Da der Antrag überwiesen werden soll, können die konkreten Möglichkeiten im Ausschuss ausführlich dargestellt und erörtert werden. Heute kommt es uns darauf an, in der Debatte ein Zeichen zu setzen, dass sich Hamburg zu seiner Verantwortung als europäische Stadt bekennt.
Wenn wir nicht handeln, wenn Europa keine Lösung anstrebt – die Geflüchteten werden für sich eine Lösung suchen und sie werden Lösungen finden, gefährliche und vielleicht tödliche, deshalb lasst uns handeln. – Schönen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Schneider, Hamburg ist eine weltoffene Stadt, das können wir mit Fug und Recht behaupten.
So schön sich die Überschrift des Antrags der LINKEN liest, die Aufnahme einer weiteren Zahl an Flüchtlingen in Hamburg löst doch nicht die Situation der Flüchtlinge in Griechenland oder sogar europaweit. Was wir in Hamburg, in Deutschland, vielmehr in Europa brauchen, ist eine europaweite Verständigung zum Umgang mit den Menschen, die nach Europa flüchten. Griechenland und Italien dürfen von uns nicht allein gelassen werden. Darin sind wir uns, denke ich, alle einig.
Die Lage am Mittelmeer ist dramatisch. Es gibt aber auch positive Signale. Und das EU-Türkei-Abkommen zeigt auch für Griechenland Wirkung, denn es gibt vor Ort weitere Unterstützung, wie etwa beim Aufbau der zentralen Aufnahmezentren, den sogenannten Hotspots. Bei der Registrierung der Flüchtlinge wird geholfen und dadurch auch ein geregeltes, individuelles Asylverfahren ermöglicht. Personell werden die Griechen dabei zum
Beispiel vom Deutschen BAMF ebenso unterstützt. Und diese Registrierung hilft, Frau Schneider, auch gerade dabei, möglichen Familiennachzug im normalen Verfahren auch nach Deutschland zu gewähren. Durch den EU-Ratsbeschluss – Sie haben eben schon davon gesprochen – zum RelocationProgramm im vergangenen September können erstmals Kontingente verbindlich festgelegt werden. So wird geregelt, wie die Menschen auf legalen und sicheren Wegen zu uns und in die anderen europäischen Staaten kommen können. Deutschland hat sich zu Recht verpflichtet, eine große Anzahl Geflüchteter aufzunehmen, und die werden auch zu uns kommen. Europaweit haben wir so eine Vorbildfunktion.
Darüber hinaus muss es innerhalb der Europäischen Union neben der gemeinsamen Bekämpfung der Fluchtursachen, was ich immer noch für außerordentlich wichtig halte, langfristig zu einer weiteren Verständigung betreffend einer gerechten Verteilung der Asylsuchenden in Europa kommen. Da sind in der Tat noch dicke Bretter zu bohren, zum Beispiel was eine generelle Quotenregelung angeht. Die von Ihnen im Antrag vorgeschlagene Lösung hilft da jedoch im Endeffekt nicht weiter. Nicht, wenn Sie von einem Ministerpräsidenten der LINKEN vorgeschlagen wird, auch nicht, wenn sie im Bundestag von der LINKEN debattiert wird, und auch nicht, wenn der Antrag hier in der Bürgerschaft gestellt wird. Das Thema ist wichtig, deswegen werden wir das Thema auch überweisen. Der Antrag ist aus unserer Sicht aber im Ergebnis, so wie er ist, zu kurz gedacht.
In den vergangenen zwei Jahren hat unsere Hansestadt wirklich eine große Anzahl von Flüchtlingen aufgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs, zahlreiche ehrenamtliche Initiativen, Wohlfahrtsverbände, Sportvereine und viele andere Akteure unserer Zivilgesellschaft leisten hierbei Enormes. Dies kann einfach nicht oft genug wiederholt werden, es verdient großen Respekt und große Anerkennung. Die Aufnahme so vieler Menschen hat uns natürlich auch an Grenzen geführt. Trotz der sinkenden Ankunftszahlen ist immer noch eine größere Anzahl von Flüchtlingen in Baumärkten untergebracht. Immer weitere Plätze werden deshalb in Folgeunterkünften geschaffen; hierzu gab es zuletzt im Sozialausschuss einen aktuellen Bericht. Hier arbeiten wir in Regierungskoalitionen an konstruktiven Lösungen. Das ist eine enorme Kraftanstrengung, das lässt sich aber nicht von heute auf morgen lösen.
Es ist illusorisch, davon auszugehen, dass ein zusätzliches Bundesland-Aufnahmeprogramm für Geflüchtete aus Griechenland jenseits der bestehenden europaweiten Abkommen, jenseits des Königsteiner Schlüssels – wir haben hierzu schon einige Debatten geführt – und jenseits einer Verständigung in der Innenministerkonferenz zu einer Lösung kommt. Und die Frage, die wir uns stellen
müssen, ist doch auch, ob wir mit einer solchen Entscheidung nicht ein falsches Signal an europäische Staaten senden. Andere Staaten in der EU dürfen sich aus unserer Sicht nicht ihrer eigenen Verpflichtung entziehen. Der europäische Solidaritätsgedanke muss auch beim Thema Flüchtlinge gelebt werden.
Zum Schluss möchte ich noch einmal das besondere Engagement so vieler Hamburgerinnen und Hamburger betonen, die sich Mitte Juni auf den Weg nach Griechenland gemacht haben. Ein Aktionsbündnis Hamburger Hilfskonvois – "Idomeni ist überall" zum Beispiel, unterstützt von Hanseatic Help, Refugees Welcome im Karoviertel, Westwind Hamburg e.V., MORE THAN SHELTERS – haben sich mit mehreren Hilfskonvois auf den Weg in den Norden von Griechenland gemacht und helfen dort vor Ort den Menschen. Das finde ich außerordentlich beeindruckend.
Solche Bemühungen und Initiativen gilt es weiter zu unterstützen, und selbstverständlich müssen wir an dem Thema bleiben, wie wir die Flüchtlinge in Europa versorgen. Wir werden dieses Thema weiter aufgreifen und werden es an den Innenausschuss überweisen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schneider, Frau Friederichs hat Ihnen schon ungefähr skizziert, wie es wohl weitergehen wird. Der Antrag soll überwiesen werden, und dann wird er wohl im Ausschuss beerdigt werden. Denn Sie haben deutlich gehört, die SPD steht nun überhaupt nicht hinter dem Antrag und betrachtet ihn sehr skeptisch, so wie wir übrigens auch. Also ich halte das, was Sie fordern, für eine reine Symbolpolitik.
Ich glaube nicht, dass uns eine derartige Symbolpolitik hier weiterhilft, sondern wir müssen tatsächlich, und das ist in erster Linie Aufgabe auf Bundesebene, weiter an den Ursachen und den Konzepten arbeiten. Insofern: Wenn Sie konkret etwas machen wollen, würde ich erwarten, dass Sie das Thema so aufgreifen, dass Sie beispielsweise Anträge für den Bundesrat in die Bürgerschaft einbringen. Dazu müssen sich dann dieser Senat und die Regierungsfraktion auch verhalten und entsprechend positionieren, also konkretes Handeln
anregen, an dem sich der Senat dann messen kann. Das wäre aus meiner Sicht der sinnvollere Weg, zumal es auch einiges gibt in der Flüchtlingspolitik, wie wir gesehen haben und wie wir auch wissen, was eben nicht gut und richtig läuft.
Beispielsweise das große Stichwort Dublin II, mit dem wir auch in den entsprechenden Ausschüssen regelmäßig zu tun haben und das uns Sorgen und Probleme bereitet. Es besteht die Problematik, dass das Asylrecht auf Ebene der europäischen Länder zum Teil völlig unterschiedlich ausgestaltet ist, beispielsweise mit der besonderen Problematik in Italien, dass nämlich Flüchtlinge dort, sobald sie als Asylberechtigte anerkannt sind, von heute auf morgen überhaupt keine Unterstützung mehr bekommen. Das ist in einigen europäischen Staaten wohl auch ähnlich. Das schlägt dann auch wieder auf uns zurück, denn wem kann man es letztlich verübeln, dass die Menschen und die Familien, die in Italien dann von heute auf morgen auf der Straße stehen, die anerkannte Asylbewerber sind, dort aber keine Hilfen bekommen, natürlich dorthin schauen, wo sie sich Hilfen erhoffen. Und das sind dann in erster Linie die nordeuropäischen Länder, zu denen auch Deutschland gehört.
Also es gibt genügend Substanz einerseits, um im Ausschuss darüber zu diskutieren, aber andererseits auch, um auf Bundesebene etwas zu ändern und nicht mit einem Symbolantrag, ob nun 10, 50 oder 100 Flüchtlinge hier zusätzlich aufzunehmen sind, zu versuchen, Meinungen oder Sympathien zu finden. Da würde ich mir dann doch Konkreteres wünschen, und das sehe ich in Ihrem Antrag dementsprechend nicht. Insofern werden wir diesen Antrag, ob nun im Ausschuss oder in der Bürgerschaft, ablehnen. – Vielen Dank.
Ja, das war eben nicht entlarvend, sondern es war Teil meines Denkprozesses, der noch nicht abgeschlossen ist.
Ich würde den Antrag der LINKEN, anders als Herr Hamann, nicht als Symbolpolitik bezeichnen, weil doch, das hat Frau Schneider auch dargestellt, die Hamburger LINKE nicht die einzige Fraktion ist, die auf die Idee gekommen ist beziehungsweise sich mit der Notwendigkeit auseinandergesetzt hat,
doch etwas tun zu müssen, etwas tun zu wollen. Sie haben die Kommunen aufgelistet, Sie haben die Städte aufgelistet, die sich genau in die Richtung bewegt haben, aus den Bildern, die teilweise nicht erträglich sind, etwas Konkretes herauszuholen, konkret zu handeln. Ich glaube, dass es deshalb richtig und wichtig ist, im Innenausschuss noch einmal in die detaillierte Auseinandersetzung mit dem Thema zu gehen.
Frau Friederichs hat schon viel zu der Situation insgesamt gesagt. Ich glaube, dass man bei diesem Thema noch einmal zurückkommen sollte auf die Bilder des Budapester Bahnhofs vor mehr als einem Jahr, die tatsächlich etwas Einmaliges ausgelöst haben. Vielleicht war es wirklich einmalig und bleibt einmalig; Herr Hamann, ich glaube, an der Stelle würden Sie nicht Symbolpolitik sagen, denn es sind hier Türen geöffnet worden, eine Schutzperspektive ist jenseits aller Regeln und Vereinbarungen der EU und des Asylrechts eröffnet worden. Das hat etwas in dieser Gesellschaft bewegt, das hat auch etwas in Europa bewegt. Das hat zu einer großen Solidarität auf der einen Seite geführt, zu einer auch massiv steigenden Ablehnung der Aufnahme von Geflüchteten auf der anderen Seite. Die Anforderungen an die Länder, die Kommunen und die Behörden waren im Grunde erst einmal viel zu groß, und dann ist es aber doch gelungen, die Aufgabe zu lösen. Das gilt für Hamburg, das gilt aber auch für die anderen Bundesländer in dieser Republik.
Also die Aufgabe, Geflüchtete in einem Maß aufzunehmen, was einem als Kommune, als Behörde, durchaus auch in der Politik, als erst einmal nicht lösbar erscheint, ist lösbar. Man kann Regelsysteme anpassen, man kann Einbindung des Ehrenamtes, der Wohlfahrtsverbände, Schulen und so weiter vornehmen. Ich muss Ihnen das gar nicht alles auflisten, wir reden immer wieder darüber. Wir müssen auch immer wieder darüber reden, weil gerade die Anpassung eine der wichtigen Aufgaben ist.
Das alles ist aber kein Grund zum Zurücklehnen, jedenfalls nicht mit dem Blick auf die Weltlage, auf die Situation von inzwischen insgesamt 25 Millionen Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen. Die Wenigsten wollen hierher. Bei der Rede, wie Sie sie begonnen haben, Frau Schneider, kann man natürlich sofort auch sagen, ja, das sei alles gar nicht zu schaffen, da müsse man einfach nur aufgeben. Denn Sie beschreiben nur eine Situation. Wir sehen doch Bilder von Gestrandeten in oft unerträglichen Situationen in Transitländern, die unwillig oder eben nicht in der Lage sind, die Situation der Menschen zu verbessern. Wo fängt man an, wo hört man auf?
Ich will nicht bei dieser Situation verharren und dann sagen, man könne nichts machen. Das ist überhaupt nicht die Linie der GRÜNEN, und das ist
auch nicht die Linie in der Regierungskoalition. Es ist eben nur die Entscheidung, sich tatsächlich auf die Dinge zu konzentrieren, die längst vereinbart sind, zurzeit jedenfalls, aber noch nicht umgesetzt worden sind.
Es wurde schon mehrfach erwähnt: Seit September gibt es zwei Ratsbeschlüsse, nach denen in Hamburg, wenn man die deutschlandweiten Zahlen auf Hamburg herunterrechnet, knapp 800 Menschen hätten aufgenommen werden müssen. Diese 800 Personen sind noch nicht hier. Das ist zum Bespiel eine der großen Fragen, einer der Punkte, bei denen wir als Hamburg sicherlich sehr viel deutlicher und klarer sagen müssen, auch können und auch wollen, dass wir dieses Kontingent, das zur Verpflichtung Hamburgs gehört, hier aufnehmen wollen; diese Menschen sollen auch hierherkommen können. Das Verfahren muss beschleunigt werden, und da ist es mir auch egal, wie schnell die anderen EU-Staaten das umsetzen. Deutschland ist diese Verpflichtung eingegangen, und wir wollen die aktuelle Vereinbarung, die vom BMI direkt getroffen wurde, die über 200 besonders Schutzbedürftigen in Deutschland aufzunehmen, umsetzen. Auch das ist etwas, bei dem Hamburg sagt, wir wollen den Anteil, der sich rechnerisch ergibt, aufnehmen.
Das Thema Familienzusammenführung ist ein anderes. Es gibt bei den Antrag stellenden syrischen Staatsangehörigen, über die schon entschieden wurde in ihrem Asylverfahren, zum Glück nur eine sehr geringe Quote, die den subsidiären Schutz bekommen hat, sodass Familienzusammenführung nicht möglich ist. 7 Prozent haben lediglich diesen subsidiären Schutz bekommen. Die Familienzusammenführung zu beschleunigen, zu erleichtern, ist ein weiterer Punkt, den wir von Hamburg aus voranbringen wollen. Das wird alles auch nicht einfach. Ich will das hier gar nicht als eine Perspektive, bei der sehr schnell etwas passiert, beschreiben, aber ich halte diese Wege für richtig. Das andere Thema, die Möglichkeit, die Landesaufnahmeanordnung von Hamburg aus auch zu nutzen, gibt es ebenfalls. Auch darüber muss man noch einmal reden, welche Anträge es schon gibt, ob man das beschleunigen und unterstützen kann.
Meiner Meinung nach wäre es schon der richtige Weg, auf der IMK unter Beteiligung möglichst vieler Länder tatsächlich ein neues Kontingent, ein neues Aufnahmeprogramm für Deutschland zu beschließen, wenn man sich denn darauf verständigen kann. Denn der Hamburger Weg allein hat, genauso wie der Weg der einzelnen Kommunen, die Sie auch genannt haben, natürlich auch etwas sehr Verlorenes. Und wenn schon die EU sich nicht mehr verständigen kann, wenn die Solidarität gegenüber den Geflüchteten da nicht mehr besteht, dann sollte das wenigstens in dieser Republik insgesamt klarer werden. Ich glaube, auch das ist noch ein weiter Weg. Ich würde aber auch
diesen Weg gehen wollen und nicht, wie Sie sagen, angemessen an die Hamburger Größe eine angemessene Größenordnung für Hamburg zu finden. Ich würde keine gewürfelte Zahl und keine gewürfelte Entscheidung für eine bestimmte Region in Europa wollen, die gerade unter einer großen Zahl von Geflüchteten nicht in der Lage ist, ihnen die humanitäre Situation so weit erträglich zu machen, dass sie auch weiter aushalten, bis Entscheidungen gefallen sind. Das würde ich nicht willkürlich für Hamburg beschließen wollen, sondern wir müssen uns erst einmal an die Entscheidungen halten, uns an denen abarbeiten und vor allem diese Entscheidungen zugunsten der Menschen umsetzen, die schon längst getroffen worden sind und über die einfach keiner mehr redet.
Ich finde, es ein fatales Signal, dass diese Ratsbeschlüsse aus dem September 2015 auch nicht annähernd in Europa umgesetzt worden sind, und ich würde mir wünschen, dass Hamburg da sehr schnell vorangeht und wenigstens den Hamburger Teil an Aufnahme von Geflüchteten schnell realisiert.