Hier herrscht Konsens. Aber Sie als Opposition – das kann ich verstehen – müssen ja irgendetwas kritisieren. Und so sagen Sie, Herr Seelmaecker, das sei überfällig, es dauere zu lange. Sie sind mit der Maßnahme einverstanden; etwas anderes fällt Ihnen als Kritik offensichtlich nicht mehr ein.
Genauso die FDP, die sagt, die Maßnahmen müssten in der Praxis greifen. Das ist doch selbstverständlich. Welchen Sinn machen Maßnahmen, wenn sie nicht in der Praxis greifen?
Herr Dolzer, auch auf die Kritik in Ihrer Pressemitteilung möchte ich eingehen, dass – ich zitiere – die Eingangskontrollen die Gerichte unzugänglich oder gar zu Festungen machten. Es geht nicht um Abschottung. Im Gegenteil, die Sicherheit für alle Beteiligten ist, wie bereits ausgeführt, Voraussetzung dafür, dass die Verhandlungen überhaupt in vernünftiger Atmosphäre stattfinden können.
Es gibt Gewalttäter, das lässt sich nicht ausblenden. Sie haben in dem Punkt recht, dass man sie therapieren sollte. Aber die Therapie ist ein Prozess, der dauert. Die Gerichtsverhandlung hingegen ist eine konkrete Situation, die eskalieren kann, und eine solche Situation kann man nicht mit Konfliktlösungsmethoden wegmoderieren. Das nützt gar nichts, wenn jemand mit einem Messer vor einem steht, weil er damit ungehindert hereinkommt. Hinzu kommt, dass es jetzt auch noch zusätzliche Bedrohung von Leuten gibt, die den Rechtsstaat gar nicht erst anerkennen, den sogenannten Reichsbürgern. All das kann die Situation verschärfen und zu weiterer Eskalation führen. Vor allem aber, und das ist der entscheidende Punkt bei dieser Kritik, bleibt niemand wegen der Kontrollen weg. Das sieht man täglich am Flughafen. Es ist leider immer noch so, dass sehr viele Leute fliegen, obwohl auch dort die Kontrollen immer strenger werden.
An den Gerichten brauchen auch diejenigen Sicherheit, die dort arbeiten, gerade die Richterinnen und Richter, die auch unbequeme Entscheidungen treffen müssen. Damit können sie aus der Natur der Sache heraus Aggressionen auslösen. Deshalb müssen gerade sie geschützt werden und in einem angstfreien Raum arbeiten können, denn nur so können sie solche Entscheidungen ungehindert treffen.
Insgesamt ist das Konzept überzeugend, denn es betrifft alle Gerichte und besteht aus vielfältigen Maßnahmen – Sicherung des Eingangsbereichs, mehr Sicherheitspersonal, Abtrennung nicht öffent
licher Bereiche, vor allem der Arbeitszimmer. Das ist alles in sich überzeugend und schlüssig. – Vielen Dank.
Liebe Hamburgerinnen, liebe Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident! Liebe Kollegen Frau Timm und Herr Tabbert, Frau Timm hat zumindest versucht, das Spannungsfeld aufzumachen, in dem wir uns bewegen; Herr Tabbert hat das nicht ganz so stark gemacht. Es ist ein Spannungsfeld zwischen dem Sicherheitsinteresse und dem Interesse daran, eine angstfreie, an Konfliktlösung und im besten Fall Konfliktheilung orientierte Gerichtsverhandlung und Justiz insgesamt zu haben und herzustellen. Das ist kein Schwarz-Weiß, und genau deshalb halte ich Ihre Maßnahmen für nicht richtig. Wir müssen das Ganze ganzheitlich betrachten, auch die Qualität und Quantität der Maßnahmen. Dass Sie zum Beispiel private Sicherheitsdienste hinzuziehen wollen, birgt Konflikte, denn wir wissen, dass private Sicherheitsdienste oft keine gute Ausbildung haben, besonders keine, die auch auf soziale Aspekte abhebt. Deshalb ist zum Beispiel dieser Punkt völlig falsch. Da haben wir ganz andere Ideen.
Zudem sind die Maßnahmen, die Sie in der Drucksache 21/8696 vorstellen, auch an anderen Punkten nicht zielführend. Wo kommt es her, dass wir in den Gerichten, wenn auch nicht statistisch belegt, sondern nur gefühlt, eine Steigerung der Gewalt haben? Statistisch ist das nicht belegt, zumindest in den Sozialgerichten nicht und auch in den Verwaltungsgerichten nicht. Warum brauchen wir dort die Sicherheitsvorkehrungen, wenn auch andere Maßnahmen greifen würden? Wir wissen schon lange – und Herr Dressel weiß es auch, er sitzt jetzt leider nicht da; er wusste es auch bei meiner letzten Rede –, dass eine gute Sozialpolitik die beste Sicherheitspolitik ist. Woher kommt es, dass in der Gesellschaft überhaupt Gewaltbereitschaft wächst – wenn auch in einigen Bereichen nur gefühlt, wie in den Sozial- und Verwaltungsgerichten, wo es wirklich nur gefühlt ist? Das liegt ja nicht daran, dass zu wenig Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, sondern es liegt daran, dass es Widersprüche in der Gesellschaft gibt, die zunehmen. Es gibt eine zunehmende Schere zwischen Arm und Reich. Es gibt zunehmend Menschen, die sich ausgegrenzt fühlen und völlig ohnmächtig sind. Und da sind wir genau in der Verantwortung, in den Gerichten eine Atmosphäre zu erzeugen, und zwar in jedem Gericht, sodass zum Beispiel im So
zialgericht eine Hartz-IV-Empfängerin oder ein Hartz-IV-Empfänger als Betroffene, die dort klagen möchten, am Eingang nicht abgeschreckt werden durch übermäßige Kontrollen. Und an Verwaltungsgerichten gilt genau das gleiche. Deshalb zielen Ihre Maßnahmen, die Sie ergreifen wollen, in die falsche Richtung.
Der Öffentlichkeitsgrundsatz, Herr Steffen hat es selbst gesagt, ist ein wesentlicher und darf nicht verletzt werden, und er wird verletzt, wenn unverhältnismäßig und rigide kontrolliert wird. Ich finde, da verlieren Sie die Verhältnismäßigkeit. Im Strafgericht kann ich es nachvollziehen, da hatten wir bis jetzt auch Kontrollen und diese Kontrollen funktionieren sehr gut. Neulich war ich im Strafgericht zur Prozessbeobachtung. Dort war ein privater Wachdienst schon dabei, die Sicherheitskontrollen mitzumachen, und es kam dazu, dass der Justizbeamte ihn darauf hinweisen musste: Lieber Kollege, jetzt halte dich ein bisschen zurück, du schreckst die Menschen ab. Das ist die konkrete Situation, und solche Situationen wollen wir nicht. Deshalb muss man sehr feinfühlig sein und sollte nicht auf populistische Forderungen eingehen, die nach Fällen, die nicht passieren dürfen, immer wieder erhoben werden in der Form, dass gesagt wird: Jetzt gab es einen Fall von Gewalt. Das darf nicht passieren, das ist richtig, aber es wird immer wieder passieren. Und wenn das passiert, sollte man es nicht hochstilisieren wie etwa, dass das ein starker Anstieg sei, sondern sachlich damit umgehen und sachlich abwägen.
Das haben Sie nicht getan. Ihr Paket ist völlig überzogen. Man könnte das viel eher durch eine bessere Resozialisierung, durch eine gute Sozialpolitik, durch Prävention und weitere Maßnahmen verhindern anstatt durch übermäßige Sicherheitsvorkehrungen an den Gerichten. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sicherheit an Gerichten – worüber sprechen wir hier? Das muss doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit für den Bürger sein. Insofern finde ich es ziemlich mutig, liebe Kollegen von der SPD, dass Sie heute dieses Sicherheitskonzept zur Debatte anmelden, weil wir alle wissen, dass Ihr Justizsenator Steffen immer erst dann reagiert, wenn der Baum bereits brennt.
Ein solches Sicherheitskonzept hätte längst etabliert sein müssen, aber erst im Dezember 2016 sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, so etwas anzuschieben.
Dabei zeigen die Zahlen der letzten Jahre doch, wie notwendig ein frühes Umsteuern gewesen wäre. Im Jahr 2015 gab es nur sechs Vorfälle an Familiengerichten, im Jahr 2016 – oder anders: im Jahr 1 des Skandalsenators Steffen – waren es bereits 20 Vorfälle, und allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres waren es schon 22. Und wie reagiert der rot-grüne Senat? Erst einmal – raten Sie mal – gar nicht. Und nun kommt eine Ankündigung für ein neues Sicherheitskonzept – herzlichen Glückwunsch. Die Messerattacke am 31. Januar im Landgericht, die heute schon erwähnt worden ist, hätte womöglich verhindert werden können, wenn der verantwortliche Senator grundsätzlich das Thema Sicherheit an unseren Justizgebäuden überhaupt einmal auf seiner Agenda gehabt hätte.
Bis heute warten wir auf die Aufklärung der Verantwortlichkeiten, und Sie warten wahrscheinlich darauf, dass das Thema irgendwie versandet.
Wer vor Gericht eine Aussage macht, der muss sich auf Sicherheit verlassen können, der darf nicht Angst um sein Leben haben. Ich sage Ihnen ehrlich, als Bürger könnte ich jeden Zeugen verstehen, der sich nicht mehr traut, vor so einem Gericht auszusagen, wenn er Angst um seine körperliche Unversehrtheit haben muss. Der Staat ist hier in besonderer Verantwortung, wenn es um die Sicherheit der Bürger geht.
Deshalb ist es für uns Freidemokraten wirklich wichtig, dass die angekündigten Maßnahmen tatsächlich in der Praxis greifen. Frau Timm, ich finde es lustig, dass Sie sagen, Maßnahmen griffen immer, denn genau das ist es ja, was hier nie passiert. Genau daran hapert es immer im Hause von Herrn Steffen: Konzepte, Konzepte, Konzepte, und die Umsetzungen kommen dann einfach nicht. Es wäre hier wirklich immens gefährlich, wenn das nicht passiert.
Die Menschen, die in den Gerichten arbeiten oder als Verfahrensbeteiligte vor Ort sind, dürfen sich in Zukunft keine Gedanken mehr über ihre Sicherheit
Liebe Kollegen, das Konzept ist überfällig. Sie wollen es leider erst im Oktober umsetzen, das haben Sie in der Pressemitteilung damals gesagt. Bis dahin gilt also das Prinzip Hoffnung. Wir hoffen für die Bürger dieser Stadt, dass weiterhin nichts oder wenig passiert. Und wir hoffen sehr, dass Sie endlich einmal versuchen, ein Konzept auch umzusetzen. Denn ansonsten ist es wirklich so, wie selbst Herr Tabbert heute schon gesagt hat, dass der Bürger das Vertrauen in die Sicherheit unserer Justiz verliert, und das darf nicht sein. Dafür müssen wir alle stehen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tabbert und Frau Dr. Timm hatten vorhin ihre Reden mit dem schönen Satz eingeleitet: Tue Gutes und rede darüber. Herr Tabbert, ich hätte Ihnen vielmehr empfohlen, dass Sie gesagt hätten: Tue zur Abwechslung endlich auch einmal ein wenig Gutes, nachdem du über Jahre schwere Versäumnisse gemacht hast, und dann rede ganz viel darüber. Das war nämlich das, was Sie hier gemacht haben.
Die Präsentation der Kriminalstatistik hat es allen wieder deutlich vor Augen geführt: Die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen hat im Verhältnis zum Vorjahr fast zweistellig zugelegt. Auch die Gewalt gegen Polizei und Feuerwehr, gegenüber Mitarbeitern in den Sozialbehörden, aber auch an Gerichten hat enorm zugenommen. Im Januar konnte ein Angeklagter beim Auftakt eines Berufungsverfahrens vor dem Hamburger Landgericht seine ehemalige Freundin, die dort als Zeugin aufgetreten ist, mit dem Messer verletzen – ein ungeheuerlicher Vorgang im direkten, unmittelbaren Zuständigkeitsbereich des Justizsenators.
Spät, zu spät, hat der Senat nun endlich ein bescheidenes Konzept vorgelegt, wie insbesondere im Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften Zugangsbereiche besser als bislang geschützt werden können. An allen Amtsgerichten sind bauliche Veränderungen angedacht. Das ist gut und das ist richtig so; die Trennung öffentlicher und gerichtsinterner Bereiche muss vollzogen werden. Mehr Sicherheit lässt sich allerdings nicht allein durch bauliche Maßnahmen gewährleisten. Von daher begrüßen wir es außerordentlich, dass der Senat nach Zeiten jahrzehntelangen Kaputtsparens der Justizverwaltung dort endlich eine mobile Einsatzgruppe von zwölf Justizwachmeistern in
stalliert. Der Einsatz ist bei besonderen Anlässen vorgesehen. Zunächst ist das Ganze allerdings nur ein Projekt. Sie können versichert sein: Wir werden den Übergang dieses Projektes in die Linie konstruktiv begleiten, weil wir das für gut und richtig halten, und auch die Ausfinanzierung dieser Stellen, die im Haushaltsjahr 2019/2020 erfolgen soll, werden wir unterstützen. Wir wissen aber ebenso, dass auch im engeren Bereich des Justizvollzugs – auch hier nach jahrzehntelanger personeller Misswirtschaft – endlich wieder neues Personal einzustellen ist. Die Personalgewinnung dieser konkurrierenden Bereiche wird sehr schwierig werden.
Ein weiterer Wermutstropfen für die AfD bleibt: Private Wachdienste zur Eingangskontrolle lehnen wir ab. Egal ob Polizei oder Justiz, Bewachung und Einlasskontrollen sind niemals durch Private, sondern durch staatliches Personal sicherzustellen. Ich kann mich an Zeiten erinnern, Herr Tabbert, da war das auch bei der SPD Sprachregelung. Es tut mir leid, dass das nicht mehr so ist. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine bürgernahe und bürgerfreundliche Justiz ist Ausdruck unseres liberalen Rechtsstaates, und es ist ausgesprochen wichtig, dass sie bürgernah bleibt und erreichbar auch für diejenigen, die ihr Recht selbst vertreten müssen, die das nicht durch Rechtsanwälte tun können, sondern sich tatsächlich als Rechtsuchende an das Gericht wenden müssen. Und es ist auch wichtig, dass wir transparente Verfahren und einen offenen Umgang der Justiz mit den Bürgerinnen und Bürgern haben, weil dieser offene Umgang das Vertrauen in die Justiz schafft. Die Öffentlichkeit für jedermann ist also ein zentrales Element.
Dieses Vertrauen ist für den Rechtsstaat elementar. Ohne das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger kann der Rechtsstaat nicht funktionieren.
Zugleich gilt: Wer sich Hilfe suchend an die Justiz wendet, der muss sich dort sicher fühlen können und in einem geschützten Rahmen wissen. Gerichte und Staatsanwaltschaften müssen daher sichere Orte sein. Die Menschen, die uns vertrauen, lassen wir nicht allein.