Ich finde es gut, dass Sie das Thema Grundrechte angesprochen haben, denn das ist in der Tat der Ausgangspunkt: Grundrechte sind nicht verhandelbar. Unser Grundgesetz bildet die Leitplanke der Integration. Laut Grundgesetz ist Hamburg verpflichtet, alle Flüchtlinge unterzubringen, die Hamburg zugewiesen sind. Auch wenn ich viele Ihrer kritischen Hinweise zu der Volksinitiative teile, möchte ich an der Stelle positiv betonen, dass alle,
die sich vernünftig an der Diskussion beteiligen, sich darin einig sind, dass diejenigen, die in Hamburg ankommen, Schutz finden und hier untergebracht werden müssen. Es ist wichtig, dass es in diesem Punkt keinen Dissens gibt. Auch das ist ein Fortschritt in der Diskussion.
Natürlich muss am Schluss jeder Vorschlag, den wir in die Diskussion aufnehmen, aufgehen. Am Schluss darf es nicht so sein, dass jemand nicht untergebracht ist. Jeder Vorschlag in der Diskussion muss sich genau daran messen lassen, und deshalb ist es richtig, dass die beiden Regierungsfraktionen sehr frühzeitig auch den Dialog mit der Volksinitiative aufgenommen haben. Gerade weil wir alle Verantwortung für das demokratische Klima in dieser Stadt haben, sind wir alle in der Pflicht, einen Weg zu suchen, um am Schluss einen durchaus polarisierenden Volksentscheid zu vermeiden. Das ist jede Anstrengung wert.
Wir haben seit gestern ein neues Instrument, und Sie alle, gerade die Fraktionen, die sich bisher in unterschiedlicher Intensität an der Flächensuche beteiligt haben, sind herzlich dazu eingeladen, einen Weg zu finden und Vorschläge für neue Unterkunftsflächen zu machen – bitte schön, sehr gern. Wir haben dieses neue Instrument, das im April konkret an den Start gehen wird. Auch die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion sind herzlich dazu eingeladen, einmal an einem Workshop teilzunehmen, damit auch Sie Unterkünfte vorschlagen können.
Genau das haben wir gestern Abend noch den Initiativen vorgeschlagen, nämlich dass sie an diesem Workshop-Verfahren teilnehmen und dort auch auf Basis ihrer eigenen Vorgaben Vorschläge machen können. Wir haben gestern zugesagt, dass wir das entsprechend in Richtung der Behörden weitergeben und dafür sorgen, dass jeder machbare Vorschlag willkommen ist und umgesetzt wird. Tatsächlich wäre es töricht, es anders zu machen. Das ist unser Angebot nicht nur an die Initiativen, sondern an die ganze Stadtgesellschaft. Auch da gilt im Prinzip Ihre Aussage, alle seien gefragt. Alle sind eingeladen mitzumachen, denn diese Herausforderung können wir nur gemeinsam bewältigen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Hamburg ist die Stadt des Ankommens. Darauf sind wir alle stolz, und das ist historisch so gewachsen, es ist quasi Teil unserer DNA. Wir sind eine liberale Einwanderungsstadt, und zu uns kommen Fachkräfte aus aller Welt, es kommen Studenten, es sind die Menschen gekommen, die man damals als Gastarbeiter bezeichnete, und es kommen vor allem seit dem vergangenen Jahr zunehmend mehr zahlreiche Flüchtlinge zu uns.
Wir sind uns tatsächlich darin einig, Herr Dressel, dass wir zunächst einmal die humanitäre Verpflichtung haben, diese Menschen aufzunehmen, und die Stadtgesellschaft hat das lange verstanden, hilft dabei auch kräftig mit und leistet hier unermüdlich ihren Teil. Die Hamburger haben aber ein sehr feines Gespür dafür, dass nicht alle, die kommen, auch bleiben können. Wer als Armuts- oder Arbeitsmigrant in Hamburg Asyl begehrt, wird Hamburg auch wieder verlassen müssen. Aber wer anerkannt wird, soll möglichst schnell die deutsche Sprache lernen und in Bildung, Ausbildung und in den Arbeitsmarkt integriert werden. All das haben die Hamburger sehr gut verstanden. Und Sie haben auch recht: Alle Bürger sind gefragt.
Übrigens sind nicht nur die Bürger gefragt. Wir freuen uns, dass der Bürgermeister nun unter dem Druck der Initiative und der Opposition immerhin in Ansätzen Dialogbereitschaft gezeigt hat. Wir finden auch, dass die wissenschaftlich begleitete Bürgerbeteiligung durchaus einen bedenkenswerten Ansatz hat. Ich fürchte nur, dass die Bürger sehr schnell durchschauen werden, ob das eine Spielwiese oder ob es ernst gemeint ist, und wenn es ein durchschaubares Manöver sein sollte, Herr Dressel, dann wird es leider einen Bumerangeffekt haben.
Die Bürger haben heute ein klares Votum abgegeben. In viereinhalb Tagen 26 000 Stimmen sind ein klares Votum dafür, dass die Bürger in dieser Stadt keine Großsiedlungen wollen.
Es ist die klare Aufforderung an den Senat und seine Behörden, jetzt mit aller Kraft ein alternatives Konzept zu erarbeiten. Der Weg kann doch nicht sein, den Ball in den Garten der Bürger und der Volksinitiativen zu kicken.
Das wird nicht funktionieren, sondern Sie als Verwaltung, Sie mit den Mitarbeitern in den zuständigen Behörden, Sie haben die Aufgabe, jetzt Alternativen vorzulegen. Das können Sie doch nicht den Bürgern überlassen.
Sie kennen die Potenzialflächen für den Wohnungsbau und für Gewerbe, und man wird darüber diskutieren müssen, ob sie dafür in Betracht kommen oder nicht. Sie können nicht einfach den Bürgern auferlegen, neue Vorschläge zu machen. Das mag ergänzend ganz schön sein, dagegen ist nichts zu sagen, aber Sie sind in der Pflicht. Der Ball liegt nach wie vor in Ihrem Garten.
Nicht die Volksinitiative spaltet die Stadt, die Stadt würde gespaltet werden, wenn dieser Senat kompromisslos weiter seinen Kurs fahren würde und von dem Plan, die Großsiedlungen zu bauen, nicht abgehen würde.
Deshalb ist es jetzt Ihre Aufgabe, einen lösungsorientierten Arbeitsprozess aufzusetzen, der das gesamte Know-how der Verwaltung, der Politik und der Initiativen nutzt und endlich auch die Opposition in diesen Prozess einbezieht, um konkrete, alternative Lösungen für jeden Bezirk zu erarbeiten. Verstecken Sie sich doch nicht hinter einem solchen Beteiligungsmodell, das es bisher nur im Experimentierstadium gibt und letztlich den Abwägungsprozess, den wir als Stadtgesellschaft angehen müssen, nicht ersetzen kann.
Wir reichen Ihnen dazu gern erneut die Hand. Schlagen Sie sie nicht wieder aus, wie Sie es die letzten Monate getan haben. Lassen Sie uns jetzt gemeinsam die Ärmel aufkrempeln und zusammen mit den Bürgerinitiativen endlich ein besseres Konzept für die Stadt erarbeiten. Frau Schneider, ja, Menschenrechte, Grundrechte sind nicht verhandelbar, aber die Bürgerrechte der Bürger in dieser Stadt auch nicht, und deshalb lehnen wir rundweg ab, dieser Bürgerinitiative zu unterstellen, sie starte hier eine Initiative, die aus moralischen Gründen nicht in Ordnung sei. Das ist das Recht der Bürger dieser Stadt, und wir sollten sie nicht diffamieren, sondern mit ihnen gemeinsam an einer besseren Lösung arbeiten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen Herren! Die Anmeldung der Fraktion DIE LINKE lautet: Alle sind gefragt, Grundrechte sind nicht verhandelbar. In diesem Zusammenhang halte ich es für wichtig, sich bei der Frage, die uns schon länger beschäftigt, nämlich wie man
so viele geflüchtete Menschen in unserer Stadt unterbringt, einmal zu überlegen, welche Gemeinsamkeiten wir eigentlich haben.
Erstens haben wir die Gemeinsamkeit, dass wir alle im Kern eine möglichst gute Integration wollen. Zweitens glaube ich, dass viele Leute den Satz, Flüchtlinge so dezentral wie möglich unterzubringen, unterschreiben würden.
Und drittens reden wir über eine sehr große Anzahl von Menschen. Wir alle können nicht in die Zukunft sehen und stellen eigene Prognosen an. Die Bundesregierung gibt zu diesem Thema keine Prognose mehr ab, obwohl sie dazu eigentlich verpflichtet ist.
Wir haben jetzt gesagt, dass wir 39 000 Plätze brauchen. Egal, ob es am Ende 35 000 oder 42 000 Plätze sind, sind wir alle uns darin einig, dass wir innerhalb eines Jahres eine Menge Plätze brauchen. Wenn man das anerkennt und auf diesen Grundlagen gemeinsam arbeitet, kann man diese Aufgabe gemeinsam gestalten und wird man auch darauf kommen, dass Grundrechte am Ende des Tages nicht verhandelbar sind.
Wir haben gestern ein Konzept vorgestellt und gesagt, jede Hamburgerin und jeden Hamburger daran beteiligen zu wollen. Gemeinsam mit ihnen wollen wir die intimen Kenntnisse der Stadtteile vor Ort erheben und auch nutzbar machen. Wir wollen – da gebe ich allen Vorrednern recht – ein transparentes, nachvollziehbares, begründbares Verfahren erarbeiten, bei dem man Flächenvorschläge machen kann und zu einem gemeinsamen Ergebnis kommt. Wenn man sich darauf einlässt, Frau Prien, kann das zu einer Beteiligung und zu einer Versachlichung der Debatte führen und wird auch einen Realitätscheck ermöglichen.
Dieser Realitätscheck funktioniert nur, wenn er in beide Richtungen geht. Deswegen möchte ich auch ehrlich sagen, wenn man das ernst nimmt, ist das natürlich auch ein Realitätscheck für die Arbeit der Verwaltung. Ich finde, man sollte ganz uneitel, unprätentiös und gelassen sagen, dass, wenn es gute Vorschläge gibt, sie auch umgesetzt werden müssen. Nur dann wird so ein Werkzeug eine vernünftige Akzeptanz finden.
Gleichzeitig können wir in gewisser Weise froh darüber sein, dass es eine Volksinitiative gibt. Denn wenn es eine Volksinitiative gibt, gibt es auch eine
konkrete Forderungslage, mit der man sich auseinandersetzen kann. Da teile ich Ihre Einschätzung nicht ganz. Es ist schon so: Wenn man die politische Wirklichkeit verändern will und sagt, man stehe für gute Integration und diese Grundrechte seien unteilbar, dann muss am Ende der Ball so aufgenommen werden, dass die Unterbringungsverpflichtung auch im Sinne einer guten Integration klappt. Wenn man über größtmögliche Dezentralität und gute Integration redet, muss man auch über die Machbarkeit hinsichtlich der Anzahl der Plätze und der Zeitspanne von einem Jahr reden. Lässt man sich auf diesen Korridor ein, dann hat man eine Basis – das sagen eigentlich alle Akteure, die in diesem Bereich relevant sind –, um am Ende des Tages zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Aber auf diesen Korridor müssen sich sowohl die Politik als auch die Volksinitiative einlassen.
Ich finde, eine ausgestreckte Hand sollte man nie ausschlagen. Genau an diesem Stadtmodell können wir mit der CDU ausprobieren, welche Vorschläge von ihr kommen – Sie haben bisher einen Vorschlag in Altona und einige Vorschläge in Bergedorf gemacht, sonst habe ich nicht so viele Vorschläge gefunden –