Ganztag, das finden wir auch, ist elementar für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Daran gibt es keinen Zweifel. Aber es muss ein guter Ganztag sein. Allerdings ist bei dem rasanten Ausbau die Qualität in Hamburg auf der Strecke geblieben, und erst auf massiven Druck der Volksinitiative, die sich bezeichnenderweise Guter Ganztag genannt hat, ist Rot-Grün überhaupt auf die Idee gekommen, die längst überfälligen Verbesserungen anzugehen. Es scheint ein politisches Naturgesetz in Hamburg zu sein, dass dieser Senat immer erst dann tätig wird, wenn sich eine Volksinitiative gründet.
Die SPD kann mit dieser Zahlendebatte aber nicht von den wirklichen Herausforderungen im Hamburger Schulsystem ablenken. Wir brauchen nach wie vor, und deswegen habe ich das Thema heute angemeldet, eine Generalüberholung in der Schulpolitik.
Wir haben dafür auch Vorschläge. Das fängt an bei den Lehrern, geht weiter mit fundiertem Wissen für Qualität im Unterricht und zeigt sich auch beim Zentralabitur, um nur einiges zu nennen.
Deswegen fordern wir freiwillige Eignungstests für Lehramtsstudenten. Und wir brauchen eine klare Zielrichtung für die Reform der Lehrerausbildung. Der Stadtteilschullehrer muss gut vorbereitet werden für seine Kernaufgabe, die mittleren Abschlüsse, die Gymnasien müssen gestärkt werden für ihren Bildungsauftrag, die Vorbereitung auf das Studium. Manche denken, dies sei ein alter Hut, aber es ist leider noch nicht geschehen. Die hier vom Senat immerhin angestoßene Reform werden wir genau begleiten.
Zweitens: Wir brauchen mittlerweile eine Qualitätssuperoffensive für den Unterricht, denn es wird Zeit. Dafür haben wir für morgen einen Antrag vorgelegt.
Wir fordern darin, dass im Unterricht endlich, endlich, endlich mehr Inhalte statt Kompetenzen vermittelt werden, und dass diese unsinnige Präsentationsprüfung Abitur endlich abgeschafft wird. Dazu morgen mehr.
Drittens: Das Zentralabitur 2017, da haben wir es, die große Messlatte für das Hamburger Leistungsniveau der Hamburger Schüler. Und hier müssen wir sehr genau hinschauen, damit das, was unter Zentralabitur läuft, in Hamburg auch ein Zentralabitur wird. Denn wer wie in Hamburg überwiegend auf Kompetenzorientierung setzt, der wird auch hier den leichteren Weg wählen und vielleicht auch wählen müssen. Denn es gibt doch nur einen Aufgabenpool, aus dem sich die Bundesländer in vier Fächern bedienen können, Frau Duden, sie müssen es nicht. Hamburg könnte sich also eine bis zwei leichte Aufgaben heraussuchen, um dann, wie gehabt, ein Abi light schreiben zu lassen. Ergänzt wird dies noch durch die sogenannte Präsentationsprüfung. Statt der klassischen mündlichen Prüfung mit 30 Minuten Vorbereitungszeit haben Abiturienten in Hamburg zwei Wochen Zeit. Damit lässt sich problemlos fremde Hilfe organisieren, wenn nicht sogar einkaufen. Und das, finde ich, ist der traurige Gipfel der Bildungs- und Chancenungerechtigkeit sozialdemokratischer Natur. Sehr schlecht.
Dann wäre zwar, wenn man das so weiterdenkt, das sozialdemokratische Ziel erreicht, flächendeckendes Abitur für alle, aber was unsere Abiturienten in der Universität und im späteren Leben erwartet, das scheint den Sozialdemokraten relativ
egal zu sein. Und diese Kultur des Durchwinkens muss aufhören. Also bitte, gleich an den Start, zum neuen Schuljahr die dringenden Herausforderungen angehen, dann sind wir dabei. – Vielen Dank.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kollegen! Vorab wünschen auch wir natürlich allen Kollegen, allen Erstklässlern einen guten Start ins neue Schuljahr. Dies vorausgeschickt.
"Hamburgs Schulen starten bestens gerüstet in das neue Schuljahr: Höchstzahlen bei Ganztagsanmeldungen, Schülerinnen und Schülern, Pädagoginnen und Pädagogen."
Ganz ehrlich, wenn wir hier überhaupt noch lachen können, dann allerhöchstens zynisch oder bitter. Und nebenbei, es klang auch schon an bei mehreren Vorrednern: Es verkommt hier zur regelmäßigen Übung, indem die Fraktionen von SPD und GRÜNEN ständig Themen zur Aktuellen Stunde anmelden, die eigentlich in den Bereich Agitprop gehören, Agitation und Propaganda des Senats. Da frage ich mich, muss das sein? Haben Sie denn Ihren Stolz und Ihre Rolle als Abgeordnete an der Rathaustür abgegeben? Verstehen Sie sich zuvörderst als Erfüllungsgehilfe der Exekutive?
Einige von Ihnen ernennen sich neuerdings gern zur Gemeinschaft der Demokraten. Es wäre schön, wenn Sie diese Selbsternennung mit Leben füllten und sich beispielsweise Ihrer Rolle als Parlamentarier wieder bewusster würden. Ein wenig mehr Demokratie,
auch in einem kritischen Verhältnis zum eigenen Senat – wir hörten vorhin von einem Fraktionsvorsitzenden, der sogar gegen den eigenen Senat eine Untersuchung durchsetzte –, schadete Ihnen nicht.
Nun zum eigentlichen Thema. Der Senator wird uns wohl gleich noch höchst selbst das Märchen von der deutschlandweit unglaublich erfolgreichen Hamburger Bildungspolitik erzählen.
Meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen, circa 7 800 jugendliche Flüchtlinge sind der alleinige Grund für den Anstieg der Schülerzahlen.
Wie die Kollegin von der LINKEN vorhin zu Recht und süffisant, meine ich, anmerkte, ist das keine Folge einer erfolgreichen Geburtenpolitik des Senats, sondern es ist das Thema und die Folge einer verfehlten Flüchtlingspolitik.
Sich diese Zahl auch noch propagandistisch an das eigene Revers zu heften, das ist schon – jetzt wäre mir beinah eine unparlamentarische Formulierung herausgerutscht – mehr als sonderbar. Aber eben auch entlarvend.
Sprechen wir über einige hausgemachte Probleme der Hamburger Schulpolitik. Das Hamburger Schulsystem befindet sich in schwerer Schieflage. Sechs Jahre nach Antritt des ersten rot-grünen Senats unter Olaf Scholz gerät es immer mehr zur Spielwiese ideologischer Bildungsexperimente. Unter dem Diktum von Vielfalt, Inklusion und Kompetenzorientierung entstehen immer heterogener zusammengesetzte Schulklassen. Eine begabungsgerechte Förderung der Schüler wird erschwert, das Lernniveau insgesamt wird gesenkt. Auf Details kommen wir gern noch in der zweiten Runde und in der morgigen Debatte zurück.
Und zu diesen ohnehin schon großen und ungelösten Problemen, mutwillig herbeigeführten Problemen, möchte man sagen, kommt nun noch das Flüchtlingsthema hinzu. Ich muss dies ansprechen, es ist ein Teil des von der SPD selbst angemeldeten Themas. Dass Hamburg, anders als andere Bundesländer, hier jeden jugendlichen Migranten, ob mit oder ohne Aufenthaltsstatus, ob mit oder ohne Bleibeperspektive, in der jetzigen Weise beschult und damit die allen bekannten Probleme, angefangen von den fehlenden Räumlichkeiten, dem Fehlen von qualifiziertem Lehrpersonal, bis hin zu den bekannten Problemen für Eltern, Schüler, Lehrer und nicht zuletzt den Steuerzahler, den Sie auch immer wie selbstverständlich für Ihre desaströs verfehlte Zuwanderungspolitik zur Kasse bitten, dass der Senat dies immer weiter treibt, ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss, das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.
und was wir hierzu konkret vorschlagen, werde ich gern in der zweiten Runde nachher noch ausführen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Jedes Jahr, wenn das neue Schuljahr beginnt, gibt der Schulsenator eine Pressekonferenz, bei der er zu Protokoll gibt, wie gut Hamburg aufgestellt ist, und diesmal ist sogar von Höchstzahlen die Rede.
Was die Zahl der Schülerinnen und Schüler anbetrifft, die die staatlichen Schulen besuchen, sind es in der Tat 7 240 mehr als im vorigen Schuljahr. Nur, und das ist auch schon von meinen Vorrednern gesagt worden, wenn mehr Kinder und Jugendliche die Schule besuchen, dann braucht man auch mehr Lehrkräfte und mehr Pädagogen. Der Anstieg der Vollzeitkräfte für Pädagogen beträgt ungefähr 3,6 Prozent und entspricht ziemlich genau der Zunahme der Schülerzahlen, also war die Aufstockung eine notwendige Maßnahme. Und es ist eine gute Maßnahme, zugegeben, aber keine Jubelmeldung.
Auch die Teilnahmequote an den Ganztagsschulangeboten ist erfreulich, aber, was der Schulsenator gern ausblendet, sind die Brüche in der hamburgischen Schullandschaft. Kurz vor den Sommerferien haben 51 von 53 der Stadtteilschulleiterinnen und -leiter ihre Sorgen in einem Papier dargelegt. Nur noch 42 Prozent der Schülerinnen und Schüler werden an Stadtteilschulen angemeldet, und das mit stetig sinkender Tendenz. 2020 wird mit 70 Prozent Anmeldungen für das Gymnasium gerechnet. Das umstrittene Zwei-Säulen-Modell gerät immer mehr in Schieflage.
Anstatt mit den Schulleiterinnen und Schulleitern zu sprechen, machen Sie, Herr Rabe, immer einfach so weiter, als sei das kein Problem. Dabei gibt es viele Lösungsvorschläge, wir haben einige eben auch schon gehört, und zwar nicht nur von den Schulleitungen. Jetzt wäre die Zeit vorzubereiten, dass es keine Gymnasialempfehlungen mehr gibt. Ende Januar beginnt die nächste Anmelderunde. Auch die Regelung, dass nach der sechsten Klasse Schüler und Schülerinnen das Gymnasium verlassen müssen aufgrund von Zeugnisnoten, ist erneut in die Kritik geraten. Ein Rechtsgutachten vom Institut für Bildungsforschung und Bildungsrecht der Universität Bochum von Wolfram Cremer stellt fest – ich zitiere –:
"dass Noten nie objektiv und daher ungeeignet sind, um Aussagen über die Eignung für weiterführende Schulen zu treffen."