Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Viele dieser Lösungen sind auch ohne den Wirt gemacht. Wenn man zum Beispiel Wärmedämmung in Häusern verbessern will, dann muss man sich überlegen, was für eine Bundesregierung man hat, nämlich eine, die versucht, Investitionen in Wärmedämmung und Sanierungen zu reduzieren. Das passt meines Erachtens gar nicht in die Welt.

Zusammengefasst: Dieser schöne Plan und die hehren Ziele, Halbierung des CO2-Ausstoßes und die Verdopplung des Radverkehrs bis 2030, müssen durch klare Haushaltsmittel und realistische Planungen hinterlegt werden. Ansonsten besteht der Plan aus heißer Luft, und selbst die wird man nicht in das Fernwärmenetz des Hamburger Westens einspeisen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion hat jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir erben die Erde nicht von unseren Eltern, sondern wir leihen sie von unseren Kindern. Wenn ich mir etwas ausleihe, gehe ich damit pfleglich um. Pfleglich müssen wir auch mit unserer Erde umgehen, das ist Vernunft. Insofern ist das angestrebte Ziel, bis zum Jahr 2020 rund 2 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr sowie andere Treibhausgase einzusparen, folgerichtig. Allerdings scheinen Hamburg sowohl die Ideen zu fehlen als auch die Umsetzung. Hier rächt es sich, dass der letzte Senat dies als lästige Pflichtaufgabe angesehen hat, und nun lässt sich auch der aktuelle Senat mit grünem Umweltsenator Zeit. Über die Zeitungen oder heute auch hier werden zwar immer wieder Maßnahmen angekündigt, doch passiert ist bisher, abgesehen von völlig sinnfreien Fahrradstreifen, quasi nichts. Ganz im Gegenteil: Kurz vor dem Klimagipfel in Paris weiht der Erste Bürgermeister noch das Kraftwerk Moorburg ein. Ja, Moorburg ist ein sehr sauberes Kraftwerk für ein Kohlekraftwerk, aber es ist immer noch ein Kohlekraftwerk. Ja, ich hätte es auch eingeweiht, denn Moorburg kann theoretisch mehr als nur Strom und CO2 zu produzieren. Doch gerade der sinnvollen Nutzung bezüglich der anfallenden Wärme verweigert sich der rot-grüne Senat.

Die Nichtanbindung an das Fernwärmenetz sollte dringend noch einmal überdacht werden. Abwärme wird aktuell mit Strom und mit Elbwasser heruntergekühlt. Diese Wärme könnte man gut als Fernwärme nutzen, wie es beim Bau auch geplant war. Hier könnte man also ausnahmsweise einmal sinnvolle Politik für Hamburg machen. Stattdessen lässt ein sozialdemokratischer Wirtschaftsminister Gabriel ein Kohlekraftwerk nach Griechenland exportieren, und auf dem Klimagipfel in Paris scheint sich Deutschland eher mit Versicherungen gegen Überschwemmungen oder mit Krediten für Afrika aus der Verantwortung zu kaufen. Wenn der Ausstieg aus der Kernkraft Deutschlands Ende in der Vorreiterrolle beim Klimaschutz bedeutet, dann sollten wir das wenigstens auch so benennen.

Zurück zu Hamburg. Wann, wenn nicht heute, will die Hansestadt denn anfangen, CO2 einzusparen? Verwalten wir die Klimaveränderung nur durch

(Dr. Kurt Duwe)

Dachbegrünung? Sind Fahrräder und Elektroautos für Behörden die Lösung für 2 Millionen Tonnen CO2 weniger? – Nein. Wir fordern deshalb vom Senat eine grundlegende Überprüfung der bisherigen Politik. Eine Politik, die nicht das bringt, was versprochen wurde, aber Milliarden an Steuermitteln und privater Kaufkraft verschlingt, kann von der AfD nicht unterstützt werden. Deshalb lehnen wir den Klimaplan in bisher vorgelegter Form ebenso wie die sich darauf stützende Politik ab. Auch der Förderung der Elektromobilität aus Steuermitteln oder dem Bau weiterer Windräder auf Hamburgs Gebiet werden wir nicht zustimmen. Eine weitere Belastung der Bürger durch kostenträchtige, aber nutzlose Symbolpolitik halten wir für nicht vertretbar. Echte Umweltpolitik ist bei Rot-Grün bisher nichts als eine Absichtserklärung. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herrn, das Wort bekommt Senator Kerstan.

(André Trepoll CDU: Kohle-Kerstan!)

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Ich möchte der Bürgerschaft ausdrücklich danken, dieses hochaktuelle Thema heute zur Debatte angemeldet zu haben, denn auch wenn es sich wahrscheinlich um eine der entscheidendsten Fragen der Zukunft unserer Welt und von uns allen handelt, hat man doch in den letzten Tagen und Monaten den Eindruck, dass dem Thema in der öffentlichen Wahrnehmung nicht die notwendige Aufmerksamkeit zukommt. Natürlich ist das Erste zum Thema Paris, woran man nach den furchtbaren Ereignissen der letzten Wochen denkt, diese furchtbaren Anschläge und deren Opfer, und unsere Gedanken und Gebete sind bei den Familien und den Angehörigen. Nichtsdestotrotz gehören die Klimaverhandlungen in Paris zu den wichtigsten Weichenstellungen für die Zukunft unserer Welt, die in diesen Jahren anstehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Auch angesichts der Problematiken und Herausforderungen wie der großen Flüchtlingsfrage, die wir in unserer Stadt aktuell zu lösen haben, muss uns eines bewusst sein: Wenn es nicht gelingt, den Klimawandel effektiv zu bekämpfen, dann sollten wir uns nicht der Illusion hingeben, dass es uns hier im reichen Norden nicht betreffen wird. Wir sollten die Warnungen etwa aus Bangladesch oder von Inselstaaten aus dem Pazifik ernst nehmen, die darauf hinweisen, dass ihnen der Klimawandel buchstäblich die Existenz nimmt, weil durch steigende Meeresspiegel ihre Länder versinken werden. Bei den pazifischen Inseln passiert das im Übrigen auch schon, wenn es uns gelingen sollte, das ZweiGrad-Ziel einzuhalten. Dann werden die meisten Inselarchipele im Pazifik versunken und die großen

Korallenriffe in den Weltmeeren abgestorben sein. Insofern geht es bei der Konferenz in Paris darum, ein Abkommen zu schließen, das verbindliche Schritte zur Bekämpfung des Klimawandels einleitet. Ein Scheitern dort ist keine Option,

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

denn für dieses Problem kann es keinen Plan B geben,

(Michael Kruse FDP: Es gibt auch keine Er- de B!)

aus dem einfachen Grund, weil es keinen Planeten B gibt. Wir haben nur diesen einen. Deshalb ist es wichtig, dass unabhängig davon, was in Paris passiert, jeder seine Verantwortung ernst nimmt, den Klimawandel zu bekämpfen, und dem dient auch der neue Klimaplan, den der Hamburger Senat letzten Dienstag verabschiedet hat. Das ist das klare Signal:

(André Trepoll CDU: Das kleine Signal!)

Der rot-grüne Senat ist sich seiner Verantwortung bewusst und Hamburg wird seinen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten, unabhängig davon, was in Paris passiert.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und darum geht es auch: Unsere Städte, das muss uns bewusst sein, sind die Orte, in denen der Klimawandel entsteht. 50 Prozent der Menschen leben in Städten. Es sind die industriellen Ballungszentren, die vor allem für den Klimawandel verantwortlich sind, der jetzt stattfindet. Wir sind auch diejenigen, die am meisten vom Klimawandel betroffen sind. Schon heute gibt es Hitzewellen, Starkregenereignisse, den steigenden Meeresspiegel und die Notwendigkeit, das Deicherhöhungsprogramm deshalb weiter fortzuführen. Dass das auch für Hamburg eine existenzielle Frage ist, zeigt sich daran, dass wir im nächsten Jahr an den Landungsbrücken den letzten Baustein der Deicherhöhung abschließen werden, die vor zehn Jahren beschlossen wurde,

(André Trepoll CDU: Jetzt erklärt er uns den Klimawandel!)

und wir zum gleichen Zeitpunkt mit dem nächsten Deicherhöhungsprogramm anfangen müssen, weil mittlerweile die Bemessungsgrundlagen für die nächsten Sturmfluten so hoch sind, dass wir uns jetzt nicht ausruhen können, sondern handeln müssen. Dazu dient unser Klimaplan.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir als Stadt wollen mit gutem Beispiel vorangehen. Wir wollen nicht nur einen Beitrag dazu leisten, die Klimaziele einzulassen, sondern verpflichten uns, bis zum Jahr 2030 den Ausstoß von CO2 in unserer Stadt zu halbieren. Im Gegensatz zu vielem, was ich hier gehört habe, haben wir auch

(Andrea Oelschläger)

sehr deutlich gemacht, dass das nicht umsonst zu haben sein wird. Wir werden in den nächsten Jahren 24 Millionen Euro dafür ausgeben, unsere Schulen und Hochschulen energetisch zu modernisieren. Wir werden für alle öffentlichen Gebäude bis zum Jahr 2017

(André Trepoll CDU: Das wird schon laufend gemacht!)

energetische Sanierungspläne aufstellen, und die Hamburger Verwaltung wird bis zum Jahr 2030 klimaneutral handeln. Das ist eine große Herausforderung, aber wir sind uns sicher, dass wir das schaffen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Mit dem Ziel, bis zum Jahr 2030 den CO2-Ausstoß um 50 Prozent zu verringern, sind wir wieder auf der richtigen Spur, um bis zum Jahr 2050 80 Prozent des CO2-Ausstoßes einzusparen, was in der industriellen Welt notwendig ist, wenn wir weltweit die Klimaziele einhalten wollen. Dazu dient dann auch eine neue Energiepolitik, und ich bin froh, dass wir – anders als vor dem Olympia-Referendum – rechtzeitig vor Paris die Zusage der Bundesregierung bekommen haben, dass der Bund bereit ist, die Hamburger und Schleswig-Holsteiner Anstrengungen zu unterstützen.

(André Trepoll CDU: Da haben Sie ja besser als der Bürgermeister verhandelt! Wie haben Sie das gemacht? – Gegenruf von Dr. An- dreas Dressel SPD: Es ging um eine andere Summe!)

Die Norddeutsche EnergieWende 4.0 ist der nächste Schritt, der notwendig ist, um nicht nur den Anteil von erneuerbaren Energien an der Energieversorgung zu erhöhen, sondern um ein neues Energiesystem zu bauen, das die Produktion von erneuerbaren Energien mit den industriellen Aktivitäten hier in Hamburg, der Groß- und Schwerindustrie, Stahl und Aluminium, verbindet, um Energie insgesamt effizienter zu nutzen und weniger CO2 auszustoßen. Das ist ein Projekt, das bundesund europaweit seinesgleichen sucht. Hamburg und Schleswig-Holstein gehen energisch voran und unterstreichen, dass sie den Klimawandel ernst nehmen und nicht nur reden, sondern auch handeln. Und das ist auch gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir werden die Stadtentwicklung in Zukunft darauf ausrichten, eine klimagerechte und an den Klimaschutz angepasste Stadt zu bauen. Denn das ist die zweite Seite der Medaille, der wir uns stellen müssen: Es wird nicht mehr gelingen, den Klimawandel aufzuhalten. Der Klimawandel ist hier in Hamburg bereits eingetroffen,

(Zuruf von Michael Kruse FDP)

und durch Starkregenereignisse und Hitzewellen wird es in den nächsten Jahren schlimmer werden. Wir haben ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die tropischen Tage in Hamburg mit mehr als 30 Grad Temperatur werden sich verdoppeln.

(André Trepoll CDU: Wissen Sie auch, wel- che Tage das dann sind?)

Die tropischen Nächte werden sich ebenso verdoppeln, in denen die Temperaturen nicht mehr unter 20 Grad sinken. Durch eine verstärkte Windtätigkeit in der norddeutschen Bucht wird die Wahrscheinlichkeit für verheerende Sturmfluten entlang der Nordsee, aber auch in Hamburg steigen. Deshalb beinhaltet eine verantwortungsvolle Politik nicht nur, den Klimawandel zu bekämpfen, sondern sich gleichzeitig darauf einzustellen, den gar nicht mehr vermeidbaren Temperaturanstieg zu bewältigen und die Lebensqualität in Hamburg sicherzustellen. Auch das leistet der Klimaplan des Hamburger Senats, und eine solche Verbindung der Bekämpfung des Klimawandels auf der einen Seite und der Anpassung an den Klimawandel auf der anderen Seite gibt es in Deutschland bislang nicht. So unterstreicht Hamburg seine führende Rolle bei der Klimaproblematik in der Bundesrepublik Deutschland, und das ist ein großer Schritt vorwärts.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir können das nur gemeinsam leisten, die Politik und die Verwaltung gemeinsam mit der Wirtschaft und auch mit der Bevölkerung. Klimabildung und Klimakommunikation sind deshalb wichtige Bestandteile unseres Klimaplans, denn niemand sollte an die Allmacht der Politik glauben. Das können wir nur gemeinsam leisten.

Wenn wir diesen Weg beschreiten, so wie wir es in unserem Plan aufgeschrieben haben, wird auch deutlich werden, dass wir nicht nur die Grundlagen unserer Existenz sichern, sondern dass es sich gleichzeitig um ein Innovationsprogramm und ein Wirtschaftsförderprogramm handelt, so wie es auch bei unserem Projekt NEW 4.0 der Fall ist. Es geht nicht nur darum, unsere natürliche Existenz zu sichern, sondern auch unsere wirtschaftliche Existenz. Daran arbeitet meine Behörde, die Behörde für Umwelt und Energie, aber auch der ganze Senat, und ich glaube, das ist etwas, was wir aus unserer Olympia-Bewerbung gelernt und auch etabliert haben: das gemeinsame Zusammenarbeiten an einem Ziel von Wirtschafts-, Umwelt-, Verkehrs- und Sozialbehörde, so wie wir das auch beim Thema Olympia getan haben.

(André Trepoll CDU: Das gab es vorher bei der SPD gar nicht!)

Diesen Ansatz werden wir bei dem Klimaplan fortsetzen zum Wohle unserer Stadt, und daran arbeitet nicht nur meine Behörde, sondern der ganze Hamburger Senat. Das ist ein wichtiger Baustein

(Senator Jens Kerstan)

zur Sicherung einer guten Zukunft in unserer Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herrn, nach unserer Geschäftsordnung haben jetzt alle Fraktionen noch einmal die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen. – Frau Dr. Schaal von der SPDFraktion hat das Wort.