Protokoll der Sitzung vom 10.02.2016

Wir kommen zum Punkt 18 der Tagesordnung, Drucksache 21/2927, Unterrichtung durch die Präsidentin: Bürgerschaftliches Ersuchen vom 26. November 2014: Beschäftigte des Kampfmittelräumdienstes.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Bürgerschaftliches Ersuchen vom 26. November 2014: Beschäftigte des Kampfmittelräumdienstes – Drucksache 20/13608 – Drs 21/2927 –]

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass wir das heute ohne Debatte durchführen.

Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 21/2927 Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zum Punkt 14 der Tagesordnung, Drucksache 21/2905, Senatsmitteilung: Gesamtkonzept zur besseren Versorgung von anerkannt vordringlichen Wohnungssuchenden mit Wohnraum, zugleich Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 11. Juni 2015: "Sofortprogramm zur Versorgung von vordringlich Wohnungssuchenden".

[Senatsmitteilung: Gesamtkonzept zur besseren Versorgung von anerkannt vordringlich Wohnungsuchenden mit Wohnraum, zugleich Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 11. Juni 2015 "Sofortprogramm zur Versorgung von vordringlich Wohnungsuchenden" (Druck- sache 21/620) – Drs 21/2905 –]

[Antrag der AfD-Fraktion: Gesicherte Finanzierung zur nachhaltigen Bekämpfung der Obdachlosigkeit durch Beschaffung von Wohnungen für vorrangig Suchende – Drs 21/3189 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/3189 ein Antrag der AfD-Fraktion vor.

Zur Drucksache 21/2905 liegt vonseiten der LINKEN ein Antrag auf Überweisung an den Stadtent

wicklungsausschuss vor. Wird dazu das Wort gewünscht? – Herr Lohmann von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Schon Ende des Jahres 2012 starteten SAGA GWG und die Baugenossenschaft freier Gewerkschafter mit einem neuen Kooperationsvertrag. Die SAGA GWG hat sich vertraglich verpflichtet, jährlich 3 000 sozialwohnungsberechtigte Haushalte mit Wohnraum zu versorgen. Davon müssen mindestens 1 700 Haushalte den Dringlichkeitsschein haben, und davon werden wiederum 50 Prozent, also 850 Wohnungen, für wohnungslose Haushalte zur Verfügung gestellt.

Neben den jährlich 2 000 neuen Sozialwohnungen kommen nun 300 Wohnungen ausschließlich für diese vordringlich Wohnungssuchenden hinzu. Neben dieser kurzfristigen Verstärkung des sozialen Wohnungsbaus wird die SAGA GWG außerdem 300 weitere Wohnungen und damit künftig 2 000 Wohnungen jährlich aus ihrem Bestand an vordringlich Wohnungssuchende vermitteln.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Darüber hinaus konnten mit mehreren Wohnungsbaugenossenschaften feste Wohnungskontingente für Menschen in Problemlagen vereinbart werden. Die enge Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure von Wohnungswirtschaft, Mietervereinen, Behörden, Sozialverbänden und weiteren Institutionen zeigt Wirkung. Begleitet wird diese Maßnahme im Rahmen des Gesamtkonzepts Wohnungslosenhilfe in Hamburg.

Das Projekt Starthilfe bei Einzug in eigenen Wohnraum hilft den Wohnungsbaugesellschaften bei der Umsetzung. Dabei werden die Fachstellen mit sogenannten Starthelfern ausgestattet, die durch Vermittlung lebenspraktischer Hilfen bei der Orientierung im neuen Lebensumfeld unterstützen sollen.

Die SAGA GWG und die Wohnungsbaugenossenschaften versuchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu helfen, wo sie nur können, und ich finde, sie machen in dieser schwierigen Situation einen verdammt guten Job.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Im Jahr 2011 wurde das Wohnungsbauprogramm mit der Zielvorgabe von 6 000 Wohnungen gestartet. Seitdem ist der Bau von 46 387 Wohneinheiten genehmigt worden. Das heißt, die Zielvorgabe wurde um mehr als die Hälfte übertroffen.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Die Fertigstellung von knapp 7 000 Wohnungen im Jahr 2014 und die Genehmigungszahlen aus den

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

Jahren 2013 und 2014 von circa 10 000 Wohneinheiten sind mehr als beachtlich. Da die Bauzeit zwei bis drei Jahre beträgt, liegen deutlich höhere Fertigungszahlen noch vor uns. Erlauben Sie mir, ein Zitat von Bürgermeister Olaf Scholz zu bringen:

"Wir hören nie mehr auf, Wohnungen zu bauen."

(Beifall bei der SPD und bei René Gögge GRÜNE)

Ja, wir wissen auch, dass viele Sozialwohnungen aus der Bindung auslaufen. Die meisten dieser Wohnungen befinden sich jedoch im Bestand von SAGA GWG und den Wohnungsbaugenossenschaften. Das führt nicht zwangsläufig zur Erhöhung von Mieten, wie uns einige immer wieder verkaufen wollen. Die Zahlen der Durchschnittsmieten von SAGA GWG von 6,08 Euro und die Durchschnittsmieten der Genossenschaften von gut 6 Euro sprechen dagegen. Eine neu fertiggestellte Sozialwohnung liegt heute bei 6,30 Euro pro Quadratmeter, also über den eben genannten Durchschnittswerten. Auch der Drittelmix sorgt dafür, dass künftig ebenfalls Sozialwohnungen gebaut werden. Für den sozialen Wohnungsbau nimmt die Stadt viel Geld in die Hand. Allein im Jahr 2016 sind dafür rund 126 Millionen Euro geplant.

Dieses gesamte Maßnahmenpaket zielt insbesondere auf die Integration von Menschen in unsere Gesellschaft. Sie sollen heraus aus der öffentlichen Unterbringung sowie den sozialen Einrichtungen, zum Beispiel Frauenhäusern, heraus aus prekären Wohnungsverhältnissen bei Freunden oder in der Familie und vor allem heraus aus der Obdachlosigkeit.

(Beifall bei der SPD und bei Phyliss Demirel GRÜNE)

Parallel zu unseren Bemühungen für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen kommt dieses Programm genau zur richtigen Zeit. So können wir die Situation für diejenigen verbessern, die in Hamburg leben, und genauso für diejenigen, die neu zu uns kommen, und ohne – das ist mir besonders wichtig – die Gruppen gegeneinander auszuspielen.

(Beifall bei der SPD, bei Christiane Blömeke und Phyliss Demirel, beide GRÜNE – Vizeprä- sidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

Die Überweisung an den Stadtentwicklungsausschuss lehnen wir ab und, was Wunder, den Zusatzantrag der AfD lehnen wir ebenso ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt nun Herr Hamann von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lohmann, wir streiten hier häufig, und wir streiten über viele Fälle. Vielleicht müssen wir uns nicht immer streiten, aber das ist nun ein Thema, bei dem sich der Streit wirklich lohnt. Nach diesen laut Drucksache wirklich vernichtenden Feststellungen zur jetzigen Situation der Obdachlosen halten Sie – entschuldigen Sie, sosehr ich Sie auch persönlich schätze – hier eine allgemeine wohnungspolitische Rede, wie ich sie früher auch schon von anderen Kollegen gehört habe, und deklinieren einfach nur herunter, wie gut der Wohnungsbau laufe. Er läuft gut – super, Glückwunsch, freut uns alle –, aber das hilft doch nicht, die Probleme der zahlreichen Obdachlosen zu lösen.

(Beifall bei der CDU und bei Stephan Jersch und Heike Sudmann, beide DIE LINKE – Dirk Kienscherf SPD: Wir tun doch was!)

Wenn ich dann, Herr Kollege Kienscherf, von Ihnen allen Ernstes auch noch die Ansage höre, dass Sie dieses Thema und diese Drucksache nicht an den Ausschuss überweisen, dann ist das überaus peinlich. In der ganzen Zeit, in der ich in der Hamburgischen Bürgerschaft bin, habe ich so etwas noch nicht erlebt.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Komm doch mal wieder runter!)

Ich würde mir wirklich wünschen, dass auch Sie, Frau Senatorin, noch einmal mit Ihren Kollegen sprechen und Sie in sich gehen. Das ist doch kein Thema, bei dem wir einfach nur über mehr Wohnungsbau und mehr Wohnungen jubeln. Wir sprechen hier über Menschen, die sich selbst nicht helfen können, Menschen, für die wir Verantwortung haben, Menschen, für die wir Konzepte erstellen müssen.

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Nein, Herr Kienscherf, Zwischenfragen und all das sind sonst immer nett, aber das Thema ist nun wirklich um einige Nummern …

(Glocke)

(unterbrechend) : Herr Hamann, es bleibt meine Aufgabe, Sie zu fragen, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen. Sie haben die Frage mit Nein beantwortet, fahren Sie bitte fort.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie wollten das doch gar nicht an den Ausschuss überweisen!)

– Natürlich möchten wir das Thema heute gern überweisen.

Das sollten Sie sich als SPD-Fraktion, die doch immer soziale Themen nach vorn trägt und behauptet, sozialen Themen und den Menschen verpflich

(Uwe Lohmann)

tet zu sein, einmal ganz gewaltig hinter die Ohren schreiben. So geht es nicht. Damit werden Sie diesem Thema nicht gerecht, und damit werden Sie diesen Menschen nicht gerecht. Und wenn Sie weiter an diesem Standpunkt festhalten, Wohnungen zu bauen, ohne dieses Konzept einmal in Einzelheiten im Ausschuss zu diskutieren, dann ist das wirklich eine Peinlichkeit, wie ich sie hier noch nicht erlebt habe.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Dann müssen Sie einmal erklären, warum Sie das nicht an den Ausschuss überweisen wollten!)

Wir können hier gern auf die Einzelheiten eingehen, aber das ist eigentlich zu kleinteilig und genau dazu ist eine Überweisung an den Ausschuss doch da. Aber offensichtlich ist es Ihnen auch zu unangenehm, das im Ausschuss zu diskutieren.

Die Drucksache selbst, ich mache es kurz, spricht von einem Bedarf von 13 000 Wohnungen. Sie bieten 2 000 Wohnungen jährlich an. Da haben wir doch eine Wahnsinnsdiskrepanz. Was machen wir mit den Menschen, denen diese Wohnungen fehlen? Wo sind die sozialen Konzepte? Wie betreuen wir diese Wohnungen? Das betrifft den Großteil der Fälle, die wir hier im Einzelnen haben.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie haben doch jahre- lang keine Wohnungen gebaut, Herr Kolle- ge! – Farid Müller GRÜNE: Wir erinnern Sie, Herr Hamann!)

Herr Kienscherf, natürlich können wir darüber reden, wie viel Wohnungsbau es bei der CDU und den GRÜNEN gab und wie viel Wohnungsbau es jetzt bei Ihnen gibt. Wir können darüber reden, dass die Zahlen der Obdachlosigkeit während unserer Regierungszeit gesunken sind, und zwar deutlich. Das wissen wir auch alles. Aber helfen wir den 13 000 Menschen, die jetzt Probleme haben, eine Wohnung zu finden, und teilweise auf der Straße übernachten, damit, wenn wir uns vorhalten, was früher nicht gut gelaufen ist und was jetzt nicht gut läuft? Wir müssen doch Lösungen finden. Das sind doch keine Lösungen, die Sie im Einzelnen anbieten.