Protokoll der Sitzung vom 29.03.2017

Gleichstellung vollzieht sich als gesellschaftlicher Wandel langsam, wenn die Rahmenbedingungen dazu stimmen, nicht durch Quoten, sondern durch positive Anreize, die es Arbeitnehmerinnen ermöglichen, die berufliche Laufbahn und private Planung für sich passend zu gestalten.

Es war interessant zu sehen, wie behutsam Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, die haushalterischen Kennzahlen für Professorinnen an Hamburgs Hochschulen vor rund einem halben Jahr weitab der laut propagierten 30 Prozent angepasst haben. Wenn Politik auf Wirklichkeit stößt, muss man nun einmal einsehen, dass geeignetes Fachpersonal nicht vom Himmel fällt und es vermutlich noch viele Jahre dauern wird, bis der Arbeitsmarkt den langersehnten geschlechterspezifischen Ausgleich hervorbringt.

Mit zeitgemäßen Arbeitsmodellen kann die Freie und Hansestadt ein attraktiver Arbeitgeber werden. Statt Reglementierung brauchen wir selbstbewusste Frauen und Männer, die in einer modernen emanzipierten Gesellschaft selbst entscheiden, wie sie Familie und Beruf für sich organisieren möchten. Das schließt Arbeitgeber ein, die den Nutzen einer ausgeglichenen Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter erkennen und deshalb flexible Rahmenbedingungen bieten. Trauen wir den Menschen etwas zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Meyer. – Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In der Laufbahngruppe 1 beträgt der Anteil der Frauen in Führungspositionen mittlerweile 60 Prozent. Männer machen dort nur noch 40 Prozent aus. Die Logik der Gleichstellung ist hier bestechend.

In Stellenausschreibungen wird jetzt die Formel – in Anführungszeichen – verwendet, nach der Männer als unterrepräsentierte Gruppe bevorzugt werden. Sobald eines Tages dann wieder Männer überrepräsentiert sind, geht das gleiche Spiel von vorn los, nur umgekehrt. Diese Art von positiver Diskriminierung führt in der Lebenswirklichkeit zu eklatanten Ungerechtigkeiten, wenn nicht mehr die bessere, geeignetere Kandidatin ausgewählt wird, sondern der Kandidat, der dem unterrepräsentierten Geschlecht angehört. Nicht die Besten werden eingestellt, sondern der Geschlechterproporz zählt.

Mir persönlich ist es völlig gleichgültig, ob ein Mann oder eine Frau die Stelle besetzt, solange sie gut ausgefüllt wird. Wir wollen keine Diskriminierung wegen des Geschlechts, weder in die eine

(Norbert Hackbusch)

noch in die andere Richtung. Und es ist ein Unterschied, ob man Gleichberechtigung oder Gleichstellung sagt.

Bevor dieser Unsinn weitergeht, schlage ich vor, erstens alle Gleichstellungsbeauftragten abzuschaffen,

(Beifall bei der AfD)

zweitens Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Stellenvergabe abzuschaffen – Leistung und Eignung müssen die ausschlaggebenden Faktoren sein –, drittens Maßnahmen zu fördern, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen, die eine große Flexibilität beim Wechsel zur Teilzeit und zurück zur Vollzeit schaffen, die kurz gesagt wirklich sinnvoll sind, und zwar für Männer und für Frauen. Gleichberechtigung ja, Gleichstellung nein. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Oelschläger. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von dem Bericht des Haushaltsausschusses aus der Drucksache 21/8237 Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 67, Drucksache 21/8348, Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Elektromobilität stärken – Blaue Stellflächen für alle Ladestationen.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Elektromobilität stärken – Blaue Stellflächen für alle Ladestationen – Drs 21/8348 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Das "Henne-Ei-Problem" lösen – Mit dem "Bundesprogramm Lade-Infrastruktur" der Elektromobilität in Hamburg endlich mehr Dynamik verleihen – Drs 21/8502 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/8502 ein Antrag der CDU-Fraktion vor. Die Fraktion DIE LINKE möchte die Drucksache 21/8348 an den Verkehrsausschuss überweisen.

Die Fraktionen sind übereingekommen, die Debatte zu streichen. Wir kommen deshalb gleich zu den Abstimmungen.

Wer möchte nun zunächst die Drucksache 21/8348 an den Verkehrsausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Wir kommen zu den Abstimmungen in der Sache und beginnen mit dem Antrag der CDU-Fraktion aus Drucksache 21/8502. Die FDP-Fraktion möchte Ziffer 3 des Antrags separat abstimmen lassen.

Wer möchte also dem Antrag aus Drucksache 21/8502 mit Ausnahme der Ziffer 3 folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit Ausnahme der Ziffer 3 mit Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 3 annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist Ziffer 3 ebenfalls abgelehnt.

Wer möchte sich dann dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN aus der Drucksache 21/8348 anschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag bei einigen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen mit Mehrheit beschlossen.

Ich rufe den Punkt 18 unserer Tagesordnung auf, Drucksache 21/8068, Senatsmitteilung: Hamburgs Landwirtschaft stärken – Hamburger Öko-Aktionsplan 2020.

[Senatsmitteilung: Hamburgs Landwirtschaft stärken – Hamburger Öko-Aktionsplan 2020 – Drs 21/8068 –]

Diese Drucksache möchten die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen.

Wer wünscht hierzu das Wort? – Frau Sparr von der GRÜNEN Fraktion, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Landwirtschaft steht bei uns nicht gerade immer im Zentrum des politischen Interesses, sie ist aber ein wichtiger Teil unserer Stadt und traditionell eng über ihre Kulturlandschaften im Außengebiet mit uns verbunden. Dem haben SPD und GRÜNE in ihrem Koalitionsvertrag Rechnung getragen und sich dabei insbesondere zur Stärkung des ökologischen Landbaus bekannt, denn dafür bietet Hamburg gute Voraussetzungen. Wir haben eine sehr kleinteilige landwirtschaftliche Struktur, die durchschnittliche Betriebsgröße beträgt 23 Hektar. Mit anderen Worten: In dieser speziellen Hamburger Struktur ist schlicht kein Platz für riesige Monokulturen und es ist auch kein Platz für Großställe mit Tausenden Tieren unter fragwürdigen Haltungsbedingungen. Traditionell sind es die Gartenbaubetriebe in den Vier- und Marschlanden, die mit wenig Platz auskommen, aber – und das ist besonders erfreulich – auch die Zahl der Ökohöfe steigt. Momentan wirtschaften 40 Ökohöfe auf 1 200 Hektar Fläche, das sind immerhin 8 Prozent unserer landwirtschaftlichen Fläche.

(Andrea Oelschläger)

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Die Wirtschaftsbehörde hat nun den Öko-Aktionsplan vorgelegt. Damit wird ein Weg fortbeschritten, der Hamburgs Landwirtschaft sichert und zukunftsfest macht, denn ökologische Produkte werden immer stärker nachgefragt, sodass die regionale Produktion gar nicht immer nachkommt. Wenn wir aber ökologisch produziertes Obst und Gemüse, das genauso gut hier produziert werden könnte, von weither anliefern lassen müssen, Hunderte Kilometer oder sogar noch weiter per Lastwagen und Flugzeug, dann belasten die Abgase Atemluft und Klima und verschlechtern auch die Ökobilanz wieder. Im vergangenen Jahr ist Hamburg dem Netzwerk der Bio-Städte beigetreten, um den gegenseitigen Austausch und die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu fördern, und mit dem Öko-Aktionsplan werden wir die Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft in Hamburg vorantreiben.

Drei wichtige Instrumente und Ziele des Plans möchte ich Ihnen vorstellen. Erstens: Wir erhöhen die Flächenprämien für den ökologischen Landbau. Hier schöpfen wir, insbesondere für die Umstellungsbetriebe, die gesetzlich möglichen Förderinstrumente jetzt voll aus. Das betrifft zum Beispiel die Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz und die Investitionsförderung nach Öko-Verordnung. Darüber hinaus fördert Hamburg aber auch von sich aus einen Anteil an den notwendigen Öko-Kontrollverfahren.

Zweitens: Wir sorgen für die signifikante Vergrößerung der Ökoflächen in Landwirtschaft und Gartenbau. Bei der Grünlandförderung profitieren umstellungswillige Betriebe von den gestiegenen Förderprämien. Dafür müssen sie allerdings auch die erhöhten Anforderungen für Agrarumweltmaßnahmen erfüllen. Hinzu kommt unter anderem Investitionsförderung bei besonders artgerechter Tierhaltung. Beim Anbau von Gemüse und Zierpflanzen greift leider das Instrument der Flächenförderung nicht richtig, weil die Betriebe in den Vier- und Marschlanden sehr spezialisiert auf relativ kleinen Flächen arbeiten. Wir wollen hier aber gerade die kleinen und mittleren Höfe fördern. Hier sind wir noch nicht am Ende; gemeinsam mit dem Bund suchen wir nach angepassten Strategien. Allerdings haben wir mit dem Beratungsdienst der Landwirtschaftskammer am Brennerhof bereits einen hervorragenden Partner für den ökologischen Pflanzenschutz.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Drittens: Wir etablieren die Modellregion Bio-Obst in der dritten Meile des Alten Landes. Bis 2020 wollen wir dort von 10 auf 20 Prozent Fläche BioObstbau kommen. Gerade das Alte Land ist nämlich bestens für den Öko-Obstbau geeignet, weil dadurch das hochstehende Grundwasser und die

empfindliche Grabenstruktur in der Landschaft geschützt werden, und im ESTEBURG Obstbauzentrum befindet sich die Beratungsstelle vom Verein Öko-Obstbau Norddeutschland, die die Betriebe kompetent begleiten kann.

Landwirtschaft am Rande der großen Stadt ist kein Luxus, den wir uns leisten! Besonders die ökologische Landwirtschaft ist eine Chance – nicht nur für unsere Hamburger Bäuerinnen und Bauern. Sie ist auch von übergeordneter Bedeutung. An vielen Stellen in unserer Stadt üben wir Druck auf die Natur aus: durch die intensive Nutzung der innerstädtischen Grünflächen, durch Verkehr, durch Bauvorhaben. Umso wichtiger ist es, durch naturgerechtes Wirtschaften auf den verbliebenen Flächen einen Beitrag zu leisten zum Erhalt natürlicher Bodenfunktionen, zur Biodiversität und Artenvielfalt. Der Öko-Aktionsplan trägt dem Rechnung. Um die Umsetzung zu begleiten, wollen wir die Vorlage an den Wirtschaftsausschuss überweisen und bitten dafür um Ihre Zustimmung. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Sparr. – Ich erteile das Wort Herrn Kekstadt von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Sparr hat die wesentlichen Inhalte des Hamburger Öko-Aktionsplans 2020 schon dargestellt, daher bleibt mir, den Kontext zum agrarpolitischen Konzept darzustellen.

Hamburgs Agrarwirtschaft zu stärken ist für den Hamburger Senat und die rot-grüne Koalition nicht irgendeine politische Leerformel. Insoweit ist der Hamburger Öko-Aktionsplan 2020 auch nicht isoliert zu betrachten, sondern muss im Kontext zum agrarpolitischen Konzept gesehen werden. In diesem Zusammenhang, und das hört man auch vor Ort bei den Betrieben und den Kammern, möchte ich ausdrücklich der Wirtschaftsbehörde und den zuständigen Mitarbeitern für ihr bisheriges konzeptionelles Wirken danken. Das ist schon eine hervorragende Arbeit für einen Stadtstaat.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Mit dem Agrarpolitischen Konzept 2020 von 2014 hatte der Senat bereits das Ziel formuliert, den ökologischen Landbau fördern zu wollen. Ausgerichtet auf das kontinuierlich wachsende Absatzpotenzial von Biogemüse und bereits bestehenden Schwerpunkten in der Bioobst- und Biogemüseproduktion sollten in Hamburg besondere Anstrengungen zur Ausweitung der ökologischen Gemüseund Obsterzeugung unternommen werden. Weiter ist im Konzept dargestellt worden, dass der Aus

(Ulrike Sparr)

bau der ökologisch zu erzeugenden Produkte nicht nur mit erhöhten Flächenprämien – das machen wir – sondern auch durch eine gezielte Beratung, begleitende Forschung, die Schaffung von modernen Produktionsstrukturen sowie gute Vermarktungsstrukturen gefördert werden sollten, ja es wurde bereits die angestrebte Entwicklung einer Modellregion Bioobst im Hamburger Teil des Obstanbaugebietes im Alten Land vorab definiert.

Nach dem erfolgten Beitritt zum Bio-Städte-Netzwerk folgt nunmehr auf Basis des agrarpolitischen Konzeptes die logische Fortschreibung zur Stärkung des ökologischen Landbaus in Form des Hamburger Öko-Aktionsplans 2020. Mit dem ÖkoAktionsplan 2020 sollen die bereits laufenden Maßnahmen und Projekte und die darauf aufbauenden neuen Maßnahmen zur Förderung des ökologischen Landbaus in Hamburg an hervorragender Stelle präsentiert werden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Oberstes Ziel bleibt gemäß des agrarpolitischen Konzeptes die deutliche Steigerung zum einen der Öko-Obstflächen samt Schaffung der Modellregion Bioobst, aber auch weitere ökologische Bewirtschaftungsflächen in Hamburg insgesamt. Wurde vormals in einem ersten Schritt gezielt die Förderung der Obsterzeugung angesprochen, werden im Öko-Aktionsplan nunmehr über alle Sparten der Agrarwirtschaft entsprechende Maßnahmen angedacht.