Kazim Abaci
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Deutschland leidet unter einem Fachkräftemangel, der in den nächsten Jahren noch zunehmen wird. Schon jetzt können etwa 1,6 Millionen Stellen längerfristig nicht besetzt werden. Um den sich überall abzeichnenden Fachkräftemangel zu lindern, brauchen wir als ein wichtiges Element neben anderen auch eine gesteuerte Einwanderung von qualifizierten ausländischen Fachkräften.
Wir haben unglaublich viel Zeit damit verschwendet, mit der CDU um ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz zu ringen. Die SPD hat in den letzten 20 Jahren hart darum gekämpft, und jetzt ist es endlich so weit: Deutschland hat ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz, und das ist gut so.
Das Gesetz wird am 1. März dieses Jahres in Kraft treten. In Zukunft sollen diejenigen ausländischen
Fachkräfte leichter nach Deutschland kommen können, die unsere Unternehmen dringend brauchen. Das sind nicht nur Hochschulabsolventinnen und -absolventen, es sind auch Personen mit qualifizierter Berufsausbildung. Das Gesetz soll dem Fachkräftemangel vor allem in der Gesundheitsund Pflegebranche, in den sogenannten MINT-Berufen, aber auch im Handwerk abhelfen. Sehr gut Ausgebildete können sich also ab März 2020 auch aus Ländern außerhalb der Europäischen Union auf einen Job in Deutschland bewerben.
Ausländische Fachkräfte können für zunächst sechs Monate einreisen, um in Deutschland einen Arbeitsplatz zu suchen, solange sie über eine anerkannte Qualifikation, ausreichende Deutschkenntnisse und einen gesicherten Lebensunterhalt verfügen. Wer einen Abschluss und eine Stellenzusage hat, kann einreisen, um hier zu arbeiten. Die bislang notwendige Vorrangprüfung entfällt. Hindernisse bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen sollen abgebaut werden. Außerdem schafft das Gesetz die Möglichkeit, auch zur Suche eines Ausbildungsplatzes nach Deutschland zu kommen. Voraussetzungen dafür sind neben der vollständigen Lebensunterhaltssicherung gute Deutsch-Sprachkenntnisse, die Nichtvollendung des 25. Lebensjahres und ein qualifizierter Schulabschluss, entsprechend etwa der Fachhochschulreife.
Meine Damen und Herren, Hamburg wird zur Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes mit dem neuen Hamburg Welcome Center for Professionals eine zentrale Servicestelle für Fachkräfte und ihre Familienangehörigen sowie Hamburger Unternehmen für die nächsten 15 Jahre mieten und einrichten. Die Servicestelle soll umfassende Unterstützungs- und Beratungsleistungen im Sinne eines Rundumservice anbieten. Ein beschleunigtes Verfahren wird das bisher sehr aufwendige VisaVerfahren deutlich verkürzen.
Mit der vorliegenden Drucksache schaffen wir die Voraussetzung dafür, dass Hamburg auf das Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes am 1. März gut vorbereitet ist. Ich bitte deshalb um Zustimmung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Einen Aspekt möchte ich noch einmal erwähnen. Neben Antisemitismus und Rassismus ist auch Hass auf Frauen ein verbindendes Element in der Gedankenwelt von Rechtsextremen.
Auch der Täter von Halle war frauenfeindlich. Im Video, das ins Netz gestellt worden ist, ist enthalten, Feminismus sei schuld an der sinkenden Geburtenrate im Westen, die die Ursache für die Massenmigration sei, und die Wurzel dieser Probleme sei der Jude. Also verbindendes Element ist Frauenfeindlichkeit, auch Hass auf Ausländer und Antisemitismus sind verbindendes Element bei den Rechtsextremen. In der Rede von Herrn Nockemann ist es mir noch einmal klar geworden. Wir beraten heute über die Drucksache gegen rechts. In diesem Zusammenhang das Thema Muslime, das Thema Linksextreme mit dem rechten Terror gleichzusetzen ist eine Relativierung von Rechtsextremen.
Die Rechtsextremen haben seit 1990 über 200 Menschen in diesem Lande getötet. Diese Verharmlosung kann so überhaupt nicht stehenbleiben.
Die Hauptquelle ist Rechtsextremismus, aber Antisemitismus, ob muslimisch oder links geprägt, kann in dieser Stadt keinen Platz haben. Deshalb werden wir die Anträge im Sozialausschuss gemeinsam diskutieren, beraten, wobei es darum geht, gemeinsam eine konzeptionelle Grundlage zu entwickeln, auch zusammen mit den jüdischen Einrichtungen, deren Meinung in diesem Zusammenhang wichtig ist, und gemeinsam mit ihnen zu schauen, welche Maßnahmen wir benötigen und was die jüdischen Einrichtungen wollen. Es geht doch darum, nicht über deren Köpfe hinweg, sondern es gemeinsam mit ihnen zu entwickeln. – Vielen Dank.
Herr Nockemann, ich habe in meiner Rede von einem verbindenden Element bei Rechtsextremen gesprochen.
Kleinen Moment – von Frauenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus. Ich habe nicht von der AfD gesprochen. Deshalb frage ich mich, warum Sie sich bei diesem Thema angesprochen fühlen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Gefahr, die vom Antisemitismus ausgeht, ist eine Gefahr für unsere Demokratie insgesamt. Werte wie Toleranz und Demokratie fallen nicht vom Himmel, sondern sie müssen täglich neu erkämpft werden. Fakt ist, dass gerade Rechtsextremismus immer noch der wichtigste Träger der antisemitischen Vorurteile ist und für 90 Prozent der antisemitischen Straftaten in der Bundesrepublik verantwortlich. Daher ist es mir wichtig, noch einmal zu sagen: Bekämpfung des Antisemitismus ist Bekämpfung des Rechtsextremismus. Die beiden können wir voneinander nicht trennen. Und eine Partei mit drei Buchstaben, die sich hier hinstellt und in die Opferrolle begibt,
die AfD, deren wichtigste Figuren einen Geschichtsrevisionismus betreiben und den Massenmord an Juden relativieren, kann sich nicht hier als Opfer darstellen, sondern das ist eine Quelle des Antisemitismus in der Bundesrepublik.
Bekämpfung des Antisemitismus ist für mich und für uns ein sehr wichtiges Anliegen. Deshalb haben wir uns im Sozialausschuss sehr intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt, und wir haben uns auch mit der Zivilgesellschaft, mit den Akteuren in diesem Bereich in dieser Stadt, hingesetzt, ausgetauscht und beraten. Auch die BASFI hat einen Fachtag veranstaltet, weil wir nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg eine Entscheidung
treffen wollen, sondern mit den Beteiligten selbst, insbesondere mit den jüdischen Einrichtungen und Gemeinden, gemeinsam eine Strategie entwickeln möchten, die auch hält, die auf Akzeptanz stößt und nicht von oben herab ein Papier oder eine Strategie nach vorn oder nach unten diktiert. Deshalb haben wir uns sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt, und der Senat hat jetzt die Weiterentwicklung der Bekämpfung des Rechtsextremismus fortgesetzt. Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist auch die Bekämpfung des Antisemitismus.
Ich möchte zum Schluss sagen: Diese Debatte war eine sachliche Debatte, unabhängig von der AfDFraktion; sie hat gezeigt, dass wir alle in diesem Haus das Thema sehr ernst genommen haben und sehr ernst nehmen, und diese Diskussion hat mir sehr gut gefallen. Gerade bei dem Thema macht es auf jeden Fall Sinn, dass die demokratischen Parteien beisammenbleiben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg hat in den letzten vier Jahren Flüchtlinge in der Größenordnung einer mittelgroßen Stadt aufgenommen. Es war eine große Herausforderung für unsere Stadtgesellschaft, all diese Menschen unterzubringen und zu versorgen. Das ist uns auch mithilfe der Zivilgesellschaft gut gelungen.
Da viele von ihnen eine gute Bleibeperspektive haben, ist und bleibt ihre Integration eine Daueraufgabe in unserer Gesellschaft. Sprache, Bildung und Arbeit sind Schlüssel dafür. Hamburg hat daher rechtzeitig im Jahre 2015 das W.I.R-Programm auf den Weg gebracht. Gegründet wurde das Programm von der BASFI zusammen mit dem Hamburger Fachkräftenetzwerk, der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter.
Das W.I.R-Programm ist ein Erfolg über Hamburg hinaus, auf das wir wirklich alle stolz sein können.
Die bisherigen Zahlen zeigen, dass das Programm wirkt. Anfang dieses Jahres waren rund 12 000 Flüchtlinge sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die Arbeitslosenquote ist von zunächst weit über 40 Prozent auf rund 30 Prozent gesunken. Dennoch bleibt die Arbeitsintegration der Geflüchteten weiterhin eine wichtige Aufgabe.
Ein duales Ausbildungssystem wie in Deutschland gibt es nirgends auf der Welt. Das heißt, dass Zuwanderer ihren Beruf häufig nach der Methode Learning by Doing erlernt haben. An formellen Qualifikationen hapert es dann häufig.
Genau an diesem Punkt setzt das W.I.R-Programm an. Qualifizierung, Berufsausbildung und Spracherwerb sind die besten Integrationsbausteine in eine neue Gesellschaft. Viele der von Hamburg aufgenommenen Flüchtlinge besitzen Qualifikationen und Kompetenzen, die recherchiert, dokumentiert und für den Arbeitsmarkt in Hamburg nutzbar gemacht werden können.
Weil das W.I.R-Programm so außerordentlich gut funktioniert, wollen wir die Beratungs- und Förderkapazitäten auch für andere Bevölkerungsgruppen öffnen und nutzbar machen. Insbesondere sind das Frauen mit Migrationshintergrund. Sie haben eine vergleichbar niedrige Erwerbsquote. Das wollen wir ändern, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt nachhaltig zu verbessern. Auch die Lebenslage von Frauen wird dabei eine wichtige Rolle spielen.
Eine wichtige Gruppe sind die EU-Zuwanderer, die ebenfalls mit erheblichen Hemmnissen zu kämpfen haben, zum Beispiel mit fehlenden formalen Qualifikationen und mangelnden Sprachkenntnissen. Auch diese Zielgruppe soll im Rahmen des W.I.RProgramms angesprochen werden.
Nachdem Deutschland nun endlich das von der SPD seit Langem geforderte Fachkräfteeinwanderungsgesetz erhalten hat, müssen wir unsere Strukturen in dieser Stadt so ausrichten, dass wir gerade in Hamburg dringend benötigte Fachkräfte auch tatsächlich gewinnen können. Ich freue mich, dass wir mit dem W.I.R-Programm so gute Fortschritte bei der Integration in Arbeit und Ausbildung gemacht haben, sodass wir jetzt daran anknüpfen können.
Wir wollen weiter intensiv daran arbeiten, dass alle Bevölkerungsgruppen in Hamburg eine Arbeitsund Berufsperspektive erhalten und ein selbstständiges Leben führen können. Deshalb wollen wir bewährte und erfolgreiche Modelle systematisch weiterentwickeln und möglichst vielen gesellschaftlichen Gruppen zugänglich machen. Ich möchte Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen.
Die CDU-Fraktion hat einen Zusatzantrag gestellt, der inhaltlich positiv zu unserem Antrag aufgestellt ist. Wir werden unseren Antrag nachträglich und auch den Antrag der CDU-Fraktion an den Sozialausschuss überweisen. Im Ausschuss werden wir dann gemeinsam über dieses wichtige Thema beraten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die AfD greift immer wieder gezielt auch einzelne Abgeordnete meiner Partei an. Aktuell hat es meinen Kollegen Ekkehard Wysocki getroffen. Ich weise diesen persönlichen Angriff auf das Schärfste zurück.
Herr Wysocki kann heute leider nicht reden, weil er im Gegensatz zur AfD, die aufgrund ihrer menschenfeindlichen und antisemitischen Position zum Kirchentag nicht eingeladen wurde, am Kirchentag teilnimmt.
Die AfD behauptet auf ihrer Internetseite, die SPD betreibe einen Kuschelkurs mit Islamisten. Das ist diffamierend. Ich weise diesen Vorwurf mit aller Schärfe zurück. Die SPD bekämpft Extremisten mit allen Mitteln. Punkt.
Ausgerechnet die AfD beklagt nun die israelfeindliche und antisemitische Demonstration in Berlin zum sogenannten Al-Quds-Tag. Diese Demonstrationen lehnen wir ohne Zweifel ab. Aber wir sind nun einmal ein Rechtsstaat. Man darf in Deutschland auch Positionen vertreten, die die Mehrheit ablehnt. Es ist Sache der Gerichte und der Sicherheitsbehörden, über die Verfassungswidrigkeit solcher Positionen zu entscheiden.
Wir nehmen das Thema Antisemitismus sehr, sehr ernst. Wir haben uns in dieser Legislatur sehr intensiv mit diesem Thema im Sozialausschuss befasst. Die AfD hat nicht an dieser Beratung teilgenommen. An dieser Sitzung des Sozialausschusses haben auch Mitglieder der Jüdischen Gemeinde teilgenommen. Es wurden Projekte vorgestellt, die in diesem Bereich eine gute Arbeit in Hamburg leisten, zum Beispiel die Zusammenarbeit der Türkischen Gemeinde mit der Jüdischen Gemeinde und der Anne-Frank-Stiftung in Berlin. Die Regierungsfraktionen haben in der Folge beträchtliche zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt, um die bestehende Arbeit im Bereich der Prävention auch weiterhin zu entwickeln und auszubauen.
Am Montag dieser Woche hat die Sozialbehörde eine Fachtagung zu diesem Thema veranstaltet, an der viele Akteure der Zivilgesellschaften und
viele Behördenvertreter teilgenommen haben. Wir werden uns sehr sorgfältig mit den Ergebnissen dieser Fachtagung auseinandersetzen und gucken, wo wir die Bekämpfung des Antisemitismus in unserer Stadt noch weiterentwickeln und ausbauen können.
Zum Thema Verträge wird immer wieder etwas gesagt. Die Verträge mit Religionsgemeinschaften sind eine gute Grundlage für den kritischen Dialog.
Diese Verträge haben auch dazu gedient, dass wir unsere kritischen Gespräche mit den Religionsgemeinschaften weitergeführt haben; diese Gespräche wirken insgesamt positiv.
Gerade bei dem Thema Antisemitismus brauchen wir uns von der AfD nicht belehren zu lassen. Wir bekämpfen den Antisemitismus, egal, von welcher Seite er kommt, und werden das weiterhin mit aller Kraft tun. Aber die AfD spaltet die Gesellschaft. Sie schürt Ängste. Sie wollen nicht den Antisemitismus bekämpfen, sondern Sie wollen Muslimfeindlichkeit in dieser Stadt schüren.
Das lehnen wir ab.
Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit sind zwei Seiten derselben Medaille. Dem stellen wir uns entgegen. Wir werden weiterhin an der Förderung der demokratischen Kultur, des gegenseitigen Respekts und an der Stärkung des sozialen Zusammenhalts in unserer Stadt arbeiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg ist eine Stadt der kulturellen und religiösen Vielfalt. In unserer Stadt leben Atheisten, Christen, Juden und Zehntausende Hamburgerinnen und Hamburger des alevitischen und muslimischen Glaubens. Alle sind gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger unseres Gemeinwesens.
Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat die Gespräche mit den muslimischen und alevitischen Gemeinschaften damals damit begründet, dass der Anteil an Bürgerinnen und Bürgern muslimischen Glaubens in der Hansestadt stark gestiegen sei. Daher sei es wichtig, diese Gruppe stärker in die Gesellschaft zu integrieren. Das sehen wir heute genauso. Bei der Integration von muslimischen Zuwanderern in die deutsche Gesellschaft spielen die Religionsgelehrten – Imame – in den Gemeinden eine wichtige Rolle, denn ein großer Teil dieser Integrationsarbeit findet in diesen Gemeinden statt. In den Herkunftsländern erfüllen
Imame ihre eng begrenzten Aufgaben unter genauer Kontrolle des Staats. Hier in Deutschland und in Hamburg sind die Imame als Seelsorger, Erzieher, Sozialarbeiter und Integrationslotsen gefragt.
Die Imame reisen mit einem Visum für einen begrenzten Zeitraum, in der Regel für vier Jahre, nach Deutschland ein. Sie haben keinerlei Kenntnisse der Sprache beziehungsweise des Landes. Sie stammen aus unterschiedlichen Ländern, insbesondere aus der Türkei, Nordafrika, Albanien, dem ehemaligen Jugoslawien, aus Ägypten und dem Iran. Die Mehrheit der Imame wird aus dem Ausland bezahlt, sie leben von Spenden oder arbeiten ehrenamtlich. Nach unserer Auffassung hat sich das System der Entsendung von Imamen aus dem Ausland gesellschaftspolitisch überholt.
Deshalb beantragen wir, dass der Senat prüft, erstens, ob Religionsgelehrte verpflichtet werden können, vor ihrer Einreise nach Deutschland einen Deutschkurs mit abschließendem Sprachtest zu absolvieren. Der Senat soll auch prüfen, welche einschlägigen Visumsregelungen hierfür geändert werden müssten, und gegebenenfalls eine Bundesratsinitiative ergreifen.
Zweitens: Weiter soll der Senat prüfen, ob bestehende berufsbegleitende sprachliche und sonstige Qualifizierungsmaßnahmen in Kooperation mit den Vertragspartnern ausgebaut und weiterentwickelt werden können. Solche Maßnahmen würden kulturell bedingten Missverständnissen vorbeugen, das interreligiöse Leben erleichtern und den sozialen Zusammenhalt stärken. Damit können die Imame in die Lage versetzt werden, als Multiplikatoren aktiv auf die gesellschaftliche Teilhabe ihrer Gemeindemitglieder hinzuwirken. – Man kann klatschen.
Drittens: In Deutschland ist immer noch keine adäquate Imam-Ausbildung möglich. Langfristig wäre es wünschenswert, wenn mehr islamische und alevitische Religionsgelehrte in Deutschland ausgebildet würden. Der Senat soll deshalb prüfen, ob und inwieweit eine Ausbildung solcher Religionsgelehrten bei uns in Hamburg oder in Kooperation mit anderen Bundesländern möglich wäre.
Meine Damen und Herren! Es freut uns sehr, dass alle Vertragspartner die Problematik ähnlich sehen und die Zielrichtung unseres Antrags grundsätzlich unterstützen und befürworten.
Es freut uns auch, dass die CDU-Fraktion sich positiv über unsere Initiative geäußert hat. Nun hat sie einen Zusatzantrag zu unserem Antrag eingebracht, den wir dennoch aus folgenden Gründen ablehnen werden: Der Zusatzantrag bringt etwas
durcheinander. Muslimische Religionslehrer, die in den Schulen unterrichten, und Theologen sind etwas anderes als akzeptierte Imame, die in den Gemeinden eingesetzt werden. An diesem Punkt möchte ich die CDU auf die aktuellste Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung hinweisen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In Hamburg machen viele junge Menschen das Abitur. Das ist eine sehr gute Entwicklung und zeichnet auch die hamburgische Bildungslandschaft aus.
Neben den Gymnasien leisten die Stadtteilschulen einen wichtigen Beitrag. An den Anmeldezahlen lässt sich auch ablesen, dass die gute Arbeit der Stadtteilschulen von den Eltern honoriert wird, und das freut uns sehr.
Nun zum vorliegenden Antrag der AfD. Die von der AfD kritisierte Regelung wurde in der Kultusministerkonferenz von allen 16 Bundesländern nach intensiven fachlichen Diskussionen verabschiedet. Hamburg setzt hier lediglich eine Vorgabe der KMK um, die genauso in Bremen, Bayern und Sachsen gilt. Eine Abweichung Hamburgs wäre ein Rückfall in eine Bildungsungleichheit und Bildungsungerechtigkeit, die nicht zu vertreten ist.
Zweitens: Die Argumentation des Antrags ist widersprüchlich. Einerseits soll ein weiterer Leistungsabfall verhindert werden, andererseits würde der Antrag die Überprüfung schlechter Leistungsergebnisse durch die Schulleitung massiv einschränken. Dabei wird den Lehrkräften unterstellt, dass sie bei der bestehenden Drittel-Klausel die
Leistungsanforderungen bei der Konzeption der Klassenarbeiten oder ihrer Bewertungen ohnehin absenken würden, um diese Überprüfung zu umgehen. Für diese genannte Unterstellung gibt es keine belastbaren Belege. Eine pädagogisch reflektierte und verantwortete Leistungsbewertung ist Sache der Lehrerinnen und Lehrer, sie lässt sich nicht in starren Prozessvorgaben regeln. Die Anhebung der Drittel-Klausel auf 50 Prozent wäre Unsinn. Der Antrag ist abzulehnen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Studie des IAB hat die FDP inspiriert, einen Antrag zum Thema Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten zu stellen. Die Zielrichtung des Antrags ist richtig, aber dieser Antrag kommt drei, vier Jahre zu spät, weil Hamburg in diesen Bereichen in der Umsetzung vorbildlich ist. Daher werden wir den Antrag ablehnen.
Kurz zum Thema Instrumente: Die Arbeitsmarktinstrumente stehen allen Menschen zur Verfügung; auch den Geflüchteten stehen sie zur Verfügung. Erstens das und zweitens, was das Thema Beratung angeht: Das W.I.R-Programm ist bundesweit ein tolles Programm. Das war eine hervorragende Idee, das können wir alle jetzt auch eigentlich so bestätigen. Im Rahmen dieses Programms wird nicht nur in Richtung Vermittlung von Arbeit Arbeit geleistet, sondern es geht auch um die Beratung in Richtung Qualifizierung. Daher geht dieser Antrag ins Leere.
Was das Thema Sprache angeht, werden auch Flüchtlingsträger im Rahmen des W.I.R-Programms in Anspruch genommen. Da werden Sprachkurse, auch bedarfsgerechte, auch dualisierte Sprachangebote gemacht, sodass damit auch dieses Thema, was die Erfahrung der Flüchtlingsträger angeht, in das Arbeitsmarktprogramm, in die Arbeitsintegration einbezogen wird.
Insofern finden wir die Zielrichtung des Antrags richtig, aber er enthält keine neuen Vorschläge. Das kommt zu spät. Wir werden Ihren Antrag deshalb ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am 10. Dezember soll in Marrakesch ein globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration beschlossen werden. Es ist gut, dass wir heute darüber reden, es ist aber unredlich, die Unwahrheit über diesen Pakt zu verbreiten.
Worum geht es bei diesem Abkommen? Migration ist ein globales Phänomen und findet wie in allen Zeiten täglich real statt. Diese globale Herausforderung kann auch nur global gestärkt werden. Dass die Vereinten Nationen über einen solchen Pakt verhandelt haben, und zwar mit Ausnahme der USA und Australien, ist ein wichtiger Schritt hin zu einer globalen Lösung. Dass auch einige europäische Staaten, deren Regierungen Rechtspopulisten im Kabinett haben, dieses Abkommen nicht mittragen, ist zu bedauern. Dieser Pakt stellt ein rechtlich nicht bindendes Kooperationsabkommen
dar, das auf den Verpflichtungen aufbaut, auf die sich die Mitgliedstaaten in der New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten geeinigt haben. Er fördert die internationale Zusammenarbeit zwischen allen relevanten Akteuren im Bereich der Migration und wahrt die Souveränität der Staaten und ihrer völkerrechtlichen Pflichten.
Wer in ein anderes Land zieht, besitzt weiterhin seine Grundrechte. Das ist der Kern. In dem Abkommen steht nichts, was hierzulande nicht längst durch deutsches und europäisches Recht verbindlich geregelt ist. Ernsthaft, soll Deutschland durch eine Ablehnung des Paktes signalisieren, dass die Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten für uns nicht gelten? Der Pakt dreht sich also darum, Migration zu ordnen und zu gestalten. Das ist auch in unserem Interesse. Wer gegen diesen Pakt agiert, agiert auch gegen die Interessen Deutschlands.
Man kann nicht einerseits den Migrationsdruck beklagen und andererseits internationale Verabredungen zum Umgang mit dieser Thematik torpedieren. Deutschland erfüllt längst die Anforderungen des Paktes. Es kommt aber darauf an, dass möglichst viele andere Staaten sich auch daran beteiligen.
Der Pakt schafft keine neuen Zuwanderungsrechte nach Deutschland. Das Recht Deutschlands, die Bedingungen für die Zuwanderung zu gestalten, bleibt bei Deutschland. Wer etwas anderes behauptet, spricht die Unwahrheit.
Der Pakt dreht sich auch nicht um Flüchtlinge. Hierzu gibt es einen gesonderten Pakt. Der Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration dreht sich um die Voraussetzungen, damit Migration eben nicht außerhalb des Rechts mit Schleppern und unter unwürdigen Bedingungen stattfindet.
Die AfD schürt Ängste vor Migranten, verschweigt dabei, dass Deutschland auf reguläre Einwanderung dringend angewiesen ist.
Es ist klar: Wenn wir unseren Wohlstand und die soziale Sicherheit für alle aufrechterhalten wollen, dann ist Deutschland auf qualifizierte Zuwanderung angewiesen.
Das bestreitet heute außerhalb der AfD wirklich niemand mehr.
Migration braucht klare und verständliche Regeln. Diese wird die SPD in der Koalition im Bund mit dem Einwanderungsgesetz schaffen. Die SPD steht zu diesem Pakt. Wegen der vielen Unwahrheiten, die wir auch heute noch einmal gehört haben, die zu diesem Pakt verbreitet wurden, werden wir im Bundestag eine Klarstellung dazu verabschieden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Präsident, meine Damen und Herren! Im Asylbewerberleistungsgesetz ist geregelt, welche Hilfe die Schutzsuchenden vom deutschen Staat erhalten können. In Hamburg erhalten sie in den Erstaufnahmeeinrichtungen die sogenannten notwendigen Bedarfssachleistungen. Daneben erhält ein alleinstehender Schutzsuchender monatlich 135 Euro für den notwendigen persönlichen Bedarf.
Die antragstellende Fraktion, die AfD, verlangt eine Ausweitung des Sachleistungsprinzips auch auf den notwendigen persönlichen Bedarf.
Also sie sollen diese 135 Euro nicht mehr in bar bekommen. Darüber wurde vor zwei Jahren im Rahmen einer Prepaid Card schon diskutiert; das scheiterte damals aus rechtlichen Gründen. Außerdem wäre diese Umstellung mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden gewesen.
Weiterhin verlangt die Fraktion der AfD die Einführung einer neuen Regelbedarfsstufe. Eine solche neue Regelbedarfsstufe war im Dritten Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vorgesehen. Dieses Gesetz ist genau an dieser Regelung im Dezember 2016 im Bundesrat gescheitert. Es gibt keine Mehrheit dafür – damals nicht, auch jetzt nicht.
Die AfD verlangt außerdem, dass ausreisepflichtige Personen zukünftig in Gemeinschaftsunterkünften oder Ausreiseeinrichtungen untergebracht werden sollen, um auch nur dort Sachleistungen zu erhalten. Die AfD ist einmal wieder nicht auf dem aktuellen Informationsstand.
In Hamburg werden diese Menschen, die neu eingereist sind aus sicheren Herkunftsstaaten, oder die Dublin-Fälle für die Dauer des Verfahrens bis zur Ausreise im Ankunftszentrum Rahlstedt untergebracht. Für die Betroffenen soll es damit auch zu einer Verfahrensbeschleunigung kommen. Von dieser Regelung sind Familien mit schulpflichtigen Kindern ausgenommen. Solange Asylbewerber sich in Erstaufnahmezentren wie in Hamburg-Rahlstedt aufhalten, bekommen sie vorrangig Sachleistungen. Werden sie außerhalb von Erstaufnahmeeinrichtungen,
also dezentral, untergebracht, dann bekommen sie das Asylbewerberleistungsgesetz. Diese Forderungen von Ihnen beruhen auf Falschannahmen und
Fehlinformationen, daher lehnen wir den Antrag ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, vielen Dank für Ihre klaren Worte.
Meine Damen und Herren! Seit den Ereignissen in Chemnitz die Rechtsradikalität nur zum sächsischen Problem zu erklären würde die nationale Dimension dieses Problems verkennen. Die AfD sitzt in 14 von 16 Landesparlamenten und ist als Oppositionsführer im Bundestag vertreten; die AfD sitzt auch hier in der Hamburgischen Bürgerschaft. Es ist an der Zeit, sich von der Vorstellung zu verabschieden, man habe es bei dieser selbsternannten Alternative nur mit einer neuen Oppositionspartei zu tun. Sie sind keine lustige konservative Reformpartei, das haben wir heute noch einmal gesehen. Während sich die AfD als parlamentarischer Arm einen bürgerlichen Anstrich verleiht, verbrüdert sie sich auf der Straße mit Rechtsextremisten und den härtesten Nazis, die diese Republik hergibt. Ein Teil der AfD-Funktionäre erfüllt nach jedem wissenschaftlichen Parameter die Kriterien des Rechtsextremismus. Auch in Hamburg sieht die AfD keine Probleme, mit den Rechtsextremisten Schulter an Schulter zu demonstrieren.
Meine Damen und Herren! Die Haushaltsberatungen sind die Sternstunde des Parlaments. Zurzeit finden die Beratungen in den Ausschüssen statt. Aber was sehen wir? Die AfD nimmt ihre Aufgabe als Teil dieses Parlaments nicht wahr. Entweder sind Sie in den Ausschüssen nicht dabei oder Sie beteiligen sich an den Beratungen nicht. Aber das ist gerade ein Auftrag auch eurer Wählerinnen und Wähler: parlamentarische Arbeit zu machen statt mit den Nazis zu demonstrieren. Das geht nicht.
Die AfD lauert doch gerade darauf, dass Situationen entstehen, in die Flüchtlinge involviert sind, die sie instrumentalisieren und den einzelnen Vorfall generalisieren kann. Aber auch Ihre Kleinen Anfragen oder Großen Anfragen, womit beschäftigen sie sich? Mit dem Thema Flüchtlinge, mit dem Thema Muslime und in diesem Zusammenhang auch mit der Kriminalität. Ihre Partner, die Hooligans und Rechtsextreme, haben aber gerade mit den Salafisten mehr gemein, als Sie sich eingestehen möchten. Schnittmengen: politisch primitive Gebiete, Antisemitismus, Homophobie, Frauenfeindlichkeit, Autoritätssehnsucht, Selbstjustizmentalität, konservative Familienmodelle, eklatante Minderwertigkeitskomplexe – das verbindet gerade die Sala
fisten und eure Partner. Und dann können Sie sich nicht hier hinstellen und sagen, Sie seien die größten Gegner des Salafismus. Das ist eine Lüge.
Wir sehen daran: Respekt, Weltoffenheit und Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat sind keine Selbstverständlichkeit, sie müssen immer verteidigt und geschützt werden.
Rechtsextremismus muss repressiv, aber auch präventiv bekämpft werden. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich spontan gemeldet, um hier einige Sätze zu sagen. Gestern war der 25. Jahrestag des Anschlags in Solingen. Dieser Anschlag sollte auch nach 25 Jahren für uns alle eine Warnung sein, mit unserem Sprachgebrauch vorsichtig zu sein.
Was Herr Wolf von der AfD-Fraktion heute noch einmal gezeigt hat, ist, dass Sie daraus nichts, aber auch gar nichts gelernt haben, sondern Sie versuchen weiterhin gezielt, kalkuliert die Menschen gegen die Flüchtlinge, die Ausländer, die anders Aussehenden aufzuhetzen. Das kotzt mich, ehrlich gesagt, langsam an.
Ich nehme das zurück.
Ich habe das zurückgenommen.
Wenn wir zum Thema Zusammenleben und Integration in den Ausschüssen sachlich diskutiert und beraten haben, war entweder die AfD-Fraktion gar nicht da oder sie hat gar nichts dazu beigetragen. Aber hier im Plenum stellen Sie sich hin und machen Stimmung, indem Sie Bevölkerungsteile gegeneinander ausspielen, Flüchtlinge gegen die anderen Zuwanderer, Zuwanderer gegen die Nichtzuwanderer, und das führt dazu, dass der Zusammenhalt der Gesellschaft billigend gefährdet wird. Das geht nicht.
Auch heute haben Sie noch einmal gezeigt, das ist ein Beleg dafür, dass Sie die Grenzen der Meinungsfreiheit, auch die der Meinungsfreiheit der Abgeordneten sehr kalkuliert austesten, Tabubrüche leichtfertig als politisches Instrument einsetzen. Das ist ein Spiel mit dem Feuer. Denn wer
Gewalt mit Worten billigend in Kauf nimmt, nimmt auch in Kauf, dass Gewalt geerntet wird. Und das ist beschämend.
Was sagen Sie dazu, dass im Sozialausschuss eine CDUAbgeordnete die Integrationspolitik des Senats gelobt hat?
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist nicht zustimmungsfähig, weil er von falschen Voraussetzungen ausgeht und die Forderungen teilweise schon umgesetzt werden oder teilweise nicht sinnvoll sind.
Zwei Beispiele. Erstens: Die Verteilung der ausländischen Schülerinnen und Schüler im Regelsystem soll gerechter sein. Irre ich mich oder waren Sie dabei, als die Bürgerschaft mit der Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes eine lernpädagogisch gute Verteilung von Kindern aus großen Wohnunterkünften geschaffen hat? Nicht mehr als vier Kinder mit Sprachbedarf sollen eine Klasse besuchen. Innerhalb dieses Rahmens sollte Integration auch gut gelingen können.
Zweiter Punkt: Sie verkennen völlig, worin das Ziel des schulischen Aufnahmesystems für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche besteht. Natürlich geht es um die Vermittlung eines ausreichenden Sprachbestandes, aber das ist eben nicht alles, worauf es ankommt. Genauso wichtig ist es, die neuen Schülerinnen und Schüler möglichst schnell zu integrieren. Die Schülerinnen und Schüler lernen nicht schneller Deutsch, wenn sie nur unter sich bleiben. Ab einem gewissen Zeitpunkt brauchen sie den Umgang mit einheimischen Kindern und Jugendlichen. Dazu kommt dann ergänzend ein individuelles Förderangebot für den weiteren Spracherwerb. Wenn diese Kinder und Jugendlichen länger als ein Jahr in den Internationalen Vorbereitungsklassen unter sich bleiben, kann dieses Ziel leider nicht erreicht werden. Ihren Antrag werden wir ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die AfD möchte mit diesem Antrag erreichen, dass die Beschulung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen an ihren Aufenthaltsstatus gekoppelt wird. Kinder und Jugendliche sollen Regelschulen nur dann besuchen dürfen, wenn sie selbst oder ihre Eltern nach Artikel 16a Grundgesetz als politisch Verfolgte anerkannt worden sind. Alle Kinder und Jugendlichen mit einem anderen Aufenthaltsstatus sollen in speziellen Klassen außerhalb des Regelschulsystems unterrichtet werden. Sie sollen, das ist die Vorstellung der AfD-Fraktion, auf einen Schul- und Berufsschulabschluss vorbereitet werden, der mit einem Abschluss in ihren Herkunftsländern vergleichbar ist.
Es scheint mir, Sie haben Ihren Antrag auf Bildungsgettos für Flüchtlingskinder bei Ihren polnischen Brüdern im Geiste abgeschrieben. Auch die polnische Regierung plant nämlich, Flüchtlingskinder aus den regulären Schulen auszuschließen. Auch dort soll der Kontakt zur einheimischen Bevölkerung unterbunden werden. Meine Damen und Herren, damit werden Sie aber bei uns nicht durchkommen.
Denken wir Ihr Vorhaben doch einfach einmal zu Ende. Eritreische, syrische, afghanische, nigerianische Kinder und Jugendliche müssten in ihrer Landessprache unterrichtet werden, konsequenterweise nach den Lehrplänen ihres Heimatlandes. Wenn dort nur wenige Jahre Schule vorgesehen sind, dann müssten die Schüler hier auch nach dieser kurzen Zeit aus der Schule entlassen werden. Sie beklagen wortreich die angebliche Existenz von Parallelgesellschaften. Sie würden aber
gerade damit mit Sicherheit neue Parallelgesellschaften schaffen.
Sie wollen die Integration verhindern und die Menschen nicht teilhaben lassen. Das ist absurd. Wir wollen in Hamburg keine Bildungsgettos. Eine Einschränkung oder Aussetzung von Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen wird zu fatalen Folgen im späteren Leben führen. Die Vorurteile würden verstärkt werden, die Gesellschaft würde sich weiter spalten. Machen wir uns nichts vor, genau das wollen Sie erreichen: Sie wollen die Gesellschaft spalten. Ihr Vorhaben ist nicht nur politisch dumm, sondern auch verfassungswidrig.
Das Hamburger Schulgesetz zitiert in seinem ersten Paragrafen absichtlich den Artikel 3 des Grundgesetzes. Da steht, jedem jungen Menschen steht nach unserem Schulgesetz
"ungeachtet seines Geschlechts, seiner Abstammung,
seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder einer Behinderung"
das uneingeschränkte Recht auf Bildung zu. Und das ist gut so.
Das universale Recht der Kinder und Jugendlichen auf Bildung steht über – über – asylpolitischen oder irgendwelchen finanziellen Erwägungen. Das ist auch in Artikel 13 des UN-Sozialpakts und in Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention verbrieft. Daher stellen wir allen Kindern und Jugendlichen ungeachtet ihres Aufenthaltsstatus möglichst dieselben schulischen Möglichkeiten bereit. Niemand weiß, wie lange sich die Kinder und Jugendlichen in Deutschland oder in Hamburg aufhalten werden. Deshalb müssen wir sie so schnell wie möglich in das schulische Regelsystem eingliedern. Eine gute schulische Ausbildung ist die beste Grundlage dafür, später beruflich auf eigenen Beinen zu stehen. Falls sie irgendwann einmal nach Syrien oder nach Afghanistan zurückkehren, können sie die schulische oder berufliche Qualifizierung, die sie bei uns genossen haben, in ihren Heimatländern einsetzen. Das ist doch auch ein wichtiger Beitrag zur Entwicklungshilfe.
Die AfD versteckt sich in ihrer Antragsbegründung hinter dem Mäntelchen der Fürsorge gegenüber den einheimischen Kindern und Jugendlichen. Wer sind diese einheimischen Kinder und Jugendlichen? Ihnen tut jede Zeit leid, die wir in die Bildung von nicht deutschen Kindern investieren. Sie wollen die Ausgrenzung, Sie wollen die Hetze. Wir wollen aber friedlichen und solidarischen Zusammenhalt. – Vielen Dank. Ihren Antrag werden wir ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist doch schon bekannt, dass einige Schülerinnen und Schüler anfällig für islamistische Indoktrinierung sind. Das Problem ist insofern nicht neu. Die Schulbehörde reagiert schon seit Jahren auf diese Gefahrenlage. Das Landesinstitut für Lehrerbildung hat bereits im Jahr 2015 ein Präventionskonzept entwickelt und dieses Konzept wird fortlaufend den aktuellen politischen Entwicklungen und Bedarfen der Schulen angepasst.
In Ihrem Antrag werden Standards für Unterrichtsund Ganztagsinhalte gefordert. Diese haben aber schon längst in den Schulalltag und über das Schulgesetz auch in den Bildungsplänen stattgefunden. Das LI unterstützt die Schulen zum Beispiel mit Beratungen, zentralen und schulinternen Fortbildungen und präventiven Angeboten. Diese Veranstaltungen sind im Rahmen von Ganztagsschulen angepasst. Deshalb können Lehrkräfte und Schüler an allen Veranstaltungen teilnehmen. Bei Verdachtsfällen religiöser Radikalisierung interveniert das Referat Prävention der Schulbehörde in den allgemeinbildenden Schulen und für die Berufsschulen ist das Beratungszentrum Berufliche Schulen zuständig. Die Konzepte und Maßnahmen sind insofern gut erprobt, werden ausgebaut, wenn nötig, wird auch Kinder- und Jugendhilfe mit eingebunden.
Da Problemlagen in den Standorten unterschiedlich sind, müssen schul- und standortbezogene Lösungen entwickelt werden. Dazu hat auch die Stadtteilschule Öjendorf ein Konzept entwickelt und erprobt. Es gilt, dieses auch auf andere Bereiche auszuweiten. Die Nachfrage an Bedarf an Schulen ist zum Glück aber nicht so hoch, wie wir vor einiger Zeit befürchtet haben. Die derzeit vorhandenen Angebote und Ressourcen des LI sind aus unserer Sicht ausreichend. Eine Bilanzierung der gesamten Maßnahmen wird im Sommer 2018 vorgestellt. Insofern sehen wir diesen Antrag nicht als angemessen an und lehnen ihn in diesem Zusammenhang ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Zu diesem Antrag: Es ist schon ein richtiges und wichtiges Thema angesprochen worden. Da sind wir mit der Zielrichtung dieses Antrages auch konform.
Aber ich möchte davor warnen, dieses Thema Radikalisierung konzentriert als ein Thema der Schule zu sehen. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Thema.
Einen kleinen Moment mal bitte.
Wir haben uns im Sozialausschuss, das haben Sie auch gesagt, sehr ausführlich mit diesem Thema beschäftigt und an diesen Beratungen nahmen auch Vertreterinnen und Vertreter der Schulbehörde teil.
Wir haben auch im Schulausschuss immer wieder einmal über das Thema Prävention gesprochen. Wir verweigern uns dieser Beratung nicht. Aber, das wurde schon gesagt, wenn die Evaluation kommt, können wir uns auf der Grundlage dieser Evaluation noch intensiver mit dem Thema beschäftigen.
Was das Thema Rückkehrer angeht, ist es so, dass wir beim Thema Radikalisierung gesagt haben, Prävention ist ein wichtiges Thema, aber auch Sicherheitsbehörden spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle. Deshalb geht es in diesem Zusammenhang um Prävention, aber ebenso auch um die sicherheitspolitische Thematik. Ich möchte noch einmal davor warnen, diese Debatte nur in Bezug auf die Schulen zu führen; das führt uns nicht weiter.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Hamburg wächst; das ist erfreulich. Laut Prognosen werden in Hamburg bald 1,9 Millionen Menschen leben. Als Ankunftsstadt wird die Metropole auch perspektivisch weiterhin wachsen. Seit etwa 15 Jahren kommen immer mehr Menschen nach Hamburg, vorrangig aus dem europäischen Gebiet beziehungsweise aus anderen Gebieten der Bundesrepublik. Die deutliche Steigerung des Bevölkerungswachstums in den letzten Jahren geht allerdings auf die Fluchtzuwanderung zurück. Die Nettozuwanderung betrug in den vergangenen Jahren etwa 50 000 Menschen aus überwiegend nichteuropäischen Staaten. Das zeigt, vor welchen wahren Herausforderungen unsere Stadt steht. Jedes Jahr kommt und geht sozusagen eine kleine Stadt.
Inzwischen hat jeder Dritte in Hamburg einen Migrationshintergrund. Gut 52 Prozent dieser Menschen besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft. Mehr als die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren hat einen Migrationshintergrund. Wachstum, Vielfalt sowie regional unterschiedliche Entwicklungen stellen einen Stadtstaat wie Hamburg mit räumlicher Begrenzung vor besondere Herausforderungen.
Gleichzeitig bietet die Stadt aber ein hohes Identifikationspotenzial. Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl und ist eine gute Basis für die Integrationspolitik. Es hängt davon ab, ob die aktuellen Migrationsbewegungen gegenüber der Bevölkerung als Problem angesprochen werden oder ob die Debatte versachlicht wird, indem die Handlungsstrategien transparenter gemacht und in politische Zielsetzungen und Strategien überführt werden. Die Geschichte einer Stadt sowie die politischen Zielsetzungen und Strategien führen nicht automatisch dazu, dass die einzelnen Bürgerinnen und Bürger diese für sich auch anerkennen. Identifikation, Zugehörigkeitsgefühl und Vertrauen sind Teil des subjektiven Empfindens. Um Einzelne davon zu überzeugen, dass Hamburg tatsächlich eine weltoffene, kosmopolitische und chancengerechte Stadtgesellschaft hat, muss jeder für sich, selbst die Stadt, aus dem eigenen Alltagserleben heraus bewerten. Die interkulturelle Öffnung der Verwaltung ist vor diesem Hintergrund eine der zentralen
Handlungsstrategien der Stadt. Sie ist kein Schlagwort, sondern die Voraussetzung für die strukturelle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Heute diskutieren wir über das Integrationskonzept, das der Senat seit 2013 weiterentwickelt hat. Die zentralen Strategien des Konzepts von 2013 sind die interkulturelle Öffnung der Verwaltung, der Abbau struktureller Diskriminierung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens und die Steuerung über Zielwerte und Indikatoren. In dem Ihnen nun vorliegenden Konzept werden diese drei zentralen Strategien ausdrücklich bestätigt und zugleich weiterentwickelt. Zudem werden auch aktuelle Herausforderungen einbezogen. Die zentralen Bereiche sind vor allem Sprache, frühkindliche und schulische Bildung, Ausbildung und Arbeit, Wohnen, Gesundheit und Pflege.
Nicht nur die Stadt ist in der Verantwortung, eine diskriminierungsfreie Teilhabe zu ermöglichen. Auch die Zugewanderten müssen Integrationsleistungen erbringen und sich in unser gesellschaftliches Gefüge integrieren. Auch die Migrantenselbstorganisationen und -verbände sind in der Verantwortung und haben ihren Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft zu leisten.
Integration ist nämlich keine Einbahnstraße, sondern ein gegenseitiger Prozess und kann nur gemeinsam gelingen.
Im weiterentwickelten Konzept wurde ein neuer Schwerpunkt auf die Erstintegration von Flüchtlingen gesetzt. Die Integration von Flüchtlingen, die neu zu uns gekommen sind, ist und bleibt eine große Herausforderung. Das vorliegende Konzept wurde in der Geschichte Hamburgs auch von Sachverständigen begutachtet – ich zitiere –:
"Im Bundesvergleich handelt es sich um ein […] sehr ausgereiftes, bewährtes und umfassendes Konzept, das mit der Benennung von zahlreichen Zielwerten …"
also Integrationszielen –
"… Maßstäbe setzt."
Meine Redezeit geht zu Ende. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich möchte noch einmal auf die eine oder andere Einlassung eingehen.
Zunächst zu einem Thema, das Herr Wolf von der AfD angesprochen hat. Ihr Vorgänger Herr Baumann saß im Sozialausschuss und hat dort immer wieder versucht, irgendwelche Wissenschaftler zu zitieren, warum die Integration nicht gelingen könne. Der Sachverständigenrat wird nicht nur von der Bertelsmann Stiftung getragen, sondern von mehreren großen Stiftungen. Es sitzen viele Wissenschaftler darin. Jetzt stellen Sie nicht nur das Thema Integration infrage, sondern Sie nehmen eine Position ein, die auch die Wissenschaft infrage stellt. Ich begreife nicht, wo Sie damit eigentlich hinwollen. Herr Baumann hat im Ausschuss immer die Wissenschaft als Zeuge zitiert und Sie nehmen hier eine Position gegen die Wissenschaft ein.
Zu dem, was Frau Grunwaldt gesagt hat. An Ihre Vorgängerin Frau Prien kann ich mich gut erinnern. Sie hat sich immer wieder hingestellt und gesagt: Wann kommt das Konzept? Warum kommt kein Konzept? Und sie hat immer kritisiert, warum nicht partizipativ über das Thema diskutiert wird. Jetzt
liegt ein Konzept vor und Sie kommen nach vorn und sagen, in dem Konzept stünden Kennzahlen und mit Kennzahlen kämen wir nicht weiter. Aber Sie sagen nicht, was Ihre Alternative ist, wie Sie sich ein Konzept vorstellen.
Frau Özdemir, Sie haben gesagt, dass diese Kennzahlen teilweise nur quantitative Kennzahlen seien. Das ist nicht richtig. Ich kann das an einem Beispiel aus dem Bereich Schule verdeutlichen. Wenn dort eine Kennziffer dazu steht, wie die Abbrecher-Quote sein soll oder wie viele Abitur machen, dann sind das für mich keine quantitativen Aussagen, sondern es sind qualitative Aussagen. Es ist deshalb qualitativ, weil mit dem Thema Schule berufliche Perspektiven verbunden sind. Insofern ist das schon ein qualitatives Kennzeichen.
Frau Senatorin, können Sie uns bitte einmal darstellen, wie und warum die für die Prävention und die Repression zuständigen Fachstellen gleichermaßen in das bundesweit vorbildliche Hamburger Beratungsnetzwerk zu gewaltbereitem Salafismus eingebunden sind?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Aktuell gewinnen in Europa und auf der ganzen Welt politische Strömungen an Gewicht, die mehr oder weniger offen die Grundlagen des demokratischen Rechtsstaats infrage stellen. Grundprinzipien wie die Gewaltenteilung, die Pressefreiheit und der Schutz von Minderheiten werden zur Disposition gestellt. Der Nationalismus, der religiöse Extremismus und die damit verbundene Ausgrenzung greifen wieder verstärkt um sich. Auch in Deutschland sind zunehmend Tendenzen zu beobachten, die die Grundprinzipien der Demokratie, den gegenseitigen Re
spekt und die Unantastbarkeit der Menschenwürde infrage stellen. Nationalismus, Diskriminierung, ethnisch und religiös begründeter Hass auf Andersdenkende und Andersgläubige nehmen zu. Das wollen und werden wir nicht akzeptieren.
Gegenseitiger Respekt, Toleranz, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind keine Selbstverständlichkeiten. Wir müssen sie verteidigen, bewahren und in Schutz nehmen. Das machen wir aber nicht auf irgendeine populistische Weise, sondern auf der Grundlage unserer Verfassung. Unsere Leitkultur ist unser Grundgesetz.
Unser Grundgesetz – das ist das Entscheidende, sonst würde es nicht funktionieren – ist nicht nur ein Gesetz, es ist tatsächlich eine umfassende Kultur. Es ist Bekenntnis, ein ganzes spezifisches Menschen-, Gesellschafts- und Weltbild.
Viele Menschen verbinden mit unserer Stadt die Hoffnung für sich und für ihre Familien, bessere Lebensbedingungen vorzufinden. Hamburg ist eine ökonomisch erfolgreiche, soziale und kosmopolitische Ankunftsstadt. Es erfordert immer wieder neue Anstrengungen, unsere freiheitlichen und sozialen Grundlagen zu festigen, die von Respekt, Toleranz und Solidarität geprägt sind. Uns ist wichtig, das Bewusstsein für demokratische Werte wie Minderheitenschutz, Pressefreiheit, Gewaltenteilung, Rechtsstaat und die Anerkennung von Vielfalt in gegenseitigem Respekt zu schärfen.
Es gilt, uns gemeinsam über mögliche Schlussfolgerungen und Handlungskonsequenzen zu verständigen. Der Senat hat der Bürgerschaft dazu verschiedene Handlungsstrategien vorgelegt. Dazu gehören unter anderem das Landesprogramm zur Förderung demokratischer Kultur, Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus, "Hamburg – Stadt mit Courage", und das "Konzept zur Vorbeugung und Bekämpfung von religiös motiviertem Extremismus und anti-muslimischer Diskriminierung" und dessen Fortschreibung. Prävention und Bekämpfung des Rechtsextremismus und religiös begründeten Extremismus sind dabei die Schwerpunkte. Mit unserem aktuellen Antrag ersuchen wir den Senat, die bestehenden Programme und Angebote zu bündeln und ihre Bekanntheit, Sichtbarkeit und Erreichbarkeit noch einmal zu erhöhen. Es geht auch darum, anlassbezogen eine breite gesellschaftliche Diskussion zu ermöglichen, die Programme weiterzuentwickeln und, wo es erforderlich ist, auch auszubauen, um neue Zielgruppen zu erreichen.
Wir wollen diejenigen unterstützen und ermutigen, die sich in ihrer Arbeit oder ehrenamtlich jeden Tag gegen die Spaltung unserer Gesellschaft zur Wehr setzen und im Dialog auch in schwierigen Zeiten an der Verständigung arbeiten und den sozialen Zusammenhang stärken. Es geht uns darum, die Lautsprecher und Hassprediger zurückzuweisen und die vernünftigen und dialogorientierten Kräfte in der Stadt zu stärken. Dafür gibt es in unserer Stadt schon viele Beispiele, die bisher viel zu wenig beachtet werden. Daher bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.
Nun kurz zum Zusatzantrag der CDU-Fraktion. Die Behauptung, wir würden uns zu sehr mit der Benachteiligung von Muslimen befassen, stimmt nicht. Der Schwerpunkt unserer Arbeit und unseres Konzepts liegt ganz klar auf der Prävention,
auch des religiösen Extremismus. Daher stimmt Ihre
letzter Satz – Behauptung nicht. Mit diesem Thema haben wir uns auch im Sozialausschuss ausführlich befasst. Das haben Sie anscheinend verpasst.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Ausgang des Referendums ist ein schwerer Schlag für die parlamentarische Demokratie in der Türkei. Das Referendumsergebnis hat aber auch gezeigt, dass Erdogan nicht die Türkei ist. Es hat gezeigt, dass trotz aller Repression nach wie vor eine starke und lebendige Zivilgesellschaft in der Türkei existiert, die unsere volle Solidarität verdient.
Bevor ich auf die Einlassungen der AfD eingehe, möchte ich kurz die Faktenlage zum Wahlverhalten der türkischstämmigen Menschen in Deutschland und Hamburg darlegen. In Deutschland leben etwa 3,5 Millionen türkischstämmige Bürgerinnen und Bürger. Wahlberechtigt sind etwa 1,4 Millionen Türken. Davon haben etwa 48 Prozent ihre Stimme abgegeben. Über 63 Prozent davon haben für Erdogans Verfassungsänderung gestimmt. In Hamburg leben etwa 95 000 türkischstämmige Menschen. Davon sind 62 000 türkische Staatsbürger. Im Zuständigkeitsbereich des türkischen Kon
sulats, das die Metropolregion Hamburg und Schleswig-Holstein umfasst, sind 84 000 Türken wahlberechtigt. Davon haben etwa 40 500 Menschen, also 48 Prozent, von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Mit Ja haben 57 Prozent, mit Nein haben 43 Prozent gestimmt. Bundesweit haben somit etwa 33 Prozent der Wahlberechtigten mit Ja gestimmt; in Hamburg sind es 27 Prozent.
Es ist auch für mich schwer nachvollziehbar, dass Menschen einerseits die Vorzüge unserer freiheitlichen parlamentarischen Demokratie genießen und hier gern leben, andererseits aber für die Abschaffung der Demokratie in der Türkei stimmen. Ich will diese Ja-Sager keineswegs entschuldigen. Ich möchte aber, dass wir, soweit es geht, eine differenzierte und faktenbezogene Diskussion führen und keine populistischen Kurzschlüsse ziehen.
Es ist mir schleierhaft, wie die AfD, aber nicht nur sie, sondern auch Teile der CDU, die Kausalität zwischen diesem Referendum in der Türkei und der Integrationspolitik in Deutschland beziehungsweise in Hamburg herstellen. Diese neu entfachte Debatte ist fehlgeleitet und rein populistisch.
Erstens gibt es keinen Beleg für das Wahlverhalten deutsch-türkischer Doppelstaatler, das sind etwa 500 000 Menschen in Hamburg. Zweitens gibt es viele Hinweise darauf, dass vor allem die Mehrheit der Wähler, die nur die türkische Staatsbürgerschaft haben, Erdogans Staatsumbau zugestimmt hat. Drittens haben viele für die Verfassungsänderung nicht aus sachlichen Gründen, sondern aufgrund der Unterstützung für Erdogan und aus politischer Überzeugung gestimmt. Viele Deutschtürken sind in einem konservativen Umfeld aufgewachsen, das ihre politische Meinung prägt. Diese Einstellung ist bedauerlich, aber in einer Demokratie zu ertragen. Deutschland erträgt auch eine AfD.
Die Behauptung, der Doppelpass behindere die Integration, ist absurd und bisher nicht belegbar. Es zeigt sich jedoch, dass es viele verschiedene Gründe für das Verhalten der Deutschtürken gibt. Damit müssen wir differenziert umgehen und dürfen daraus keine falschen Schlussfolgerungen ziehen. Die Aufgabe einer verantwortungsvollen Politik darf keine Stimmungsmache, keine Polarisierung, keine Schwarz-Weiß-Malerei sein. Wir müssen uns gegen die Ethnisierung, Spaltung und das Auseinanderdriften der Gesellschaft einsetzen. Daher werden wir unsere Bemühungen zur weiteren Förderung der demokratischen Kultur, des gegenseitigen Respekts und des Zusammenhalts verstärken. – Vielen Dank.
Herr Senator, wie stellt sich die Entwicklung und Situation der Mathematiklehrerinnen und -lehrer an den Hamburger Schulen dar? Könnten Sie dazu etwas sagen?
Sehr geehrter Präsident, meine Damen und Herren! Von der beruflichen Bildung in Hamburg wurde die ganztägige und duale Ausbildungsvorbereitung seit 2011 schrittweise eingeführt und anschließend in die Regelstruktur der berufsbildenden Schulen in Hamburg überführt. Ziel dabei ist, dass Jugendliche möglichst innerhalb eines Jahres eine Berufswahlentscheidung treffen und einen gesicherten Anschluss finden. Durch das Konzept der Dualisierung wird das betriebliche mit dem schulischen Lernen verzahnt. Um an dieser Stelle eine Zahl zu nennen …
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Einen Moment. – Meine Damen und Herren! Nur Herr Abaci hat das Wort. Wenn Sie sich unterhalten wollen, verlassen Sie bitte den Saal. – Herr Abaci, bitte schön.
Zum Stichtag 31. Dezember 2016 befanden sich 1 092 Schülerinnen und Schüler in der Praktikumsphase. Von diesen waren 93 Prozent mit betrieblichen Praktika versorgt. Das ist durchaus beachtlich und zeigt, dass die Reform und auch deren Umsetzung richtig und wichtig waren.
Vor dem Hintergrund der Zuwanderungswelle der vergangenen eineinhalb Jahre stand unsere Stadt zudem vor der großen Herausforderung zum einen, die noch nicht schulpflichtigen Jungen und Mädchen zu versorgen und zum anderen die nicht mehr schulpflichtigen Flüchtlinge bis 25 Jahre in die Berufsausbildung und Arbeit zu integrieren. Zum 31. Januar dieses Jahres besuchten fast 2 800 neu zugewanderte Jugendliche die Bildungsangebote der Berufsvorbereitungsschule für Migrantinnen und Migranten. Seit dem 1. Februar 2016 ist flächendeckend das AVDual-System auch
für junge schulpflichtige Flüchtlinge offen, und zwar unabhängig von deren Aufenthaltsstatus. Das AVDual für Flüchtlinge, abgekürzt AV und Dual, ist auf eine Dauer von zwei Jahren ausgelegt und beginnt mit einer mehrmonatigen Ankunftsphase, in der die Jugendlichen intensiv auf den Lernort Betrieb und die Betriebspraktika vorbereitet werden. In den drei dualen Phasen lernen und arbeiten die Jugendlichen wöchentlich drei Tage in der Schule und zwei Tage im Betrieb. Zurzeit befinden sich über 2 000 Schülerinnen und Schüler in der dualisierten Ausbildungsvorbereitung.
Ganz wesentlich für den Erfolg der Integration dieser Jugendlichen ist die Sprachförderung. Diese ist im betrieblichen Praktikum eng mit dem Deutschunterricht in der Schule verzahnt. Zudem werden die Jugendlichen und jungen erwachsenen Flüchtlinge durch ihre betrieblichen Integrationsbegleiter und Lehrkräfte unterstützt. Sie bereiten mit den jugendlichen Flüchtlingen die Praktika vor, bereiten sie nach und unterstützen sie dabei, geeigneten Anschluss in Ausbildung, Beschäftigung oder weiterführende Bildungsangebote zu planen. Eine Herausforderung liegt dabei oft darin, dass Flüchtlinge aus ihren Herkunftsländern keine geregelte Berufsausbildung kennen und es enorm wichtig ist, die Ziele und Potenziale sowie den Wert einer soliden beruflichen Ausbildung klar aufzuzeigen.
Das Lernen im Betrieb eröffnet den Jugendlichen und jungen Erwachsenen neue Perspektiven. Sie lernen ihre Kompetenzen und Stärken in der betrieblichen Umgebung neu kennen und setzen sich mit betrieblichen Regeln auseinander. Gleichzeitig erfahren gerade Jugendliche mit Flucht- oder Migrationsgeschichte viel darüber, wie die deutsche Gesellschaft im Inneren tickt, denn soziale Normen lernt man durch Interaktion mit Einheimischen und nicht dadurch, dass man in einer Flüchtlingsaufnahme sitzt.
Hamburg ist eine Metropolregion und die Wirtschaft floriert. Und das ist gut so. Wir brauchen aber dringend Fachkräfte für den Arbeitsmarkt. Indem wir junge Flüchtlinge ausbilden, haben wir eine Win-win-Situation für beide Seiten. Die Integration in Ausbildung und Arbeit erscheint hier genauso dringlich wie Erfolg versprechend.
An dieser Stelle möchte ich gern betonen, dass die Zusammenarbeit mit allen beteiligten Gruppen hervorragend funktioniert. Ich möchte mich insbesondere bei den engagierten Berufsschullehrerinnen und -lehrern, Integrationsbegleiterinnen und -begleitern, den Betrieben, den Fachbehörden und den Gewerkschaften für die gute Zusammenarbeit bedanken.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.
Ja. Es ist eine gute Investition in die Jugendlichen, aber es ist auch eine Investition für die Zukunft. Und wenn diese Jugendlichen aus welchen Gründen auch immer in ihre Herkunftsländer zurückgehen sollten, ist das unser Beitrag zur Entwicklungsarbeit. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Herr Senator, wie ist die von der Links-Fraktion thematisierte Umwandlung von EA-Klassen in Internationale Vorbereitungsklassen in die gesamte Flüchtlingsbeschulung eingebettet?
Sehr geehrter Präsident, meine Damen und Herren! Bei dem Thema geht es darum, die Länder Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. Die Position der SPD auf der Bundesebene und in Hamburg in dieser Frage ist klar. Ja, es ist sinnvoll, die genannten Länder als sichere Herkunftsländer einzustufen, weil die Anerkennungsquote von Menschen, die aus diesen Ländern kommen, verschwindend gering ist. Ich möchte aber auch darauf aufmerksam machen, dass es nicht richtig ist, dass die Menschen, die aus sogenannten Herkunftsländern kommen, kein Asyl beantragen können. Das ist nicht wahr. Man kann es sehr wohl. Es gibt nur eine schnellere Antragsprüfung, und darum geht es.
Wichtiger als die Frage der sicheren Herkunftsländer ist aber eine andere. Es geht darum, dass wir beim Asylverfahren grundsätzlich schneller werden müssen. Es muss schnell geklärt werden, wer hierbleiben darf und wer nicht. Dazu gehört auch, dass derjenige, der nicht hierbleiben darf, auch wieder zurückgeführt werden soll. Das ist nur dann möglich, wenn Deutschland endlich wirksame Rücknahmeabkommen mit den betroffenen Staaten schließt.
In diesem Zusammenhang ist das Verhalten der CDU in Hamburg heuchlerisch.
Die Rückführungen von ausreisepflichtigen Menschen in die Länder Algerien, Marokko und Tunesien scheitern nicht, weil ihre Verfahren in den Ländern nicht abgeschlossen werden können, sondern sie scheitern, weil die Menschen keine Papiere haben und weil es keine Rückführungsabkommen mit diesen Herkunftsstaaten gibt. Das Abschließen dieser Rückführungsabkommen ist Aufgabe des CDU-Innenministers de Maizière, der diese Aufgaben nicht bewältigt.
Unsere Position habe ich schon kurz angesprochen.
Es ist bekannt, dass wir bei der Frage nach den sicheren Herkunftsländern in der Koalition unterschiedlicher Meinung sind. Das gilt übrigens nicht nur für Hamburg, sondern für ganz Deutschland. Auch die CDU in Hessen diskutiert diese Frage mit ihrem Koalitionspartner. Am Ende muss dieses Thema von den Parteien auf Bundesebene gelöst werden muss. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Präsident, meine Damen und Herren! Frau Prien, im Bereich Integrationspolitik brauchen wir gerade von der CDU keine Nachhilfe.
Wir haben schon im Jahr 2013 ein Integrationskonzept auf den Weg gebracht,
bei dem zum ersten Mal die Flüchtlinge als Adressat der Integrationspolitik vorgesehen waren. Wir haben auch gesagt, dass wir das partizipativ machen, dass wir mit der Zivilgesellschaft, mit allen Akteuren der Stadt an diesem wichtigen Thema arbeiten. Wir haben auch das Integrationskonzept, das indikatorengestützt und steuerbar ist, weiterentwickelt.
Der Senatorin vorzuwerfen, sie habe sich mit diesem Thema nicht beschäftigt, ist unlauter. Wir haben im Sozialausschuss und in der Bürgerschaft immer wieder über dieses Thema diskutiert. Das ist und bleibt auch für uns ein wichtiges Thema, eine große Herausforderung, der wir uns auch stellen.
Die Frau Senatorin hat einen Blick auf die Themen geworfen, die Sie völlig vergessen haben. Sie haben nur noch Flüchtlinge im Kopf, aber andere Bereiche im Bereich der Sozialpolitik nicht.
Deshalb war es wichtig und richtig, dass die Senatorin auch auf andere Bereiche einen Blick geworfen hat. Insofern brauchen wir im Bereich der Integrationspolitik keine Nachhilfe. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Stellen Sie sich einen Moment vor, der Co-Vorsitzende der GRÜNEN Bundestagsfraktion, Herr Özdemir, Frau Peter sowie weitere Abgeordnete werden festgenommen. Stellen Sie sich vor, unsere Bürgermeister von München, Hamburg und Berlin werden nicht nur per Dekret abgesetzt, sondern auch verhaftet. Stellen Sie sich vor, die Chefredakteure der "Süddeutschen Zeitung" werden nicht nur mundtot gemacht, sondern hinter Gitter gebracht. Was für uns in Deutschland zurzeit unmöglich erscheint, ist in der Türkei die Realität. Diese ausgesprochen dramatischen Entwicklungen in der Türkei bewegen deshalb auch in Deutschland und in Hamburg viele Bürgerinnen und Bürger, nicht nur solche mit türkischen und kurdischen Wurzeln.
Die schnelle Niederschlagung des Putsches wäre für die Türkei eine große Chance gewesen, innenpolitisch einen anderen Weg einzuschlagen und das Land zu einen. Alle im türkischen Parlament vertretenen Parteien hatten sich gegen die Machtübernahme durch das Militär ausgesprochen. Viele Menschen waren in den türkischen Städten auf die Straßen gegangen. Das hätte die türkische Demokratie auf Dauer nachhaltig stärken können. Gleichwohl wählte der türkische Präsident leider, wenn auch wenig überraschend, einen anderen Kurs, der das Land weiter spaltet. Als Konsequenz zahlt die türkische Demokratie einen sehr hohen Preis.
Die Geschehnisse hätte man in rechtsstaatlicher Weise politisch und juristisch aufarbeiten können und müssen.
Der Putschversuch wurde jedoch leider als Vorwand und willkommene Gelegenheit genutzt, gegen Oppositionelle und Andersdenkende vorzugehen. Nur einen Tag nach dem Putschversuch sind Tausende Richter und Staatsanwälte abgesetzt worden. In den folgenden Tagen und Wochen wurden weitere Zehntausende Staatsbedienstete verhaftet oder suspendiert. Dieses Vorgehen steht in klarem Widerspruch zu jeglichen rechtsstaatlichen und demokratischen Verfahren.
Es gibt weiterhin einen großen Teil der türkischen Gesellschaft, der immer noch pro-europäisch orientiert ist und der große Hoffnungen mit der EU verknüpft. Ich bin davon überzeugt, dass die Mehrheit in der Türkei keine Abkehr von der EU will. Diese Kräfte müssen wir ermutigen und unterstützen. Es ist wichtig, den Kontakt mit diesen Kräften in der Türkei weiterhin zu halten und auszubauen, die sich auch für Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenrechte einsetzen.
Unsere Möglichkeiten als Landespolitiker, auf die innenpolitische Lage in der Türkei Einfluss zu nehmen, sind sehr begrenzt. Klar ist, dass wir die Verstöße gegen die Grundrechte in aller Deutlichkeit ansprechen werden und müssen. Die politische und gesellschaftliche Entfremdung zwischen Deutschland, der EU und der Türkei darf sich nicht noch weiter verstärken. Die Remilitarisierung des Kurdenkonflikts, die Aufhebung der Immunität von Abgeordneten, die Repression gegenüber kritischen Medien und nicht zuletzt die Diskussion um die Wiedereinführung der Todesstrafe, all das hat zur weiteren Polarisierung der türkischen Gesellschaft und der Entfremdung mit der EU geführt.
Die Auswirkungen dieser Politik polarisieren insbesondere auch die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland und in Hamburg. Die Kritiker der AKP in Hamburg halten sich aus Sorge um die Sicherheit ihrer Familien in der Türkei mit politischen Aussagen zurück. Schon aus diesem Grund kann uns die Lage in der Türkei nicht egal sein.
Niemand von uns möchte, dass innertürkische Konflikte auf deutschem Boden ausgetragen werden. Die Demonstrationen und Proteste müssen friedlich laufen.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um die türkischstämmigen Bürgerinnen und Bürger in Hamburg dazu aufzufordern, darüber nachzudenken, dass wir alle die Vorteile unserer säkularen und demokratischen Gesellschaft genießen und davon profitieren. Damit möchte ich insbesondere auch an Vereine und Verbände in Hamburg appellieren, die das, was in der Türkei passiert, verharmlosen oder sogar befürworten oder unterstützen. Das steht ganz klar in krassem Widerspruch zu den Werten und Normen hier in Hamburg, in Deutschland. Es kann nicht sein, dass man das, was in der Türkei passiert, gutheißt, aber gleichzeitig die Vorteile der säkularen demokratischen Gesellschaft hier nutzt. Das geht gar nicht zusammen.
Ich begrüße es sehr – Frau Boeddinghaus hat es angesprochen –,
dass wir uns geeinigt haben, eine gemeinsame Erklärung abzugeben und uns mit den Abgeordneten, den Bürgermeistern
und Journalisten zu solidarisieren. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Jahre 2010 hat es in Hamburg eine Schulreform gegeben und diese Schulreform hat die hamburgische Schullandschaft verändert. Das hat dazu geführt, dass wir in Hamburg zwei Säulen haben, Stadtteilschule und Gymnasium. Der Volksentscheid zeigte uns damals, dass eine
deutliche Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger mit der geplanten Primarschule und der Abschaffung des Elternwahlrechts nicht einverstanden war. Wir als SPD-Fraktion akzeptieren die Ergebnisse von Volksentscheiden und setzen sie konsequent um.
In Hamburg gilt also weiterhin das uneingeschränkte Elternwahlrecht. Eltern melden ihre Kinder an den Gymnasien an, und zwar häufig auch dann, wenn die Kinder keine Gymnasialempfehlung haben. Das hat Folgen. Relativ viele leistungsschwache Schülerinnen und Schüler müssen nach der sechsten Klasse auf die Stadtteilschule wechseln. Die Fraktion DIE LINKE verlangt nun in ihrem Antrag, dass alle Gymnasialschülerinnen und Gymnasialschüler mit Beginn der fünften Klasse die Garantie erhalten sollen, dort bis zum Abschluss der zehnten Klasse bleiben zu dürfen, auch wenn die schulischen Leistungen nicht dafür geeignet sind. Das ist ein wiederholter Anlauf, die Schule für alle durch die Hintertür einzuführen.
Ein Abschulverbot für leistungsschwache Schülerinnen und Schüler hätte zur Folge, dass noch mehr Eltern als bisher ihre Kinder am Gymnasium anmelden. Das würde die noch junge Schulform der Stadtteilschule deutlich schwächen, die ohnehin schon unter den geringeren Anmeldungen im Vergleich zu den Gymnasien leidet. Eine solche Schwächung der Stadtteilschule liefe allen Bestrebungen zuwider, die Stadtteilschule dauerhaft als gleichberechtigte zweite Säule in der Hamburger Schullandschaft zu verankern.
Die Stadtteilschulen führen ihre Schülerschaft nach neun Jahren zum Abitur, dort werden leistungsschwächere genauso wie leistungsstärkere Kinder gezielt gefördert und gefordert.
Um an dieser Stelle eine Zahl zu nennen: Nur jeder 15. Stadtteilschüler in der fünften Klasse hat eine Gymnasialempfehlung. Viele machen aber dennoch später Abitur. Jeder vierte Abiturient hat im Jahr 2014 seinen Abschluss an einer Stadtteilschule gemacht. Man kann sagen, das ist eine erstaunliche pädagogische Leistung der Stadtteilschulen.
Zudem verlangen Sie nun in Ihrem Antrag, dass die Gymnasien mehr Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen und dafür vergleichbare Ressourcen wie die Stadtteilschulen erhalten. Damit geben Sie schon zu, es ist auch richtig, dass die Stadtteilschulen einen großen Teil der inklusiven Beschulung in Hamburg erfolgreich leisten. Dafür erhalten die Schulen ein Vielfaches an Ressourcen. Bei gleicher Schüler
zahl hat eine Stadtteilschule fast 40 Prozent mehr Pädagogen als ein gleich großes Gymnasium. Das ist richtig so und es ist auch Absicht. Zwischen beiden Schulformen sollen aber auch Unterschiede bestehen bleiben. Das Zwei-Säulen-System bringt es zwangsläufig mit sich, dass das Gymnasium als Schulform hohe Leistungsansprüche stellt und in der verkürzten Zeit von acht Jahren zum Abitur führt. Der Unterschied zwischen Gymnasien und Stadtteilschulen besteht aber nicht nur in der unterschiedlich langen Zeit bis zum Erwerb des Abiturs, der Unterschied liegt vor allem in der Frage der zieldifferenzierten Inklusion, die aufgrund der unterschiedlich verteilten Ressourcen in dieser Weise fast ausschließlich in den Stadtteilschulen stattfindet. Das heißt jedoch nicht, dass die Gymnasien keine Inklusion haben, dass sie keine Kinder mit Behinderung aufnehmen. Sie tun es wohl, es kommt aber auf die Art der Behinderung an. Die Gymnasien nehmen die Schüler auf, die mit dem hohen Lerntempo grundsätzlich mithalten können. Daher finden Sie an dem Gymnasium mehr Schülerinnen und Schüler mit Körperbehinderung und mit einer Autismus-Spektrum-Störung. Auch Schülerinnen und Schüler mit schwerwiegenden chronischen Erkrankungen, mit dem Förderschwerpunkt Sprache oder mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung besuchen Hamburger Gymnasien. Dagegen sind Schülerinnen und Schüler, die sehr individuell gefördert werden müssen, weil sie zum Beispiel ein verlangsamtes Lerntempo haben, an den Stadtteilschulen besser untergebracht.
Das kommt jetzt.