Protokoll der Sitzung vom 31.03.2016

Ich möchte noch einmal etwas zu den Investitionsmitteln sagen, und zwar zu den Zahlen, die immer wieder in den Raum gestellt werden. Ich finde, es ist ein fairer Vergleich, wenn man einmal die Jahre 2011 bis 2015 mit den fünf Jahren davor unter CDU-Regierung vergleicht. Wir haben den Krankenhäusern in den letzten fünf Jahren 565 Millionen Euro für Investitionen zur Verfügung gestellt. In den fünf Jahren davor waren es 55 Millionen Euro weniger. Deshalb wäre ich sehr froh, wenn die Legendenbildung, wir würden die Krankenhausinvestitionen herunterfahren, aufhört. Sie können diese Zahlen in Haushaltplänen und in Antworten auf Schriftliche Kleine Anfragen nachlesen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt erhält das Wort Christiane Blömeke von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Senatorin hat alles Wesentliche dargestellt und viele Fragen beantwortet. Ich will nur noch ein paar Sätze zu Ihnen

(Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks)

sagen, Herr Schinnenburg, weil ich mich über Ihre Rede ein wenig geärgert habe. Man kann natürlich auch viel zerreden. Ihre Rede war ein bisschen wie "Herr Schinnenburg erklärt uns die medizinische Welt". Das hat mir nicht gefallen. Ich gestehe Ihnen ein gewisses medizinisches Wissen zu; meines Wissens sind Sie Zahnarzt. Ich glaube aber, dass die Geriatrie weit über das zahnmedizinische Wissen hinausgeht und gerade die Punkte, die wir im Rahmen der Weiterentwicklung der Geriatrie angesprochen haben, so umfangreich sind, dass ich mich darüber geärgert habe, dass Sie jeden einzelnen Punkt zerredet haben. Da habe ich einen deutlichen Unterschied gesehen zu den Beiträgen von der Kollegin Stöver und Herrn Celik von der Fraktion DIE LINKE.

Zur dargelegten Finanzierung will ich noch eines sagen: Wirklich sehr wichtig ist die Vernetzung, also die Beratung, die Einbeziehung vorhandener Strukturen, auch der Pflegestützpunkte. Derartige Vernetzungen kosten nicht unbedingt zusätzliches Geld, sind aber ein wesentlicher Baustein dieser altersmedizinischen Zentren.

Besonders lustig fand ich, als Sie sagten, der Senat solle sich dort gar nicht einmischen. Das hat die Senatorin noch einmal klargestellt. Ich sehe es als Aufgabe der Politik und dieser Bürgerschaft an, Rahmenbedingungen zu setzen, Impulse zu geben, Vorgaben zu machen. Ich glaube, wir würden sonst überhaupt nicht weiterkommen in der Stadt, wenn wir das nur ausschließlich den Krankenkassen und den Medizinern überließen. Es geht doch darum, die Rahmenbedingungen für eine altersgerechte medizinische Versorgung und überhaupt für eine altersgerechte Versorgung in Hamburg zu implementieren. Ich glaube, als solches ist das auch klar geworden. So sehen wir unsere politische Aufgabe.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich sehe jetzt zu diesem Thema keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zu den Abstimmungen.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 21/3695 und 21/3820 an den Gesundheitsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist knapp abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache und beginnen mit dem CDU-Antrag aus Drucksache 21/3820.

Wer möchte sich diesem anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Wer möchte dann den Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN aus Drucksache 21/3695 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Dann rufe ich Punkt 58 der Tagesordnung auf, Drucksache 21/3684, Antrag der CDU-Fraktion: Provisorium Königsteiner Schlüssel ersetzen.

[Antrag der CDU-Fraktion: Provisorium Königsteiner Schlüssel ersetzen – Drs 21/3684 –]

Vonseiten der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN liegt hierzu ein Antrag auf Überweisung an den Innenausschuss vor.

Wird das Wort gewünscht? – Frau Prien von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Grunde gibt es bei diesem Thema kaum unterschiedliche Auffassungen darüber, dass die regionale Verteilung …

(Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Frau Abgeordnete, entschuldigen Sie. – Meine Damen und Herren, dies ist keine allgemeine Aussprache, sondern Frau Prien hat das Wort.

Ich fange noch einmal von vorn an und bestätige meine Auffassung, dass im Grunde kein Dissens darüber besteht, dass eine vernünftige regionale Verteilung von Flüchtlingen nach dem jetzigen Verteilungsverfahren, nämlich dem provisorischen Königsteiner Schlüssel, kein wirklich geeignetes Instrumentarium ist. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat gemeinsam mit der Robert Bosch Stiftung in Zusammenarbeit mit einer überparteilichen Expertenkommission, geleitet von Armin Laschet, aber auch mit Vertretern der anderen Parteien besetzt, dem Deutschen Städtetag und allen, die dazu etwas Sachgerechtes zu sagen haben, bereits im Februar in einem Zwischenbericht festgestellt, dass die aktuellen Mechanismen zur regionalen Verteilung nicht daran orientiert sind, wie man Integration vernünftig zum Gelingen bringen kann, sondern wir derzeit einen nicht sachgerechten Schlüssel anwenden. Paragraf 45 Asylgesetz sagt nicht umsonst, dies sei nur eine vorläufige Regelung. Offensichtlich ist es vor dem großen Ansturm der Flüchtlinge, den wir in den vergangenen anderthalb Jahren geregelt haben, nicht gelungen, zu einem vernünftigen Verteilungsschlüssel zu kommen. Ein vernünftiger Verteilungsschlüssel würde selbstverständlich nicht nur die Bevölkerungszahl und die Wirtschaftskraft eines Bundeslandes, sondern darüber hinaus alle Faktoren, die für das Gelingen von Integration entscheidend sind, berücksichtigen. Dazu gehört die Fläche eines Bundes

(Christiane Blömeke)

landes, dazu gehören aber auch die Kapazitäten am Berufsausbildungsmarkt, im Schulbereich und im Universitätsbereich. Genau diese Aspekte werden bisher nicht berücksichtigt. Ich glaube und hoffe, dass wir uns darin einig sind, dass das, was wir im Moment machen, nicht unbedingt ein kluger Weg ist.

Aber wie sieht es nun in der Realität aus? Wie sieht es in unserer Stadt aus? Letztlich ist das das Entscheidende. In unserer Stadt führen wir eine sehr intensive Debatte darüber, ob der von der rotgrünen Koalition eingeschlagene Weg, in Großsiedlungen Wohnungsbau für Flüchtlinge zu schaffen, der geeignete Weg ist. Der SPD-Parteivorsitzende sagt, die Entstehung solcher Gettos sei eine Grundlage für Kriminalität, Gewalt und am Ende auch für Terror, und auch die Bundesbauministerin hat uns in den letzten Tagen eindrucksvoll bestätigt, dass das nicht der Weg ist, den man gehen sollte, wenn man es mit Integration wirklich ernst meint.

(Beifall bei der CDU – Martina Friederichs SPD: Was hat denn das mit dem Königstei- ner Schlüssel zu tun?)

Ich will Ihnen gern erklären, was das mit dem Königsteiner Schlüssel zu tun hat.

Die Idee, solche Großsiedlungen zu schaffen, rührt doch nur daher, dass wir in Hamburg im Augenblick so viele Flüchtlinge – und zwar überobligatorisch viele Flüchtlinge – aufnehmen. Täten wir das nicht, bräuchten wir auf eine solche aus unserer Sicht absurde Idee gar nicht kommen. Wie sieht es denn mit der Aufnahme von Flüchtlingen bei uns in Hamburg aus? Da die Verteilungsmechanismen in Hamburg nicht professionell funktionieren, haben wir im vergangenen Jahr zunächst weit über 60 000 Flüchtlinge versorgt, von denen dann rund 22 000 bei uns geblieben sind. Und wie sieht es im neuen Jahr aus? Die Zahlen sind massiv rückläufig, das ist Tatsache. Aber wir in Hamburg haben erstaunlicherweise in den ersten beiden Monaten immer noch relativ viele Flüchtlinge gehabt, übrigens auch wieder deutlich mehr, als selbst der Königsteiner Schlüssel dies nahelegen würde. Wenn ich dann aus den Umlandgemeinden höre, dass dort die letzten Zuteilungen zum Teil im Januar erfolgt sind, und wir in Hamburg im Februar immer noch 2 400 Flüchtlinge, die bei uns verbleiben, hatten,

(Arno Münster SPD: Das hat doch einen Grund!)

dann stimmt doch etwas nicht. Dann stimmt etwas mit dem Verteilungsschlüssel nicht, und dann stimmt auch etwas nicht mit Ihrer Politik, die Sie in Hamburg betreiben.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Sie bekommen es eben nicht auf die Reihe, meine Damen und Herren von der SPD.

Und wenn ich dann noch höre, dass freiwillig zusätzliche Flüchtlinge aus dem Bayern-Kontingent aufgenommen werden – nicht einmal nach dem Königsteiner Schlüssel, sondern zusätzlich und überobligatorisch –, dann ist das der falsche Weg,

(Kazim Abaci SPD: Dann reden Sie doch mal mit Bayern!)

wenn Sie sich gleichzeitig darüber mokieren, dass wir immer noch Flüchtlinge in prekären Unterkünften unterbringen müssen. Warum sind die Flüchtlinge nicht im Bargteheide, in Wentorf

(Martina Friederichs SPD: Aber das machen wir doch!)

oder in Norderstedt untergebracht, sondern bei uns in Zelten und in Baumärkten? Das kann doch nicht der richtige Weg sein.

(Beifall bei der CDU)

Was ist denn eigentlich aus der von Ihnen so hochgelobten Vereinbarung mit Schleswig-Holstein geworden?

(Martina Friederichs SPD: Die ist ja kurz vor dem Abschluss!)

Wo sind denn die 2 500 Flüchtlinge untergebracht worden? Sie sind nicht untergebracht, sonst bräuchten wir sie nicht in Hamburg unterzubringen.

Wir wünschen uns von Ihnen – und ich glaube, das tun wir gemeinsam mit vielen Bürgerinnen und Bürgern in dieser Stadt –, dass Sie sich mit der gleichen Kraft, mit der Sie sich für Großunterkünfte einsetzen,

(Wolfgang Rose SPD: So ein Quatsch! – Ka- zim Abaci SPD: Sie machen Stimmung!)

endlich dafür einsetzen, dass der Verteilungsschlüssel im Bund überdacht wird, dass die Zeit genutzt wird, um endlich zu einem sachgerechten Verteilungsschlüssel zu kommen,

(Beifall bei der CDU)

und dass Sie in der Übergangszeit die Möglichkeiten des Paragrafen 45 Asylgesetz nutzen und dafür Sorge tragen, dass auf freiwilliger Basis eine bessere Verteilung stattfindet.

Ihr ehemaliger Sozialsenator, der uns leider verlassen hat, offensichtlich ist es ihm hier zu heiß geworden

(Zurufe von der SPD)

Sie dürfen sich alle gern zu Wort melden, das ist überhaupt kein Problem.

hat uns letztes Jahr im Juli ins Stammbuch geschrieben – ich zitiere –:

"Wir finden in Hamburg keine Wohnungen, kaufen einen Container nach dem anderen, und woanders wird Wohnraum vernichtet. Das ist verrückt."