Hier gibt es sogar einen Applaus. Danke, Herr Dolzer, dass Sie sich dazu bekennen, dass Sie es nicht wissen wollen. Da brauche ich die Theorie gar nicht zu machen. Es gibt weite Kreise bei der LINKEN, die es gar nicht wissen wollen.
Sie können gern ans Mikrofon gehen, Herr Dolzer. Ihre intellektuellen Ausführungen hören wir immer gern.
Eine andere Antwort war: Eine zu programmierende Datenbankabfrage sei in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Aber die Verwaltung hat doch die Zeit für so eine wichtige Vorbereitung. Oder: Auswertung im Sinne der Fragestellung sei nur möglich durch einen manuellen Abgleich der Visumsanträge mit Bescheiden des BAMF. Und so weiter und so weiter.
Es ist klar, dass das nicht leicht zu prognostizieren ist, aber das ist doch kein Argument dafür, überhaupt keine Daten zu sammeln, wenn es doch viele gibt. Es gibt verfügbare Daten, die Einwanderung und Familiennachzug seit Jahrzehnten in Deutschland und in anderen westlichen Ländern vergleichbar machen. Von Birmingham bis Helsinki, von Lyon über Paris bis Brüssel, von Duisburg, Berlin und Hamburg, alles ließe sich sammeln und aufbereiten, um vernunftgemäß, verantwortungsvoll und pflichtbewusst das ins Auge zu fassen, was auf uns zukommen kann, so gut wir es nur sehen können, aber wenigstens versuchen, es zu sehen. Und das geschieht nicht.
Man kann auch Umfragen unter bereits anerkannten Flüchtlingen, die keine Abschiebung mehr fürchten müssen, machen. Man kann Stichproben machen. Man kann Umfragen bei Konsulaten, Botschaftsangehörigen, Verantwortlichen in den jeweiligen Ländern vor Ort machen. Man kann Expertenumfragen der deutschen Kommunalpolitiker – Buschkowsky habe ich gerade schon genannt – oder Analysen machen lassen von Leuten, die etwas davon verstehen, wie beispielsweise der ExChef des BAMF, Schmidt, der das fünf Jahre gemacht und sich zu dem Thema geäußert hat. Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, wie man das systematisch aufziehen kann. Der Senat kann die Aufgabe auf jeden Fall nicht auf das BAMF abschieben, denn dort – da haben wir uns natürlich auch gemeldet – gibt es keine entsprechende Projektgruppe und auch keine entsprechenden Prognosen. Man sieht sich dort als ausführendes Organ und dafür gar nicht im Kern zuständig, was auch überrascht. Also das BAMF wird Sie nicht erlösen von der Aufklärung dessen, was da auf uns zukommt und was Ihre Pflicht ist, aufzuklären. So muss Hamburg eine eigene Ermittlung seiner Familiennachzugsprognosen betreiben, das kann gar nicht anders sein. Das Problem ist wichtig genug. Hinzu kommt, dass die Länder, die Regionen, die Städte in Deutschland sich danach unterscheiden, welche Flüchtlingsgruppen primär kommen. Wir wissen mittlerweile, dass Hamburg starken Zuzug aus Afghanistan, Berlin eher aus Syrien hat; da kann es Unterschiede geben. Auch deswegen sollte das regional prognostiziert werden. Hamburg ist als Bundesland groß genug und genügend reich, um so ein kleines Projektgrüppchen aufzustellen. Unglaublich, dass das noch nicht passiert ist.
Einen Fahrradbeauftragten haben wir, wird mir zugerufen, aber wir wollen das nicht polemisch nehmen, denn es geht um Kernsachen.
Es geht um Zehntausende Menschen, die zu uns kommen, worauf wir vorbereitet sein müssen. Wenn das nicht geschieht – Herr Dolzer, Sie haben mir den Gefallen getan und den Wunsch ausgesprochen, dass das nicht passieren sollte –, drängt sich der schlimme Verdacht auf, dass man aus bloßer politischer Opportunität die Daten gar nicht haben will, besser gar nicht wissen will, was auf uns zukommt, was man in gewisser Weise auch der Informationspolitik 2015 …
Herr Dolzer, Sie haben Kehlkopf. Zeigen Sie, dass Sie auch einen Kopf haben. Kommen Sie, reden Sie, stellen Sie eine vernünftige Frage.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass reine politische Opportunität dazu führt, dass Daten erst gar nicht erhoben werden, deren Ergebnisse man gar nicht haben will. Es ist klar, dass die Merkel-CDU und auch der rot-grüne Senat nicht danach dürsten, noch höhere Zahlen zu hören, die auf uns zukommen, denn dann wäre die Ausgangsposition der Bürgerinitiativen ganz anders. Auf diesen Hautgout sollten sie gar nicht erst kommen.
Deswegen ist unser Petitum, beim zentralen Flüchtlingskoordinator ein Projekt einzurichten, welches alle verfügbaren Daten beschafft und auswertet, um möglichst früh möglichst gute Prognosen für den zu erwartenden Familiennachzug zu gewinnen und dem in den entsprechenden Ausschüssen noch den Feinschliff zu geben. Es ist nie zu spät, noch etwas Licht der Vernunft selbst in diese missglückte Flüchtlingspolitik zu bringen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als ich den vorliegenden Antrag gelesen habe, habe ich mir folgende Frage gestellt: Hat die AfD in den letzten zwölf Monaten überhaupt mitbekommen, was alles auf politischer Ebene unternommen wird, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen? Oder hat die selbsternannte Alternative mit Absicht weggesehen, um weiterhin agieren zu können? In drei Gesetzespaketen und zwei Bundeshaushalten hat die Große Koalition bereits Veränderungen des Ausländerrechts im Asylgesetz und Aufenthaltsgesetz auf den Weg gebracht. So gelingt es, Asylverfahren besser zu ordnen, besser zu steuern und zu beschleunigen.
Dabei mussten auch für uns schwierige Entscheidungen getroffen werden. Eine dieser schwierigen Entscheidungen ist die Maßnahme, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte zwei Jahre lang auszusetzen. Es ist kein Geheimnis, dass das besonders für die SPD nicht einfach war. Denn eines ist klar – und das muss man an dieser Stelle einmal sehr deutlich sagen, vielleicht nützt dazu auch diese Debatte –: Integration gelingt besser, wenn ganze Flüchtlingsfamilien nach Deutschland kommen, auch wenn die Überschrift Ihres Antrags in der üblichen Manier etwas ganz anderes suggeriert.
Was bedeutet eigentlich der Begriff "ganze Flüchtlingsfamilien"? Nach den Ausführungen und Andeutungen in Ihrem wie so oft kenntnisarmen Antrag mussten wir davon ausgehen, dass pro eingereistem und anerkanntem Flüchtling mindestens drei, vier oder sogar noch viel mehr zusätzliche Menschen nach Hamburg, nach Deutschland kommen.
In diesem Zusammenhang rate ich gerade dazu, bei den Fakten zu bleiben. Fakt ist, dass nicht ganze Großfamilien nachträglich nach Deutschland kommen; vielmehr ist der Familiennachzug auf Ehegatten und Kinder beschränkt. Lassen Sie mich das für Deutschland mit Zahlen aus 2014 belegen. Im Jahr 2014 holten knapp 15 700 Ausländer ihre Ehefrauen nach, 3 200 ihre Ehemänner und 16 000 ihre Kinder, und das bei weit über 200 000 Asylanträgen. Sie sehen, dass die Rechnung der AfD so nicht aufgeht, und das ist doch von Ihnen auch so gewollt.
Dieser Antrag und auch die Wahrscheinlichkeitsrechnung, die Sie gern hätten, gehen an der Realität vorbei. Was wir brauchen, ist eine verantwortungsvolle Politik, die sich mit den Fakten beschäftigt und nicht Vorurteile und Ängste der Menschen in Hamburg und Deutschland schürt.
Was wir brauchen und zusammen mit den GRÜNEN in Hamburg bieten, ist eine verantwortungsvolle Flüchtlingspolitik, bei der wir auch der Opposition die Hand reichen. Wir werden Ihren Antrag selbstverständlich ablehnen. – Vielen Dank.
Wäre es nicht so traurig, müsste man wohl sagen: Und ewig grüßt das Murmeltier. In jeder Bürgerschaftsdebatte legen Sie uns
so eine Angstnummer vor, meine Damen und Herren von der AfD. Aber ich will versuchen, mich damit in der Sache auseinanderzusetzen, soweit das möglich ist.
Richtig ist, dass eine vernünftige Datengrundlage sehr wichtig ist, um Integrationsbedingungen so zu gestalten, dass Integration gelingen kann, und dass Familien, wie Sie, Frau Kollegin, eben zu Recht gesagt haben, eher eine gute Chance auf Integration haben als Menschen, die allein hierher kommen. Das steht, glaube ich, außer Frage. Sie gerieren sich an anderen Stellen immer auch gern als die Familienpartei. Das hört dann aber offensichtlich bei Flüchtlingen auf. Aber Sie sind eben eine monothematische Partei, und das macht sich auch an dieser Stelle wieder bemerkbar.
Natürlich beschäftigt uns alle die Frage, wie viele Menschen denn jetzt als Familienangehörige kommen. Hätten Sie ein bisschen aufgepasst, hätten Sie gemerkt, dass inzwischen rund 70 Prozent der Flüchtlinge, die über die Balkanroute gekommen sind, Frauen und Kinder sind. Also offensichtlich tut sich da etwas. Natürlich hat das BAMF sich auch damit beschäftigt, wie viele Menschen wahrscheinlich als Familien nachkommen. Aber wenn man einmal genau hinschaut, dann ist doch Tatsache, dass im Moment Anträge auf Familiennachzug an den betroffenen Auslandsvertretungen nur sehr schleppend bearbeitet werden, und überhaupt einen Termin zu erhalten dauert im Augenblick etwa ein Jahr. Da hätten Sie sich einmal erkundigen können.
Deshalb ist die Frage des Familiennachzugs im Augenblick jedenfalls in der Quantität kein wirklich großes Problem. Wir haben in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres 30 000 Fälle von Familiennachzug gehabt, und die Entwicklung, wie sie sich im Moment abzeichnet, beläuft sich etwa auf diese Größenordnungen. Dass Sie den Familiennachzug als riesiges Schreckensgespenst beschreiben, ist eine ziemlich üble Art, den Menschen draußen Angst zu machen.
Wie Sie wissen, setzt der Familiennachzug ein aufwendiges Visaverfahren voraus. Momentan ist es ganz schwer für die Menschen, überhaupt einen Termin zu bekommen. Insofern kann ich nicht so recht nachvollziehen, was Sie mit dem Antrag bezwecken wollen, außer Angst zu machen.
Wenn ich mir dann noch diese Fragen ansehe, die Sie in Ihrer Schriftlichen Kleinen Anfrage formuliert haben, etwa wie die durchschnittlichen Zahlen in
Hamburg zwischen 2005 und 2015 gewesen sind, dann frage ich mich, welche Erkenntnis Sie aus diesen Zahlen gewinnen wollen. Warum sollte die Stadt Hamburg diese Zahlen erheben? Sie selbst haben doch zu Recht darauf hingewiesen, dass man sehr genau betrachten muss, wer jetzt zu uns kommt, denn nur wenn man diese Gruppen sehr genau betrachtet, kann man den Familiennachzug beurteilen. Was sollen also die Zahlen von 2005 bis 2015 dazu beitragen? Wenn Sie weiterhin solche Fragen stellen, kann man Ihnen wirklich nicht abnehmen, dass es Ihnen darum geht, vernünftige Daten für die Integration zu erhalten. Deshalb kann man Ihrem Antrag leider nicht zustimmen. Über das Thema Daten sollten wir tatsächlich an anderer Stelle sprechen. Das werden wir auch noch in die Debatte einbringen. Aber das, Herr Baumann, war wieder einmal total daneben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Prien hat recht, wenn sie sagt, Sie fänden immer wieder neue Wege, um uns Angst, Vorurteile und Ihren Blick auf die Welt zu vermitteln. Ihre Ideen bezüglich Herleitung und all dem, was der Senat schon längst hätte machen können, sind schlicht und einfach Kokolores.
Das geht nicht nur bis 2005 zurück, sondern man konnte Herrn Baumanns Rede entnehmen, dass womöglich Fluchtbewegungen nach dem Ersten Weltkrieg, vielleicht sogar noch aus dem 18. und 19. Jahrhundert, mit berücksichtigt werden sollten.