Mit ihrer Freude darüber, dass der G20-Gipfel in Hamburg stattfindet, stehen der Bürgermeister und seine Stellvertreterin eher ziemlich einsam da. Bei allen Unterschieden zwischen den Mitgliedern versammelt sich auf Einladung von Merkel und Scholz hin hier ein Staatenklub, der die internationale Wirtschafts- und Währungspolitik maßgeblich bestimmt und für hemmungsloses Wirtschaftswachstum mit all seinen Auswirkungen, für Profitmaximierung als wesentliches Steuerungselement,
für Umverteilung von unten nach oben und für die Vertiefung der sozialen Ungleichheit in der Welt bis hin zur absoluten Verelendung großer Regionen steht. Hinzu kommt, dass sich unter den Eingeladenen lupenreine Autokraten befinden, Menschenrechtsverletzer, Völkerrechtsverletzer vom Schlage eines Trump, Putin oder Erdogan. Allein diese Namen stehen dafür, dass es beim G20-Gipfel nicht um Weltfrieden geht.
Was für den Tourismusverband selbstverständlich ist, sollte für die politischen Repräsentantinnen und Repräsentanten der Stadt, die sich als weltoffen und dem Frieden verpflichtet versteht, erst recht selbstverständlich sein. Für uns LINKE jedenfalls ist es selbstverständlich, dass wir wie Zehntausende andere am 8. Juli 2017 demonstrieren und
bunt, laut und mit Kind und Kegel – ich sage, mit Kind und Kegel – durch die Innenstadt zum Heiligengeistfeld ziehen werden.
Anlass unserer Anmeldung war, dass die Versammlungsbehörde im Kooperationsgespräch mit den Anmeldern eine blaue Demonstrationsverbotszone aus dem Hut zauberte. Praktisch die gesamte Innenstadt sollte für die Demonstration am 8. Juli 2017 gesperrt werden. Nun hat gestern Justizse
nator Steffen, wie es heißt, nach Diskussion im Senat die Polizei korrigiert und sich zum Recht auf Versammlungsfreiheit auch in der Innenstadt bekannt. Das begrüßen wir ausdrücklich, auch wenn es eigentlich selbstverständlich ist.
Den Worten müssen nun Taten folgen. Selbstverständlich sind die Herausforderungen groß, vor die die vielleicht größte Demonstration, die Hamburg in den letzten Jahrzehnten erlebt hat, die Sicherheitsbehörden stellt. Erst recht, wenn sie in der Innenstadt stattfindet, wo sich die politischen Repräsentanten und ihr großer Tross aufhalten. Aber diese Herausforderungen waren bereits klar, als der Senat die Gastgeberrolle beanspruchte. Klar ist auch, dass in einer rechtsstaatlich verfassten Demokratie die Versammlungsfreiheit nicht das Letzte ist, worüber man reden kann, sondern das Erste, das gleichrangig mit der Sicherheit aller Beteiligten gewährleistet werden muss.
Das ist die Verantwortung des Senats. Deshalb fordern wir den Innensenator auf, das Gespräch mit den Anmeldern nicht allein der Polizei zu überlassen, sondern selbst als Vertreter des einladenden Senats ebenso wie der Gesamteinsatzleiter an den Gesprächen teilzunehmen. Wir fordern ihn und seine Behörde auf, jetzt schnell Einvernehmen mit den Veranstaltern über die Route durch die Innenstadt bis zum Heiligengeistfeld herzustellen. Er trägt die Verantwortung dafür, die Kooperation, zu der nicht nur die Anmelder, sondern auch die Polizei verpflichtet ist, jetzt, in den nächsten Wochen und während der Gipfeltage zu gewährleisten. Deshalb muss auch die von der Polizei angedachte Allgemeinverfügung, mit der die Versammlungsfreiheit während des Gipfels eingeschränkt werden kann, vom Tisch.
Zuletzt ein Wort zum Heiligengeistfeld. Wir nehmen den Justizsenator beim Wort, der einen zentralen Ort zusicherte. Es gibt keinen anderen zentralen Ort, schon gar nicht in der Nähe des Tagungsortes, an dem eine Abschlusskundgebung von der erwarteten Größenordnung stattfinden kann.
Die Versagung des Heiligengeistfeldes, von der Wirtschaftsbehörde fadenscheinig begründet, ist nicht akzeptabel.
darf es für eine politische Kundgebung gegen den G20-Gipfel nicht gesperrt werden. Das Heiligengeistfeld muss für die Abschlusskundgebung geöffnet werden, damit alle Welt und auch die in den Messehallen Versammelten die Botschaft hören: grenzenlose Solidarität statt G20-Gipfel. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. So steht es in Artikel 8 unseres Grundgesetzes und ist ein schlechthin konstituierendes Grundrecht für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Das, glaube ich, wissen alle Abgeordneten.
Selbstverständlich wird dieses Grundrecht ohne Wenn und Aber für Demonstrationen im Rahmen des G20-Gipfels in Hamburg Beachtung finden. Und selbstverständlich werden keine Demonstrationen irgendwo an den Stadtrand verbannt, sondern sie sollen und werden in der Stadt als vielfältige und klare Zeichen unserer Stadtgesellschaft sichtbar sein. Das war ja gerade auch das Argument, als die Bundeskanzlerin gesagt hat, der G20-Gipfel solle in Hamburg stattfinden und eben nicht in einem Bergdorf oder auf einer einsamen Insel, sondern in einer weltoffenen, toleranten Metropole, in der ein Gipfel sich dem kritischen Diskurs einer Stadtgesellschaft stellen muss, wo er möglich und gewünscht ist. Gerade jetzt muss es möglich sein, dass Bürger aufstehen und zu Trump, Putin, Erdogan und Co. ihre Meinung sagen. Dazu wird es vor dem Gipfel am 2. Juli 2017 und natürlich auch während des Gipfels verschiedenste Möglichkeiten geben. Es gibt die Aktion Haltung Hamburg und viele weitere Aktionen werden sich noch finden. Das ist richtig, das ist gewollt, das ist ein klares Zeichen unserer Stadtgesellschaft.
(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der FDP – Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE)
Aber natürlich gilt die Versammlungsfreiheit auch für Staatschefs und nicht nur für Menschen, die sagen, sie seien dagegen.
Ja, wir könnten jetzt rechtssystematisch erörtern, dass die Versammlungsfreiheit auch für die Staatschefs, für die Delegationen gilt.
Es muss klar sein, dass Hamburg ein Ort für so ein Treffen ist. Gerade in einer Zeit, in der so viele eskalierende Diskussionen um Krieg und Frieden in der Welt geführt werden, muss Hamburg ein Ort sein, wo sich die Staatschefs treffen. Darauf sollten wir eher stolz sein, als dies zu kritisieren.
Die Polizei und alle Sicherheitsbehörden haben nun die schwierige Aufgabe, den hierfür notwendigen Abwägungsprozess und Interessenausgleich hinzubekommen. Dabei müssen sie natürlich die Sicherheitsbedürfnisse aller Beteiligten, auch der übrigen Stadtgesellschaft, einbeziehen. Um es klar zu sagen, das sind keine politischen Entscheidungen, sondern Entscheidungen, die natürlich auch unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu treffen sind. Für diese schwierige Aufgabe haben die Sicherheitsbehörden und unsere Hamburger Polizei die volle Rückendeckung der Hamburgischen Bürgerschaft.
Herr Lenders und Herr Gladiator, zu dem überzogenen Alarmismus, den Sie heute mit Ihrer Aussage, Hamburg würde in Schutt und Asche gelegt, verbreitet haben, kann ich nur sagen: Wer mit solchen Horrorszenarien unterwegs ist, der muss sich fragen, welchen Beitrag er zur Eskalation und Deeskalation leistet. Überlegen Sie sich einmal, was Sie da sagen.
Jetzt komme ich zur linken Seite des Hauses. Natürlich muss man darauf achten, wie Sie agieren, welche Halbwahrheiten Sie zur Mobilisierung für Ihre eigene Demonstration am 8. Juli 2017 in Kauf nehmen.
(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Zum Bei- spiel? – Heike Sudmann DIE LINKE: Das benennen Sie einmal!)
Sie betreiben gezielt Mobilisierung und Eskalation, damit möglichst viele zu Ihrer Versammlung kommen. Auch Sie müssen aufpassen, wie Sie agieren.
Wenn ich mir die Aktionskonferenz vom letzten Wochenende in Erinnerung rufe, stelle ich fest, dass da schon ein bisschen im Trüben gefischt wird. Deshalb fordere ich Sie konkret auf, sich von jeglicher Gewalt zu distanzieren. Sagen Sie hier und heute von diesem Pult aus, dass gewaltbereite Demonstranten, die die Demonstration als Bühne
für Gewalt missbrauchen wollen, auf Ihrer Demonstration nicht willkommen sind. Dafür wäre hier der richtige Ort, liebe LINKE.
(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der FDP und vereinzelt bei der CDU – Zuruf von Dr. Jörn Kruse AfD)
Das ist Ihre Verantwortung. Ich habe eingangs Artikel 8 zitiert: Das Versammlungsgrundrecht gilt nur für friedliche Versammlungen. Das sollten sich alle Beteiligten, die an dieser Stelle merkwürdig, schwierig und gewaltbereit unterwegs sind, hinter die Ohren schreiben.
Machen Sie keine feinsinnigen Differenzierungen zwischen Gewalt gegen Personen und Gewalt gegen Sachen. Dem Weltfrieden ist nicht gedient, wenn die Sparkasse am Schulterblatt ständig entglast wird, wie es so schön heißt. Das ist eine Straftat und da gilt null Toleranz in dieser Stadt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich hätten wir heute über die militanten Linksextremisten sprechen müssen, die Brandanschläge auf Polizeifahrzeuge und Autos von Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt verüben.