Protokoll der Sitzung vom 02.03.2016

Das geht nicht nur bis 2005 zurück, sondern man konnte Herrn Baumanns Rede entnehmen, dass womöglich Fluchtbewegungen nach dem Ersten Weltkrieg, vielleicht sogar noch aus dem 18. und 19. Jahrhundert, mit berücksichtigt werden sollten.

(André Trepoll CDU: Völkerwanderung!)

Sie stimmen nicht in Wirklichkeit zu, Herr Trepoll, nicht wahr?

(André Trepoll CDU: Völkerwanderung!)

Völkerwanderung, stimmt, der Hinweis hat gefehlt. Vielen Dank.

Das ist eine absurde Vorstellung. Ich weiß nicht, ob Sie sich jemals klargemacht haben, dass das, was sich in den zwei vergangenen Jahren europaweit und weltweit entwickelt hat, eine völlig neue Flüchtlings- und Fluchtbewegung und auch politische Bewegung ist,

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Revolution!)

mit der wir uns auseinanderzusetzen haben. Das ist eine große, ernsthafte Aufgabe. Ich erwarte nicht von Ihnen, dass Sie sich damit ernsthaft auseinandersetzen, aber vielleicht sollten Sie sich einmal weniger diesen Spaß in der jeweils letzten De

(Karin Prien)

batte gönnen, uns mit Ihren absurden Ideen zu konfrontieren.

Ich weise auf die Genfer Flüchtlingskonvention und die nationalen Asylrechtsregelungen hin, die in den europäischen Ländern entwickelt worden sind. Darin steht nicht, es gäbe die Vereinbarung, jeweils eine Person pro Familie zu retten, sondern darin steht, dass Asyl den Menschen gewährt wird, für die es Asylgründe gibt, egal, wie groß oder klein eine Familie ist, egal, welches Geschlecht die Familienmitglieder haben, egal, wie alt oder jung sie sind. Und das soll auch so bleiben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Schneider von der Fraktion DIE LINKE.

Ich möchte es möglichst kurz machen. Meine Vorrednerinnen haben schon fast alles dazu gesagt. Ich habe noch einmal in der Programmatik der AfD geblättert. Da heißt es:

"Für die Alternative für Deutschland sind eine kinder- und elternfreundliche Familienpolitik […] und die stärkere Förderung von Familien mit Kindern von entscheidender Bedeutung."

(Beifall bei Dr. Joachim Körner AfD)

Sie haben vorgeblich über Integration geredet. In Wirklichkeit haben Sie einen Sprachgebrauch, der eher auf einen Tsunami zutrifft, wenn Sie davon sprechen, was da auf uns zukomme, was sich da aufbaue. Sie betrachten die Geflüchteten ausschließlich als Belastung. Vor dem Hintergrund sage ich, dass das, was in Ihrem Programm steht, sich auf die deutsche Familie bezieht, und das ist völkisch. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Jarchow von der FDP-Fraktion:

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie immer habe ich die undankbare Aufgabe, der Letzte in einer AfD-Debatte zu sein. Vieles ist schon gesagt, und ich möchte das alles nicht wiederholen. Auch wir werden den Antrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN)

Erlauben Sie mir noch eine kurze Bemerkung. Wenn man das Petitum liest, lieber Herr Baumann, fragt man sich, ob der Antragsteller seine eigene

Begründung überhaupt selbst gelesen hat. Denn Sie verweisen zutreffend auf die beklagenswerte unklare und unkorrekte Lage der Ausgangsdaten und zitieren völlig vage Prognosen und Faktoren. Sofern diese von hoheitlichen Stellen stammen, werden sie vielfach auch von Ihnen nicht ganz zu Unrecht infrage gestellt. Gleichzeitig fordern Sie aber in Ihrem Petitum mit großem Verwaltungsaufwand auf Basis dieser invaliden Ausgangsdaten und nebulöser Prognosedaten – ich zitiere -:

"planungssichere Prognosen."

Ich frage mich, wie das gehen soll. Das ist ein Widerspruch in sich. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Baumann von der AfD-Fraktion für zweieinhalb Minuten.

Liebe Kollegen! Ich möchte darauf hinzuweisen, dass es um den Abschnitt eines Prozesses im deutschen parlamentarischen, sozusagen geschichtlichen System geht. Es kommt eine neue Partei, und man kann jetzt einmal bei Licht betrachten, wie die Altparteien damit umgehen; das war klasse.

(Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE)

Ich habe mitnichten beantragt, den Familiennachzug zu begrenzen oder zu steigern. Ich wollte nur die Daten sammeln, die Sie noch nicht haben, für eine Politik, von der Sie noch gar nicht wissen, wie Sie sie machen sollen. Aber Sie wollen für Zehntausende Menschen verantwortlich sein. Das ist heute Abend ein Armutszeugnis des Parlamentarismus. Ich wollte nur Daten sammeln, die noch nicht da sind.

(Zurufe)

Ich habe nichts unterstellt.

(Zurufe)

Meine Damen und Herren: Ich habe niemandem irgendetwas unterstellt. Ich habe darauf hingewiesen, dass weltweit der Familiennachzug ein Kern der Migration ist. Ich habe auf die Prognosen von SPD-Leuten und die 5-Jahres-Prognosen des BAMF-Chefs hingewiesen und keine eigene Prognose gemacht. Jeder von Ihnen hat behauptet, ich hätte eine gemacht. Ich habe aber keine gemacht. Auch Sie haben keine gemacht. Das Problem ist aber, dass wir eine brauchen – wegen Ihres Verblendetseins, tut mir leid –, aber keine bekommen.

(Beifall bei der AfD – Dr. Mathias Petersen SPD: Hey, hey, hey!)

(Antje Möller)

Ich bin mir nicht sicher, ob das den parlamentarischen Gepflogenheiten entsprach. Aber das war jetzt die letzte Debatte des Tages, die letzte Wortmeldung.

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen – das ist der Fall –, kommen wir zur Abstimmung.

Wer einer Überweisung der Drucksache 21/3330 federführend an den Innenausschuss und mitberatend an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist abgelehnt.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der AfD-Fraktion aus der Drucksache 21/3330 in der Sache.

Wer diesem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Jetzt schließe ich die Sitzung für den ersten Tag, und wir sehen uns morgen wieder.

Ende: 20.17 Uhr