Protokoll der Sitzung vom 15.02.2017

(Beifall bei der LINKEN)

Wir müssen anerkennen, dass die Lebensweisen in dieser Stadt sich ändern, dass die Menschen den öffentlichen Raum immer mehr für sich erobern, dass der Lebensschwerpunkt sich von den Wohnungen auf die öffentlichen Plätze verlagert. Wenn wir dem Rechnung tragen wollen, müssen wir natürlich eine entsprechende Infrastruktur in unserer Stadt anbieten, wir müssen den Wandel des Angebots annehmen und die Digitalisierung in diese Richtung treiben, das heißt, sie breit aufstellen und für das Leben tauglich machen. Wir brauchen das Angebot für die Hamburgerinnen und Hamburger, die in ihrer Stadt draußen leben, dort arbeiten und im Moment am mangelnden Digitalisierungsangebot in dieser Stadt leiden. Dafür brauchen wir die Kräfte in der Stadt, die die Ortskenntnisse haben

(Hansjörg Schmidt SPD: Sie offenbar ja nicht!)

und sich mit diesem Thema bereits beschäftigt haben. Augenscheinlich ist der Senat nicht in der Lage, ein vernünftiges Angebot auf die Reihe zu bringen. Die Bezirke müssen hierzu mit ins Boot geholt werden. Wir müssen das öffentliche WLAN-Angebot, das wir de facto noch gar nicht haben, auch in die Unterzentren unserer Stadt bringen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das heißt aber auch, die Bezirke zu ertüchtigen. Die Bezirke sind seit Jahren ein Opfer der Sparpolitik des Senats, wie wir bereits an verschiedenen Stellen thematisiert haben.

(Vizepräsidentin Antje Möller)

Das Wahlergebnis ist auf Seite 3771 zu finden.

(Dirk Kienscherf SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Das Know-how in dieser Stadt ist verlagert worden und in den Bezirken überhaupt nicht mehr vorhanden. Wenn wir zu einem erfolgreichen Projekt kommen wollen, wenn wir das öffentliche WLAN zu den Menschen in dieser Stadt bringen wollen, dann müssen wir ein bisschen Geld in die Hand nehmen und für eine entsprechende Organisation sorgen, um ein entsprechendes Angebot machen zu können und vielleicht irgendwann einmal weiter zu sein als Buxtehude oder Neu Wulmstorf.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sollten deshalb gemeinsam mit den Bezirken und dem Know-how, das dort vorhanden ist, die urbanen Zentren Hamburgs dezentral versorgen, denn im Moment sieht es doch so aus, als würden wir in dieser Stadt nur öffentliches WLAN im Angebot haben, wenn wir uns neben eines der Klohäuschen setzen,

(Michael Kruse FDP: Oder rein!)

die mittlerweile mit Access Points ausgestattet werden sollen, oder wenn wir Bussen des HVV hinterherrennen, die ein öffentliches WLAN anbieten oder den ganzen Tag mit der S-Bahn herumfahren. Das kann nicht wirklich das Ziel der Hamburger Digitalisierungsstrategie sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich werbe für eine Zustimmung zu unserem Antrag, damit wir endlich ein funktionsfähiges öffentliches WLAN in dieser Stadt und nicht nur funktionsunfähige Absichtserklärungen haben. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Schmidt von der SPD-Fraktion bekommt nun das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN sind beim Thema WLAN-Ausbau in Hamburg offenbar nicht ganz auf der Höhe der Diskussionen und auch nicht wirklich von Ortskenntnissen geprägt. Wenn man zum Beispiel morgens am Osterbrookplatz in die Buslinie 112 einsteigt, kann man sich dort in das öffentliche WLAN einloggen – das ist nicht das von der Hochbahn –, und wenn man drinbleibt und in der Innenstadt aussteigt, ist man weiterhin drin. Warum das so ist, liegt daran, dass die Bürgerschaft in der letzten Legislaturperiode einstimmig eine WLANStrategie für Hamburg beschlossen hat – einstimmig heißt im Übrigen, auch mit den Stimmen der LINKEN, aber daran scheinen Sie sich nicht mehr zu erinnern.

Über die Eckpunkte dieser Strategie kläre ich Sie noch einmal ein bisschen auf: Die Provider, die öf

fentliche WLAN-Angebote in Hamburg umsetzen wollen, sollen unterstützt werden. Der Ausbau von WLAN-Angeboten in Bussen und Bahnen und öffentlichen Dienststellen der Stadt soll vorangetrieben werden. Die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen für WLAN-Betreiber, Stichwort Störerhaftung, sollen verbessert werden. Zivilgesellschaftliche Initiativen, wie zum Beispiel Freifunk als Partner, sind beim Ausbau zu unterstützen. Das hat die Bürgerschaft in der letzten Legislaturperiode einstimmig so beschlossen und das wird momentan umgesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt kommt DIE LINKE mit einem Antrag um die Ecke, der dieser Strategie vollkommen widerspricht. Sie fordern, die Stadt solle nun ein eigenes bezirkliches WLAN einführen. Wir haben schon damals gesagt, dass wir ein staatliches WLAN ablehnen und auf die Zusammenarbeit mit den Providern und den zivilgesellschaftlichen Akteuren setzen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf: Postfaktisch! – Vizepräsident Detlef Ehlebracht übernimmt den Vorsitz.)

Ihr Antrag liest sich nach dem Motto, hey, WLAN ist total modern, auch wir LINKE wollen bei diesem Thema endlich einmal wieder vorkommen. Lassen Sie mich den Stand der Dinge einmal aktuell zusammenfassen. Wir haben in Hamburg mehrere Netzbetreiber, die öffentliche kostenfreie WLANZugangspunkte anbieten. Die Telekom ist mittlerweile bei über 500, Vodafone Kabel Deutschland ist bei über 100, Freifunk hat mittlerweile fast 1 000 Knotenpunkte in Hamburg. Ein Wort vorab zu Freifunk: Das ist auch ein Partner der Stadt beim WLAN-Ausbau in den Flüchtlingsunterkünften, wofür wir gerade Geld zur Verfügung gestellt haben. Das ehrenamtliche Engagement von Freifunk ist beachtlich und deshalb an dieser Stelle auch noch einmal der Dank von uns an die Freifunker.

(Beifall bei der SPD)

Dann einmal zu MobyKlick: Auch da scheint DIE LINKE nicht genau zu wissen, was das eigentlich ist. MobyKlick ist kein Projekt der Stadt Hamburg, sondern ein Angebot der Firma willy.tel GmbH. Es macht überhaupt keinen Sinn, die Stadt aufzufordern, dieses nun in den Bezirken auszurollen; das ist nicht die Stadt, die das betreibt. Das Projekt MobyKlick umfasst derzeit rund 100 Knotenpunkte in Hamburg. Die Stadt ist als Partner aktiv, indem sie kostenfrei städtische Infrastruktur zur Verfügung stellt. Dafür hat sich willy.tel GmbH verpflichtet, in der Innenstadt eine möglichst hohe Abdeckung mit WLAN anzubieten. Sie werden sehen, dass das jetzt auch in den kommenden Wochen noch viel stärker um sich greift, als es schon der Fall ist. Der Ausbau des WLAN wird zusätzlich

(Stephan Jersch)

zum vereinbarten Ausbau in der Innenstadt auch in den anderen Stadtteilen, Studierendenwohnheimen und dem öffentlichen Nahverkehr vorangetrieben. Ich habe eben das Beispiel Osterbrookplatz in Hamm genannt. Gehen Sie einmal mit einen WLAN-Scanner durch die Stadt und Sie werden sehen, wie viele Access Points es mittlerweile gibt.

Eine andere Wissenslücke offenbart der Antrag der LINKEN darüber hinaus auch noch. Sie fordern, dass die Bezirke ihre IT-Personalplanung für den WLAN-Ausbau evaluieren sollen. Die Bezirke haben schon seit Jahren keine eigene IT-Abteilung. Insofern macht eine Personalplanung bei diesem Thema überhaupt keinen Sinn.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Der WLAN-Ausbau in Hamburg rollt unaufhaltsam. Vergleichen Sie die heutige Situation mit der von vor 2011, so werden Sie sehen, wie stark dieses Thema in der Stadt präsent ist. Wir haben für den WLAN-Ausbau eine Strategie und diese trägt Früchte, ohne die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dabei zu belasten. Ein staatliches WLANModell, so wie es die LINKEN fordern, wäre ein extrem teures Unterfangen, und deswegen lehnen wir den Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Schmidt. – Wir hören jetzt Herrn Ovens von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Jersch, Sie haben gesagt, der rot-grüne Senat möchte Hamburg gern zur digitalen Vorreitermetropole ausbauen. Das ist etwas, wohinter sich grundsätzlich fast alle von uns stellen und sagen, ja, das ist gut für Hamburg. Hamburg kann da sicherlich auch viel erreichen, Hamburg kann vor allem aber auch noch viel machen, wie wir gerade von Kollege Schmidt gehört haben. Das WLAN-Konzept wurde in der letzten Legislatur beschlossen; wunderbar. Jetzt haben Sie aber gerade selbst gesagt, dass Sie unter anderem in den Bezirksämtern gar nicht mehr die Ressourcen haben, um zu diesem Thema etwas beizutragen. Es mag vielleicht ein naturgemäßes Problem Ihres Sparkurses sein, dass Sie überall Kundenzentren schließen und Verwaltungspersonal abbauen; das kennen wir von der SPD und es ist offenbar beim WLAN genau das Gleiche.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Herr Ovens, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schmidt?

Er kann ja gern gleich noch einmal etwas dazu sagen. Ich mache erst einmal weiter.

Das war ein Nein.

Wir können an dieser Stelle, Herr Schmidt – auch da werden Sie mir sicherlich zustimmen, da brauchen Sie jetzt gar nicht so herumzukrakelen – das Thema WLAN wunderbar über die letzten zwei Jahre fortspinnen. Sehen wir uns doch einmal an, was die Zeitungen geschrieben haben, zum Beispiel das "Hamburger Abendblatt" am 22. Dezember 2015:

"Das öffentliche W-LAN kommt mit Verzögerung"

Wir als CDU haben versucht, nachzubohren und Ihrem Senat ein bisschen auf die Sprünge zu helfen, weil die Regierungsfraktionen es offenbar nicht tun. Was ist das Ergebnis? 21. September 2016 steht erneut, in diesem Fall, glaube ich, nicht im "Hamburger Abendblatt", sondern in der " Welt":

"[…] freies WLAN kommt später"

Wenn Sie sich heute in den von Ihnen zitierten Bus oder in den Metrobus 5 setzen, haben Sie dort zwar mittlerweile an vielen Stellen die Access Points; das ist auch gut so. Ob das dann funktioniert, ist ein bisschen so ähnlich wie Abenteuer Bahn – thank you for travelling –, aber trotzdem sind Sie häufig auch dort offline, da bringt es Ihnen auch nichts, wenn Sie einen Access Point haben. Egal ob es von der Stadt oder von Privaten aufgestellt ist, Sie verkaufen es, wenn es darauf ankommt, als Ihren Erfolg. Ihr gepriesenes WLAN funktioniert in Hamburg noch lange nicht so, wie es soll.

(Beifall bei der CDU)

Herr Jersch, man möchte natürlich vermeiden, dass Sie den ganzen Tag Bussen hinterherlaufen oder S-Bahn fahren, um kostenfrei WLAN zu genießen. Das wollen wir natürlich auch nicht den Touristen zumuten, die sich schließlich draußen in der Stadt aufhalten und nicht nur mit Bus und Bahn fahren sollen. Trotzdem hinkt Ihr Antrag leider an ein paar zentralen Punkten. Gleich als ich den ersten Antragspunkt gelesen habe, erinnerte ich mich an den alten Spruch: Wenn du nicht mehr weiterweißt, dann gründe einen Arbeitskreis. Mit Arbeitskreisen ist uns aber an dieser Stelle nicht geholfen. Leider sind Sie an vielen Stellen in Ihrem Antrag unkonkret. Sie sagen, es sollen Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden, um Konzepte zu erarbeiten. Was das konkret für Konzepte sein sollen, sagen Sie nicht, sondern Sie sagen nur: freies WLAN in den Bezirken. Da steht jetzt aber nicht, ob es an öffentlichen Plätzen oder in jeder Straße sein soll. Ich höre schon den Aufschrei der

(Hansjörg Schmidt)

LINKEN, wenn das die Bezirke machen würden, aber nicht jede Straße freies WLAN bekommt. Dann schreien Sie gleich wieder nach sozialer Gerechtigkeit. Deswegen ist auch das ein Punkt, der gegen Ihren Antrag spricht, Herr Jersch.

(Beifall bei Stephan Gamm und Dennis The- ring, beide CDU)

Letztlich wollen wir auch an dieser Stelle den Senat nicht überfordern. Wir haben es vorhin in der Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters gehört. Er kriegt schon die Elbvertiefung als zentralstes Projekt dieser Stadt nicht hin. Wenn wir ihm jetzt auch noch freies WLAN in den Bezirken auflasten, mein Gott, wir wollen doch diesen Senat auch noch irgendwie arbeitsfähig halten. Von daher müssen wir Ihren Antrag leider an dieser Stelle ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)