Protokoll der Sitzung vom 10.05.2017

Was man einmal erwähnen muss, ist auch, dass 97 Prozent aller Jugendlichen gar nicht straffällig werden. Es sind nur 3 Prozent, die straffällig in Erscheinung treten. 97 Prozent aller Jugendlichen sind überhaupt nicht involviert.

(Beifall bei der SPD – Dirk Nockemann AfD: Lesen Sie nie den Intensivtäterbericht?)

Aber ich habe es verstanden. Ihr Aufhänger ist natürlich die Ausländerkriminalität. Das ist immer das, was Sie nach vorn bringen: Die Flüchtlinge, die Zugereisten, das sind die, die hier ihr Unwesen treiben. Es ist wahr, dass die Tatbeteiligung bei den Deutschen gesunken ist; bei den Nichtdeutschen ist sie um 6,3 Prozent gestiegen. Das sind aber eigentlich nur platte Zahlen. Man muss wissen, dass hier natürlich auch Verstöße gegen das Aufenthalts- und Asylrecht berücksichtigt werden, die ein Deutscher gar nicht verüben kann – dazu muss man schon Ausländer sein –, und das sind sehr, sehr viele Fälle. Außerdem gehören Bagatelldelikte wie Schwarzfahren und, und, und dazu, die natürlich auch alle erfasst werden. Und das stellen Sie so da, als wenn das Wunder was für Straftaten seien.

(Dirk Nockemann AfD: Ja, es sind doch Straftaten, oder nicht, Herr Münster? Ant- worten Sie mal! – Gegenruf von der SPD: Ruhe! – Zurufe)

Ich habe eben versucht, Ihnen darzustellen, dass das sozusagen alles Bagatellsachen sind. Schwarzfahren hat etwas damit zu tun, wie vermögend man ist. Tun Sie doch nicht so, als wenn das ein großes Ding ist, wenn man schwarzfährt. Dafür bekommt man eine Anzeige, dafür geht man nicht ins Gefängnis.

Zu dem, was Sie zu den Sexualdelikten gesagt haben, muss man wissen, dass in der Statistik, die Sie zitiert haben, natürlich Silvester von 2016 mit drin ist. Dann gab es eine erhöhte Anzeigenbereitschaft, das ist klar. Aber ansonsten muss man wissen, dass die Täter eigentlich immer in irgendeiner Familienbeziehung standen.

(Dirk Nockemann AfD: Das ist doch egal! Deswegen ist es doch nicht weniger schlimm!)

Es ist also nicht so, wie Sie es darstellen, dass keine Frau in Hamburg mehr sicher ist. Das sind einfach Unwahrheiten, die Sie sagen; das sind teilweise Beziehungstaten innerhalb der Familie. Ich glaube, dass Sie hier ein bisschen Polemik an den Tag gelegt haben.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Ich kann aus der Polizeilichen Kriminalstatistik eigentlich nur herausnehmen, dass wir auf einem

guten Weg sind. Die Sicherheit ist bei diesem Senat in sehr guter Hand. Wir werden den Weg, den wir beschritten haben, dementsprechend fortführen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir werden aber auch …

(Glocke)

Schade. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Lenders von der CDU-Fraktion hat nun das Wort.

(André Trepoll CDU: Jetzt kommt das Ni- veau!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ja, da war schon Schluss, Kollege Münster, aber es gibt ja noch die Chance für eine zweite Runde.

Nachdem wir nun gehört haben, dass sich zwischen SPD und AfD zu dem angemeldeten Thema ein bisschen gestritten wird, wie es um die Fakten bestellt ist, versuche ich einfach einmal, die Fakten zu benennen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Hören Sie doch einfach zu.

Der leichte Rückgang bei den Straftaten darf doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir uns nach wie vor auf einem Zehnjahreshoch befinden und die Aufklärungsquote marginal zurückgegangen ist. Und zu diesen Fakten gehört einfach schlicht und ergreifend ein massiver Anstieg bei den Sexualdelikten um 25 Prozent. Es gehört dazu ein deutlicher Zuwachs bei den Rauschgiftdelikten – das sind die Fakten. Und es gehört dazu, dass wir nach wie vor eine gefestigte, eine verfestigte Rauschgiftszene haben in St. Pauli, St. Georg und in der Schanze. Es gehört dazu, dass wir 75 Drogentote in 2016 zu beklagen hatten und damit auf einem dramatischen, hohen Niveau liegen, wie auch die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz – wen wundert es, wenn man sich ansieht, wer dort regiert.

(Beifall bei der CDU)

Lieber Herr Dr. Dressel, das sind Fakten. Die sind recherchierbar, sie sind nachlesbar. Und zu diesen Fakten gehört auch, dass die Aufklärungsquote deutschlandweit bei 54 Prozent liegt und in Hamburg bei 43,1 Prozent. Das ist kein Ruhmesblatt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie wollen doch Ihre Kollegen nicht kritisieren, oder?)

Und es gehört auch dazu, dass die Häufigkeitszahl, also die Zahl der gemessenen Straftaten je 100 000 Einwohner, in Deutschland bei 7 161 liegt

(Arno Münster)

und in Hamburg, wen wundert's, bei 12 977 – ein trauriger Rekord, lieber Dr. Dressel. Aber in der falschen Richtung.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Bernd Bau- mann AfD)

Ich kann verstehen, dass die SPD-Führung geradezu gejuchzt und gejauchzt hat, als sie heute Morgen das "Hamburger Abendblatt" aufschlug und sah: Die Einbruchskriminalität geht zurück. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie selbst, Ihr Senat, posaunt ständig herum, dass derartige Zwischenstände nicht unbedingt realitätsnah seien und nicht gezählt werden dürften. Wenn die Zahl dann aber gut ist, kriegen Sie sich gar nicht wieder ein. Machen wir doch einmal die Bilanz am Ende des Jahres, lieber Dr. Dressel, und schauen wir dann einmal nüchtern die Fakten an, ob es so geblieben ist.

Zum Thema Einbruchskriminalität. Warum ist denn der Einbruchsdiebstahl so deutlich zurückgegangen? Wir haben im Jahr 2015 – und mit wir meine ich nicht etwa den rot-grünen Senat, sondern die ehrbare und gute und nachhaltige Arbeit der Polizei – die Besondere Aufbauorganisation Castle eingesetzt, und diese BAO Castle hat allein in dem ersten Halbjahr ihres Bestehens dafür gesorgt, dass wir eine Aufklärungsquote von sage und schreibe 53,7 Prozent hatten. Diese 53,7 Prozent in den nur von ihr übernommenen Fällen sagt doch deutlich etwas darüber aus, wie es ist, wenn man Polizei arbeiten lässt, wenn man Polizei entsprechend mit Personalressourcen ausstattet. Am Schluss kann man sagen, wie erfolgreich Polizeiarbeit ist, aber nicht die Arbeit des rot-grünen Senats, denn dort liegt der Einbruchsdiebstahl nach wie vor bei 11,9 Prozent. Das ist kein Ruhmesblatt.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Bernd Bau- mann AfD)

Die Professionalität, die Bereitstellung ausreichender Personalressourcen, das erwarten wir als CDU-Fraktion als Standard und nicht etwa als die rühmliche Ausnahme. Sie sehen bereits in diesem Jahr, dass die operativen Einheiten deutlich zurückgegangen sind, die die BAO Castle unterstützen, weil der G20 im Raum steht, weil Objektschutzmaßnahmen im Raume stehen. Sie werden erleben, dass dieser Rückgang bei den Einbruchskriminalitätszahlen, wenn Sie so weitermachen, nicht funktionieren wird. Und was macht der Senat? Er bildet kurzfristig Schwerpunkte, weil die entsprechenden Zahlen durch die Decke gehen, und versucht pausenlos, dieses Ganze zu kaschieren.

Lieber Kollege Münster! So etwas falle nicht vom Himmel, haben Sie zur Arbeit der Polizei gesagt. Ich sage Ihnen: Einige Ihrer steilen Thesen lassen selbst den einen oder anderen Rot-Autonomen in

der Roten Flora vom Barhocker fallen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Frau Möller von der GRÜNEN Fraktion hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lenders, Sie kennen sich aus – das mit den Barhockern in der Roten Flora finde ich einen interessanten Hinweis.

(Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Und der Rest der Rede war ähnlich.

Vielleicht versuche ich einmal einen sachlichen Einstieg,

(André Trepoll CDU: Ja, versuchen Sie mal was Neues!)

den ich aber gar nicht an Zahlen festmachen will, sondern an dem Prinzip der Polizeilichen Kriminalstatistik, die – ich bin schon ziemlich lange in diesem Parlament – schon ewig, seit es sie gibt, immer Spielball der Interpretation war: Interpretation durch die Opposition, Interpretation durch die Regierung. Ich finde, wir sind heute aber an einem Höhepunkt angekommen. Ich muss dazu einmal Herrn Lenders zitieren, der im Grunde gesagt hat, die steigenden Zahlen hätten immer etwas mit der Regierung zu tun. Ohne jede Differenzierung haben Sie das gesagt – man muss ja auch nicht differenzieren. Herr Nockemann sagt, Prozentzahlen, das interessiere ihn alles überhaupt nicht, es gehe um jede einzelne Tat. Gleichzeitig steigen Sie aber mit dem Rückgang um 1,9 Prozent ein, den Sie natürlich auch wieder kleingeredet haben – es ist übrigens der höchste Rückgangswert aller Bundesländer, aber das nur nebenbei.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Von daher: Was wollen wir eigentlich besprechen? Keine Prozentzahlen, keine Details, sondern dass die Regierungen immer schuld sind an dem, was wir an Aufklärungsquoten und Straftaten in dieser Stadt haben?

Jede Straftat ist eine zu viel. Das ist ein sehr banaler Satz, zeigt aber die Notwendigkeit an, selbstverständlich jede Straftat ernst zu nehmen. Deshalb halte ich es für Unsinn, die Arbeit einer Sonderkommission gewissermaßen lächerlich zu machen, indem man sagt, sie arbeite gut, aber … Herr Nockemann hat gesagt, dafür fehlten die Beamten an anderer Stelle, und Herr Lenders sagte, es gebe sie, aber sie sei aus der Not geboren. Das ist doch alles Unsinn. Wie reagiert man denn auf Straftaten? Ich bin, anders als Sie, Herr Lenders, nicht bei der Polizei.

(Joachim Lenders)

(André Trepoll CDU: Das ist auch gut so!)

Ich schaue mir das an und denke: Das, was die Polizei macht, ist genau richtig – sie reagiert mit gezielten, differenzierten Maßnahmen auf Entwicklungen bei den Straftaten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)