Protokoll der Sitzung vom 12.07.2017

(Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Meine Damen und Herren! Das Wort hat nur Herr Senator Grote. Ich weise darauf hin, dass unmittelbar nach seiner Rede der Ältestenrat einberufen wird. Hören Sie bitte jetzt Senator Grote zu.

Stattdessen hören wir uns dann von Ihnen wieder lange Ausführungen über die angeblich eskalierende Linie der Hamburger Polizei an. Ich möchte einmal erinnern: Ja, die Hamburger Polizei hat eine klare Linie, dass Rechtsübertretungen, Rechtswidrigkeiten auch in Versammlungslagen nicht toleriert werden. Diese Konsequenz hat dazu geführt, dass wir in den gesamten letzten Jahren ein ständig abnehmendes Maß an Gewalt und an Eskalation, etwa im Bereich des 1. Mai oder auch des Schanzenfestes, hatten. Wir haben eine deutlich beruhigte Lage gehabt in den letzten Jahren. Wir haben im Übrigen auch im Kontext G20 über 50 Versammlun

gen gehabt, die völlig friedlich und unproblematisch verlaufen sind, weil die Anmelder sich entsprechend verhalten haben und die Versammlungsteilnehmer auch. Es gab eine einzige Versammlung, "Welcome to Hell", wo es zu Zwischenfällen gekommen ist. Die Maßnahmen, die Sie vorher quasi als Aufgabe und Gefährdung der demokratischen Freiheit in unserer Stadt diffamiert haben – wie die Allgemeinverfügung –, haben sich bewährt, und ich möchte gar nicht wissen, was passiert wäre, wenn wir sie nicht gehabt hätten.

Sie haben nicht geglaubt und glauben bis heute nicht, dass die Gewalteskalation in der Stadt irgendetwas mit den Camps zu tun hatte. Ich kann Ihnen aber sagen, dass die polizeiliche Erkenntnislage ganz klar belegt, dass das Camp im Volkspark ein maßgeblicher Ausgangspunkt

(Christiane Schneider DIE LINKE: Da ist doch jede Kartoffel kontrolliert worden!)

für die Gewalttätigkeit in den Gipfeltagen dieser Stadt gewesen ist, und es wäre gut, wenn Sie zumindest jetzt das anerkennen würden.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Bei der Demo am Donnerstag, "Welcome to Hell", wo wir alle von Anfang an wussten, mit welchem Gewaltpotenzial sich diese Versammlung verbindet, ging es darum, den Schwarzen Block, die Täter, die Gewalttäter, die anschließend über unsere Stadt hergefallen sind,

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Das wis- sen Sie doch gar nicht! Was behaupten Sie denn da!)

aus der Versammlung auszuschließen, um den übrigen eine friedliche Versammlung zu ermöglichen. Das war das Ziel. Und wenn jemand glaubt, gegenüber diesen Gewalttätern hätte ein besonders passives oder nachlässiges Vorgehen der Polizei dazu geführt, dass sie auf ihr Tun verzichtet hätten, dann hat er immer noch nicht begriffen, wer in dieser Stadt unterwegs war.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU und der FDP – Deniz Celik DIE LINKE: Sie haben die Menschen unter Generalver- dacht gestellt!)

Deswegen hoffe ich sehr, dass wir in dem gesellschaftlichen Dialog, den wir jetzt vor uns haben, eine Situation hinbekommen, in der endlich ganz klar von allen Beteiligten das Bekenntnis steht und der Konsens zwischen allen gesellschaftlichen Gruppen in der Stadt, dass Gewalt im politischen Kontext nichts zu suchen hat. Ohne diesen Konsens werden wir keine Situation erzeugen können, in der das, was wir an den Gipfeltagen erlebt haben, nie wieder passiert in unserer Stadt. – Vielen Dank.

(Senator Andy Grote)

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der CDU und der AfD)

Herr Senator, ich weise Sie darauf hin: Es war vorher vereinbart worden, dass der Senat 40 Minuten Redezeit hat. Mit Ihrem Beitrag hat der Senat seine Redezeit um fast 14 Minuten überschritten. Aber es ist natürlich so, dass nach der Verfassung der Senat unbegrenzte Redezeit hat, darum haben Sie weiterreden dürfen. Wir haben auch vereinbart, dass die Redezeit, anders als sonst, nicht auf die Redezeit der Fraktionen angerechnet wird. Das als kurzer Hinweis. Und jetzt berufe ich den Ältestenrat ein.

Unterbrechung: 16.46 Uhr

Wiederbeginn: 17.02 Uhr

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet. Wir setzen die Beratungen fort. Die Fraktionen haben vereinbart, dass die 14 Minuten Redezeit, die der Senat eben mehr in Anspruch genommen hat, auch jeder Fraktion zur Verfügung stehen werden.

Die Aussprache wird fortgesetzt mit Herrn Gladiator von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! André Trepoll und ich haben in den Tagen des G20-Gipfels in der Tat mit vielen Polizistinnen und Polizisten gesprochen. Wir waren in der Einsatzbegleitung dabei, und was man dort erlebt hat, war wirklich bedrückend: die Angst der Polizeibeamten vor dieser entmenschlichenden Gewalt, aber auch, wenn man die Angriffe gesehen hat, mit welcher Brutalität der Linksextremismus sich gezeigt hat. Es wurden nicht nur mit Flaschen und Steinen, mit Stahlkugeln und Molotowcocktails Polizisten angegriffen, man muss es deutlich sagen: Das waren Tötungsversuche. Das bedrückt und das macht betroffen.

Vor diesem Hintergrund darf man dann auch einmal erwähnen, was in dieser Stadt manchen durch den Kopf geht. Da wird davon gesprochen, die Polizei habe provoziert und eskaliert. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wer mit Steinen und Flaschen, mit Stahlkugeln und Pyrotechnik bewaffnet auf eine Demonstration geht, der braucht keine Provokation der Polizei, der will das, was er von langer Hand geplant hat: Der will Gewalt, der will Menschen verletzen und im Zweifel töten. Also ist es völlig irre, davon zu sprechen, dass es hier in Hamburg eine Provokation und Eskalation durch die Polizei gegeben hat.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und der AfD)

Man muss es so deutlich sagen: Wer das behauptet und die Schuld bei der Polizei sucht – man hat das zwar nicht in Pressemitteilungen von Kollegen dieses Hauses gelesen, aber durchaus in Veröffentlichungen in den sozialen Medien –, der macht sich für diese Taten schlichtweg mitverantwortlich. Auch wenn es einem nicht gefällt, das ist Fakt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Da gibt es vor allem die Rote Flora, die Sympathie hat für die brutalsten Angriffe, die es in dieser Stadt gegeben hat. Die Rolle der Roten Flora ist aus allen Erkenntnissen bekannt, nämlich dass sie bei der Mobilisierung mitgeholfen hat. Man muss daher schon klar fragen, wie lange man dem noch zuschauen will. Insofern ist die Forderung, die klipp und klar erhoben wurde, richtig: Es muss ein Ende der Roten Flora geben.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Genauso richtig sind aber auch die Worte an die Fraktion DIE LINKE. Solange Sie mit der Interventionistischen Linken kooperieren, einer linksextremistischen Gruppierung, die zwar wahnsinnig charmant ist, wenn sie sich in Zeitungen äußert und sich einen fast bürgerlichen Anstrich gibt, die aber vom Verfassungsschutz beobachtet wird, weil sie gegen unseren Rechtsstaat gerichtet ist, weil sie Gewalt toleriert, solange Sie mit ihr kooperieren, solange Sie mit dem Schwarzen Block Hand in Hand über Demos marschieren, brauchen Sie sich hier gar nicht unschuldig zu geben. Sie haben die politische Mitverantwortung für das, was in der Stadt passiert ist. Sie sind nicht Teil der Lösung, Sie sind Teil des Problems, das wir erlebt haben.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und der AfD)

Herr Dr. Dressel, ich fand Ihre Worte zutreffend und gut, die Sie an die LINKEN gerichtet haben, ich habe mich allerdings gefragt, wie ernst Sie sie meinen. Denn das ist immerhin die Fraktion, mit der Sie im Bund koalieren wollen,

(Zurufe von der SPD: Ah! – Dr. Andreas Dressel SPD: Da machen Sie sich mal keine Sorgen!)

und aus der Bundespartei waren die gleichen Vorwürfe zu hören wie hier von der Hamburger LINKEN. Sie wollen mit denen koalieren. Da sind Ihre Worte doch schon völlig anders einzuschätzen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Innensenator, auch Ihre Worte und Ihre Vorwürfe an die LINKEN habe ich mit Interesse gehört. Wir sind in dieser Frage wahrscheinlich dicht beieinander. Ich stelle mir die Frage: War das die Ankündigung, dass DIE LINKE ab morgen vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird? Ich wäre da sehr bei Ihnen. Aber dann müssen Sie Ihren Worten auch Taten folgen lassen

(Senator Andy Grote)

und können diesem Geschehen nicht einfach so zusehen.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Dann haben wir heute gehört in dem Maßnahmenpaket und bei den Konsequenzen, die der Bürgermeister angekündigt hat, der Linksextremismus müsse jetzt stärker bekämpft werden. Meine Damen und Herren, das ist keine Neuerkenntnis für die meisten in diesem Haus. Wir haben Sie mehrfach aufgefordert mit Anträgen, aber auch Beratungen, dass Sie den Linksextremismus als Gefahr erkennen, dass er eben nicht als Lebensgefühl anerkannt wird, dass Sie mit uns gemeinsam alles unternehmen, um den Linksextremismus politisch zu bekämpfen, präventiv zu bekämpfen und konsequent gegen ihn vorzugehen. Es war Rot-Grün, die immer wieder gesagt haben: Das ist kein Problem für unsere Stadt, wir stimmen den Anträgen nicht zu. Sie haben drei Anträge, die wir in den letzten Jahren gestellt haben, abgelehnt. Insofern ist es wenig glaubwürdig, wenn Sie das jetzt als große neue Ankündigung in den Raum stellen. Aber wenn Sie es denn ernst meinen, muss ich sagen – und da spreche ich, glaube ich, für viele Hamburgerinnen und Hamburger –: Es ist wirklich bitter, dass es erst in Teilen der Stadt brennen musste, dass es so viele verletzte Polizisten geben musste, bis Sie die Einsicht gewinnen, dass der Linksextremismus eine Riesengefahr für unsere Stadt ist. Es ist bitter, dass so viel passieren musste, bevor auch Rot-Grün versteht, wo das Problem ist.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben mehrfach und auch heute wieder den Eindruck erweckt, das sei alles nicht vorhersehbar gewesen. André Trepoll hat es gesagt und ich will es noch einmal erwähnen, weil es wirklich eine Frechheit ist, was Sie hier abziehen. Womöglich haben Sie all die Sicherheitsberichte nicht gelesen;

(Wolfgang Rose SPD: André Trepoll offen- bar auch nicht!)

das kann ich mir bei Rot-Grün sogar vorstellen. Aber Sie waren in diesem Hause anwesend, als wir darüber debattiert haben. Wir haben – das habe ich von dieser Stelle aus getan – aus den öffentlich zugänglichen Berichten zitiert. Wir haben auf diese Gefahren hingewiesen. Wir haben darauf hingewiesen, dass es Gift wäre, wenn die GRÜNEN sich weiter in die Sicherheitspolitik einmischen. Und was haben wir von Ihnen gehört? Ich will nur zwei Zitate noch einmal in Erinnerung rufen. Sie haben das als Verschwörungstheorien abgetan, Herr Dr. Dressel, Herr Dr. Tjarks und Frau Möller. Sie haben gesagt, wir würden Horrorszenarien erfinden und damit eskalieren. Auch Sie wussten also um die Gefahren, haben sie aber aus politischen Gründen verharmlost und negiert und damit politische Verantwortung auf sich geladen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Weil Sie den Innenausschuss angesprochen haben: Ich weiß nicht, welche Kollegen Ihnen berichtet haben. Natürlich haben wir das Sicherheitskonzept beraten und natürlich hat keiner an dieser Stelle die Arbeit der Polizei kritisiert. Aber auch im Innenausschuss haben wir vor genau diesen Gefahren gewarnt, und es war Frau Möller, die uns dann wieder vorgeworfen hat, wie wir nur so schlimme Szenarien an die Wand malen könnten, wie wir vor solchen Gefahren warnen könnten, das sei doch wahnsinnig von uns, das sei eskalativ. Wir wurden kritisiert, weil wir auf die Gefahren hingewiesen haben; Sie haben den Blick völlig verloren für diejenigen, die diese Gewalt angedroht hatten und mittlerweile auch verübt haben.

(Zuruf von Arno Münster SPD)

Wir müssen feststellen, dass all das, was angekündigt war, wovor die Sicherheitsbehörden gewarnt haben, genau das ist, was eingetreten ist. Das kann doch nicht überrascht haben. Es war – ich kann fast wörtlich aus meiner Rede von damals zitieren – das Ziel der Linksextremisten, Polizisten mit aller Härte anzugreifen, möglichst viele Krawalle in der Stadt zu verursachen, in die Breite zu gehen, in die Fläche zu gehen, Schäden anzurichten. Es ging nicht nur darum, Herr Bürgermeister, den Gipfel zu stören. Das war eine der Absichten dieser irren militanten Linksextremisten, sie haben aber weitere Taten angekündigt. Insofern muss man feststellen: Entweder haben Sie sich wirklich nicht vorbereitet, weil Sie sich so auf den Gipfel und die Hochglanzbilder gefreut haben, oder Sie haben die Hamburgerinnen und Hamburger getäuscht, und das vorsätzlich. Beides, Herr Bürgermeister, ist mit dem Amt eines Bürgermeisters und dem Amtseid, den Sie geleistet haben, nicht vereinbar.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Und dann spielen auch die GRÜNEN eine Rolle. Wir haben erlebt, dass die GRÜNEN sich in die Sicherheitsvorkehrungen eingemischt haben. Es gab den Justizsenator, der sich hier geäußert hat, es solle keine Demonstrationsverbote geben. Es gab einen Parteitag, der die Allgemeinverfügung kritisiert hat, der Camps zulassen wollte. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns alle nur einmal zehn Sekunden darüber nachdenken, was passiert wäre, wenn es die Allgemeinverfügung nicht gegeben hätte, wenn es keine Beschränkungen in der Stadt für Demonstrationen gegeben hätte. Die Polizei wäre noch weniger in der Lage gewesen, die Sicherheit herzustellen. Dass die GRÜNEN immer wieder die Sicherheitsmaßnahmen torpediert haben, bleibt hängen. Das ist auch ein Teil der Verantwortung. Hier ist die Koalition schon vor dem Gipfel in einem wichtigen Punkt auseinandergeflo

gen: in dem Streit über das, wie man die Stadt sichern und schützen soll. Das können Sie auch mit schönen, wohlfeilen Reden heute nicht wegwischen.

(Beifall bei der CDU)

Ich darf den Innensenator zitieren, der der "Hamburger Morgenpost" und dem "Hamburger Abendblatt" berichtete, wo immer er in der Bundesrepublik das Sicherheitskonzept vorstelle, bekomme er eine Antwort: Das Sicherheitskonzept bewege sich am unteren Rand dessen, was nötig sei. Das hat der Innensenator berichtet, wenn er sein Konzept überall im Land vorgestellt hat. Ja, dann war es wahrscheinlich ein Fehler, dass man, vermutlich aus Rücksicht auf die GRÜNEN,