Protokoll der Sitzung vom 10.05.2017

Genau, einige sind schon richtig weit, höre ich von Frau Prien gerade.

(Dirk Nockemann AfD: Wir sind schon wei- ter!)

Wir sind da auf dem Weg, so wie es vorgesehen ist. Weshalb es also dort plötzlich diesen Vorstoß von Ihnen gibt … Das Ganze gipfelt darin, der Senat solle etwas vorlegen und uns als Parlament sagen, wir sollen unsere originäre Aufgabe, nämlich das Wahlrecht, unsere eigene Kompetenz, an den Senat abgeben. Bürgerbeteiligung ist überhaupt nicht vorgesehen bei dem Verfahren.

(Dirk Nockemann AfD: Das ist doch die Re- gel hier!)

Wir haben aktuell ein Wahlrecht, das auf dem Bürgerwillen fußt. Das kommt in Ihrem Antrag überhaupt nicht vor, vielleicht habe ich es auch überlesen.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Ja, das stimmt nicht!)

Sie haben dann da abgelesen und sprachen immer von "Herr" Niemeyer und ich frage mich, was Frau Niemeyer macht.

(Beifall bei der SPD und bei Karin Prien CDU)

Sie meinten dann Hare/Niemeyer. Hare/Niemeyer, behaupten Sie, sei das bisherige Sitzverteilungsverfahren. Tatsächlich machen wir das nach Sainte-Laguë. Ich finde es abstrus, was Sie hier

machen, und wir sollten nicht so viel Zeit darauf verschwenden.

(Dirk Nockemann AfD: Na, dann gehen Sie doch!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Steinbiß. – Es erhält das Wort Frau Prien von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es gibt viele Kollegen hier im Hause, die die Auffassung teilen, dass das aktuelle Wahlrecht reformbedürftig ist. Ich weiß, dass nicht alle die gleichen Reformansätze teilen, aber wir sind uns darin einig, dass wir da etwas miteinander zu beraten und zu diskutieren haben. Das ist, glaube ich, allen klar, außer offensichtlich Ihnen, Herr Kruse, denn wir sind ja seit dem 11. September 2015 in einer intensiven Selbstbefassung. Wir haben eine Sachverständigenanhörung gemacht, dann haben wir eine Senatsanhörung gemacht …

(Dr. Jörn Kruse AfD: Ich war dabei, Frau Prien!)

Wenn Sie dabei waren, dann haben Sie aber offensichtlich nicht aufgepasst.

(Beifall bei Farid Müller GRÜNE)

Wir haben uns nun wirklich intensivst darum bemüht, die verschiedenen wirklichen Probleme anzugehen, die das Wahlrecht hat, nämlich dass es zu sozialer Selektivität führt, dass es für viele Menschen zu komplex ist oder dass es ein Personenstimmenparadoxon gibt. Wir haben hier wirklich ernsthafte, auch verfassungsrechtliche Fragen zu klären.

In dem Zusammenhang, Herr Kruse, Sie wissen, dass es 2004 einen Volksentscheid gegeben hat, und Sie wissen auch, dass es dann schon einmal den Versuch gab, von meiner Fraktion vorangetrieben, es wieder zu vereinfachen. Sie wissen, was dann passiert ist. Sie wissen auch, welche verfassungsändernde Mehrheit wir brauchen,

(Dirk Nockemann AfD: Aber wir dürfen es auch einmal versuchen!)

wenn wir das Wahlrecht miteinander hoffentlich sehr bald auf einen besseren Weg bringen wollen. Und Sie wissen, dass es dann die Möglichkeit gibt, dagegen im Rahmen der Volksgesetzgebung auch wieder vorzugehen. Also man muss da schon mit Fingerspitzengefühl und im Dialog miteinander vorgehen.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Genau das haben wir gemacht, Frau Prien!)

(Dr. Jörn Kruse)

Allerdings, Herr Steinbiß, müssen wir jetzt auch einmal vorankommen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns zu Recht, dass wir dieses Thema in großer Ernsthaftigkeit und mit dem Ziel, es zu einer Lösung zu bringen, vorantreiben. Deshalb bin ich dankbar, dass wir uns im Verfassungsausschuss in der vergangenen Woche auf einen Zeitplan verständigt haben – so jedenfalls habe ich unsere letzten Gespräche verstanden – und dass wir uns jetzt vor der Sommerpause ernsthaft in die Beratungen hineinbegeben.

Es liegen Vorschläge von der CDU auf dem Tisch, es liegen auch Ideen aus anderen Fraktionen vor und nun haben wir noch eine von Ihnen, Herr Kruse, vielen Dank. Ich finde auch, man kann das, was Sie dort aufgeschrieben haben, obwohl ich es noch nicht verstanden habe, aber ich bin ja auch nur Juristin …

(Dr. Jörn Kruse AfD: Ich erkläre es Ihnen gern, Frau Prien!)

Genau, das machen wir dann einmal im Privatissimum.

Natürlich kann man das auch gern in die Beratungen aufnehmen, nur den Prozess, Herr Kruse, habe ich wirklich nicht verstanden. Wieso soll denn der Senat jetzt einen Entwurf vorlegen, wo wir alle als Parlamentarier gemeinsam daran sind, das Ganze auf einen besseren Weg zu bringen? Also, es gehört in den Verfassungsausschuss. Danke, dass wir hier heute noch einmal kurz darüber gesprochen haben, aber ich glaube, wir sollten jetzt diesen gemeinsamen demokratischen Prozess aller Fraktionen, den wir angefangen haben, zu einem vernünftigen Ende führen. Wir wollen das im Juli ernsthaft, Herr Steinbiß, gemeinsam weiter voranbringen, und dann hoffe ich, dass wir nach der Sommerpause mit einem vernünftigen Ergebnis hier in die Bürgerschaft gehen können, welches auch die Akzeptanz in der Bevölkerung findet, denn auch das ist ein wichtiger Punkt.

In diesem Sinne, vielen Dank für Ihren Beitrag, aber wir machen einmal weiter im Verfassungsausschuss.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Prien. – Das Wort hat jetzt Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es kommt nicht so oft vor, aber in diesem Fall ist es so, dass ich Frau Prien im Wesentlichen beistimmen möchte.

(Beifall bei der CDU – Zurufe)

Na ja, es ist ja bekannt, dass wir beim Wahlrecht keine Liebesheirat feiern.

Herr Kruse, Sie sind eine neue Fraktion, das ist okay, aber wir haben uns im Verfassungsausschuss zum Thema Wahlrecht eigentlich sehr ausführlich unterhalten. Dabei ist klar geworden, dass das Thema in dieser Stadt eine etwas längere Geschichte hat, woran sich viele Beteiligte versucht haben und es hin- und hergegangen ist. Nun haben wir momentan das, was wir haben. Wir hatten eine Anhörung, wo einige Punkte genannt wurden, bei denen ich mir vorstellen kann, dass wir hier nicht so weit auseinander sind, bei denen auch Handlungsbedarf besteht, um es technisch-verfassungsrechtlich wieder auf einen guten Weg zu bringen, und es gibt ein paar Punkte, die sind noch in der Diskussion – wollen wir es einmal so freundlich formulieren. Ich habe aber zumindest bei den anderen Fraktionen nicht ausmachen können, dass es eine Totalrevision des Hamburger Wahlrechts geben soll; das habe ich nirgendwo gehört.

Das ist es aber, was Sie uns hier vorlegen, eine Totalrevision des Hamburger Wahlrechts. Ich finde, das kann man wollen, aber es ist auch ein bisschen geschichtsvergessen in dieser Stadt. Wir alle haben auch gelernt, dass eine ständige Totalveränderung des Hamburger Wahlrechts nicht dazu führt, dass die Leute mehr Lust auf Politik haben.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Es wird aber einfacher dann!)

Deswegen ist es so, dass alle Parteien einmal sagen, an diesem oder jenem Punkt hätten wir es eigentlich lieber anders und hier hätten wir das gern so und so. Und die Volksinitiative hätte auch noch etwas dazu zu sagen. In dieser Situation sind wir gerade und ich hatte das Gefühl, dass alle Fraktionen miteinander ernsthaft schauen, wie wir aus dieser Gemengelage zu einer Novellierung des Wahlrechts kommen können, die all diesen Punkten in irgendeiner Weise gerecht wird. Alle werden wir damit nicht glücklich machen, auch nicht uns selbst. Selbst wenn wir untereinander glücklicher werden, müssen wir auch noch versuchen, mit Mehr Demokratie ein Gespräch zu führen, denn wir wollen deswegen jetzt nicht noch in ein neues Referendum laufen, sondern zusehen, dass wir alle eben sehr sorgsam miteinander umgehen.

Ich kann das aus Ihrem Antrag überhaupt nicht erkennen. Ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee kommen, die Wahlkreise auf Bezirksebene hochzubeamen. Wie soll das ein Teilzeitabgeordneter schaffen, der jetzt schon knapp mit seiner Zeit ist, hier im Parlament die Aufgaben zu erfüllen und vor Ort im Wahlkreis zuzuhören, wenn all das noch auf Bezirksgröße hochgebeamt wird? Ich halte das für völlig absurd für ein Teilzeitparlament. Ich wüsste auch nicht, ob ich das selbst in einem Vollzeitparlament irgendwo in dieser Republik schon einmal gesehen habe. Irgendwie geht das auch an der Rea

(Karin Prien)

lität vorbei; also mit der Bürgernähe wäre es dann vorbei.

Dann haben Sie sehr abstruse Vorstellungen, wie man Landeslisten und Persönlichkeitsstimmen miteinander in Einklang bringen will. Das habe ich alles überhaupt nicht verstanden, und ich würde sagen, selbst das Verfassungsgericht würde es im Zweifel nicht verstehen, und dies würde am Ende darüber entscheiden müssen. Wir nehmen das einmal als nette Anregung aus der AfD-Fraktion mit in den Ausschuss und werden da untereinander weiter beraten. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Müller. – Es erhält das Wort Herr Dolzer von der Fraktion DIE LINKE.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Der Verfassungsexper- te im Trainingsanzug!)

Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident! Frau Schneider sitzt für uns im Verfassungsausschuss, aber sie ist gerade auf einer Veranstaltung, deshalb werde ich unsere Position zum Antrag der AfD benennen, Herr Kruse. Der Verfassungsausschuss hat in mehreren Sitzungen möglichen Änderungsbedarf beim Wahlrecht beraten und unter anderem dazu eine Sachverständigenanhörung durchgeführt. Das war sehr gut und richtig. Es ist schon dargestellt worden von meinen Kolleginnen und Kollegen, dass diese Beratungen sehr wichtig sind, und ich denke, die sollten Sie auch wahrnehmen. Diese Beratungen sind noch nicht abgeschlossen, in den Fraktionen wird darüber diskutiert und in unserer Fraktion zum Beispiel sind wir noch in der Diskussion darüber. An der AfD scheint das irgendwie ein Stück weit vorbeigegangen zu sein.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Nein, keineswegs, Herr Dolzer!)

Alle Fraktionen außer Ihnen sind sich, glaube ich, auch der Problematik bewusst, dass momentan, wie es eben schon benannt worden ist, eine durch einen Volksentscheid initiierte und auf den Weg gebrachte Wahlrechtsreform besteht, die wir wieder ändern. Die Debatte darüber, in welchem Umfang das nötig und wünschenswert ist, findet im Verfassungsausschuss statt. Deshalb verstehe ich es nicht so ganz, warum Sie diese Debatte jetzt wieder in die Bürgerschaft verlagern, denn die Debatte im Verfassungsausschuss ist ausreichend. In diesem Ausschuss sind Sie bisher nicht weiter aufgefallen mit bedenkenswerten Vorschlägen.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Ich habe mich häufig zu Wort gemeldet!)

Dieser Antrag ist sehr umfangreich und vollkommen unverständlich. Inhaltlich ist er zum Teil juristisch nicht richtig und zum Teil nicht nachvollziehbar.