Seiner Auffassung nach widerspricht die auf Noten basierende verbindliche Übertrittsempfehlung den Rechten der Eltern im Grundgesetz und dem Dis
kriminierungsverbot. Von unfassbarem Stress in den Familien spricht auch der Vorsitzende des Bildungsausschusses des Bayrischen Landtags, Martin Güll. Er ist sozialdemokratischer Abgeordneter und setzt sich dafür ein, dass die Entscheidungen über die Eignung zu weiterführenden Schulen nicht über die Noten getroffen werden. In Bayern. Das Grundgesetz gilt aber auch in Hamburg. Herr Rabe, Sie sollten mit Ihrem Parteifreund Martin Güll einmal reden.
Und noch einen Problembereich blendet der Senat aus, die Ausbildungsplatzsituation. Ich nenne dazu einmal die neuesten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit für Ende August 2016. Danach haben von den 8 902 Bewerberinnen und Bewerbern für eine Berufsausbildung in Hamburg nur 3 252 tatsächlich einen Ausbildungsplatz bekommen. Das sind 36,5 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber. Damit gehört Hamburg zu den Schlusslichtern in der Ausbildungsplatzversorgung. Es besteht ein erheblicher Handlungsbedarf, und mit einem Weiter so wird man den Jugendlichen nicht gerecht.
Zusammenfassend muss man sagen: An den Hamburger Schulen hat sich einiges getan, das gebe ich zu, aber bestens gerüstet gehen sie nicht in das neue Schuljahr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete! Bereits bei der letzten Schuldebatte hieß es: schon wieder das gleiche Theater. DIE LINKE auf der einen Seite, CDU, FDP, AfD auf der anderen Seite, liefern sich ein ideologisches Scharmützel, und der Senator kann sich genüsslich zurücklehnen. Herr Senator Rabe, Sie sagten einmal in Bergedorf, entscheidend für den Lernerfolg sei nur zu ungefähr 10 Prozent die Schulform oder die individuelle Schule, 90 Prozent mache der einzelne Lehrer aus, seine Persönlichkeit, sein Engagement, seine Fähigkeit, einen Funkverkehr zwischen seinen eigenen Spiegelneuronen und denen seiner Schüler aufzubauen. Deshalb: Unterstützen Sie die Lehrer, belasten Sie sie nicht mit Bürokratie, geben Sie ihnen keine Hausaufgaben auf in Form von Konzepten, die sie erstellen müssen. Gestatten Sie ihnen, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, und schützen Sie sie, wenn möglich, vor den elterlichen Kampfhubschraubern. Zur Situation in den einzelnen Fächern.
Erstens: Biologie. In den ersten Klassen zeigen fast alle Kinder eine natürliche Neugier auf die Natur. Zehn Jahre später gilt die Biologie als Weichspülernaturwissenschaft, weniger anspruchsvoll als Physik und Chemie. Dabei könnte ein solides
Wissen um die Deszendenzlehre, um die Entwicklungsbiologie und eine wissenschaftliche Gesinnung einen guten Schutz gewähren vor der Genderideologie.
Zweitens: Andere Naturwissenschaften und vor allen Dingen die Mathematik gelten als anstrengend. Ich war erschüttert, als ich im Abi-Heft meiner Tochter lesen musste, dass über die Hälfte der Abiturklasse sehr erleichtert war, sich jetzt nicht mehr geistig anstrengen zu müssen.
Drittens: Fremdsprachen. Heutige Schüler können besser Englisch als frühere. Was aber ist mit denjenigen, die mehrere Sprachen zu einem besonderen Fokus ihrer Bildung machen wollen? An vielen Schulen besteht ein Sprachprofil nur aus einer weiteren Fremdsprache. Zitat meiner Tochter: Ein Sprachprofil mit Englisch, Französisch, Spanisch und am besten noch einer ganz anderen Sprache hätte sich gelohnt. Aber es passt zum gegenwärtigen außenpolitischen Isolationskurs, ein Schmalspur-Fremdsprachenangebot und ein außenpolitischer Konfrontationskurs.
Viertens: Deutsch. 25 Prozent der Jungen sind bei Schulabgang funktionelle Analphabeten. Die schlecht integrierten Ausländer verschärfen dies ein bisschen, aber auch bei den indigenen und sogar in anderen Ländern, die weitgehend ethnisch homogen sind, sind Jungen schlechter im Lesen und Schreiben als Mädchen. Wie reagiert man darauf? In ganz Deutschland gibt es vier Programme zur gezielten Lese- und Schreibförderung von Jungen gegenüber 100 Programmen zur gezielten MINT-Förderung von Mädchen. Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.
Fünftens: PGW. Die Große Anfrage der AfD beziehungsweise die Antwort darauf zeigt leider nicht auf, ob hier ein betreutes Denken oder eine Indoktrination im Gleichschritt mit den Medien verfolgt wird. Ist es ein Ziel, im Sinne von Kant aufzuklären – habe den Mut, deinen eigenen Verstand zu benutzen, befreie dich aus deiner selbstverschuldeten, im Fall von Schülern natürlich noch nicht selbstverschuldeten – Unmündigkeit?
Ein letzter Punkt. Wir wissen wenig über rassistische Übergriffe zum Beispiel auf Juden und Europäer. In Berlin weiß man darüber mehr. In Berlin gab es mutige Menschen, die das Problem aufgezeigt haben. Wir wissen wenig darüber, wir wissen aber, dass gnadenlos abgestraft wird, wer den Finger in die Wunde legt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hamburg wächst, und das erkennen wir besonders in den Schulen. Die Schülerzahl hat in nur einem Jahr um über 7 000 Schülerinnen und Schüler zugenommen. Übrigens: Weil wir eine Bildungsdiskussion führen, wäre ein bisschen Präzision in der Recherche angemessen.
Nur die Hälfte dieses Zuwachses ist auf die Flüchtlinge zurückzuführen, die andere Hälfte sind Menschen, die aus Reinbek oder Berlin, aus Dortmund oder Düsseldorf hierher ziehen und auch zu Hamburg gehören. Und das ist eine besondere Entwicklung.
In den Siebzigerjahren beklagten wir die Stadtflucht, heute ist es umgekehrt. Diese Beliebtheit Hamburgs, das ist richtig, hat sehr viele Ursachen. Ich bin aber persönlich überzeugt, dass eine dieser Ursachen in der Tat das sehr gute Angebot, insbesondere für Familien, im Bereich der Kindertagesstätten und Schulen ist, und das kommt nicht vom Himmel, sondern das hat der Senat maßgeblich mit geprägt.
Das war nicht immer so. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an vier Verbesserungen, die auf den Weg gebracht wurden und die im kommenden Schuljahr die Grundlage für eine gute Schule sind.
Erstens: Frau Boeddinghaus hat gesagt, wir mussten mehr Lehrer einstellen, weil das doch im Schulgesetz steht. Ja, Frau Boeddinghaus, aber wer hat es da hineingeschrieben? Und das ist das Spannende. Sie denken immer, das kommt irgendwie alles von selbst.
Nein, dafür hat die SPD gekämpft, das hat dieser Senat bewilligt, und wir stellen diese vielen Lehrer und Sozialpädagogen ein. Das machen nicht alle Bundesländer, wenn mehr Schüler kommen, sondern sie vergrößern einfach die Schulklassen. Wir haben das gemacht, damit die Klassen bei 21 Schülerinnen und Schülern im Durchschnitt so klein bleiben, wie es zur Zeit meiner Kinder leider in Hamburg nicht der Fall war.
Dann haben wir natürlich aus dem Flickenteppich höchst unterschiedlicher und überwiegend nicht immer erfolgreicher Schulformen eine übersichtliche, eine gute und vernünftige Schulstruktur ge
schaffen. Vierjährige Grundschulen, gleich viele und gleich wertvolle Gymnasien und Stadtteilschulen bieten ein hervorragendes Angebot, und wenn ich die Eltern sehe, dann stehen sie gern vor dieser Wahl, und sie freuen sich darüber, weil in anderen Bundesländern eine solche Vielfalt und ein solches Angebot nicht vorhanden sind. Auch diese Schulstruktur ist eine gute Einrichtung, auch sie ist nicht vom Himmel gefallen, sondern von uns bewegt worden.
Und natürlich dürfen wir hier die Ganztagsschulen nennen. Ich will einmal daran erinnern, dass alle Regierungen Ganztagsschulen hätten einrichten können. Sie haben sich auch leidlich angestrengt. Für die ersten 50 Ganztagsschulen haben sich sechs verschiedene Regierungen 30 Jahre Zeit gelassen. Wir haben in nur drei Jahren die anderen 150, die vergessen worden waren, obendrauf gesetzt. Und dass das richtig war und dass es sogar gut ankommt, zeigt die Abstimmung mit den Füßen, da muss man sich nicht einfach davonmachen und sagen, es konnte doch nicht anders gehen, sondern es ist ein Vertrauensbeweis und ein Qualitätssiegel, wenn 82 Prozent der Kinder und Eltern sagen, ja, da will ich mitmachen. Es zeigt, dass wir das auf einen richtigen Weg gebracht haben.
Einen letzten Punkt will ich nennen, der jetzt für dieses Schuljahr trägt. Wir arbeiten Schritt für Schritt an einer Verbesserung des Unterrichts. Es ist ein großes Rad, das dort bewegt wird, und da müssen wir beharrlich sein und viele Maßnahmen ineinandergreifen lassen. Ein paar davon will ich nennen.
Unterrichtsausfall: Wir sind die erste Regierung, die das überhaupt überprüft. Das hätten alle auch schon vorher machen können. Wir haben es eingeführt, monatlich klar Rechenschaft abzulegen und anschließend Gespräche zu führen mit den Schulen.
Wir haben auch eingeführt, dass alle zwei Jahre Hamburgs Schülerinnen und Schüler landesweit einen Test machen, damit wir einmal genau wissen, wo sie stehen, und uns nicht immer gegenseitig irgendetwas erzählen, sondern Daten haben. Und mit diesen Daten gehen wir dann an die Schulen und bewegen die Qualität weiter. Das sind Dinge, die wir eingeführt haben und von denen ich fest überzeugt bin, da uns das Ergebnis wichtig ist, dass das Hamburgs Schulen voranbringen wird, daran arbeiten wir. Diese Verbesserungen haben wir jetzt zur Grundlage gemacht, und ich finde, dass der Senat hiermit eine gute Grundlage für das künftige Schulsystem geschaffen hat.
Dass das viel Geld kostet und dass wir uns viel Mühe geben, sage ich nur nebenbei. Aber ganz darf man es nicht ausblenden. Seit 2009/2010 hat die Zahl der Pädagogen an den Schulen von 15 000 auf 18 000 zugenommen, es sind 3 000 mehr.
Ich will hier einmal ein bisschen in den halbrechten Raum gucken, der auch einige meiner Vorredner gestellt hat. Ich kann mich daran erinnern, dass es dort mit den Bildungsmaßnahmen, mit dem Lehrerdasein und vor allem mit dem Geld häufig rückwärtsging und nicht vorwärts. 3 000 Lehrer mehr, das waren wir, und es wäre schön, wenn das jetzt alle gut finden und nicht einige so tun, als hätten sie früher mehr gemacht. Nein, da ging es eine Weile rückwärts. Das ist ein Punkt.
Ein zweiter Punkt ist der Schulbau. Gemessen an der Regierung vor uns haben wir den Schulbau verdoppelt durch die Investitionen. Und wenn Sie so mit leichter Hand sagen, Frau Prien, da ständen so viele Container, dann hätten Sie auch sagen müssen, dass 200 dieser Container dort nur stehen, weil wir die Schulen umbauen und weil sie vorübergehend wegen der Bauarbeiten nötig sind. Das war früher in der Tat nicht üblich, weil gar nicht gebaut wurde. Auch das haben wir auf den Weg gebracht.
Selbstverständlich bleiben für die Zukunft viele, viele Aufgaben. Wir wollen den Schulbau weiter vorantreiben, wir wollen die Pädagogen bei der Inklusion unterstützen, die Ganztagsangebote verbessern – das ist angesprochen worden –, die Berufsorientierung verstärken an den allgemeinen Schulen, für mich sehr wichtig, aber auch die Berufsausbildung attraktiver machen und die Schulform stärken, das ist richtig.
Zwei Aspekte will ich am Ende betonen, weil sie aus meiner Sicht besonders vorrangig sind. Zunächst einmal werden und wollen wir weiter energisch daran arbeiten, dass Hamburgs Schülerinnen und Schüler in der "Bildungsbundesliga" auf Augenhöhe mitspielen. Es gibt schon jetzt Bereiche, in denen wir spitze sind. Wir gewinnen reihenweise Bundespreise, durchaus bei anerkannten Wettbewerben; in Englisch, das wurde kurz erwähnt, ist Hamburgs Schulsystem hervorragend. Und auch in einem Bereich, in dem alle immer nach Hamburg sehen, aber die Hamburger gar nicht merken, was die Schulen dort schaffen, nämlich das Zusammenleben, die Integration einer heterogenen Stadtgesellschaft auf den Weg zu bringen, leisten unsere Schulen Außerordentliches, sind wir gut.
Aber wir wollen mehr, und dazu zählen Dinge wie Mathematik und Deutsch, Lesen und Rechtschreibung, Dreisatz- und Prozentrechnung und so weiter, die Fähigkeit zum selbstständigen Lernen, das Wissen und die Verknüpfung naturwissenschaftlicher und gesellschaftlicher Zusammenhänge. In diesen Bereichen können, müssen und werden Hamburgs Schülerinnen und Schüler besser werden.