Denn das hören wir ständig von Ihnen, es läuft immer alles großartig. Es läuft eben leider nicht großartig.
Da alles eben nicht immer nur großartig läuft – nein, Herr Pein, ich möchte jetzt ganz gern einmal weiterreden, Sie können sich hinterher zu Wort melden – und Hamburg nicht immer nur Vorbild ist in der Bundesrepublik Deutschland und nicht alles nur immer am tollsten macht, ist es Aufgabe der Opposition, dort, wo es eben nicht gut läuft, den Finger in die Wunde zu legen. Deshalb ist der Antrag, den Sie eingebracht haben, richtig und wichtig. Dass Sie das offensichtlich auch so sehen, zeigt sich daran, dass wir das im Detail im Ausschuss beraten werden.
Ein Grund, warum es so notwendig ist, dass die Opposition immer wieder den Finger in die Wunde legt, ist, dass Sie eine äußerst bedenkliche Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit Ihrer Flüchtlingspolitik betreiben. Niemand darf hinein, Journalisten werden in den Zentralen Erstaufnahmen und den Folgeunterkünften nicht zugelassen.
Tatsache ist, dass es Monate gedauert hat, bis der Senat seine Verantwortung für die Gesundheitserstversorgung in den Zentralen Erstaufnahmen ernst genommen hat. Sie haben es viel zu lange nur den Ehrenamtlichen überlassen, Sie haben viel zu lange die Aufgabe outgesourct. Das läuft seit dem 1. Oktober 2015 besser, das finden wir gut, das begrüßen wir ausdrücklich. Ich darf auch sa
gen, dass wir Ihren Ansatz, eine niedrigschwellige Versorgung in den Zentralen Erstaufnahmen zu leisten und nicht nur die Erstversorgung dem Regelsystem zu überlassen, ausdrücklich für richtig erachten. Da ist trotzdem noch einiges zu tun. Sie werden es wissen, es gibt Zentrale Erstaufnahmen, da haben die Ärzteteams in den ersten Wochen ohne Licht, ohne Strom, ohne Internetzugang gearbeitet.
Das muss man sich einmal vorstellen. Wir sind mitten in Europa und nicht in einem Entwicklungsland. Das hätte man sich vorher auch anders überlegen können.
Was heißt, wovon reden Sie eigentlich? Ich habe hier einen Sachverhalt geschildert, Herr Kienscherf. Ich habe einen Sachverhalt so beschrieben, wie er in der Zentralen Erstaufnahme in der Schnackenburgallee über viele Wochen Tatsache war. Das ist doch sachlich, was meinen Sie denn mit sachlich?
Sie sind auch nicht in der Lage, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Durchführung der Erstuntersuchung und der Röntgenuntersuchung nach wie vor viele Wochen dauert. Anders als Sie immer behaupten, ist es leider nicht in wenigen Tagen erledigt, sondern es dauert viele Wochen. Mir liegen die Listen aus mehreren Zentralen Erstaufnahmen vor, aus denen sich ergibt, dass teilweise Wochen oder Monate vergehen, bis die Menschen untersucht werden und sie die Röntgenuntersuchung durchlaufen. Das ist den Flüchtlingen nicht zuzumuten, das ist aber auch unserer einheimischen Bevölkerung nicht zuzumuten, denn Sie alle wissen, dass wir viel dafür tun müssen, damit ansteckende Krankheiten sich nicht verbreiten. Wir tragen auch die Verantwortung für die Volksgesundheit. Deshalb haben wir gern Ihre Initiative
aufgegriffen, meine Damen und Herren von der LINKEN. Wir müssen über das Thema reden. Wir müssen darüber reden, wo Defizite bestehen, und die Defizite müssen abgestellt werden. Ich freue mich auf eine hoffentlich sachliche Diskussion im Gesundheitsausschuss.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Prien, ich lasse mich nicht dazu hinreißen, mich von Ihnen provozieren zu lassen, obwohl das in Anbetracht Ihrer Rede hätte durchaus passieren können, weil ich einige Dinge nicht nachvollziehen kann. Sie schildern hier Zustände, die so einfach nicht stimmen. Sie behaupten, Ihnen lägen Listen von langen, langen Wartezeiten vor. Diese müssten Sie einmal präsentieren. Einfach Behauptungen aufzustellen ist weit entfernt von einer sachlichen Debatte, die Sie sich wünschen.
Aber einen Punkt möchte ich doch noch besonders hervorheben, und ich glaube, ich spreche zumindest für die GRÜNEN und für die SPD – ich weiß nicht, wie es bei den anderen Fraktionen aussieht –: Wir sind froh, dass keine Journalisten in diese Einrichtungen hineinkommen. Wie wäre es denn mit der Privatsphäre der Menschen dort, wenn die Journalisten vor den Zelten stehen, in den Zelten hocken und den Menschen keine Ruhe mehr lassen? Frau Prien, das können Sie doch im Ernst nicht wollen.
Die gesundheitliche Versorgung von Geflüchteten in Hamburg ist ein zentraler Punkt. Das erleben wir in der Öffentlichkeit, das ist auch real, das ist da, aber auch ein zentraler Punkt im Handeln des Senats. Es ist in der Tat eine große Herausforderung, die gesundheitliche Versorgung dieses gewaltigen Zustroms von Menschen sicherzustellen. Im Antrag der LINKEN und auch im Zusatzantrag der CDU, Frau Prien, werden wichtige Themen angesprochen. Genau deswegen wollen wir die Anträge an den Fachausschuss überweisen, um dort das komplette Bild der medizinischen Versorgungssituation für Geflüchtete darzustellen und in einer ruhigen, sachlichen Art und Weise zu diskutieren, anstatt nur über Behauptungen zu reden. Ich bin mir sicher, dass dann ganz viele Punkte, auch die, die hier ein wenig als Vorwurf am Handeln des Senats daherkommen, entkräftet werden können. Ich glaube nämlich, dass Hamburg bei der gesundheitlichen Versorgung der Geflüchteten in der Tat bundesweit Maßstäbe gesetzt hat.
Einige Punkte möchte ich noch einmal wiederholen. Eine Besonderheit in Hamburg ist, dass alle Flüchtlinge, auch diejenigen, die auf andere Bundesländer verteilt werden, bislang eine Erstuntersuchung erhielten. Das finde ich schon einmal sehr lobenswert.
In der letzten Novemberwoche kamen 2 122 Schutzsuchende in den Zentralen Erstaufnahmen neu an, und im selben Zeitraum wurden 2 344 erstuntersucht. Das zeigt, dass trotz hoher Zugangszahlen die Rückstände, die zweifelsohne da waren, inzwischen aufgeholt werden können. Sie beide sprechen zu Recht auch den Impfschutz an und fordern eine konsequente Umsetzung der Impfrichtlinien. Aber auch hier muss ich wie mein SPD-Kollege, Herr Giffei, feststellen, dass das bereits geschieht. Im Rahmen der Erstuntersuchung wird allen geflüchteten Menschen eine Impfung angeboten, je nachdem, welche erforderlich ist, und das wird von den Menschen sehr, sehr gut angenommen.
Sie machen sich Sorgen um die medizinische Betreuung der Geflüchteten bei der hausärztlichen und bei der kinderärztlichen Versorgung. Wir haben uns auch Sorgen gemacht, vor allem, als wir gesehen haben, dass die Überleitung in das medizinische Regelsystem nicht so angenommen wurde, wie wir uns das gewünscht hatten, und stattdessen die Notarztpraxen der Krankenhäuser übervoll waren. Darum haben wir in der Tat gehandelt und dafür gesorgt, dass es nunmehr in allen 32 Erstaufnahmeunterkünften jeweils eine hausärztliche Sprechstunde gibt, und zwar 40 Stunden die Woche und auch am Wochenende.
Vielleicht noch einmal ein paar Zahlen für alle: Die Stadt hat Honorarverträge mit 68 Ärzten und 55 medizinischen Fachangestellten geschlossen. Verehrte Opposition, das ist doch nicht nichts, das ist etwas.
Je nach Standort wird die Versorgung auch von nahegelegenen Krankenhäusern übernommen. Auch dazu möchte ich noch einmal Folgendes erwähnen: Für besonders schutzbedürftige Patientengruppen stellt das Albertinen-Diakoniewerk ab Mitte Januar 2016 65 Plätze zur Verfügung. Nach Asklepios mit 90 Plätzen in Harburg ist das der zweite Hamburger Krankenhausträger, der vorübergehend einen Schutzraum und medizinische Versorgung zum Beispiel für schwangere Frauen bereitstellt.
Deswegen, verehrte Kollegen von der LINKEN und der CDU, meine ich, dass Ihre Kritik hier ins Leere läuft.
Wir teilen aber Ihre Ansicht, dass im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung noch kein absolut zufriedenstellender Zustand erreicht ist. Zwar ist durch Krisenintervention für die Erstversorgung gesorgt, was ich für sehr wichtig halte, aber für Menschen, die Krieg und Flucht erlebt haben, ist das oft nicht ausreichend. Für Kinder und Jugendliche gibt es am UKE die Flüchtlingsambulanz. Das ist eine gute Einrichtung, ein spezialisiertes Angebot mit qualifiziertem Personal und vor allen Dingen mit organisierter Dolmetscherunterstützung, die auch eingefordert wird. Wir sind dabei, ein vergleichbares Angebot auch für Erwachsene zu schaffen. Das ist ein wichtiger Schritt, denn bei niedergelassenen Ärzten eine Psychotherapie zu bekommen, ist schwierig und erfordert Dolmetscher. Deswegen brauchen wir eine Anlaufstelle für alle Menschen, die durch Flucht und Krieg psychisch geschädigt sind.
Mit der Gesundheitskarte für Asylsuchende garantiert Hamburg schon seit einigen Jahren allen Asylsuchenden einen ungehinderten Zugang zum Gesundheitsbereich. Das sollte man ruhig erwähnen, denn dies ist in der Tat vorbildhaft, das haben auch die Oppositionsfraktionen gesagt. Andere Bundesländer ziehen jetzt nach und nehmen Hamburg als Vorbild. Alle Regelleistungen können mit Ausnahme von Einzelfallleistungen ohne Unterschied zu den gesetzlich Versicherten abgerechnet werden. Das ist uns wichtig, denn das Ziel ist doch, die Geflüchteten in das medizinische Regelsystem zu bekommen und sie nicht dauerhaft in Sprechstunden in den Einrichtungen zu betreuen.