Zweitens: Wer es gut mit der Entwicklung von Stadtteilschulen meint, hätte heute auf diese Debatte verzichtet, denn das Ergebnis ist doch die Schlagzeile "Über die Stadtteilschule wird dauernd geredet und die können es nicht". Ich glaube, das hat diese Schulform bei Weitem nicht verdient.
Der Schulfrieden ist gerade einmal sechs Jahre alt, und das Zwei-Säulen-Modell von Stadtteilschulen und Gymnasien ist dort fest verankert. Natürlich hat die Stadtteilschule erst eine sechsjährige Geschichte, und ich finde, dass sich diese Schulform dafür sehr gut entwickelt hat.
In diesem Zusammenhang will ich noch einmal sehr deutlich machen, dass die SPD-Fraktion hinter diesem Modell und vor allen Dingen hinter dem Schulfrieden steht.
Der Schulfrieden ist weit davon entfernt, ein politisches Stillhalteabkommen zu sein. Und in diesem Zusammenhang muss auch die Frage erlaubt sein: Wem dient eigentlich dieser abstrakte Streit um Schulstrukturen? Stadtteilschulen sind G9. Sie bieten den längeren Weg zum Abitur, was doch in den letzten Jahren von einem Teil der Hamburger Eltern ausdrücklich gewünscht wurde. Sie leisten hervorragende Arbeit in den Bereichen Inklusion und Integration. Und ihre Arbeit ist auch richtungsweisend für manches Hamburger Gymnasium.
Durch die Arbeit der Stadtteilschulen ist die Anzahl der Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss geringer geworden. Auch das ist ein wichtiger Baustein für die Akzeptanz der Hamburger Stadtteilschulen.
Es gibt sie erst seit 2010. Sie sind sozusagen ein wissbegieriges Kind in der ersten Klasse. Es braucht Zeit, diese neue Schulform zu etablieren und weiterzuentwickeln. Niemandem dient es, diese Stadtteilschulen schlechtzureden. Aber es darf auch nicht aus dem Auge verloren werden, dass es Stadtteilschulen mit hohen Anmeldezahlen und mit großem Ansehen gibt. Im Übrigen sind die steigenden Anmeldezahlen an Gymnasien kein Hamburger Trend, sie sind ein bundesweiter Trend und deshalb mitnichten ein Hamburger Phänomen.
Aber man muss auch verstehen, dass Hamburger Eltern für ihr Kind das bestmögliche Bildungsangebot aussuchen. Da müssen wir alle deutlich machen, dass gute Bildung und Leistung kein Alleinstellungsmerkmal von Gymnasien ist.
Das in den vergangenen Tagen viel diskutierte Positionspapier der Hamburger Schulleiterinnen und Schulleiter hatte vermutlich die falsche Überschrift. Es hat aber auch Thesen, die hoffentlich viele von uns gutheißen werden. Darin wird unter anderem gefordert, dass Stadtteilschulen exzellente Leistungen jeder Art fördern können. Das machen sie täglich. Hamburger Stadtteilschulen führen Schülerinnen und Schüler zu den bestmöglichsten Abschlüssen und Anschlüssen. Selbst auf die Forderung der Hamburger Schulleiterinnen und Schulleiter, dass Hamburgs Stadtteilschulen die Freiheit zur Entwicklung eigener Profile benötigen, kann man nur antworten: Ja, das können sie. Das ist möglich im Rahmen der selbstverantworteten Schule.
Wir werden an der Diskussion über die Zukunft der Stadtteilschulen dranbleiben. Wir werden weiterhin das Gespräch mit den Akteuren suchen. Es gibt viele gute Ansätze, und ich finde, die sollten wir in dieser Aktuellen Stunde auch einmal benennen, sei es nun der Fachunterricht oder sei es eine stärkere Leistungsorientierung. Vor allem müssen wir, die Hamburgische Bürgerschaft, die Stärken der Stadtteilschulen deutlich herausarbeiten, wir müssen deutlicher vermitteln. Und ob uns das heute mit der Aktuellen Stunde gelingt – ich bin ja erst die zweite Rednerin in dieser Debatte –, bin ich mir nicht sicher. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob Sie den Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" kennen. Das ist ein bisschen das, was wir hier heute erleben.
Schön, dass ich es schaffe, Sie zum Lachen zu bringen, aber das jährliche Stadtteilschulritual haben wir dieses Jahr bereits hinter uns gebracht.
Frau Duden hat erwähnt, dass wir die Debatte schon geführt haben, und es ist immer die gleiche Debatte.
Die Opposition kommt mit schriller, teilweise überzogener Kritik an den Stadtteilschulen, dann kommt der Schulsenator und lobt sich selbst über den grünen Klee, und am Ende ändert sich gar nichts.
(Beifall bei der CDU und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP und Dr. Alex- ander Wolf AfD)
Doch leider ist die Situation dieses Mal eine völlig andere. Nicht nur, dass wir die Debatte dieses Jahr schon hatten, sondern das Problem ist, dass mit dem Brandbrief der Stadtteilschulleiterinnen und Stadtteilschulleiter ein öffentliches Misstrauensvotum gegen Sie, Herr Senator Rabe, gestellt wurde. Und dieses öffentliche Misstrauensvotum führt zu einer Vertrauenskrise, und zwar leider nicht nur gegenüber den Stadtteilschulen in unserer Stadt, sondern gegenüber unserem Schulsystem in Hamburg insgesamt. Das ist ein außerordentlich be
sorgniserregender Befund und den können wir so nicht stehen lassen. Dass Sie, Frau Duden, an dieser Stelle wagen zu sagen, man dürfe darüber in der Hamburgischen Bürgerschaft nicht diskutieren, ist wirklich ein Armutszeugnis.
Was, Herr Rabe, stimmt eigentlich nicht mit Ihrer Kommunikation mit Ihrem eigenen Führungspersonal? Warum können Sie mit den Stadtteilschulleiterinnen und Stadtteilschulleitern nicht so reden, dass sie ihre Kritik intern äußern und mit Ihnen intern konstruktiv an Lösungsansätzen arbeiten? Wie kann es sein, dass nahezu alle Schulleiterinnen und Schulleiter der Hamburger Stadtteilschulen öffentlich einen solchen Brief schreiben, dadurch weitere Verunsicherung in die Stadt tragen und dafür sorgen, dass unsere Stadtteilschulen in Hamburg, zu denen wir uns ausdrücklich bekennen, weiter an Vertrauen verlieren? Das ist ein wirkliches Problem. Und das ist Ihr Problem, Herr Senator Rabe. Das haben Sie in dieser Stadt zu verantworten.
Das Problem ist, dass wir zwischenzeitlich nicht nur beängstigt feststellen müssen, dass die Stadtteilschulen scheitern könnten und damit das ZweiSäulen-Modell – um das ein ideologischer Grabenkampf geführt wurde, der uns nicht nur in Hamburg Jahrzehnte gelähmt hat – scheitern könnte. Sondern das Problem ist, dass in Hamburg auch die Gymnasien inzwischen zu scheitern drohen, weil sie bei der vorhandenen Ressourcenausstattung mit dem Ansturm an heterogenen Schülerinnen und Schülern, den sie zu verkraften haben, auch nicht mehr zurechtkommen. Deshalb steht der Bildungsauftrag sowohl der Gymnasien als auch der Stadtteilschulen inzwischen auf dem Spiel. Und auch das, sehr geehrter Herr Rabe, ist Ihre Verantwortung.
Was ist jetzt zu tun? Man kann nicht mehr weitermachen wie bisher, sondern wir brauchen jetzt einen öffentlichen Dialog, in den Schulleiterinnen und Schulleiter, Eltern, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und die Politik einbezogen werden und in dem wir uns ernsthaft die Karten legen und benennen, wo die Stärken und Schwächen der Stadtteilschulen liegen und was wir tun können, um die Stärken zu stärken und die Schwächen abzustellen. Dieser Dialog ist erforderlich. Er ist intern in Ihrer Behörde erforderlich und er ist politisch in der Stadt erforderlich.
Wenn "Die Zeit" schon dazu aufruft, der Bevölkerung einmal zu erklären, was man denn so als Schulsenator tun würde, dann glauben Sie doch nicht, dass wir in der Bürgerschaft darauf verzich
ten könnten, uns diese Gedanken zu machen. Wir müssen das tun, es ist unsere Pflicht. Lassen Sie uns gemeinsam im Schulausschuss in einen vernünftigen Prozess einsteigen, damit wir dieses Problem angehen. Die Stadtteilschulen, das ZweiSäulen-Modell dürfen in Hamburg nicht scheitern. Das wird aber nur funktionieren, wenn Sie Ihren selbstherrlichen Kurs aufgeben und bereit sind, über die Probleme zu sprechen.
Frau von Treuenfels-Frowein hat es angesprochen, es geht um das teilweise Scheitern beziehungsweise zumindest um die Grenzen von Inklusion. Es geht selbstverständlich um die Fragen: Wie integrieren wir die Flüchtlingskinder, wenn sie die IVK-Klassen in großer Zahl verlassen? Wohin gehen sie und unter welchen Voraussetzungen?
Was machen wir eigentlich mit den Stadtteilschulen, die aus Haupt- und Realschulen entstanden sind und in der Schulentwicklung ehemaligen Gesamtschulen meilenweit hinterherhinken, die eine hervorragende Arbeit leisten? Es gibt hervorragende, erfolgreiche Stadtteilschulen in dieser Stadt. Aber es gibt eben auch welche, die nicht erfolgreich sind, die nicht angewählt werden. Da stimmen die Menschen mit den Füßen ab.
Hier müssen wir Antworten finden. Sechs Jahre sind kein Zeitraum, in dem man sich endgültige Urteile über Schulformen erlauben könnte, das wäre völlig falsch. Aber wenn Fehlentwicklungen absehbar sind, muss man diesen rechtzeitig entgegenwirken. Das hat bereits die Enquete-Kommission seinerzeit vorgesehen.
Ich komme zum Schluss. Evaluation nicht nur nach einem ganzen Durchlauf, sondern auch Evaluation während des ersten Durchlaufs wäre angezeigt. Lassen Sie uns das gemeinsam angehen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Frau von Treuenfels-Frowein, ich habe Ihrer Rede gut zugehört und den Eindruck gewonnen, dass Sie das Prinzip der Stadtteilschule nicht verstanden haben oder nicht anerkennen. Das macht mir große Sorgen.
In der Enquete-Kommission ist damals festgelegt worden, dass in der Stadtteilschule alle Abschlüsse angeboten werden sollen. Und das passiert auch. Was Sie aber immer wieder tun und auch heute wieder getan haben, ist eine Reduktion, ge
radezu eine Kastration der Stadtteilschulen auf den ersten und den mittleren Schulabschluss und die Vorbereitung auf die berufliche Bildung. Und das ist nicht der Auftrag der Stadtteilschule.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Das habe ich doch gar nicht gesagt!)