Frau Schneider, dann bekommen Sie es für maximal fünf Minuten nach Paragraf 26 Absatz 6 unserer Geschäftsordnung.

Ich glaube, so lange brauche ich gar nicht, Frau Präsidentin. Sie haben den Titel vorgelesen: Missachtung der Rechtsprechung durch die Exekutive beenden.

Erstens freue ich mich natürlich darüber, dass unser Antrag den Anstoß gegeben hat, dass jetzt die Missachtung der Rechtsprechung durch die Exekutive tatsächlich beendet werden soll.

Zweitens ist es schön, dass Sie in Ihrem Antrag davon sprechen, dass dies kurzfristig passiert. Ich

freue mich, dass unser Antrag der Exekutive und Ihnen Beine macht.

Drittens ist der bisherige Zustand, der nun tatsächlich schon über sechs Monate andauert, im Hinblick auf die betroffenen verdachtsunabhängigen Eingriffe in Grundrechte und auch im Hinblick auf die Polizei nicht mehr lange akzeptabel, weil gerade die Polizei – die Polizeigewerkschaft GdP zumindest, ich weiß nicht genau, wie es die andere Polizeigewerkschaft macht – am Anfang gesagt hat, man brauche Rechtssicherheit. Und nach diesem Urteil ist, wenn das Gesetz nicht entsprechend …

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Ich finde, es gibt überhaupt keinen Grund, unruhig zu werden.

(Dirk Nockemann AfD: Doch!)

Hören Sie doch bitte Frau Schneider zu.

(Beifall bei Mehmet Yildiz DIE LINKE – Den- nis Thering CDU: Ich kann das nicht ertra- gen!)

Dann haben Sie aber wirklich ein dünnes Fell, Herr Thering, wenn Sie das nicht ertragen.

Jedenfalls kann man sagen, dass nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts die Rechtssicherheit nicht richtig gegeben war. Das hat die GdP gesagt, und ich glaube, Herr Lenders, Sie können das auch nicht viel anders sehen, sonst können Sie sich melden. Deswegen kann ich abschließend sagen, dass wir auf Ihre Vorlage gespannt sind und dann hoffentlich Gelegenheit haben werden, sie im Ausschuss zu diskutieren. – Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Frau Friederichs von der SPD-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Schneider, ich muss gleich zu Beginn sagen, dass es Ihres Antrags ausdrücklich nicht bedurfte, damit wir uns mit der Regelung beschäftigen. Allerdings bedarf es auch einer kompletten Streichung der betreffenden Regelungen im Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei ausdrücklich nicht. Das ist nicht zielführend. Wir brauchen die Überprüfung, das ist richtig, und die Anpassung der Norm unter Berücksichtigung der vorliegenden Hinweise aus der obergerichtlichen Entscheidung.

Bereits in unserem Koalitionsvertrag – Sie haben es in Ihrer Begründung so treffend erwähnt – ha

ben sich SPD und GRÜNE mit diesem Thema vorausschauend beschäftigt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – André Trepoll CDU: Ihr habt ja vier Jahre Zeit!)

Anpassungsbedarf besteht, um verfassungsrechtliche Zweifel auszuräumen, und die neue Regelung muss praktikabel sein und gleichzeitig den Anforderungen an unsere gesetzgeberische Entscheidungskompetenz entsprechen. An dieser Stelle muss ich noch einmal betonen, dass hier, gerade um die Rechtsfragen hinreichend zu klären und eine Neuregelung verfassungsrechtlich wasserdicht zu machen, ein Schnellschuss sicherlich nicht angebracht gewesen wäre.

(Beifall bei der SPD)

Um etwaige Rechtsunsicherheiten für die Polizei und insbesondere auch für die Bürgerinnen und Bürger insgesamt zu vermeiden, sollte – und da dürften wir uns in weihnachtlicher Eintracht doch alle einig sein – eine Modifizierung des Landesgesetzes erfolgen. Das Ob ist also klar, schlussendlich geht es nur noch um das Wie. Die Prüfung, wie eine Neuregelung im Einzelnen konkret aussehen kann, ist zügig abzuschließen – das sehen wir genauso – und der Paragraf 4 Absatz 2 PolDVG neu zu fassen. Genau einen solchen Entwurf fordern wir mit unserem Zusatzantrag kurzfristig vom Senat ab, und wir werden uns in Kürze damit beschäftigen. Stimmen Sie also unserem Zusatzantrag zu. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Frau Möller von der GRÜNEN Fraktion.

(André Trepoll CDU: Kann die Koalition nicht mit einer Stimme reden?)

Herr Trepoll, man kann es so oder so sehen, wenn die Koalition mit einer Stimme spricht oder das, was mit der ersten gesagt wurde, mit der zweiten Stimme noch einmal verstärkt. Sie könnten es gern auch einmal als Möglichkeit wahrnehmen, sich zu dem Thema zu positionieren. Es ist nämlich ein bisschen schwierig, was man da von der CDU zu hören bekommt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Gladiator, wir werden in der nächsten oder übernächsten Innenausschusssitzung das Vergnügen haben, gemeinsam darüber zu diskutieren. Zwei Behörden müssen etwas zusammenführen, was massive Auswirkungen haben wird, und das dauert seine Zeit und soll auch seine Zeit dauern. Nun wollen wir kurzfristig etwas sehen und hören.

So ist es beschlossen, und dann werden wir weiterreden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – André Trepoll CDU: Starke Verstärkung!)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung und beginnen mit dem Antrag der LINKEN.

Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag abgelehnt.

Wer möchte dem Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD seine Zustimmung geben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag mehrheitlich so beschlossen worden.

Meine Damen und Herren! Das war unsere letzte Sitzung in diesem Jahr. Es war nicht nur für uns alle, sondern für die ganze Stadt ein ereignisreiches und für uns auch sicher arbeitsreiches Jahr. Im Namen des ganzen Hauses möchte ich mich herzlich bedanken für die tatkräftige Unterstützung bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Behörden,

(Beifall bei allen Fraktionen)

natürlich bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen und im parlamentarischen Raum,

(Beifall bei allen Fraktionen)