Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

An dieser Stelle erlauben Sie mir einen kurzen Glückwunsch an Sina Gritzuhn von Hamburg Startups. Sie hat heute Geburtstag. Wir finden, dass Hamburg Startups eine hervorragende Arbeit für die Hamburger Start-up-Szene leistet.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Lieber Michael Kruse, den Finger in eine Wunde legen, die es gar nicht gibt –

(Michael Kruse FDP: Schauen Sie doch mal in den Haushaltsplan, da wird das ausgewie- sen! Meine Aussage hat sich auf den Haus- haltsplan bezogen!)

kann man machen, wirkt aber nicht sonderlich seriös.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ein Blick in den KfW-Gründungsmonitor offenbart denn auch ein etwas anderes Bild. Dort gewinnt Hamburg gegenüber Berlin zum Beispiel an Boden, und das wiederum hat auch Gründe, die mit unserer Politik zu tun haben: Seit 2011 hat dieser Senat viele wichtige Weichen gestellt. Wir haben die Investitions- und Förderbank auf den Weg gebracht, während CDU und FDP nörgelnd im Abseits standen. Wir haben mit nextMedia.Hamburg ein erfolgreiches Cluster für die Digitalbranche neu gestartet. Wir haben die NEXT nach Hamburg zurückgeholt, die die CDU hat ziehen lassen. Wir haben Start-ups zur South by Southwest nach Austin geschickt, während andere wahrscheinlich diese Veranstaltung noch googeln mussten. Schauen Sie einmal zurück, wie wenig dieses Thema in dieser Stadt vor fünf Jahren präsent war, und vergleichen Sie das mit der heutigen Situation. Sie werden feststellen, dass die Digitalbranche in unserer Stadt bei diesem Senat in sehr guten Händen ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das ist wiederum ein Fakt, der in der von mir eben angesprochenen Studie, dem Deutschen Startup Monitor, im Übrigen genauso gesehen wird. Und das ist eine Zahl, die sich gar nicht falsch interpretieren lässt: Dort ist Hamburg das einzige Bundesland, bei dem die Politik in den letzten drei Jahren von Jahr zu Jahr eine bessere Note von den Startups erhält. Das ist für uns die Bestätigung der vergangenen und die Motivation für die kommenden Jahre. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Ovens von der CDU-Fraktion bekommt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hansjörg Schmidt, in der Tat, die Hamburger Start-up-Szene steht deutlich besser da, als es manchmal in Pressemitteilungen zu lesen ist oder als manchmal vielleicht auch der Ruf, der international um die Start-up-Metropole Hamburg durch die Welt geht, vermuten lässt.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Das Problem, das wir in der Szene tatsächlich haben: Es fehlt einfach an einer außen wahrnehmbaren Dynamik, und da hilft es nichts, ein paar Beispiele vorzulesen, die man sich vorher gemeinsam in der Fraktion überlegt hat, was es alles Gutes gibt. Warum, frage ich mich, wenn hier gerade das vorbildliche Projekt Hamburg Startups angesprochen wird, wird Hamburg Startups nicht vernünftig eingebunden, vernünftig gefördert? Warum werden die Leute, die in der Szene tatsächlich vernetzt sind und gute Arbeit für Hamburg leisten, nicht angemessen unterstützt? Lieber Hansjörg Schmidt, das wäre einmal ein vernünftiger Impuls der SPD gewesen an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU)

Ganz ehrlich, wir können doch an einer Hand abzählen, warum jetzt alle über Start-ups reden. Schön, dass auch die SPD darüber spricht; vor fünf Jahren haben Sie das noch nicht gemacht – kein Wunder, weil vor fünf Jahren noch fast keiner über Start-ups in Deutschland gesprochen hat. Genauso, wie vor zehn Jahren noch niemand über Smartphones gesprochen hat. Aber vielleicht werden Sie uns in der nächsten Rede erzählen, dass die SPD es auf die Tagesordnung gesetzt habe, über Smartphones zu sprechen. Herzlichen Glückwunsch, dass Sie den Trends hinterherlaufen.

Drei Dinge brauchen wir: Vermarktung, Vernetzung, Finanzierung. Das ist das, worüber wir heute reden müssten, worüber wir aber auch in den nächsten Monaten viel stärker reden müssen. Wir haben seit Beginn der Legislaturperiode tatsächlich eine erfreuliche Anzahl von Initiativen zu diesem Thema im Parlament gehabt, gerade von der CDU, auch von der FDP. Aber die meisten dieser Punkte sind sang- und klanglos, ohne Debatte, ohne von uns gewünschte Überweisung an den Ausschuss, wo man fachlich darüber hätte reden können, einfach abgelehnt worden.

(Zuruf von Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Und selbst wenn wir darüber debattiert haben, lieber Herr Dr. Tjarks, haben Sie es trotzdem abgelehnt, weil die Idee nicht von Ihnen kam – typisch grüne Politik.

Die Lange Nacht der Startups, ein schönes Beispiel: seit vier Jahren in Berlin ein Erfolgsprojekt, um die Start-up-Szene in die Öffentlichkeit zu brin

(Hansjörg Schmidt)

gen. Was passiert hier? Einfach nichts. Sie lehnen einen solchen Antrag ab.

Wir könnten auch darüber nachdenken, für die Szene in Israel zu werben. Auch das wäre eine Möglichkeit gewesen. München und Berlin tun das seit vielen Jahren. Hamburg findet nicht statt. Vernetzung fehlt uns. Wir haben nachgefragt: Warum sind Sie nicht in Israel präsent? Darauf antwortet mir der Senat, Israel sei kein regionaler Schwerpunkt seiner Politik. Nun, dann muss ich mir auch keine Gedanken machen, wie ich die Stadt zur Innovationsmetropole mache.

Zur Finanzierung. Ich weiß nicht, ob Ihr Innovations-Wachstumsfonds – Kollege Kruse hat es angesprochen – jetzt tatsächlich ein Flop wird oder ohnehin von Anfang an nur ein PR-Gag war. Als wir im Januar darüber sprachen, sagten Sie, Sie hätten schon dreistellige Zahlen von Unternehmen, die in ihn investieren wollten. Wo sind denn diese Unternehmen? Warum gibt es bis heute, ein Dreivierteljahr später, noch nicht einmal einen Prüfbericht, der dem Parlament vorgelegt wurde? Warum gibt es kein Konzept?

Im Übrigen: Sprechen Sie doch bitte einmal, wenn Sie sich meine Schriftliche Kleine Anfrage durchgelesen haben, mit Ihrer Wirtschaftsbehörde. Die sagt nämlich, das sei gar kein Auftrag gewesen, so einen Fonds zu erstellen. Aber auf Ihrer Homepage, Hansjörg Schmidt, lese ich, Hamburg habe einen Start-up-Fonds gegründet. Also was denn nun? Wollten SPD und GRÜNE lediglich prüfen, oder aber wollten Sie tatsächlich mehr als Show, wollten Sie ernsthaft etwas bewegen?

Venturecapital ist ein großes Thema, wenn wir darüber nachdenken, wie wir die Start-up-Szene sinnvoll unterstützen können. Wir haben bereits mit Deutsche Telekom, mit Capital Partners, mit e.ventures, mit Hanse Ventures, mit vielen anderen kleineren und größeren Fonds private Gesellschaften in Hamburg, die auch den Standort unterstützen. Die Deutsche Bahn überlegt, ob sie sich nicht selbst mit einem großen Fonds aufstellen sollte. Es wäre tatsächlich progressiv von SPD und GRÜNEN, diesen Fonds nach Hamburg zu holen. Wir geben Ihnen heute dafür eine Steilvorlage. Wir haben einen Antrag auf der Tagesordnung zum Thema Venturecapital-Standort Hamburg stärken. Den können wir gern im Wirtschaftsausschuss diskutieren oder Sie stimmen ihm einfach gleich zu, denn das ist ein CDU-Antrag; gute Politik für den Standort. Und genau darum sollte es uns allen gehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach den Herausforderungen der Weltpolitik jetzt die Banalität der Hamburger Ebene.

(André Trepoll CDU: Moment, Moment! Was ist das denn für eine Aussage von einem Fraktionsvorsitzenden?)

"Es wird Zeit, auf die Überholspur zu wechseln – Hamburg zur Gründerhauptstadt machen" so das Thema der Debatte heute. Der Gründungsmonitor sagt, wir sind auf Platz 2 aller deutschen Bundesländer, nach Berlin. Bei den Gründerinnen sind wir auch auf Platz 2. Das ist eigentlich ein Thema, bei dem ich erwarten würde, dass wir es anhand eines Antrags diskutieren, wenn man so einen großen Slogan auspackt. Stattdessen, Herr Kruse, ein bisschen Lamento über das Wetter in Hamburg und die altachtundsechziger Wirtschaftslehrer.

Jetzt haben Sie die neuachtundsechziger Wirtschaftslehrer, so wie mich,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Das ist auch nicht besser!)

der Ihnen jetzt einmal erzählt, wie wir das mit der Start-up-Förderung machen. Ich glaube, das Entscheidende ist doch, dass wir das einmal im Gesamtbild betrachten. Wo wollen wir wirtschaftspolitisch hin? Da sind Gründungen ein Impuls, ein relevanter Impuls, aber der entscheidendere Impuls ist aus meiner Sicht trotzdem, dass wir sagen: Wie bringen wir möglichst viele Menschen in gute Arbeit, und wie schaffen wir es, dass wir möglichst in Richtung Vollbeschäftigung kommen? Und da ist natürlich die Frage der Gründung und, etwas enger gefasst, der Start-ups, über die die letzten beiden Vorredner geredet haben, ein Punkt. Aber es ist nicht die einzige Frage.

Wir haben als Stadt Hamburg eine Vier-SäulenStrategie. Wir setzen erstens auf Beratung. Das ist bekannt: Hamburger ExistenzgründungsInitiative, Handelskammer, Lawaetz-Stiftung – es gibt einiges; Sie haben auch einiges genannt. Ich glaube, es ist entscheidend, dass wir das weiterentwickeln, dass wir es schaffen, bei der Wirtschaftsförderung zu einem echten One-Stop-Shop zu kommen – nicht nur für die Gründer, auch für alle anderen Unternehmen, die sich hier ansiedeln, die auch Arbeitsplätze mitbringen. Wenn wir das schaffen, dann sind wir an dieser Stelle auf einem guten Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die zweite Säule ist die Finanzierung. Wir als Stadt haben uns auf den Weg gemacht, Stichwort Investitions- und Förderbank. Das ist etwas, das wir mit großer Kraftanstrengung gegründet haben und das durchaus erste Früchte trägt. Der Hamburg-Kredit hat jetzt 436 Gründungen finanziert. Es gibt insgesamt fünf Gründerprogramme, die noch einigerma

(Carsten Ovens)

ßen übersichtlich sind. Wir gehen in die Innovationsförderung. Vor diesem Hintergrund können wir sagen: Das ist der richtige Weg. Wir sollten das gemeinsam weiter unterstützen, dann kommen wir auch in der Gründung voran. Ich glaube, das ist etwas, woran wir gemeinsam arbeiten sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die dritte Säule ist vielleicht im eigentlichen Sinne die Frage der Start-up-Gründungen, die Ausgründung an Universitäten, die wissensbasierten Gründungen. Hier ist zentral, dass wir sagen: Wir wollen eine Dekade der Wissenschaft. Wir wollen die Universitäten stärken. Wir wollen kluge Leute in unsere Stadt holen. Wir wollen aus diesen Universitäten aber auch aktiv Ausgründungen vornehmen. Was brauchen wir dafür? Wir brauchen dafür natürlich Forschung und Entwicklungsparks. Wir brauchen so etwas wie den KlimaCampus in Bergedorf, einen Energie-Campus, wir brauchen in Harburg einen Campus für grüne Technologien, wir brauchen in Bahrenfeld am DESY einen Inkubator, um diese Ausgründungen vorzunehmen. Genau daran arbeiten wir, und ich glaube, das ist der richtige Weg für Hamburg.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zur letzten der vier Säulen. Herr Kruse, Sie haben den Rückgang der Gründungen in Hamburg bemängelt, obwohl wir bundesweit seit längerer Zeit auf Platz 2 liegen. Ich glaube, man muss sich dazu Folgendes vor Augen führen, und das schreibt auch der KfW-Gründungsmonitor – ich zitiere –:

"Die stärkende Kraft des Gründungsgeschehens wird allerdings immer schwächer, je besser es einer Volkswirtschaft geht. Denn ein boomender Arbeitsmarkt ist auch für potenzielle Gründer attraktiv. Die Entscheidung für eine abhängige Beschäftigung ist aber meist eine Entscheidung gegen eine Existenzgründung."

Das muss man einbeziehen, und damit kommen wir zum Ausgang der Debatte zurück. Was wollen wir politisch? Wir wollen eine hohe Beschäftigung, wir wollen eine möglichst geringe Arbeitslosigkeit, wir wollen gute Arbeit. Das ist das, was wir am Ende erreichen wollen: mit Gründern, mit Existenzgründungen, mit Start-ups, mit Unternehmen, die sich hier ansiedeln, aber auch mit Unternehmen, die einfach so Arbeitsplätze schaffen. Und da sind wir auf einem guten Weg. Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote seit über vier Jahren. Wir haben hier mittlerweile eine Arbeitslosigkeit von unter 70 000 und die Langzeitarbeitslosigkeit in Hamburg ist um über 1 000 Menschen zurückgegangen. Insofern sind wir in Hamburg auf einem guten Weg. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kruse, bei der Anmeldung des Themas habe ich mich gefragt, welche schlauen Strategien von Ihrer Seite kommen werden. Außer dass Sie postulieren, dass Sie wieder einmal Hauptstadt werden wollen von irgendetwas, habe ich nicht viel gehört.

Sie haben angeführt, dass an der einen oder anderen Stelle die Basis, die Rahmenbedingungen fehlten für Gründungen, die wichtig sind für die Dynamik der Wirtschaft – insofern gebe ich Ihnen durchaus recht. Wir haben eine unterfinanzierte Wissenschaftsszene hier in Hamburg. Das ist etwas, das schon seit Jahren beklagt wird und dringend und notwendig geändert gehört. Wir haben einen Sack voller unzusammenhängender Einzelmaßnahmen in der Schulpolitik, die in Richtung Befähigung im Hinblick auf die technischen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler gehen. Wir haben eine durchaus unterdurchschnittliche Frauenförderung im Bereich der Unternehmensgründungen. Und vor allen Dingen – und da, würde ich sagen, haben wir ein sehr großes Problem –: Wir haben einfach keine wirklichen Standorte mehr. Mit den Gewerbehöfen ist hier allerdings ein guter Ansatz auf dem Weg.

Angesichts dieser fehlenden Rahmenbedingungen und unterentwickelten Fakten in der Freien und Hansestadt Hamburg steht Hamburg eigentlich bei der Gründerszene gar nicht so schlecht da. Ich glaube, da muss man nicht auf Panik machen. Und wir haben eine Reihe von Förderprogrammen, die die IFB Hamburg durchaus sehr verantwortungsvoll einsetzt.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)