Und auch bei den 50 000 Flüchtlingen aus Griechenland würden wir nicht die wirklich Schutzbedürftigen hierherholen.
Das sind Menschen, die zu den reicheren in ihren Gebieten gehören, nicht die wirklich Armen und Schutzlosen. Die haben sich nicht auf den Weg gemacht. Die sitzen auch jetzt nicht in Griechenland. Die wirklich Armen und Schutzlosen sitzen da, wo sie herkommen, die haben nämlich kein Geld für den Weg, die sitzen noch da und denen haben wir nicht geholfen. Das war die falsche Politik und wäre es bei den 50 000 Flüchtlingen jetzt auch.
Es wäre auch kulturell verantwortungslos, das Rad noch weiter zu drehen im Sinne des Antrags der LINKEN, noch einmal 50 000 Menschen hierhin zu verpflanzen. Wenn diese Schutzzonenidee – was die richtige Politik wäre, weswegen wir den Antrag ablehnen – umgesetzt würde, wie der österreichische Außenminister das auch fordert, könnten sie dort in der eigenen Muttersprache leben, in neu aufgebauten, entwickelten Städten und Wohnungen, an Arbeitsplätzen mit ihrer eigenen Schrift, in ihrer eigenen Kultur, mit ihren eigenen Sitten, Werten, Verhaltensweisen und Mentalitäten. Die Gegensätze hätten wir nicht, die Missverständnisse
nicht, das Problem mit dem Frauen- und Männerbild nicht. Das gäbe es alles nicht. Und sie könnten aktiv am Wiederaufbau ihrer Länder mithelfen, Existenzen vor Ort aufbauen. Das ist unsere Aufgabe. Arbeitsplätze vor Ort, Wirtschaftsaufschwung, der den Ländern dort vor Ort hilft. Darum geht es. Das wäre das richtige Signal gewesen und ist es auch jetzt. Das ist vernünftige Politik, Frau Schneider.
Solche vernünftigen Lösungen – und die sind offensichtlich vernünftig, es sind doch viele Leute, die sich dafür einsetzen, und nicht nur der österreichische Außenminister – verhindern auch Menschen und Politiker, denen es längst statt der Hilfe für Flüchtlinge um ganz andere Ziele geht.
Und lassen Sie uns doch einmal offen über die Regierungserklärung reden, in der die bunte Republik hierzulande als Staatsziel formuliert wurde.
Das heißt, es ist ein ganz anderes Ziel, weswegen Flüchtlinge hierherkommen. Oder wie jüngst Wolfgang Schäuble – der vielleicht den Antrag aus dem Grund auch unterstützt, den Antrag der LINKEN – vor Kurzem sich in "Der Zeit" geäußert hat. Wir erinnern uns kurz, Schäuble ist amtierender Finanzminister, war Innenminister, Kanzleramtschef, hat die CDU-Bundestagsfraktion geleitet.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, einen Moment bitte. – Erst einmal, meine Damen und Herren, redet nur Herr Dr. Baumann und sonst niemand. Wenn Sie sich unterhalten wollen, machen Sie das bitte woanders. Das ist die erste Bemerkung.
Die zweite Bemerkung, Herr Dr. Baumann: Ich hatte Sie zweimal aufgefordert, zur Drucksache zu reden, das haben Sie jedes Mal nicht gemacht. Ich erteile Ihnen jetzt einen Sachruf. – Bitte fahren Sie fort.
Ich befasse mich mit den 50 000 und der Notwendigkeit, sie aufzunehmen oder nicht aufzunehmen. Ich komme dann zum Schluss hiermit. Die Äußerungen des Bundesfinanzministers der CDU, dass wir die Inzucht bekämpfen sollten, kennen Sie.
Ich glaube nicht, dass er recht hat, dass wir hier Inzucht haben und deswegen die Politik verfolgen sollten, ich glaube nicht, dass wir verrückter werden, wie Herr Schäuble sagt. Ich glaube, Herr Schäuble ist verrückt, und mit ihm ein Großteil der ganzen politischen Klasse. Wir lehnen den Antrag ab.
Herr Abgeordneter, jetzt erteile ich Ihnen noch einen Ordnungsruf. Und ansonsten stelle ich fest, dass mir keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. Das scheint auch so zu bleiben. Dann kommen wir zur Abstimmung.
Wer möchte die Drucksache 21/4894 in der Neufassung an den Innenausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich beschlossen worden.
Wir kommen dann zum Tagesordnungspunkt 47, Drucksache 21/4897 in der Neufassung, Antrag der FDP-Fraktion: Evaluation der Offenen Kinderund Jugendarbeit.
[Antrag der FDP-Fraktion: Evaluation der Offenen Kinder- und Jugendarbeit – Drs 21/4897 (Neufassung) –]
Vonseiten der Fraktionen der SPD, GRÜNEN und FDP liegt ein Antrag auf Überweisung der Drucksache an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss vor.
Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben sich darauf geeinigt, die Debatte zu streichen. Wir kommen damit direkt zur Abstimmung.
Wer möchte die Drucksache 21/4897 in der Neufassung an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen worden.
Tagesordnungspunkt 35, Drucksache 21/4874, Antrag der AfD-Fraktion: Anforderungsprofil für Imame und bessere Überwachung salafistischer Moscheen.
[Antrag der AfD-Fraktion: Anforderungsprofil für Imame und bessere Überwachung salafistischer Moscheen – Drs 21/4874 –]
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! 2013 lebten 130 000 Muslime in Hamburg, was einem Anteil von 8 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht.
Deren religiöse Bezugspunkte sind die Moscheen und die dort wirkenden Imame. Die Imame können in ihrer Bedeutung für die Sozialisation der Muslime überhaupt nicht überschätzt werden. Dies gilt für ihre islamischen Herkunftsländer und eher noch mehr für ihr Leben in nicht-islamischen Ländern wie Deutschland. Und das gilt insbesondere auch deshalb, weil der Islam für sie nicht nur eine Religion ist, sondern sehr viele weitergehende Ansprüche an das Verhalten der Muslime in der Gesellschaft stellt. Nicht alle diese Ansprüche sind immer mit unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung und unseren Umgangsformen kompatibel.
Hier in Hamburg sind die Imame von eminenter Bedeutung für die Integration der Muslime in unsere Gesellschaft. Und das ist nicht nur für die muslimischen Männer, Frauen und Kinder von elementarer Wichtigkeit, sondern auch für die nicht-islamische Umwelt, in der sie leben, arbeiten und zur Schule gehen. Es kann uns nicht gleichgültig sein, was von den Imamen gelehrt und gepredigt wird, weil deren Einfluss um ein Vielfaches höher ist, als wir uns das von katholischen Geistlichen oder evangelischen Pfarrern je vorstellen könnten. Ihre Prägekraft und ihre Bedeutung für die gesamte Sozialisation der Menschen ist viel, viel höher.
Das Kernproblem besteht darin, dass die Spannweite dessen, was die verschiedenen Imame lehren, offenbar riesig ist. Und das meine ich nicht nur hinsichtlich verschiedener Glaubensrichtungen und Spielarten des Islam. Es gibt einige Evidenz dafür, dass viele Imame offenbar eine positive Rolle für die Integration spielen, und das möchte ich hier ausdrücklich positiv hervorheben.
Wir kennen aber auch Fälle, wo salafistische Umtriebe, Verführung junger Menschen zu Jihadisten und ihrer Konvertierung zu IS-Schlächtern sowie verheerende Terroranschläge in Moscheen und durch Imame ihren ideologischen Ausgang nahmen oder dort verstärkt wurden.
Und selbst, wenn Letzteres nur die unbegründete Angst vieler hiesiger Bürger wäre, wäre es ein Grund, genauer hinzuschauen. Leider ist diese Befürchtung eben nicht ganz unbegründet. Solche Aktivitäten dürfen wir nicht dulden, schon deshalb, weil auf diese Weise auch die friedlichen und die integrierten Muslime und Imame, und das sind bei Weitem die meisten, sonst in Verdacht geraten würden. Und das müssen wir unbedingt verhindern.
Das Problem für uns – für die meisten von uns, glaube ich –, besteht darin, dass dieser Bereich ein wahres Dunkelfeld ist. Der Staat hat in der Regel nicht viel Kenntnis davon, wer in Hamburg als Imam lehrt, denn Kandidaten für dieses Amt müssen keinerlei Nachweise für ihre Eignung vorlegen, wozu zum Beispiel akademische Abschlüsse oder Zeugnisse ihrer vorherigen Tätigkeiten gehören würden. Und selbst, wenn man einen Gottesdienst verfolgen wollte, könnte man das nicht ohne Weiteres tun, weil diese meistens nicht auf Deutsch, sondern in einer anderen Landessprache gehalten werden. Das liegt daran, dass die meisten Hamburger Imame gar kein oder zu wenig Deutsch sprechen und dass ein angemessener Sprachnachweis auch nicht zu den Einstellungsvoraussetzungen gehört, die ohnehin nur von den Moscheegemeinden selbst festgelegt werden.
Dadurch, dass die Imame überwiegend im Ausland ausgebildet und oft für die Zeiten ihrer Beschäftigung auch von dort aus bezahlt werden, hat der Staat zudem keine Möglichkeit, Einfluss auf sie auszuüben. Die Fremdsteuerung aus dem Ausland, insbesondere aus der Türkei und Saudi-Arabien, ist ein enormes Hindernis für die Integration der Muslime in Deutschland und in Hamburg.
Wie soll ein Imam seine Gläubigen adäquat für die Gesellschaft, in der sie leben, also in Hamburg, sozialisieren, wenn er diese Gesellschaft gar nicht kennt und die Sprache nicht versteht? Wie will man radikalen Kräften entgegenwirken, die dem Ansehen aller Muslime schaden, wenn man nicht einmal feststellen kann, ob diese Aufgabe von den Moscheegemeinden selbst und von den Imamen auch adäquat angegangen wird?
In seinem aktuellen Jahresbericht verleiht der Hamburger Verfassungsschutz seiner Sorge darüber Ausdruck, dass immer mehr radikale Islamisten ins Land kommen, die nicht selten in Moscheen ihre erste Anlaufstelle finden und von Menschen aus dem Umfeld unterstützt werden. Hier muss die Politik ihrer Verantwortung gerecht werden und alles dafür tun, dass Zustände wie in Molenbeek, den Pariser Banlieues oder Marseille in Hamburg nicht entstehen können.
Deshalb beantragen wir, der Hamburger Senat solle ein Anforderungsprofil für Imame erarbeiten. Dazu sollten der Nachweis der deutschen Sprache, die Vorlage ihrer Ausbildung anhand von Diplomen sowie ein Zeugnis ihrer früheren Tätigkeiten gehören. Außerdem sollte man den Staatsvertrag, der geschlossen worden ist, um einen Salafistenparagrafen erweitern. Dieser soll festlegen, welche Konsequenzen Moscheegemeinden zu erwarten haben, die salafistische Aktivitäten dulden oder gar gutheißen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.