Wie eben schon gesagt ist das Beklemmende an der Situation die Hilflosigkeit derjenigen, die uns dort begegnen. Und auch hier hat Hamburg ein dichtes Netzwerk gewebt, das Hilfe anbietet und auch in den jeweiligen Muttersprachen tätig wird. Betteln ist nicht schön, und zwar, liebe Kolleginnen und Kollegen, in allererster Linie für den Bettelnden selbst. Körperliche Strapazen ausgeklammert, geht Betteln seit Jahrhunderten einher mit der Preisgabe von Würde. Wer bettelt, hat für gewöhnlich kaum noch etwas zu verlieren. Es ist aus meiner Sicht schon beachtlich, dass Sie bei bettelnden Menschen offensichtlich als Erstes an die Vertreibung von Kunden zu denken scheinen. Die Aussagen, die dieser Antrag trifft, werden dem vielschichtigen Thema nicht im Ansatz gerecht.
Die SPD steht weiterhin für eine sachliche, kontinuierliche und ganzheitliche Herangehensweise, ist sich aber auch den Prämissen der Sach- und Rechtslage bewusst. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab.
die der Vorredner überhaupt nicht verdient hat, weil die Art und Weise, mit der er sich des Themas bemächtigt hat, dem Thema nicht annähernd angemessen war.
Ich möchte ein Beispiel aus der Lyrik des Antrags aufgreifen, Herr Erkalp, auf das Sie leider nicht eingegangen sind. Ich habe Sie so verstanden, dass Sie an diesem Antrag sehr viel gearbeitet haben, denn die Wortwahl war doch recht identisch. Sie haben interessanterweise den wunderbaren Satz nicht wiederholt, den es in Ihrer Lyrik gibt – ich lese ihn einmal vor –:
"Die überwiegend aus Osteuropa stammenden und zum Teil auffällig jungen BettelTrupps bedrängen nicht nur, sie penetrieren."
Das haben Sie hier nicht gesagt. Ich sage es. Ich kann auch ausführlicher darstellen, was diese Wortwahl meint, was der Kontext dieses Begriffes ist.
Da ich davon ausgehe, dass Sie gezielt jeden Satz aufgeschrieben haben, gehe ich auch davon aus, dass Ihnen Assoziationen, die damit zusammenhängen, nicht aus Versehen passieren, sondern gezielt erfolgen.
Das ist ein derart unanständiger Umgang mit der Situation von Menschen, die aufgrund ihrer persönlichen Situation oder weil sie von anderen dazu gezwungen werden zu betteln, der einer parlamentarischen Debatte nicht angemessen ist.
Im Übrigen darf ich noch einmal folgenden Hinweis loswerden: Wenn Sie eine Straftat beobachten oder selbst Opfer einer Straftat werden – und das weiß Herr Hamann sicherlich noch viel besser als
ich –, dann bleibt nur eines, nämlich Anzeige erstatten. Nur dann kann nämlich die Polizei auch handeln.
Die Unterscheidung zwischen Beschwerde, Belästigung und Straftat sollte auch Ihnen bekannt sein. Aber mein Eindruck ist – und deswegen ist es gut, dass wir diesen Antrag nicht an den Ausschuss überweisen –, dass es Ihnen überhaupt nicht darum geht, eine Situation, die sich in der Innenstadt jeden Sommer in unterschiedlichen Ausprägungen wiederholt, tatsächlich ernsthaft zu betrachten, sondern wahrscheinlich brauchte Herr Erkalp einen Antrag. Sie haben vor einem Jahr denselben Antrag gestellt, ähnlich formuliert. Da haben Sie noch gesagt, Sie wollten den öffentlichen Raum als Allgemeingut schützen. Heute wollen Sie den öffentlichen Raum angeblich für die Kunden der Innenstadt sicherstellen. Ich glaube, Sie haben immer noch nicht verstanden, dass wir in einer Metropole leben, dass die Innenstadt voll ist von Menschen, die sich dort aus unterschiedlichsten Gründen wohlfühlen, unter anderem auch, weil sie dort einkaufen wollen, vor allem aber, weil das Leben in dieser Stadt tobt. Und wenn Straftaten passieren und wenn Dinge die öffentliche Sicherheit gefährden, dann braucht die Polizei keine derart lapidar aufgeschriebenen Punkte 1 bis 8, die Sie in Ihrer Rede selbst als völlig beliebig dargestellt haben; Sie sagten immerhin, es sei Ihnen eigentlich egal, was die Polizei mache. Solche Anträge sind nicht akzeptabel, und schon gar nicht ihre Überweisung an den Ausschuss.
Meine Damen und Herren! Sehr viel ist gesagt, ich kann es kurz machen. Alle Jahre wieder: Die CDU macht Stimmung gegen Bettler.
Aber wahrscheinlich tue ich Ihnen mit dieser Aussage etwas unrecht. Ihnen geht es nämlich mit Ihrem Antrag nicht vorrangig um Bettler, sondern um Osteuropäer.
hängen geblieben, den Sie in Ihre Schriftliche Kleine Anfrage geschrieben haben. Frau Möller hat ihn schon zitiert, ich zitiere noch einmal:
"Die überwiegend aus Osteuropa stammenden und zum Teil auffällig jungen BettelTrupps bedrängen nicht nur, sie penetrieren".
Sie penetrieren. Im parlamentarischen Sprachgebrauch fehlen mir die Worte, um auszudrücken, was wir vom Duktus Ihres Antrags halten.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wersich?
Finden Sie es angemessen, Herrn Erkalp mit Ihren Gedanken, die Sie assoziieren, wenn Sie diese Texte lesen, zu konfrontieren? Ich finde, ehrlich gesagt, dass Herr Erkalp nun eine der gemäßigtsten Reden hier gehalten hat.
Ich würde Sie einfach bitten, zu den Inhalten des Antrags in Ihrer Rede Stellung zu nehmen und nicht zu Ihrer Fantasie.
Herr Wersich, ich glaube, Form und Inhalt stimmen hier ziemlich überein. Ich habe extra nachgesehen, was man unter Penetrieren versteht. Es gibt im Wesentlichen zwei Bedeutungen: Die eine ist eindeutig, die haben Sie eben auch alle assoziiert, und die zweite bezieht sich aufs Militärische. Deshalb spreche ich weiterhin von einer sprachlichen Entgleisung.
Diese Entgleisung und das Anliegen Ihres Antrags, das Bild, das Sie von angeblich gewerbsmäßig organisierten osteuropäischen Bettlertrupps und ihren Hintermännern zeichnen, entspringt im Wesentlichen einem Klischee und verbreitet Klischees und Ressentiments. Es ist schon einiges über die
Situation gesagt worden. Es ist eine Tatsache: Wir haben Europa. Wir haben nicht nur die Freiheit von Kapital und Waren, wir haben auch die Freizügigkeit für Menschen, und wir wissen, dass es in osteuropäischen Ländern Menschen gibt, die weit, weit, weit unter dem Existenzminimum leben. Wir erleben es immer wieder, dass gerade in Sommerzeiten Menschen vielfach im Familienverbund hierherkommen. Ich behaupte, und zwar gestützt auf eine Studie der Universität Wien, dass ein nicht unerheblicher Teil dessen, was über gewerbsmäßig organisiertes Betteln, über Bettlermafia, über Hintermänner und so weiter seit Jahren in Umlauf gebracht wird, eben nicht auf Tatsachen beruht. Ich sage "nicht vollständig"; ich weiß, dass es das Problem gibt. Ich fand Ihre Rede ebenfalls gut, Frau von Enckevort, das kann ich unterstützen. Trotzdem sage ich: Vieles ist ausgedacht, in der Absicht, die Bereitschaft der Gebenden zu dämpfen, das Leben der in Europa am meisten Ausgegrenzten zu erschweren und ihnen einen Aufenthalt in Deutschland oder anderen europäischen Ländern als so wenig wie möglich attraktiv erscheinen zu lassen.
Die Antwort des Senats auf die vorangegangene Schriftliche Kleine Anfrage, auf die sich Ihr Antrag stützt, gibt für Ihre Aufregung dann auch nicht viel her. In Bezug auf Bettelbanden lagen dem Senat derzeit, also Anfang April, keine Hinweise vor. Erkenntnisse über die von Ihnen behaupteten Hintermänner von Bettelbanden lagen den zuständigen Behörden ebenfalls nicht vor. Bis Anfang April gab es vier Beschwerden, die Betteln betrafen, wobei die Polizei bei der Bearbeitung von Beschwerdevorgängen eben nicht zwischen gewerbsmäßig und nicht gewerbsmäßig organisiertem Betteln unterscheidet. Natürlich sind wir dafür, um das ganz klar zu sagen, dass sich alle Menschen im öffentlichen Raum, auch Bettler, an Regeln halten.