Zu Beginn möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Fraktionen abweichend von der Empfehlung des Ältestenrats vereinbart haben, die Tagesordnung um einen weiteren Punkt zu ergänzen. Das ist die Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, Drucksache 21/3817, die als Punkt 4a nachträglich in die Tagesordnung aufgenommen wurde. Außerdem haben sich die Fraktionen verständigt, vier weitere Punkte zu vertagen: Die Großen Anfragen Drucksache 21/3178 und 21/3208 und die Anträge aus den Drucksachen 21/3555 und 21/3663, Tagesordnungspunkte 8, 11, 46 und 50.
Tolerantes Hamburg? Angriffe auf die Grundrechte der Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit nehmen zu! Der Senat und die Mehrheit in der Bürgerschaft schauen tatenlos zu
Ich rufe das erste Thema auf, angemeldet von der FDP-Fraktion. Wird das Wort gewünscht? – Herr Meyer, bitte, Sie bekommen es.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrtes Präsidium! Wer sich nicht tiefergehend mit den City-Hochhäusern befasst,
neigt zu der vordergründigen Einschätzung, sie seien hässlich und könnten weg. Aber so einfach darf man es sich mit raumprägenden Entscheidungen für unsere Stadt, insbesondere mit der Erinnerung an unsere Stadtgeschichte, nicht machen. Hübsch und hässlich sind keine Kategorien im Denkmalschutz, der unser kulturelles Erbe bewahren und nachfolgenden Generationen anhand gebauter Zeitgeschichte gesellschaftliche Entwicklungen der Vergangenheit veranschaulichen soll.
Im Jahr 2013 hat der damalige SPD-Senat mit Unterstützung der GRÜNEN das Denkmalschutzgesetz novelliert und verschärft. Man sollte annehmen, dass man das tat, um Gebäude von kulturhistorischer Bedeutung vor dem Abbruch zu schützen und dem öffentlichen Interesse an einem Denkmal gegenüber dem Einzelinteresse des Eigentümers größere Einflussmöglichkeiten einzuräumen. Ich zitiere aus Ihrem Denkmalschutzgesetz Paragraf 1 Absatz 2:
"Die Freie und Hansestadt Hamburg soll […] durch vorbildliche Unterhaltungsmaßnahmen an Denkmälern für den Wert des kulturellen Erbes in der Öffentlichkeit eintreten und die Privatinitiative anregen."
Das Ensemble City-Hof ist nun erwiesenermaßen ein Denkmal, das von seinem Eigentümer, der Freien und Hansestadt Hamburg, in den letzten Jahren auf das Sträflichste vernachlässigt wurde und deshalb so unansehnlich dasteht. Von vorbildlichen Unterhaltungsmaßnahmen kann daher keine Rede sein.
Erbaut wurden die City-Hochhäuser von Rudolf Klophaus, einem zu seiner Zeit renommierten Architekten, der unter anderem auch das Kontorhausviertel geprägt hat. Die vier markanten, ursprünglich weiß verkleideten Hochhäuser des CityHofs waren neben den Grindel-Hochhäusern die ersten Hochhäuser Hamburgs. Sie standen für den Neuanfang nach dem entsetzlichen Krieg, sie waren innovativ und modern und setzten ein deutliches Zeichen gegen alles, was vorher gewesen ist. Architektur als Spiegelbild zeitgeschichtlicher Entwicklung ist selten so aussagefähig und aussagekräftig wie in diesem besonderen Fall. Der Bruch mit dem Vorherigen war ein gesellschaftliches Phänomen, durch das viele, die Schuld auf sich geladen hatten, versuchten, der dunklen Vergangenheit zu entkommen, so auch Klophaus, der als angepasster Mitläufer galt. Damit war er einer, der in dieser Zeit für viele stand. Der sichtbare Bruch zwischen Kontorhausviertel und City-Hof ist geradezu ein Paradebeispiel für den Sinneswandel, der sich nach 1945 vollzogen hat.
Erst im Sommer vergangenen Jahres hat die UNESCO die Speicherstadt und das Kontorhausviertel, das unmittelbar an die City-Höfe angrenzt, zum Weltkulturerbe ernannt. Sie werden heute in dieser Sitzung über das Schicksal dieses für unsere Stadt so wichtigen städtebaulichen, aber auch zeitgeschichtlich bedeutungsvollen Areals entscheiden. Sie, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, haben es in der Hand, an diesem zentralen Ort über die Zukunft, aber auch den Umgang mit unserer schwierigen, schwerwiegenden Geschichte des 20. Jahrhunderts zu entscheiden. Sie sind es, die zunächst Ihrem Gewissen verpflichtet sind, Entscheidungen aber auch in der Öffentlichkeit vor Ihren Wählerinnen und Wählern verantworten müssen.
Der Stadtentwicklungsausschuss hat sich mühevoll und mit ausgewiesener Expertise mit dem denkmalpflegerischen Wert der City-Höfe befasst. Die Experten haben sich, natürlich mit Ausnahme der SPD-Kandidaten, für eine denkmalgerechte Sanierung ausgesprochen und allesamt eine Neuauflage des Vergabeverfahrens gefordert. Selbst der von der SPD benannte Professor Hipp sagte: Nehmen Sie nicht diesen sagenhaft langweiligen Prien-Entwurf.
Und was macht unser Scholz-Senat? Er betreibt ein duales Vergabeverfahren, das den Erhalt, aber eben auch den Abriss der City-Höfe ermöglicht. Das ist schon deshalb widersprüchlich, weil ein Denkmal nur abgerissen werden darf, wenn der Erhalt wirtschaftlich unzumutbar ist oder das öffentliche Interesse den Abbruch erfordert. Beides ist aber erwiesenermaßen nicht der Fall.
Stattdessen lagen attraktive Sanierungsangebote auf dem Tisch, die weit über 30 Millionen Euro geboten haben und eindrucksvoll visualisieren, wie attraktiv die City-Hochhäuser nach einer denkmalgerechten Sanierung aussehen könnten. Es ist beschämend, wie leichtfertig Bürgermeister Scholz den kulturellen Wert unserer Stadt riskiert, seinen trickreichen Finanzsenator agieren lässt und die Kulturbehörde kaltstellt.
Meine Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, wann emanzipieren Sie sich eigentlich? Ressourcenschonend ist ein Abbruch auch nicht, und Sie haben sich doch immer für den Denkmalschutz eingesetzt. Wo sind Sie eigentlich? Folgen Sie heute einmal Ihrem Gewissen, machen Sie sich gerade und folgen Sie nicht dem Fraktionszwang. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Meyer, wir haben uns sehr tiefgehend mit den City-Höfen befasst. Wir haben uns in den letzten Jahren in diversen Diskussionen damit befasst, wir haben ein umfangreiches Vergabeverfahren durchgeführt, und das Ergebnis dieser tiefgehenden Befassung ist, dass wir einen Neustart an dieser Stelle wagen wollen. Wir wollen diesen Eingangsbereich der Innenstadt städtebaulich neu ordnen. Das ist das Ergebnis, und das ist begründet.
Wir wollen das im unmittelbaren Umfeld des Kontorhausviertels machen, und deswegen – das haben Sie nur am Rande angesprochen – haben wir die UNESCO frühzeitig beteiligt. Wir haben darauf hingewiesen, dass es ein Vergabeverfahren geben wird, und wir haben darauf hingewiesen, dass wir zusammen mit der UNESCO nicht nur dieses Vergabeverfahren vorbereiten wollen, sondern dass die UNESCO auch im Preisgericht vertreten sein wird, mit der Folge, dass die Situation nicht schlechter, sondern besser werden wird und wir das Weltkulturerbe Kontorhausviertel durch einen Neubau besser abrunden. Das ist unser Ziel dieses Verfahrens.
Wenn wir über die Qualität von Bauten reden, dann reden wir über die City-Hochhäuser und nicht über die Grindel-Hochhäuser. Wir reden auch nicht über das Spiegel-Hochhaus oder über das NeueHeimat-Hochhaus, sondern über die City-Hochhäuser,
die letztendlich, das haben Sie angesprochen, erst durch Ipsa Lege zum Denkmal wurden, also nicht durch ein Gutachten, wie in der Anhörung deutlich wurde, sondern durch einen vierseitigen Vermerk eines Mitarbeiters der Kulturbehörde, in dem am Rande in nur drei Sätzen erklärt wurde, dass das Gebäude aufgrund des Vorgenannten als Denkmal bezeichnet werden könne. Es ist eben nicht durch ein Gutachten zum Denkmal geworden.
Deswegen ist es etwas anderes, und deswegen geht es auch darum, wie es um die Qualität dieses Gebäudes bestellt ist. Das Gebäude, das in den Fünfzigerjahren erbaut worden ist, wies schon da
mals erhebliche funktionale Schwächen auf, zum Beispiel eine wasserdurchlässige Fassade und eine Ladenpassage, in der keine Menschen eingekauft haben. Diese funktionalen Schwächen muss man doch anerkennen. Wir tun das.