Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Vorweg einige grundsätzliche Anmerkungen. In Deutschland gelten Grundrechte für alle Bürgerinnen und Bürger, gleich welcher Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht und Religion.
Unsere Verfassung verbrieft die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit und die Religionsfreiheit. Die Grundrechte sind ein zentraler Teil des Grundgesetzes. An ihnen darf und wird nicht gerüttelt werden. Wir alle müssen wachsam sein zum Schutz unserer Verfassung gegenüber denjenigen, die die Freiheitsrechte aushebeln wollen.
Nun zum vorliegenden Antrag. Wir werden ihn ablehnen. Ich möchte kurz begründen, warum. Sie verlangen in Ihrem Antrag die Erarbeitung eines Berufsprofils für Imame, die im Ausland ausgebildet worden sind und von dort aus bezahlt werden. Sie sagen, dass Imame vor ihrer Einstellung einen Nachweis der deutschen Sprache zu erbringen haben, ihre Ausbildung anhand von Diplomen belegen müssten sowie ein polizeiliches Führungszeugnis einzureichen haben, sofern sie bereits seit längerer Zeit in Deutschland leben. Sie fordern weiterhin die Erweiterung des Vertrags mit den muslimischen Glaubensgemeinschaften um einen Salafismusparagrafen, der Sanktionen für Moscheegemeinden enthalten soll, die salafistische Aktivitäten dulden oder gar gutheißen. Das ist ein wirrer Antrag, der viele Fragen offenlässt.
Erstens: Wie stellen Sie sich die Umsetzung der geforderten Regeln vor? Welche Vorstellung haben Sie über eine nationale Imam-Finanzierung? Denken Sie an eine staatliche Finanzierung über Steuergelder? Oder wollen Sie die Ausübung der islamischen Religion durch die Hintertür einschränken? In welcher Form unterstützen Sie die nationale Imamausbildung? Welche Haltung haben Sie zu den bestehenden Zentren für islamische Religion an deutschen Universitäten? Dort werden Theologen an staatlichen Hochschulen ausgebildet, und
zwar im Zusammenwirken mit den Religionsgemeinschaften. Darüber hinaus bezeichnen Sie die beiden einerseits mit den drei islamischen Verbänden und andererseits mit der alevitischen Gemeinde geschlossenen Verträge als den Staatsvertrag. Meinen Sie einen Vertrag oder meinen Sie auch beide Verträge? Das ist auch nicht dort definiert worden.
Der Senat hat schon verschiedentlich bei der Beantwortung von Schriftlichen Kleinen Anfragen zu diesem Thema darauf aufmerksam gemacht, dass nach Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit dem Artikel 137 Absatz 3 Satz 2 Weimarer Reichsverfassung die Religionsgemeinschaften ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates verleihen. Das ist geltendes Verfassungsrecht.
Man mag also an Ausländer und deren Arbeitserlaubnis alle rechtlich erdenklichen Anforderungen stellen, ein staatliches Anforderungsprofil für Imame, also speziell für die Ausübung einer bestimmten religiösen Funktion, wäre aber eindeutig rechts- und verfassungswidrig.
Mit dem verlangten sogenannten Salafismusparagrafen zielen Sie sehr deutlich darauf ab, alle Moscheegemeinden und Verbände unter Generalverdacht zu stellen, obwohl Ihr Antrag an anderer Stelle absolut der Mehrheit – das haben Sie auch ausgeführt – der in Hamburg lebenden Muslime Gesetzestreue zubilligt. Insbesondere die geforderte Regelung von Konsequenzen würde doch notwendigerweise für die Religionsgemeinschaften zu einem Vertrauenstatbestand in dem Sinne führen, dass sie allein die vertraglich vorgesehenen Konsequenzen zu erwarten hätten. Das ist völlig aberwitzig. Wir haben ein gut funktionierendes Strafrecht, das für jeden Mann und jede Frau gilt. Unabhängig davon bietet es sich aber generell auch nicht an, das staatliche, sicherheitspolitische Handeln zum Gegenstand einer Vereinbarung mit Religionsgemeinschaften zu machen. Wir brauchen und wir werden kein Sonderstrafrecht für Moscheegemeinden haben. Das wäre Ausdruck eines völlig unangebrachten Misstrauens.
Gestern hat Frau Senatorin Leonhard das Konzept der Bekämpfung des religiösen Extremismus vorgestellt. Da wurde deutlich, dass muslimische Verbände und die alevitische Gemeinde auch sehr eng mit den zuständigen Behörden gegen radikalen Salafismus zusammenarbeiten. Es geht also darum, dass wir als Staat nicht die Aufgabe haben, gegen die Religionsgemeinschaften zu agieren, sondern mit den Religionsgemeinschaften gemeinsam gegen den religiösen Extremismus.
Ein anderer Punkt ist diese Sicherheitsüberprüfung von Ausländern, die sich länger in Deutschland aufhalten und einem Beruf nachgehen. Sie sagen, die Imame müssten überprüft werden. Die Frage ist: Warum soll sich das Ganze an Imame richten und nicht an Ärzte oder Tischler? Also diese Differenzierung vorzunehmen und die Imame als potenzielle Gefahr darzustellen geht gar nicht.
Extremistische Bestrebungen werden selbstverständlich bekämpft, es geht auch um den Schutz unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung, und zwar unabhängig davon, ob sie im Gewand einer Religion oder Weltanschauung daherkommen.
Meine Damen und Herren von der AfD-Fraktion! Sie gehen mit diesem Antrag Ihrer Lieblingsbeschäftigung nach und stellen alle Hamburger Muslime unter Generalverdacht.
Wer muslimischen Glaubens ist, steht bei Ihnen per se unter dem Verdacht des Extremismus, soll Abstriche in seiner Religionsfreiheit hinnehmen und seinen Integrationswillen beweisen. Dazu passt – jetzt hören Sie einmal bitte genau zu – die Überschrift auf Ihrer Webseite, da steht nämlich in der Rubrik "Letzte Beiträge":
In diesem Zusammenhang wird dieses Thema auf Ihrer Homepage auch dargestellt. Sie arbeiten an einem gesellschaftlichen Klima zunehmender Islamfeindlichkeit durch Ihre Gesuche, Muslime in öffentlichen Debatten und im gesellschaftlichen Leben zu stigmatisieren. Durch diesen Antrag wird Ihr antidemokratisches Rechtsverständnis deutlich, bei dem die Grundrechte nicht allen zugestanden werden sollen, sondern nur einer Ihnen genehmen Gruppe.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben einmal wieder einen typischen AfD-Antrag vorliegen. Sie greifen Probleme und Ängste der Bevölkerung auf. Diese durchaus berechtigten Ängste werden rhetorisch durch unbewiesene Behauptungen, durch Pau
Untaugliche und kontraproduktive Lösungsvorschläge werden gemacht. Dieses Vorgehen, diesen Dreiklang, nennt man zu Recht Populismus. Das ist dieser Antrag.
Und ich will das auch mit Beispielen belegen. Wenn man Ihre Anträge liest, sind sie von der Form her fast schon wie wissenschaftliche Ausarbeitungen. Sie schmücken sich mit Zitaten, mit Fußnoten und so weiter. Allein die Form, die Verwendung von Zitaten, ersetzt nicht, diese Zitate auch zu verstehen und sie in einen richtigen Zusammenhang einzuordnen.
Ich will diese Behauptung nicht unbelegt lassen. Sie schreiben zum Beispiel auch, dass der Verfassungsschutz bereits jetzt anlassbezogen tätig wird. Sie schreiben auch, dass auf der jetzigen Rechtsgrundlage Moscheen geschlossen worden sind. Sie bezeichnen als beunruhigend, dass ein Moscheeverein mittlerweile aus dem Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg ausgetreten ist. Das ist nicht beunruhigend, sondern das haben wir gefordert, weil wir gesagt haben, wenn man Mitglied in dieser Schura ist und diesen Vertrag unterzeichnet hat, dann muss man zu den Inhalten stehen. Es ist ein Zeichen davon, dass diese Moscheegemeinden isoliert werden, und zwar mithilfe der anderen Moscheegemeinden. Das ist ein Wirksamkeitsnachweis und nicht beunruhigend.
Und um Ihre Thesen zu unterstützen, schreiben Sie, dass Pierre Vogel im Herbst seinen Wohnsitz vorübergehend nach Harburg verlegt habe, aber Sie schreiben nicht, dass er in Hamburg gescheitert ist, weil sich die Hamburger Muslime erfolgreich gegen Pierre Vogel gewehrt haben. Sie lassen alles das, was entlastet, was positiv ist, weg. Und damit erzeugen Sie einen völlig falschen und manipulierten Eindruck.
Ich komme zu Ihren Forderungen. Sie haben es folgendermaßen benannt: Auf Grundlage des Staatsvertrags solle ein Anforderungsprofil erarbei
tet werden, das zukünftig für die Imame verbindlich sei und so weiter. Das ist schlichtweg grundgesetzwidrig. Die Weimarer Verfassung, die Religionsfreiheit, die in dieser Passage zählt, sagt,
"Jede Religionsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde."
Wer das nicht respektiert und fordert, dass dieser Senat ein Anforderungsprofil für die Besetzung religiöser Positionen der Muslime aufstellen solle, der verstößt gegen die Religionsfreiheit unseres Grundgesetzes, und der verteidigt nicht unsere Grundwerte.
Und dann sagen Sie, der Senat solle den Vertrag um einen Salafismusparagrafen erweitern. Ich glaube, Sie haben den Vertrag überhaupt nicht verstanden.
Dieser Vertrag schafft kein neues Recht. Die Verträge regeln das Zusammenleben auf der Grundlage des bestehenden Rechtes. Deshalb verbietet es sich geradezu, auf der Grundlage eines Vertrags neue Rechte zu schaffen oder Sanktionen zu vereinbaren. Dafür ist der Rechtsstaat mit seinen Gesetzen zuständig, nicht der Vertrag mit den Muslimen, sondern der Rechtsstaat mit den rechtsstaatlichen Gesetzen muss durchgesetzt werden. Das ist die richtige Antwort und nicht Ihre Antwort, die im Grunde genommen sagt, dass wir neben dem Rechtsstaat durch Verträge neues Recht schaffen sollen. Dieses widerspricht dem Grundgedanken unseres Rechtsstaats.
Dann haben Sie so einen tollen Vorschlag gemacht, dass die Moscheen für einen bestimmten Zeitraum – quartalsmäßig – über die Anwesenheit von Salafisten berichten sollten. Dazu hätte ich einen guten Vorschlag; die AfD könnte doch einmal mit gutem Beispiel vorangehen. Berichten Sie doch regelmäßig einmal über alle Personen, die zu Ihren Veranstaltungen kommen oder in Ihren sozialen Netzwerken sind, die rassistische, nazistische, gewaltverherrlichende, fremdenfeindliche Äußerungen machen.