Protokoll der Sitzung vom 29.03.2017

Sie haben einiges Richtige gesagt, Herr Hackbusch, zu den Geschehnissen im vergangenen Jahr. Da sind eklatante Fehler und Fehlentwicklungen eingetreten. Lassen wir sie einmal Revue passieren. Zweimal hat es eine Erhöhung der Verlustprognose für die Länder gegeben. Zweimal hat der Vorstand gesagt: Was wir bei der Entscheidung der EU-Kommission gesagt haben, gilt nicht mehr, ihr werdet als Land Hamburg und als Land Schleswig-Holstein viel höher mit der Garantie in Anspruch genommen. Das ist schon etwas schräg. Dazu kommt die Frage, wie man so etwas präsentiert. Da wird eine Präsentation vorgelegt, in der die Garantieprognose bestätigt wird, und am gleichen Tag sagt der Vorstandsvorsitzende im Pressegespräch, das gelte nicht mehr, die Bank nehme die volle Höhe der Garantie in Anspruch, und das auch noch viel schneller. So kann man mit der Öffentlichkeit, mit dem Garantiegeber nicht umgehen. Ich finde es sehr befremdlich, Herr Senator – und ich hoffe, dass das intern deutlich besprochen worden ist –, dass uns der Vorstandsvorsitzende des hsh finanzfonds erzählt, er habe das auch vom NDR erfahren. Das geht nicht im Umgang miteinander.

(Beifall bei der CDU und bei Michael Kruse FDP)

Die zweite Geschichte ist – auch das haben wir hier schon diskutiert – die zu völlig überteuerten Preisen mit zweifelhaften Gutachten vorgezogene Übernahme des Portfolios an Altkrediten von der HSH Nordbank in die Sphäre der Länder. Es kann nicht sein, dass in so kurzer Zeit so dramatische Fehlentwicklungen eintreten. Herr Senator, das erste Quartal ist um. Die hsh portfoliomanagement hat immer gesagt, auch im vierten Quartal werde es zu weiteren Wertberichtigungen kommen. Wir erwarten dazu zeitnah Zahlen, eine öffentliche Information darüber, was das Ergebnis der hsh portfoliomanagement im 4. Quartal ist. Das muss spätestens bis zur Ausschusssitzung in der nächsten Woche auf dem Tisch liegen.

(Beifall bei der CDU)

Der dritte Punkt ist der Neuzuschnitt der Kernbank. Der Vorstand der Bank hat – aus welchen Motiven auch immer, das will ich gar nicht bewerten – einfach mal Umbuchungen vorgenommen, sodass die Kernbank viel schöner aussieht und ein besseres Ergebnis vorweist, aber gleichzeitig die Resterampe, das sogenannte Abbauportfolio, viel schlechter

(Markus Schreiber)

dasteht, der Vorstand also doch bewusst in Kauf nimmt, dass das Risiko, der Verlust, das nicht marktfähige Portfolio viel größer wird. Und das tragen im Zweifel die Länder.

Mit diesen drei Maßnahmen, Garantieinanspruchnahme, neuer Zuschnitt Kernbank und zweifelhafte Übernahme des Portfolios, wurde nicht nur die Kalkulation, die Sie uns vor eineinhalb Jahren vorgelegt haben, Herr Senator, völlig verändert, sondern es wurde auch massiv Vertrauen in die Bank und in den Senat zerstört. Wir müssen auch hier darauf schauen, dass das wieder in geordnete Bahnen gelenkt wird.

Man muss sich vor Augen führen, dass die Interessen der Bank nicht 1:1 die Interessen der Länder sind. Wir alle betonen ständig – und das sollte für uns alle gelten –, es zähle nur, dass die Länder mit dem besten aller möglichen schlechten Szenarien herauskommen. Ich finde es dann schon interessant, dass man von Herrn Ermisch in Interviews im Zusammenhang mit dem Verkaufsprozess liest – Zitat –:

" […] es geht immer darum, die ökonomisch beste Lösung für die Bank zu finden."

Da gehen die Interessenlagen schon durcheinander, wie zum Beispiel auch beim Thema Forderungsverzicht, das ich nicht in den verbliebenen zehn Sekunden zu Ende diskutieren kann, wo wir aber auch sehr unterschiedliche Interessenlagen haben. Wir haben den Eindruck, dass der Senat zu passiv mit dieser Bank umgeht und viele Dinge schleifen lässt, wo die Bank sich auf die Garantie verlässt und wo das Länderinteresse eben nicht im Vordergrund steht. Da muss der Senat deutlich aktiver werden.

(Beifall bei der CDU, der LINKEN und bei Daniel Oetzel FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren in der Sache eigentlich zwei Anträge, sind dann aber zu einer allgemeinen Debatte über die HSH Nordbank gekommen. Deswegen vielleicht kurz etwas dazu: Die Aussage, dass wir zu passiv mit dieser Bank umgehen, finde ich grundfalsch. Man könnte vielleicht sagen, dass wir falsche Weichenstellungen getroffen haben – aus Ihrer Sicht, wobei ich auch das nicht sehe –, aber dass wir passiv mit der Bank umgehen, wo wir umfangreiche Debatten dazu geführt haben, weil eine Menge Schritte vonstattengehen, insbesondere die Sicherung der Bank über den 31. Dezember 2015 hinaus, das finde ich jetzt ein wenig verwunderlich.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Konzentrieren wir uns auf die Anträge. Ich glaube, dass Herr Hackbusch genau hinsehen wird,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das möchte er ja auch!)

das ist sein Naturell, davon gehe ich aus und das finde ich auch richtig in der Sache. Aber wir haben zuerst einmal einen FDP-Antrag vorliegen, der im Prinzip sagt: Bitte veröffentlichen Sie die Bieternamen und bitte veröffentlichen Sie auch die Kaufangebote. Und das, lieber Herr Kruse, kann in einem Verfahren, das diskriminierungsfrei ist, das wettbewerblich ist und das fair sein soll, dazu führen, dass Sie am Ende kein Verfahren mehr haben. Deswegen möchten wir dieses Risiko nicht eingehen. Man kann natürlich darüber streiten, ob man andere Sachen anders machen sollte, aber dass wir am Ende einen Verkauf haben müssen und dass, wenn dieses Verfahren scheitert, der Gesamtverkauf scheitert und das sicherlich nicht die beste Entwicklung für die Vermögensposition der Länder ist, das ist klar. Und deswegen bin ich nicht nur überrascht über Ihren Antrag, sondern wir werden ihn in der Sache auch ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich finde, der Antrag der LINKEN ist in der Sache, um das jetzt auch so zu sagen, klüger gestellt. Sie wollen umfangreiche Einsichten in den Datenraum der Bank haben. Das ist der Raum, in dem man sich die Daten zieht, wenn man die Bank eigentlich kaufen möchte. Deswegen kam hier schon die Frage auf, ob DIE LINKE die Bank kaufen möchte.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: 1 Euro!)

Für 1 Euro.

Und da ist eben die Frage, ob die Vermögensposition der Länder wirklich besonders gut gewahrt bleibt, wenn wir sie für 1 Euro an Herrn Hackbusch verkaufen. Die Situation ist schlicht und ergreifend so: In diesem Datenraum sind – das wissen wir alle, Herr Schreiber hat es auch schon gesagt – Daten über Dritte, über die Geschäftstätigkeit und Dinge, die das Bank- und Steuergeheimnis im Kern berühren. Deswegen sind wir in der Situation, dass das nicht nur schwierig möglich ist, sondern wir kommen noch in einen zweiten Bereich. Dieser Datenraum ist nicht im Verantwortungs- und Verfügungsbereich des Hamburger Senats und daher nicht von dem Auskunftsersuchen der Bürgerschaft in diesen Fragen gedeckt.

Vor diesem Hintergrund, weil es sich hier um einen sensiblen Prozess handelt – nach rechts, aber auch nach links –, ist es eben so, dass wir am Ende des Tages zu dem Ergebnis kommen, dass wir Ihre Anträge in der Sache ablehnen werden. Wir wollen aber im Ausschuss Öffentliche Unternehmen mit Ihnen gemeinsam diskutieren, auch lange darüber diskutieren – ich glaube, das bleibt uns allen nicht erspart, dafür werden Herr Kruse und

(Thilo Kleibauer)

Herr Hackbusch schon sorgen –, sodass Sie sich gut informiert fühlen und wir dann eine Situation haben, dass wir ein gutes Ergebnis für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erzielen, für die Beschäftigten, aber auch für die Bank als solches. Nur müssen wir am Ende auch zusehen, dass wir dieses Ergebnis erzielen, und dafür darf dieser Verkaufsprozess nicht scheitern und deswegen werden wir das auch nicht zulassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kruse von der FDPFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich fange einmal mit dem Aspekt an, der gerade aufgerufen wurde, nämlich dem Thema Diskriminierungsfreiheit des Vorgangs. Wir haben als Fraktion den Wunsch geäußert, als – so nenne ich uns einmal – Aufsichtsrat des Aufsichtsrats vollumfänglich darüber informiert zu werden, wie eigentlich der aktuelle Stand des Verkaufsprozesses ist. Es ist unser Recht als Abgeordnete, dass wir auch in Detailfragen informiert werden.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Es ist unsere Pflicht, dem auch entsprechend nachzugehen, das ist völlig richtig, Herr Kollege.

Darum ist es für mich schon erstaunlich, in relativ abstrakter Form von den Kollegen Schreiber und Tjarks nur erzählt zu bekommen, was alles nicht geht. Nun, als wir vorgestern bei der Beteiligungsverwaltung angerufen haben, um einmal zu erfragen, wie denn dort eigentlich der Antrag der LINKEN behandelt wird, der ja sehr schwierige Implikationen hat, war man sich dort gar nicht so sicher, ob das denn nicht doch auch möglich wäre für Abgeordnete. Das heißt, ganz so leicht, wie Sie sich das machen, ist es nicht. Deswegen verwundert es mich gar nicht, dass Sie keine einzige Norm aufgeführt haben, die begründet, warum wir als Abgeordnete dieses Recht nicht haben. Ich persönlich bin der Meinung, auch Sie sollten in dieser Frage an unserer Seite streiten, möglichst viele Informationsrechte herauszuhauen.

(Beifall bei Jörg Hamann CDU)

Keiner fordert, alles öffentlich zu machen, sondern wir sagen: Informiert die Bürgerschaft. Und wenn wir dann zu dem Ergebnis kommen, dass das nur im Datenraum geht, mit Strafandrohung, Unterschreiben, Vertraulichkeit, dann ist das selbstverständlich aus unserer Sicht. Aber dass Sie von vornherein nur artikulieren, warum und was alles nicht geht, ist ehrlich gesagt zu dünn. Das ist Punkt 1.

(Beifall bei der FDP und bei Jörg Hamann CDU)

Und dann komme ich zum Thema Diskriminierungsfreiheit. Wie diskriminierungsfrei ist es denn eigentlich, wenn der Aufsichtsratschef der Bank schon vor Abschluss des Verfahrens erklärt, wo die größten Verkaufschancen dieser Bank seien und dass man die Bank wahrscheinlich eher in China verkaufen werde? Was ist denn bitte das in Sachen Diskriminierungsfreiheit? Das ist eine absolut unkluge Aussage, die dann auch noch von Teilen der politischen Führung in Hamburg und Schleswig-Holstein übernommen worden ist. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Diskriminierungsfreiheit sieht ganz anders aus.

(Beifall bei der FDP)

Zu Herrn Schreiber und dem Eigentor, das er geschossen hat, ist alles gesagt worden.

Ich fasse zusammen: Wir haben im Moment Informationsstand null. Wir haben irgendwann einmal erfahren, dass eine Broschüre gemacht wurde und die Ausschreibung beginnen soll – seitdem gab es keine einzige Information der Abgeordneten. Ich weiß nicht, ob Sie es selbstverständlich finden, blind durch die Gegend zu laufen, was das wichtigste finanzpolitische Thema dieser Stadt betrifft; wir fühlen uns damit verdammt unwohl, und wir fin-, den, es ist unsere Pflicht, dem nachzugehen, und zwar auch im Detail.

Bisher ist also der Informationsstand null. Und die Beteiligung des Parlaments? Null. Wenn wir jetzt darüber abstimmen, ob wir in den Datenraum dürfen, und fragen, ob DIE LINKE wie eine Bank behandelt werden und die HSH Nordbank selbst kaufen wolle, können Sie lauter Späßchen machen, Herr Tjarks. Ich habe auch ein bisschen gelacht. Aber in der Sache geht es doch darum, dass die Abgeordneten dieses Hauses möglichst auf der Höhe der Zeit sind. Im Moment läuft es so: Uns wird gesagt, man wisse, dass das alles ganz schwierig sei; Herr Schreiber hat das auch gerade getan. Man erzählt uns, in China bekämen wir die Bank bestimmt verkauft, anderswo sei es vielleicht schwieriger. Und symptomatisch dafür, wie diese Debatte im Moment läuft, klopft sich der Bürgermeister – es macht ja sonst keiner an dieser Stelle – mal eben selbst auf die Schulter: Wir sind so zufrieden mit den Angeboten, die eingegangen sind für die Bank.

Meine Damen und Herren, diese politische Debatte, ob man damit zufrieden sein kann, würden wir gern mit Ihnen führen. Ob der Senat eigentlich alles richtig gemacht hat bis zum jetzigen Zeitpunkt, darüber würden wir gern mit Ihnen diskutieren. Stattdessen stellen Sie sich in die Öffentlichkeit und sagen: Läuft alles klasse, wir machen das alles richtig super, Details können wir euch leider

(Dr. Anjes Tjarks)

nicht nennen. So geht es nicht in der politischen Debatte. Das ist nicht genug für dieses Parlament.

(Beifall bei der FDP)

Und dann schaue ich mir einmal an, welchen Eindruck man eigentlich gewinnt, wenn man in dieser Stadt lebt und Zeitung liest, wer dieses Thema behandelt. Ich komme zu dem Ergebnis, wenn ich nur Zeitung lese: Der Finanzsenator der Stadt muss Daniel Stricker sein. Denn immer, wenn es zu diesem Thema etwas zu äußern gibt, äußert sich Herr Stricker.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Glaubst du, dass dieser Klamauk irgendetwas bringt?)

Ist Herr Stricker also jetzt der Finanzsenator?

Wenn ich in den Ausschuss gehe, muss ich glauben, der Finanzsenator werde von PwC und Linklaters bestimmt, dann das sind die Einzigen, die dort Relevantes zu dem Verkaufsprozess sagen. Der Finanzsenator taucht weg. Das sollte er nicht, er sollte uns vollumfänglich informieren. Genau darum geht es in unserem Antrag, und deswegen sollten Sie ihm auch zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Oelschläger von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn sei die Bemerkung erlaubt, dass FDP und DIE LINKE offensichtlich gleichermaßen von als Transparenz getarnter Neugier geplagt werden. Das ist verständlich, hilft uns aber in der Sache nicht weiter. Da haben wir es nämlich mit einem klassischen Zielkonflikt zu tun. Einerseits ist größtmögliche Transparenz notwendig; Hamburg ist Eigentümer und haftet bekanntlich in großem Umfang für die Fehler und Verfehlungen des HSH-NordbankManagements. Andererseits muss wegen dieser Haftung das Interesse der Stadt sein, den Verkaufsprozess möglichst störungsfrei durchzuführen, und das heißt auch, vertrauliche Informationen nicht einem zu großen Kreis zugänglich zu machen – und der Kreis ist eindeutig zu groß, wenn alle Bürgerschaftsabgeordneten Zugang zum Datenraum erhalten und noch dazu eine Begleitperson mitnehmen können. Dieses Prozedere entspricht auch nicht dem sonst sinnvollerweise praktizierten Vorgehen, dass die Fachleute der Fraktionen, also die Ausschussmitglieder, Einsicht nehmen können. Den hier beantragten Datenraumtourismus lehnen wir ab.