Protokoll der Sitzung vom 02.03.2016

Auch auf der inhaltlichen Ebene ist dieser Antrag nicht zielführend. Die BWVI ist nämlich nicht nur, wie es der Antrag ausführt, angewiesen auf die Mitarbeit der Bezirksebene, sondern will auch umfänglich informieren und die Menschen vor Ort einbeziehen, insbesondere auch den Sachverstand der Bezirksversammlungen und der zuständigen Experten in den Verwaltungen der Bezirksämter. Das kann ich auch aus meiner Erfahrung als Mitglied in einem Verkehrsausschuss ganz klar sagen. Eine Information seitens der Fachbehörde muss vom Bezirksamt und von der Bezirksversammlung in professioneller Kooperation bearbeitet werden und eben nicht unabhängig voneinander.

(Beifall bei Annkathrin Kammeyer SPD)

In vielen Fällen ist das Bezirksamt selbst Träger und Planer der Maßnahmen, sodass hier auch eine Beteiligung von vornherein stattfindet. Wer sich die Arbeitsweise eines Verkehrsausschusses im Bezirk einmal genauer anschaut, der erkennt schnell, dass diese Ausschüsse zu den inhaltsreichsten und vollsten Ausschüssen der Bezirksebene gehören.

Der Verkehrsausschuss erhält alle für ihn relevanten Unterlagen und Planungen zur Beratung und Stellungnahme, und das in mehreren Verschickungen zu jedem Planungsstand. Diese Verschickun

gen seitens der Verkehrsbehörde werden sowohl vom Bezirksamt als auch vom Verkehrsausschuss mit Stellungnahmen versehen zurück an die Behörde gesandt. Die auf Machbarkeit überprüften Stellungnahmen werden dann in aufwendigen Listen bewertet. So wird auf jeder Stufe der Planungen die Bezirksversammlung beziehungsweise der Ausschuss eingebunden. Der Ausschuss nutzt oft die Möglichkeit, in öffentlichen Anhörungen weitere Menschen einzubeziehen, und die Behörde zieht dabei auch mit.

Im Rahmen der Unterlagenverschickung werden stets Ansprechpartner in den Behörden angegeben, an die man sich wenden kann. Zudem werden in der Regel auch verspätete Stellungnahmen und Anmerkungen anstandslos zur Kenntnis genommen oder auch berücksichtigt. Auf Wunsch werden die Unterlagen seit einiger Zeit elektronisch und damit zeitsparend versendet. Das ist ein großer Vorteil gegenüber der Verschickung einzelner analoger Unterlagen.

(Beifall bei der SPD)

Bei besonderen Vorhaben bemüht sich die Behörde immer häufiger, die Bezirkspolitik frühzeitig einzubeziehen, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Öffentlichkeit immer mehr Interesse an der Mitgestaltung zeigt. Wir haben das alle in den vergangenen Jahren zunehmend gemerkt, und die Verkehrsbehörde ist darauf intensiv eingegangen. So hat beispielsweise in Hamburg-Mitte der Prozess rund um die Verkehrsplanung in der Langen Reihe gezeigt, dass sich eine gut funktionierende Anwohnerbeteiligung in einem Verfahren erst entwickeln und im Ergebnis zu einer allseits anerkannten Verbesserung ursprünglicher Planung führen kann.

(Beifall bei der SPD)

Die Vertreter der Hochbahn, der Verkehrsbehörde, des LSBG standen dabei nicht nur der Bezirkspolitik, sondern auch den Bewohnern für Gespräche und Präsentationen zur Verfügung. Am Ende und nun für den dritten Bauabschnitt gab es erst vorletzte Woche wieder einen öffentlichen Termin. Bei diesem – zuerst sehr strittigen – Verfahren hat man gelernt, aufeinander zuzugehen, Kompromisse zu erörtern und Vereinbarungen zu treffen. Die Anwohner vor Ort sind mitgenommen worden, Bezirk und Verkehrsbehörde sind als gemeinsame Partner aufgetreten.

Die bestehende Themendichte und die vollen Tagesordnungen erfordern geradezu, dass die Verkehrsausschüsse in den Bezirken selbst priorisieren, welche Planungen denn vorgestellt werden sollen. Daher sollten wir auch dieses als Landesparlament nicht von oben vorgeben, so wie es der Antrag fordert. Man kann den Bezirksversammlungen und ihren Ausschüssen sehr wohl zutrauen, ihre Themen selbst zu setzen.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich ist es dann wichtig, dass die Verkehrsbehörde den Vorstellungswünschen zeitnah und passgenau entgegenkommt, um auch eine Verzahnung von Landes- und Bezirksebene immer weiter fortzuentwickeln.

Unser Verkehrsausschuss sollte dieses übergeordnete Thema, das der Antrag nur anreißt, aber in der Vorstellung eben zum Ausdruck kam, stets im Blick haben. Daher beantrage ich für die SPD die Überweisung an den Verkehrsausschuss. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Anna Gallina GRÜNE)

Nun bekommt Frau Gallina von der GRÜNEN Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Westenberger, wir haben – das weiß vielleicht nicht jeder von Ihnen – schon ein paar Jahre gemeinsam in der Bezirksversammlung Eimsbüttel hinter uns gebracht und natürlich auch das eine oder andere Mal über Verkehrsthemen und Planungsthemen gesprochen.

Mir geht es heute ein bisschen so wie damals, nämlich dass mich Ihre Anträge nicht so wahnsinnig vom Hocker reißen.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Das würden Sie gern wissen, nicht? Also, Sie haben noch nichts geliefert, keine Sorge, Herr Hamann.

(André Trepoll CDU: Der G20-Gipfel, der reißt es heraus!)

Schön, dass Sie alle so amüsiert sind.

Herr Westenberger, dennoch teile ich die Grundintention des Antrags, das möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen. Es ist deswegen gut, dass wir im Verkehrsausschuss die Gelegenheit haben, darüber zu sprechen.

(Zuruf von Thilo Kleibauer CDU)

Aber die Frage ist doch tatsächlich, ob nicht eigentlich schon regelhaft eine entsprechende Einbindung stattfindet. Wenn man sich einmal anschaut, wie auch in Eimsbüttel immer wieder Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit Bezirksversammlungsmitgliedern und Verkehrsausschussmitgliedern oder auch in den Regionalausschüssen auf Planungen Einfluss genommen haben – an den von Frau von Enckevort angesprochenen diversen Verschickungen konnte man dann auch sehen, dass sich tatsächlich etwas verändert hat –, muss man sich, glaube ich, wirklich einmal die Frage stellen, ob es sich hier nicht um Einzelfragen

handelt, die das jeweilige Bezirksamt beziehungsweise die jeweilige Bezirksversammlung zusammen mit ihrem Bezirksamt selbst am besten klären sollte, wie man in der Zusammenarbeit besser wird. Wie gesagt, wir erörtern das gern im Ausschuss, aber wir sind, glaube ich, in der Vergangenheit deutlich besser geworden, was Bürgerbeteiligungen und Einbindungsprozesse angeht.

(Zurufe)

Das mögen Sie vielleicht manchmal anders sehen, weil dummerweise nicht immer alle Ihre inhaltlichen Forderungen übernehmen wollen, aber das sind zwei Dinge, die man sehr sauber auseinanderhalten sollte. Inzwischen sind für Bürgerinnen und Bürger viele Planungsunterlagen auch im Internet zugänglich; das ist der richtige Weg. Den werden wir auch weiter beschreiten. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Nun bekommt Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach sechs Jahren Bezirksversammlung und dort fast sechs Jahren im Verkehrsausschuss ist es mir natürlich sehr sympathisch, diesen Antrag zu lesen, denn, wer so lange in der Bezirksversammlung gesessen hat, der weiß, wer am Ende der Straßenbaunahrungskette in dieser Stadt steht. Das sind die Bürgerinnen und Bürger und ganz knapp davor die Politikerinnen und Politiker in den Bezirken. Insofern müssen sie trotzdem ihren Kopf immer wieder dafür hinhalten, was verkehrspolitisch in dieser Stadt geplant und durchgeführt wird. Es ist tatsächlich so, dass Informationen spät kommen. Sie kommen teilweise interpretationsfähig. Sie sind im Feedback nebulös. Daher fand ich es interessant, dass Frau von Enckevort eine völlig andere Behörde kennengelernt hat, als ich sie kennenlernen musste.

Gleichzeitig ist es allerdings auch so, dass die Bezirksämter ausbluten. Ich habe mir die Tätigkeitsberichte des Bezirksamts Bergedorf angesehen und festgestellt, dass wir in diesem Bereich zwischen 20 und 25 Prozent weniger Personal in den Bezirken haben, und das ist einer Kommunikation mit den Bezirken, die dringend notwendig ist, sicherlich nicht zuträglich.

(Beifall bei der LINKEN)

Insofern bin ich sehr skeptisch, was einen zusätzlichen Kommunikationskanal mit den Bezirksämtern, mit den Bezirksversammlungen – das wurde vorher schon erwähnt –, angeht. Es wäre originär die Aufgabe der Bezirksämter, diese Kommunikation zu übernehmen, aber rein personell ist das mittlerweile schwierig geworden. Deswegen denke ich,

(Henriette von Enckevort)

statt neuer Kommunikationskanäle bräuchten wir mehr Personal in den Bezirksämtern.

(Beifall bei der LINKEN)

Und letztendlich wird hier am üblichen Top-DownModell hamburgischer Politik herunter zu den Bezirken nicht gekratzt. Ich denke, wir müssten mehr zum Bottom-Up gehen und schauen, wie wir eine Demokratisierung über runde Tische erreichen, die dann im Nachhinein wieder reparieren müssen, was angerichtet worden ist. Wie bekommen wir eine solche Demokratisierung hin?

(Beifall bei Sabine Boeddinghaus DIE LIN- KE)

Was die Informationspolitik der BWVI angeht: Zu spät bleibt zu spät. Daran wird auch ein solcher Kommunikationsstrang nichts ändern. Hier muss sich grundsätzlich etwas ändern. Die Bezirke müssen ernst genommen werden als Rückgrat dessen, was die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt wirklich mitbekommen. Hier muss sich etwas ändern bei der Behörde. Letztendlich hat man immer wieder das Gefühl, das Motto lautet: Wenn der Verkehr in der Stadt fließen soll, dann sind Bezirke im Weg. Und der Frust sitzt tief in den Bezirken, das kann ich Ihnen sagen. Man fühlt sich nicht ernst genommen.

Es ist gut, wenn wir im Ausschuss darüber sprechen, was geändert werden kann, damit wir wirklich eine Demokratisierung auch bei diesen Planungskonzepten erreichen, denn so wie es im Moment ist, sind die Kolleginnen und Kollegen in den Bezirksverwaltungen letztendlich die Prügelknaben einer verfehlten Verkehrspolitik in dieser Stadt, und das muss sich dringend ändern. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt nun Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Jersch, ich fand Ihren Vergleich mit dieser Nahrungskette gar nicht schlecht.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Ach, von der LINKEN können Sie lernen!)

Sie haben gesagt, am Ende stehe der Bürger und kurz davor die Bezirksabgeordneten. Da habe ich überlegt, wer steht denn am Anfang der Nahrungskette? Das ist doch die naheliegende Frage. Ich habe einen Vorschlag. Er ist zwar jetzt nicht da, aber ich glaube, es ist Herr Kienscherf.

Am Anfang steht also Herr Kienscherf. Der beschließt etwas, das geht dann zum Senator herunter, dann zum Staatsanwalt, und irgendwann landet es beim Bezirksabgeordneten. Möglicherweise ist das Modell das richtige, aber Sie kennen viel

leicht auch, Herr Jersch, vom Kindergeburtstag die Sache mit der Stillen Post. Der Erste, also Herr Kienscherf, sagt Elefant, und am Ende beim Bezirksabgeordneten kommt dann Maus heraus. Dieser Transportweg, den Sie angerissen haben, ist in der Tat nicht überzeugend. Und die Äußerungen von Frau von Enckevort haben mich auch etwas besorgt gemacht, denn sie hat versucht uns darzulegen, alles sei doch ganz toll. Ich bin nun nicht mit ihr zusammen in einer Bezirksversammlung gewesen, ich bin aber auch völlig normaler Bürger und darf Ihnen sagen: Ob es nun an dieser Nahrungskette liegt oder an etwas anderem, es ist nicht alles toll in der Hamburger Verkehrspolitik. Ein Teil davon ist eben mangelnde Kommunikation, eine mangelnde Nahrungskette und mangelnder Informationsfluss.

Wir haben einen großen Sanierungsbedarf, und der bezirkliche Sachverstand wird, vorsichtig formuliert, nicht in ausreichendem Maße in Anspruch genommen. Man könnte auch sagen, er wird oft übergangen. Und Sie kennen das leidige Thema schlechte Baustellenkoordinierung. Ich glaube, auch da könnten die Bezirke, wenn man sie denn etwas eher an der Nahrungskette beteiligen würde, durchaus etwas beitragen.

Nun aber zum Antrag der CDU-Fraktion. Sie fordern eine beschleunigte Weiterleitung an die Bezirksversammlung. In der Tat ist natürlich das Argument zu überlegen, ob es sinnvoll ist, einen weiteren Kommunikationskanal zu öffnen. An sich würde ich sagen, der klassische preußische Beamtenweg ist richtig, aber – wie gerade schon ausgeführt – der scheint nicht richtig zu funktionieren. Als quasi Aorta oder als Bypass ist der Vorschlag der CDU vielleicht gar nicht so schlecht. Zumindest ist er diskussionswürdig. Darum werden wir sie unterstützen, diesen Antrag zu überweisen.

Die frühzeitige Vorstellung in Ausschüssen der Bezirksversammlung sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, aber mir wurde aus Bezirkskreisen berichtet, dass es keineswegs so ist. Die Berücksichtigung von Rückmeldungen ist ebenfalls eigentlich selbstverständlich, und auch da haben mich Frau von Enckevorts Ausführungen ein wenig besorgt gemacht. Sie hat wörtlich gesagt, auch wenn eine solche Stellungnahme nach der Frist komme, werde sie – Achtung – zur Kenntnis genommen. Ich glaube Ihnen sogar, dass sie zur Kenntnis genommen wird, aber es geht nicht um Kenntnisnahme. Es geht darum, dass man bezirklichen Sachverstand ernst nimmt und wirklich in seine Überlegungen einbezieht, eventuell auch Konsequenzen daraus zieht. Dass Frau von Enckevort aber das nicht sagt, macht mir ganz besonders Angst.