"Wir finden in Hamburg keine Wohnungen, kaufen einen Container nach dem anderen, und woanders wird Wohnraum vernichtet. Das ist verrückt."
Jetzt, wo die Dinge sich erheblich entspannen, können wir nur an Sie appellieren – und das ist auch Gegenstand unseres Antrags, den wir erfreulicherweise im Ausschuss weiterhin behandeln werden –: Nehmen Sie das endlich ernst. Seien Sie ein Anwalt der Hamburger und setzen Sie sich dafür ein, dass wir in Hamburg und in der Bundesrepublik eine bessere Verteilung von Flüchtlingen bekommen. In diesem Sinne freue ich mich auf gute Ausschussberatungen. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Ich bin äußerst erstaunt, wozu dieser Antrag herhalten muss.
Es wird alles durcheinandergeworfen. Die Steigerung der Flüchtlingszahlen ist nicht von Hamburg selbst verursacht, sondern liegt daran, dass sich einfach viele Menschen auf den Weg zu uns gemacht haben und wir in Hamburg dafür zu sorgen haben, dass die Erstversorgung von Flüchtlingen, die bei uns in Hamburg ankommen, auch in Hamburg gewährleistet wird.
Diese Erstversorgung müssen wir sicherstellen; das hat absolute Priorität, und erst dann schauen wir, welche Flüchtlinge bei uns nach dem Königsteiner Schlüssel verbleiben.
Sie haben den Wohnungsbau angesprochen und die Wohnungen, die nicht zur Verfügung stehen, um Menschen unterzubringen. Da müssen Sie sich tatsächlich einmal an die eigene Nase fassen.
Sie haben in zehn Jahren CDU-geführter Regierung keinerlei Neuwohnungsbau angestoßen. Das machen wir jetzt.
Wir werden auch dafür sorgen, dass Flüchtlinge in Sozialwohnungen untergebracht werden. Mit dem Wort Getto möchte ich gar nicht erst anfangen; ich
Das Wort Getto ist historisch so verquickt, dass wir Siedlungen in Hamburg nicht damit verbinden sollten. Das sollten wir uns alle nicht erlauben.
Ich bin aber, um noch einmal konkret zu Ihrem Antrag zu kommen, außerordentlich erstaunt darüber, dass Sie diesen Antrag heute eingereicht und zur Debatte angemeldet haben. Das ist in der Tat ein starkes Stück, denn wir haben in der vorherigen Bürgerschaftssitzung einen anderen Oppositionsantrag, der die Überprüfung der Änderung des Königsteiner Schlüssels fordert, mit Ihrer Unterstützung an den Fachausschuss überwiesen. Da frage ich mich doch, wie Oppositionspolitik von der CDU in Hamburg gemacht wird.
Indem Sie Anträge der anderen Oppositionsfraktionen umformulieren? So leicht sollte man sich Oppositionsarbeit nicht machen.
Es stimmt, der Königsteiner Schlüssel ist vielleicht nicht optimal, gerade was unsere knappen Räumlichkeiten in den Stadtstaaten angeht. Und es stimmt auch, dass für die bundesweite Verteilung von Flüchtlingen andere Modelle denkbar wären.
Beispielsweise hat, das nenne ich gern, der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration der Europäischen Union neben der Wirtschaftskraft und der Bevölkerung auch die Fläche und die jeweilige Arbeitslosenquote als Kriterien empfohlen. Natürlich wären diese Indikatoren für uns als Stadtstaat wesentlich komfortabler, was die Zahlen angeht. Das ist uns bekannt und das bestreitet auch niemand. Gleichwohl bringt es nichts, in eine Scheinwelt zu fliehen, die Flüchtlinge in die Fläche zu schicken und zu denken, somit alle Probleme gelöst zu haben. Die Frage wäre doch dann, wie wir es schaffen, Flüchtlinge auch in strukturschwachen Regionen, die traditionell die größten Leerstände zu verzeichnen haben, zu integrieren – aber das würde an dieser Stelle zu weit führen.
Lassen Sie uns an den Fakten festhalten. Es gibt 13 Flächenbundesländer und drei Stadtstaaten im Bundesrat. Glauben Sie nicht, dass wir leicht eine
Viel Erfolg versprechender finden wir den Ansatz, den Hamburg schon längst verfolgt – Sie erwähnen es in Punkt 2 Ihres Antrags –, nämlich zu überlegen, wie freiwillige Kooperationen mit den angrenzenden Bundesländern stattfinden können. Es laufen in der Tat bereits Verhandlungen mit Schleswig-Holstein; diese stehen kurz vor dem Abschluss.
1 500 Flüchtlinge können demnächst in SchleswigHolstein untergebracht werden. Auch mit Mecklenburg-Vorpommern haben wir gute Erfahrungen gemacht, und Niedersachsen wird, denke ich, in Kürze folgen.
Ich will noch einmal darauf eingehen, was der Hamburger Senat auf Bundesebene tut. Auf wessen Initiative wurden denn bundesgesetzliche Grundlagen dafür geschaffen, dass Flüchtlinge, zu deren Aufnahme ein Land nach Maßgabe des Königsteiner Schlüssels verpflichtet ist, überhaupt in einem anderen Bundesland untergebracht werden können? Sie sollten die Antwort kennen: auf Initiative des von Olaf Scholz geführten Hamburger Senats. Ein weiteres Beispiel: Wer hat dafür gesorgt, dass die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gerecht auf alle Bundesländer verteilt werden?
Auch hier kennen Sie die Antwort, es ist dieselbe. Das sind nur zwei Beispiele dafür, dass die Interessen Hamburgs auf Bundesebene wirklich gut vertreten werden, und das lassen wir uns nicht kaputtreden,
auch nicht mit populistischen und unrealistischen Forderungen in der Manier eines Horst Seehofer. Frau Prien, Sie haben in der Presse gesagt, ein halber Seehofer würde es auch tun. Wir wollen in Hamburg weder einen ganzen noch einen halben Seehofer,
sondern wir wollen Bundespolitik, die mit Umsicht und Geduld, Hartnäckigkeit und diplomatischem Geschick geführt wird. Darüber bleiben wir im Ausschuss gern mit Ihnen im Gespräch. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Prien, Sie haben an einer einzigen Stelle recht, dass nämlich der Königsteiner Schlüssel als Verteilungsmechanismus umstritten ist, eine Übergangslösung ist, die sich über viele Jahre gehalten hat, und dass nie jemand eine bessere gefunden hat. Das war es dann aber auch schon. Nach Ihrer Rede zweifle ich fast daran, ob wir mit der Überweisung an den Innenausschuss den richtigen Weg gehen, denn dort werden wir tatsächlich über den Königsteiner Schlüssel und das, was es an Vorschlägen gibt, ihn zu verändern, reden wollen.
Eines muss einem dabei klar sein: Anders als Ihr Vorschlag orientiert sich alles, was es an Änderungsvorschlägen gibt, daran, dass der Grundsatz gelten muss, dass die Flüchtlinge aufgenommen und angemessen untergebracht werden und Chancen auf Integration in unsere Gesellschaft haben.