Es ist in Hamburg grundsätzlich so, dass wir nicht nur diese Maßnahmen in den einzelnen Behörden durchführen, auf die ich zum Teil schon eingegangen bin – beteiligt ist die Sozialbehörde, die Bildungsbehörde, die Justizbehörde, die Innenbehörde mit dem LKA und dem Landesamt für Verfassungsschutz und anlassbezogen auch noch weitere Be
hörden –, sondern dass wir all diese Maßnahmen durch ein Beratungsnetzwerk begleiten, regelhaft evaluieren, um möglichst frühzeitig festzustellen, wenn wir neue Entwicklungen haben in den unterschiedlichen Lebensbereichen in unserer Stadt.
Die Qualität unserer Arbeit liegt aus unserer Sicht darin, dass wir Vertreterinnen und Vertreter aus Behörden und Organisationen, die das Thema Prävention/Fachberatung von Multiplikatoren/spezialisierte Beratungsangebote vor Ort auf der einen Seite anbieten und Vertreterinnen und Vertreter von Behörden und Organisationen, die sich dem Thema Intervention/Strafverfolgung/Verfassungsschutz auf der anderen Seite widmen, sozusagen zusammengeknüpft haben an dieser Stelle und diese Menschen sich gegenseitig regelhaft über ihre eigenen Aktivitäten, neue Ansätze, neue inhaltliche Vorkommnisse informieren – daraus ist zum Beispiel das Thema zweite Generation, Justiz und so weiter entstanden – und begleiten lassen. Das ist erst einmal ein bisschen ungewöhnlich, deswegen ist es bisher auch einzigartig. Es hat aber dazu geführt, dass die Sitzungen, die mit einem regelmäßigen innenpolitischen Lagebericht starten, das Verständnis für die Arbeit auf der anderen Seite immer wechselseitig erhöht. Gleichzeitig sind Organisationen aus der Zivilgesellschaft eingebunden mit Projekten, die spezifisch der SalafismusPrävention dienen müssen – es kommen also nicht irgendwelche Sozialraumprojekte aus den Stadtteilen infrage. So haben wir aus unserer Sicht die beste Option, immer am Puls der Zeit zu sein und auf der einen Seite zu wissen, was in unseren Schulen, unseren Stadtteilen, in Moschee-Gemeinden und so weiter stattfindet, und auf der anderen Seite, welche Möglichkeiten es gibt, konkret auftretenden Problemen näherzutreten, und welche Ansätze sich bewährt haben und welche nicht. Das ist aus meiner Sicht der Grund, warum es an dieser Stelle sinnvoll ist, beides weiterhin so verknüpft zu machen und sich nicht mit der Frage zu befassen, wo man jetzt den größeren Schwerpunkt setzt, Intervention oder Prävention.
Frau Senatorin, mit dem Thema Salafisten in dieser Stadt ist unweigerlich lange verbunden gewesen das Thema "Lies!"-Aktionen. Nach dem Verbot der Kampagne "Lies!" schien die Werbeaktion von Salafisten in dieser Stadt seit dem vergangenen Jahr beendet, doch seit März stellen wir fest, dass die radikalen Muslime in Hamburg jetzt eine neue Strategie verfolgen. Sie verteilen nicht mehr die heilige Schrift des Islam, sondern eine Biografie des Propheten Mo
Sehr geehrter Herr Lenders – sehr geehrte Abgeordnete –, vielen Dank für die Frage. Das Verbot dieser sogenannten "Lies!"-Organisation geht auch auf Hamburger Initiative zurück. Wir waren die Ersten, die konsequent mit den Mitteln des Wegerechts angefangen haben, dem Thema auf eine andere Weise zu begegnen, als es bisher der Fall war. Wir werden die gleichen zugrundeliegenden Strategien, die bei "Lies!" funktioniert haben, jetzt auch anwenden. Ich kann Ihnen das nicht in jedem Detail erläutern; dafür werden Sie Verständnis haben. Das hat einerseits etwas damit zu tun, dass ich nicht die Innensenatorin bin – wie Sie vielleicht festgestellt haben –, andererseits aber auch ohne Zweifel damit, dass es Teil der Strategie ist, dass man sich nicht vollständig offenbart. Aber es ist dem Grunde nach so, dass es auch hier darum gehen wird, was verteilt wird. Und auch, wenn es eine Biografie ist, geht es um die Frage: Wie ist das Spannungsverhältnis zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung und unserer freien und säkularen Gesellschaft? Außerdem kann man in Hamburg weiterhin nicht einfach irgendetwas an irgendwelchen Straßenecken verteilen. Und spätestens hier sehen wir eine Möglichkeit zu intervenieren, und das werden und wollen wir auch tun an dieser Stelle.
Frau Senatorin, wie haben sich die Arbeit und die Ergebnisse der Beratungsstelle Legato seit dem ausführlichen Bericht in der Drucksache 21/5039 weiterentwickelt und hält der Senat deren aktuelle Mittelausstattung für angemessen?
Die Arbeit von Legato basiert dem Grunde nach auf vier Säulen. Die eine Säule – das macht Legato besonders und sehr gefragt in seiner Expertise – ist die Beratung für Angehörige, die in ihrem unmittelbaren Umfeld Radikalisierungstendenzen feststellen. Wir haben in den letzten Jahren gelernt, dass das der beste Weg ist, um überhaupt diejenigen, die sich radikalisieren, noch zu erreichen. Die zweite Säule, auf der die Arbeit von Legato beruht, ist die Ausstiegsberatung und -begleitung für die Betroffenen, sofern diese für uns erreichbar sind. Die dritte Säule bezieht sich auf das gesamte Thema Fachberatung von Multiplikatoren. Das will ich gar nicht ausführen; das ist Ihnen sicherlich alles bekannt. Dabei geht es um Veranstaltungen für Schulen, für Lehrer, für Sozialarbeiter im Stadtteil, eben das ge
samte Thema Fachberatung. Und die vierte Säule sind Gesprächsgruppen für Eltern und Angehörige, aber auch für sich radikalisierende Jugendliche. Hierin liegt ein Potenzial, und hier hat sich Legato sehr stark weiterentwickelt im letzten Jahr – konkret: in den letzten zwölf Monaten – und sich zunehmend immer einmal wieder dem Thema unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zugewandt auf der einen Seite und auf der anderen Seite Jugendlichen, die aus Haushalten kommen, die eigentlich gar keine religiöse Verortung hatten, wo also das sich radikalisierende Familienmitglied das erste ist, das sich dem Thema Religion überhaupt zuwendet.
Für diese neue Arbeit haben wir Legato gerade aktuell aufgestockt mit Mitteln, jeweils mit einer halben Stelle. Insgesamt hat die Beratungsstelle jetzt fast sechs Vollzeitstellenäquivalente – 5,3 und ein bisschen, und Honorarmittel noch dazu –, sodass wir der Auffassung sind, dass wir Legato angemessen ausgestattet haben. Es gibt aber, und das ist einmalig, eine Vereinbarung mit dem Träger: Sollte das für die aktuelle Arbeit nicht ausreichen, sollten weitere Herausforderungen hinzukommen, werden wir nicht zögern, Legato noch weiter auszuweiten, weil wir glauben, dass das ein wesentlicher Ankerpunkt ist, um Radikalisierung anzupacken, Ausreisen zu vermeiden, Isolation wieder aufzubrechen und damit am Ende einen Beitrag nicht nur für die Betroffenen, sondern vor allen Dingen für die Gesellschaft und die Sicherheit hier zu leisten.
Sehr geehrte Frau Senatorin, in der Sitzung des Sozialausschusses im September 2016 haben Sie angekündigt, dass erst im Halbjahr 2017 bekanntgegeben wird, wie die 4 Millionen Euro, die für die Jahre 2017 und 2018 zur Verfügung gestellt werden, aufgesplittet werden auf die einzelnen Projekte beziehungsweise auf welche Maßnahmen welche Beträge fallen. Wann wird diese Bekanntgabe erfolgen? Wir sind im Juni, also im Halbjahr.
Die einzelnen Aspekte, wie die Mehrausgaben sich verteilen, sind zum Teil schon durch Schriftliche Kleine Anfragen abgefragt worden von unterschiedlichsten Fraktionen dieses Hauses. Ich kann freistehend Folgendes zusammenfassen: Es handelt sich um insgesamt 23,5 mehr Stellen für das Landesamt für Verfassungsschutz. Es handelt sich um sieben Stellen mehr für das Landeskriminalamt, das Gefährderansprachen und auch Umfeldaufklärung durchführt. Es handelt sich um drei Stellen mehr in
der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration und drei Stellen in der Schulbehörde. Da sind dieses große Projekt im Justizvollzug, von dem ich eben gesprochen habe, und viele weitere kleinere Projektmaßnahmen, die wir gern zu Protokoll geben, weil ich nicht die Summen falsch zuordnen möchte. Das können wir so weit sagen.
Wir haben noch immer den Aspekt, dass wir sagen: Wir wollen diese Präventionsarbeit und diese Interventionsarbeit nicht vollständig ausdifferenzieren zum jetzigen Zeitpunkt, weil wir gelernt haben, dass immer wieder kleinere konzeptionelle Anpassungen erforderlich sind, für die wir uns die nötigen Mittel freihalten wollen, um dann etwas tun zu können, wenn es erforderlich ist. Aber das kann ich schon sagen.
Dann sehe ich … – Doch, Entschuldigung. Aus Reihen der FDP-Fraktion gibt es auch eine Nachfrage. Frau von Treuenfels-Frowein, bitte.
Uns nicht vergessen; wir hatten immerhin den "Lies!"-Verbotsantrag gestellt, um das hier noch einmal klar zu sagen. Aber jetzt zu meiner Frage. Es wurde angekündigt, dass für radikalisierte oder sich radikalisierende Gefangene zwei Stellen geschaffen werden sollten, um diejenigen zu betreuen. Ist das mittlerweile erfolgt, und wenn ja, gibt es schon erste Erkenntnisse, wie das funktioniert im Strafvollzug?
Ich kann Ihnen sagen, die Stellen sind ausgeschrieben. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob sie schon besetzt sind; das würde ich bei der Justizbehörde nachfragen und nachliefern für Sie.
Es sind erhebliche Projektmittel, die wir dafür vom Bund aus dem Projekt "Demokratie leben!" bekommen. Konkret funktioniert es so, gemeinschaftlich mit Legato in einem Projekt, das Legato PräJus heißt, Gefangene im Vollzug anzusprechen, ihnen einen Raum zu geben, damit sie nicht – und das haben wir nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in anderen Ländern festgestellt – über den Justizvollzug der Radikalisierung anheimfallen. Dazu gehört auch in einem gewissen Rahmen eine religiöse Betreuung, wobei diese keine übergeordnete Rolle spielt. Es bietet zudem die Möglichkeit, über Angehörige von Gefangenen diese zu erreichen, wenn sie feststellen, es tut sich irgendetwas, derjenige wendet sich ab, er wendet sich anderen Themen zu.
Das ist es, was ich grob sagen kann. Das Projekt ist jetzt konzeptionell fertig, ist gerade an den Start gegangen, und ich bin relativ sicher, dass in den
Frau Senatorin, Sie haben eben auf die Nachfrage des Abgeordneten Abaci geantwortet, dass Sie darauf schauen, welche Maßnahmen erfolgreich sind und welche weniger erfolgreich sind. Ich hätte die Frage, ob Sie das ein bisschen konkretisieren könnten und einmal ein oder zwei Beispiele nennen können, und vor allen Dingen, ob Sie das Verbot der "Lies!"-Kampagne im Nachhinein als erfolgreich betrachten würden. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Abgeordneter, sehr geehrte Damen und Herren! Zu Ihrer letzten Frage: Ja, ich halte es für einen Erfolg, dass das gelungen ist. Es hat eine Reihe von führenden Menschen in dieser Republik bezweifelt, dass es gelingen würde. Insofern glaube ich, dass es richtig war, das zu tun, und ich halte es auch so weit für erfolgreich, auch wenn wir – es ist schon angesprochen worden durch andere Fragesteller – weiterhin aufmerksam sein müssen für Nachfolgefragen aus diesem Thema. Das eine schließt das andere ja nicht aus.
Auch das Zweite will ich gern beantworten. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Projekte, die sich vollständig dem Thema Trennung von Individuen und Religion widmen, die also sagen "Du darfst diesem Glauben gar nicht mehr anhängen" oder "Es ist grundsätzlich schlecht oder generell schwierig, wenn du hier in Hamburg eher dem Islam zuneigst als einer anderen Religion, es gibt andere Möglichkeiten, sei säkular", die also das gesamte Thema Religion zu sehr negativ konnotieren, nicht so erfolgreich sind wie Projekte, die sagen: "Es gibt einen Islam, der sehr viel mehr erlaubt, als du dir im Moment vorstellen kannst und als das, was dir die Menschen sagen, durch die du dich im Moment angesprochen fühlst. Du bist auch für uns ein wertvoller Mensch. Wir erreichen dich unmittelbar." Diese Projekte, die auch Fragen zum Beispiel zur Pubertät, zur fehlenden Bindung zum Elternhaus aufgreifen, sind sehr viel erfolgreicher. So allgemein würde ich das an dieser Stelle beantworten.
Wir kommen zu unseren Schussabstimmungen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf, die Berichte des Eingabenausschusses.
Wer möchte sich hier den Empfehlungen zu den Eingaben 336/17 und 438/17 anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist bei einigen Enthaltungen einstimmig angenommen.
Wer möchte darüber hinaus den Empfehlungen zu den übrigen Eingaben folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Wer möchte sich hier der Empfehlung anschließen, die der Eingabenausschuss zu der Eingabe 297/17 abgegeben hat? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das bei einigen Gegenstimmen so verabschiedet.
Wer möchte den Empfehlungen zu den Eingaben 263/17, 270/70 und 299/17 folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das bei wenigen Enthaltungen einstimmig beschlossen.
Wer darüber hinaus den Empfehlungen zu den übrigen Eingaben folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig beschlossen.