Protokoll der Sitzung vom 29.03.2017

gen für andere mitbedacht und offengelegt werden und dass das mit der Bevölkerung kommuniziert wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Und dass wir begreifen, dass Solidarität im wohlverstandenen Eigeninteresse einer demokratisch verfassten Gesellschaft liegt, und natürlich auch und erst recht von Gesellschaften, die so eng miteinander verbunden sind, wie wir es in der EU sind.

In diesem Sinne setzen wir von den LINKEN uns für die Stärkung von Demokratie und Solidarität in einem vereinten Europa ein. Nur dann kann Europa Chauvinismus und Nationalismus die Stirn bieten.

(Beifall bei der LINKEN)

Von Pulse of Europe und den entsprechenden Bewegungen in anderen Ländern – da gibt es doch zahlreiche, es gab in der letzten Woche überall viele große Demonstrationen in vielen Ländern – können dabei nicht nur Zeichen gesetzt werden, wie es hier genannt worden ist, sondern ich hoffe, davon können auch wichtige Denkanstöße für die Politik ausgehen. – Schönen Dank.

(Befall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Herr Kruse von der FDPFraktion hat jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Schneider, ehrlich gesagt, Ihre Rede hat gezeigt, dass die Feinde Europas nicht nur am rechten Rand zu finden sind, sondern auch am linken Rand.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD – Zurufe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir als Freie Demokraten begrüßen die Initiative Pulse of Europe, und deswegen begrüßen wir auch die heutige Debattenanmeldung. Denn in Zeiten, in denen immer mehr Menschen Negative Campaigning machen, ist es ein positives Signal und ein positives Zeichen, dass Menschen in Hamburg auf die Straße gehen, um sich für ihre Ziele einzusetzen und für positive Ziele einzusetzen.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Sudmann?

– Nein, danke.

(Zurufe)

Sie kann sich melden, sie hat doch gleich noch einmal drei Minuten.

(Christiane Schneider)

Aber wir sollten uns über diese Initiative Pulse of Europe nicht nur freuen, denn die Initiative artikuliert eine klare Erwartungshaltung an Politik, ihren Job zu machen, und diesen Arbeitsauftrag sollten wir als Abgeordnete sehr ernst nehmen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Aber wenn Sie für Demokratie, Frieden und Frei- heit sind!)

Die FDP steht für Europa, sie steht für die EU und sie steht für das Projekt der europäischen Einigung.

Europa und die EU sind eine historische Errungenschaft. Die EU ist die Basis für die längste Periode von Frieden, Freiheit und Wohlstand auf diesem Kontinent. Es ist unsere Aufgabe, gerade auch die Aufgabe der jüngeren Menschen, da gebe ich meinen Vorrednern völlig recht, dieses Projekt zu stärken und diesem Projekt auch zu neuer Strahlkraft zu verhelfen.

Und wer schon einmal ein großes Projekt angegangen ist, der weiß, es gibt zwischendrin Probleme. Man hinterfragt sich manchmal, mehr als einmal. Man hinterfragt seine Ziele, man hinterfragt den Weg. Man muss Zweifler ertragen. Ich füge hinzu, man muss auch diejenigen ertragen, die das Projekt von rechts außen und von links außen scheitern sehen wollen. Wir als Demokraten

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Woher nehmen Sie das denn, Herr Kruse?)

müssen uns dagegen wehren, dass uns auf dem richtigen Weg Steine in den Weg gelegt werden. Deshalb begrüßen wir die Initiative Pulse of Europe.

(Beifall bei der FDP)

Am Ende eines großen Projekts weiß man dann aber auch häufig, wofür man sich engagiert hat, warum es wichtig war, sich zu engagieren, warum es auch in schwierigen Phasen wichtig war durchzuhalten und wofür man sich am Ende eingesetzt hat.

Leidenschaft ist doch bekanntlich nicht nur das Bewahren der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers. Und es braucht in Zeiten wie diesen Menschen, die für Europa brennen, die das Positive aufzeigen am gemeinsamen Binnenmarkt, an den europäischen Werten, an Demokratie, Menschenrechten und allgemein an den europäischen Grundfreiheiten.

Aber wir müssen den Menschen auch sagen, was wir in Europa besser machen wollen. Wir brauchen Menschen, die Europa verändern wollen. Europa ist auf dem Weg in die Schuldenunion. Europa schafft immer mehr Bürokratie. Die Menschen fühlen sich von Europa bis in die kleinsten Lebensbereiche hinein gegängelt und von immer mehr de

tailversessener Regelungswut immer weiter eingeschränkt in ihrer Handlungsfreiheit.

(Dr. Bernd Baumann AfD: Von der EU, nicht von Europa! – Wolfgang Rose SPD: So ein Quatsch!)

Und das ist nicht unsere Vorstellung von einem guten Europa.

Deswegen wollen wir Freie Demokraten das ändern. Und ich füge hinzu, nicht mehr oder weniger Europa ist hier die entscheidende Debatte, sondern ein besseres Europa ist das Entscheidende. Das interessiert auch die Menschen vor der Tür.

(Beifall bei der FDP)

Im Moment hat man in Deutschland doch das Gefühl, dass für genau diese Probleme und genau für diese Situation, in die die EU gelangt ist, niemand Verantwortung übernimmt. Ein Mann, der wie kein anderer für die Probleme Europas steht, ist Martin Schulz: für die intransparenten Steuerregeln des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, den er lange in dieser Sache gedeckt hat, für das übertriebene Befördern von Getreuen und das Absahnen von Zulagen, für das Errichten einer Schuldenunion. Schulden-Schulz kann diese Probleme nicht glaubwürdig kritisieren und erst recht nicht lösen. Er hat sie mit verursacht.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der AfD)

Martin Schulz sollte deswegen endlich Verantwortung für seine Fehler als EU-Parlamentspräsident übernehmen.

Der Erfolg der EU wird davon abhängen, dass wir die EU reformieren. Er wird davon abhängen, ob wir die Schwächen der Union abstellen und uns für mutige Änderungen einsetzen.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Denn dann werden auch wieder mehr Menschen erkennen, wie unverzichtbar und einzigartig dieses Projekt ist. Da stimme ich den Vorrednern durchaus zu.

Und am Brexit Day möchte ich außerdem noch hinzufügen, die Tür Europas bleibt für das Vereinigte Königreich und seine Völker jederzeit offen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Wolfgang Rose SPD: Peinliche Rede!)

Herr Dr. Wolf von der AfD-Fraktion bekommt nun das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Dass die große Mehrheit dieses Hauses die Bürgerinitiative Pulse of Europe hoch lobt, überrascht niemanden, argumentiert die Initiative doch nach den gleichen

(Michael Kruse)

Denkmustern wie die etablierten Parteien, die seit Jahr und Tag nichts unversucht lassen, EU-kritische Positionen als europafeindlich und am besten auch noch gleich als populistisch zu diskreditieren. Bei Ihnen, den GRÜNEN, und ich fürchte, auch bei wesentlichen Teilen der Initiative Pulse of Europe herrscht ein klares Freund-Feind-Schema.

(Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir, die weltoffenen, toleranten Europäer auf der einen Seite, dort die rückwärtsgewandten, Hass und Hetze verbreitenden Nationalisten und Populisten auf der anderen Seite.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wir reichen allen die Hand!)

Wer möchte da nicht zu den Guten gehören, und wenn man dabei Kritik auch noch tabuisiert, ist das ein schöner Nebeneffekt.

(Beifall bei der AfD)

Doch so einfach ist die Sache nicht. Die GRÜNEN haben das von ihnen angemeldete Thema unter das Schlagwort gestellt, Europa statt Nationalismus. Hier wird ein künstlicher Gegensatz aufgebaut zwischen Europa und Nationalismus, und das ist unredlich. Denn keineswegs sind Kritiker der EU Antieuropäer, und Patrioten, die sich für ihren Nationalstaat einsetzen, das kann ein Europa der Vaterländer sein, eine Formulierung, die auf General de Gaulle zurückgeht, sind keine Nationalisten.