Gleichzeitig werten wir die Rolle der Bürgerschaft im Verhältnis zum Landesdatenschutzbeauftragten erheblich auf. Zum einen wird der Landesdatenschutzbeauftragte künftig nicht mehr wie bisher auf Vorschlag des Senats, sondern auf Vorschlag der Fraktionen der Bürgerschaft gewählt.
Zum Zweiten kann er, anders als bisher, bei schweren Verfehlungen von der Bürgerschaft mit einer Zweidrittelmehrheit abberufen werden.
Und zum Dritten erhält die Bürgerschaft ein besonderes Anfragerecht im Hinblick auf den Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit.
Eine umfangreiche Expertenanhörung im Dezember letzten Jahres war ein wichtiger Meilenstein, um zu dem Ergebnis zu gelangen, das Gegenstand der heute zur Entscheidung stehenden Verfassungsänderung ist. Besonders hervorheben möchte ich, dass wir im Justizausschuss nicht nur kontrovers, sondern vor allem immer konstruktiv und an der Sache orientiert diskutiert haben, sodass wir heute eine Lösung vorschlagen können, die fraktionsübergreifend mitgetragen wird. Auch
das stärkt letztlich die Position des Datenschutzbeauftragten. Und last, but not least stärkt ein breit getragener politischer Konsens über die Institutionen unseres Gemeinwesens und ihre Kompetenzen auch unsere Demokratie.
Konkret beschließen wir heute, die Verfassung um einen Artikel 60a zu erweitern. Diese Verfassungsänderung ist auch notwendig, denn in unserer Verfassung ist geregelt, dass der Senat die Verwaltung führt und beaufsichtigt. Das sich aus der Datenschutz-Grundverordnung ergebende Ziel, den Datenschutzbeauftragten völlig unabhängig zu stellen, ist mit dieser rechtlichen Ausgangslage wohl nicht mehr vereinbar. Das haben uns jedenfalls die Experten im Justizausschuss bescheinigt.
Die jetzt gefundene Lösung kann im bundesweiten Vergleich zu den wohl fortschrittlichsten gezählt werden. Damit unterstreichen wir, wie wichtig uns der Datenschutz in Hamburg ist.
Wir setzen damit schon jetzt die Vorgaben der zwar bereits in Kraft getretenen, aber erst ab 2018 anwendbaren Datenschutz-Grundverordnung vollständig um und schaffen damit auf lange Sicht rechtssichere Verhältnisse für unsere oder unseren Landesbeauftragte/-n für Datenschutz und Informationsfreiheit.
Mit diesem ersten Schritt, den wir heute gemeinsam gehen, wird das Projekt der Herstellung der völligen Unabhängigkeit aber noch nicht völlig abgeschlossen sein. In einem nächsten Schritt werden wir bis zum Inkrafttreten der Verfassungsänderung am 1. Januar 2017 noch zwei weitere Gesetze anpassen müssen. Zum einen natürlich das Landesdatenschutzgesetz, und zum anderen die Landeshaushaltsordnung, denn – auch das ist ein Postulat aus der Datenschutz-Grundverordnung – der Datenschutzbeauftragte soll künftig einen eigenen Einzelplan im Haushalt erhalten. Hierbei setzen wir auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Senat und fordern ihn heute auf, die Grundsteine für die weiteren anstehenden Änderungen sorgfältig zu prüfen und vorzubereiten.
Ich merke an dieser Stelle rein vorsorglich an, dass sich derzeit weder aus der anstehenden Verfassungsänderung noch aus der Datenschutz-Grundverordnung zwingende gesetzgeberische Änderungsbedarfe für den Aufgabenbereich der Informationsfreiheit ergeben, wenngleich eine Evaluierung des Transparenzgesetzes unabhängig davon noch aussteht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Verfassungsänderung ist immer etwas Besonderes. Ich finde, dass wir gemeinsam die Grundlage für eine starke Lösung für den Datenschutz in Hamburg erarbeitet haben, und ich setze darauf, dass wir die noch offenen Baustellen bis zur vollständigen Zielerreichung genauso konstruktiv wie bisher im Jus
tizausschuss und hier in der Bürgerschaft gemeinsam mit dem Senat und der zuständigen Justizbehörde abarbeiten werden. Das Signal dafür setzen wir heute. Hamburg ist auch beim Datenschutz weiter vorn mit dabei. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Ob Google, Twitter, Facebook, elektronische Gesundheitskarte, besonderes elektronisches Anwaltsfach, Schufa-Eintragung oder Werbemails, um nur einige Beispiele zu nennen, so abstrakt der Datenschutz auch immer klingt, so konkret betrifft er uns heute in allen Lebensbereichen, und das immer mehr und immer stärker. Wir leben in einer digitalisierten Gesellschaft, und die Lebensbedingungen in dieser digitalisierten Gesellschaft sind einem ständigen Wandel unterworfen, der an Schnelligkeit immer mehr zunimmt.
Gleichzeitig dient die Digitalisierung als Wissensund Steuerungsressource für Wirtschaft und staatliche Planung und gefährdet gleichzeitig jeden Einzelnen durch Sammlung unzähliger personenbezogener Daten. Häufig sind sich die Menschen dessen gar nicht bewusst. Damit wachsen die Herausforderungen auch an den Datenschutzbeauftragten immer weiter, der in diesem Spannungsverhältnis die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen kontrollieren und auch durchsetzen muss. Für jeden von uns, ob als Privater betroffen oder als Unternehmen, ist der Schutz der personenbezogenen Daten im Zuge immer intensiverer, schnellerer und umfassenderer Datenverarbeitung besonders wichtig. Wir müssen Privatsphäre und Geschäftsgeheimnisse daher umfassend schützen. Und auch die EU verlangt deshalb mit ihrer Grundverordnung einen starken Schutz und einen starken Datenschutzbeauftragten.
Nach der bereits angesprochenen sorgfältigen Erhebung der Expertenkommission, die wir hatten, der nicht nur Theoretiker, sondern vor allem auch Praktiker beiwohnten, sind wir fraktionsübergreifend zu diesem großen Konsens gekommen. Darüber freue ich mich sehr, denn bei diesem öffentlich nicht immer zentral beachteten Thema ist es dennoch so wichtig, dass wir uns darum kümmern, weil es die Menschen so intensiv betrifft. Da freut es mich, dass wir parteiübergreifend ohne KleinKlein, ohne Parteiinteressen zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen sind. Vielen Dank dafür.
Entschuldigen Sie die Störung, aber parteiübergreifend war das Stichwort, es ist parteiübergreifend zu laut.
Damit stärken wir gleichzeitig den Datenschutz und vor allem auch den Grundrechtsschutz, also vornehmstes Abwehrrecht der Bürger gegenüber dem Staat. Die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit, die wir dem Datenschutzbeauftragten nun an die Hand geben, gleicht jetzt der Stellung des Rechnungshofs. Damit sorgen wir in Hamburg für einen starken Schutz und wünschen Herrn Professor Caspar in der neuen Ausgestaltung seines Amtes weiterhin viel Erfolg. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit dieser Verfassungsänderung wollen wir den Datenschutzbeauftragten stärken und ihm vollständige Unabhängigkeit geben. Dafür wollen wir ihn als eigenständige Behörde ohne Dienstaufsicht ausstatten, ganz im Sinne der EU-Datenschutz-Grundverordnung. Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit unterstützt und berät in allen Fragen zum Datenschutz und hilft bei der Durchsetzung von Rechten. Das gilt sowohl gegenüber privaten Firmen wie Internetriesen wie Google und Facebook als auch gegenüber Behörden als staatliche Stellen. Der Datenschutzbeauftragte sorgt dafür, dass in der Verwaltung und in der Wirtschaft die datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Dabei geht es um den Schutz von Persönlichkeits- und Freiheitsrechten.
Gerade zu Zeiten des Internets lässt sich schwer nachvollziehen, was mit den eigenen Daten geschieht. Das ist alles viel zu unübersichtlich. Um da einen wirksamen Schutz zu gewährleisten, bedarf es einer neutralen Instanz wie dem Datenschutzbeauftragten.
Allerdings kann nur ein starker Datenschutzbeauftragter tatsächlich etwas bewirken. Deshalb wollen wir dem Datenschutzbeauftragten eine eigene, mit dem Rechnungshof vergleichbare Position in der Verfassung geben und so seine Unabhängigkeit stärken. Zwar ist eine Verfassungsänderung grundsätzlich ein schwerwiegender Eingriff und Schritt, nicht umsonst ist dafür im Parlament eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Umso erfreulicher ist es, dass sich hier fünf Parteien einig sind und einen gemeinsamen Antrag haben.
Die mit dem Antrag vorgesehene Verfassungsänderung stärkt die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten und sichert ihn dauerhaft gegen Einflussnahmen jeder Art ab. Das entspricht der EU-Datenschutz-Grundverordnung, die bereits in knapp zwei Jahren in Kraft tritt und eine vollständige Unabhängigkeit vorsieht. Der Datenschutzbeauftragte muss bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben frei von jeglicher Einflussnahme sein, das heißt unter anderem, auch mittelbare Einflussnahmen sind auszuschließen. Es darf keine Fachaufsicht geben im Sinne einer Kontrolle der Rechtund Zweckmäßigkeit – das ist auch ein wesentlicher Unterschied zu den Behörden, die am Senat angebunden sind –, keine Bindung an Anordnungen und auch keine beschränkte Dienstaufsicht. Um das zu erreichen, ist eine Verfassungsänderung notwendig, denn eine derart unabhängige Stellung des Datenschutzbeauftragten ist nicht vereinbar, auch nicht mit einer Dienstaufsicht des Senats. Deshalb braucht der Datenschutzbeauftragte eine eigene gesicherte Stellung, vergleichbar mit dem Rechnungshof. Das schafft Rechtssicherheit auch für die Zukunft, also dann, wenn die EU-Datenschutz-Grundverordnung gilt, und das dauert nun nicht mehr lange.
Vor diesem Hintergrund hat auch der Bund dem Bundesdatenschutzbeauftragten bereits eine vollständige Unabhängigkeit verschafft, und Hamburg ist das erste Bundesland, das dem folgt, also insofern in einer Vorreiterrolle.
Außerdem werden mit der Datenschutz-Grundverordnung nicht nur die Rechte des Datenschutzbeauftragten gestärkt, sondern auch seine oder ihre – kann auch irgendwann einmal eine Frau sein – Eingriffsbefugnisse erweitert. Das gilt vor allem gegenüber der Verwaltung. Diese Kontrollbefugnisse kann der Datenschutzbeauftragte aber nur ungehindert ausüben, wenn er nicht selbst dabei kontrolliert wird. Es wäre ein Wertungswiderspruch oder ein Widerspruch in sich, wenn der Datenschutzbeauftragte die Verwaltung kontrolliert und dann selbst vom Senat beaufsichtigt wird. Dasselbe gilt für die ebenfalls diskutierte Anbindung an die Bürgerschaft, denn auch dort gibt es mit der Bürgerschaftskanzlei eine Verwaltungseinheit, die der Datenschutzbeauftragte zu kontrollieren hat. Vor diesem Hintergrund ist die Verfassungsänderung die sauberste und sicher auch rechtssicherste Lösung.
Allerdings kann eine derart starke und unabhängige Stellung des Datenschutzbeauftragten nicht dazu führen, dass dieser quasi frei schwebend machen kann, was er will. Auch der Datenschutzbeauftragte muss demokratisch legitimiert sein. Des
halb ist er an die Bürgerschaft zu binden, allerdings nicht im Sinne einer Aufsicht, sondern durch eine materielle Bindung in dem Sinne, dass die Bürgerschaft die Wahl und eventuell gegebenenfalls auch die Abwahl bei sehr schwerem Fehlverhalten regelt und vornimmt. Dadurch übernimmt die Bürgerschaft das gesamte Verfahren zur Bestimmung des Datenschutzbeauftragten und wird dadurch ihrerseits gestärkt.
Darüber hinaus gibt es eine Berichtspflicht an den Senat und an die Bürgerschaft. Auch können weiterhin parlamentarische Anfragen an den Datenschutzbeauftragten gestellt werden – dann natürlich in Zukunft direkt an ihn. Außerdem beschließt die Bürgerschaft künftig über den Haushalt des Datenschutzbeauftragten, denn die haushalterische Verselbstständigung ist eine notwendige Folge der Unabhängigkeit. Deshalb wird in den jetzt anstehenden Haushaltsberatungen die stellenmäßige Ausstattung des Datenschutzbeauftragten auch als ein sehr wichtiges Thema behandelt.
Artikel 2 des Gesetzentwurfs enthält eine Übergangsregelung für den bereits gewählten Datenschutzbeauftragten und regelt das Verfahren zur Anpassung der einfachgesetzlichen Regelung. Diese Verfassungsänderung ist also, auch was die Umsetzung angeht, sorgfältig durchdacht und wirklich insgesamt sehr gelungen und notwendig im Sinne eines Datenschutzes, der eben kein trockenes Thema ist, sondern sehr wichtig für die Bevölkerung. – Danke.
Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin! Mit der Neuregelung des Gesetzes stärken wir die Unabhängigkeit des Beauftragten für Datenschutz, und das ist ein notwendiger und richtiger Schritt.
Dass der oder die Datenschutzbeauftragte künftig nicht mehr der Aufsicht des Senats untersteht, sondern eigenständig ist, stärkt die Unabhängigkeit in der Kontrolle und die Demokratie gemäß den Vorgaben der EU. Durch derart sinnvolle Regulierungen kann das Vertrauen der Menschen in die Politik wieder gestärkt werden.
Nach einjähriger Diskussion haben sich die demokratischen Fraktionen auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt, das auch die Rechte der Bürgerschaft stärkt, wie Frau Timm es eben beschrieben hat, da diese den Datenschutzbeauftragten vor
schlägt, wählt und auch abwählen kann. Das ist richtig, das ist gut und das finde ich sehr begrüßenswert. Ich freue mich auch sehr darüber, dass wir das interfraktionell ohne irgendwelche sinnlosen Plänkeleien erarbeiten konnten. Das freut mich sehr.
Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist für DIE LINKE Leitfaden zur Gestaltung kommunikativer Beziehungen in der heutigen und auch in der künftigen Gesellschaft. Viele der Datenschutzgesetze, wie wir sie heute kennen, stammen aus den Siebziger- und Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts, und sie werden der rasanten technischen Entwicklung im Bereich der Kommunikationsmedien, der Datenerfassung und der Datenverarbeitung in allen gesellschaftlichen Bereichen inzwischen auch oft nicht mehr gerecht. Gerade weil das so ist, ist natürlich die Stärkung des Datenschutzbeauftragten oder der Datenschutzbeauftragten als unabhängige Instanz in einer eigenen Behörde sehr wichtig und auch richtig.
Ich möchte noch einmal an eine der wichtigsten Grundlagen des Datenschutzes erinnern. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 1983 das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wie folgt definiert:
"Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, […] kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu unterscheiden. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer, was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß."