Protokoll der Sitzung vom 11.10.2017

Wer möchte diesem Überweisungsbegehren seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen worden.

Dann rufe ich auf Tagesordnungspunkt 32, Drucksache 21/10505, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Alle Winter wieder: Winternotprogramm 2017/2018 ganztägig und für alle öffnen.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Alle Winter wieder: Winternotprogramm 2017/2018 ganztägig und für alle öffnen – Drs 21/10505 –]

Die Fraktionen sind übereingekommen, die Debatte hierzu zu streichen. Es liegt ein Antrag auf Überweisung an den Sozialausschuss vor.

Wer also möchte diesen Antrag an den Sozialausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen worden.

(Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

Dann rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 30, Drucksache 21/10503, Antrag der FDP-Fraktion: Für einen ehrlichen und transparenten Denkmalschutz.

[Antrag der FDP-Fraktion: Für einen ehrlichen und transparenten Denkmalschutz – Drs 21/10503 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: Freie und Abrissstadt Hamburg: Denkmalschutz in Hamburg verbessern! – Drs 21/10618 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/10618 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

Die Drucksache 21/10503 möchten die Fraktion DIE LINKE und die FDP-Fraktion an den Kulturausschuss überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Herr Meyer von der FDP-Fraktion, bitte schön.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Novelle des Denkmalschutzgesetzes 2013 haben wir in den vergangenen Monaten intensiv diskutiert. Dabei ist deutlich geworden, dass sich zumindest die große Mehrheit hier im Parlament grundsätzlich einig ist, dass Denkmalschutz als hoheitliche Aufgabe ernst zu nehmen ist und wir gemeinsam das kulturelle Erbe unserer Stadt für die nachfolgenden Generationen bewahren müssen und auch wollen. Meine Fraktion hat aus heutiger Sicht 2013 allerdings völlig zu Recht gegen das novellierte Denkmalschutzgesetz gestimmt, weil sich die damaligen Befürchtungen inzwischen größtenteils bewahrheitet haben. Schließlich sehen wir heute, dass Anspruch und Realität beim Denkmalschutz weit auseinanderklaffen und der Senat auch vier Jahre nach Gesetzesnovelle seinen selbstgesteckten Zielen nicht gerecht wird. Wer den Denkmalschutz in unserer Stadt wirklich voranbringen möchte, kommt daher an Nachbesserungen nicht vorbei. Die öffentliche Anhörung, die wir im Kulturausschuss durchgesetzt haben, war de facto eine Expertenanhörung, und ich empfehle jedem, der unserem Antrag heute nicht folgen mag, sich das Wortprotokoll der denkwürdigen Sitzung noch einmal deutlich zu Gemüte zu führen.

Mit unseren Vorschlägen, die wir im Antrag formuliert haben, möchten wir den Denkmalschutz ehrlicher und transparenter machen. Zuallererst muss der Staat selbst bei seinen eigenen Denkmälern mit leuchtendem Beispiel vorangehen. Dazu passt es nicht, dass immer wieder städtische Gebäude abgerissen werden, während viele Bürger die denkmalpflegerischen Auflagen Ihrer Immobilie streng befolgen müssen. Deshalb möchten wir er

reichen, dass die Stadt regelmäßig ihre Denkmäler im Bestand überprüft und die notwendigen Maßnahmen zum Erhalt dieser Objekte veranlasst. Eigentum verpflichtet, und das gilt nicht nur für Privatleute.

Zweitens möchten wir das Bewusstsein für die Bedeutung des Denkmalschutzes in der Öffentlichkeit stärken. Dazu müssen Bildungsmaßnahmen auf allen Ebenen intensiviert werden. Denkmäler sind lebendige Belege unserer Geschichte, an dessen Erinnerung es manchen Menschen mangelt. Schließlich hat Denkmal etwas mit denken zu tun, und in Zeiten, in denen Geschichtsvergessenheit um sich greift, ist das Wissen um unsere Geschichte wichtiger denn je. Auch diesem Anspruch, der sich aus dem Gesetz ergibt, wird der Senat in der Umsetzung nicht gerecht.

Besonders wichtig ist uns drittens und viertens, dass private Eigentümer mehr Rechtssicherheit erhalten. Die Kriterien, nach denen ein Objekt unter Schutz gestellt werden kann, müssen konkretisiert werden und privaten Immobilieneigentümern muss ein Rechtsanspruch auf eine belastbare Denkmalwertbegründung eingeräumt werden, schließlich ist der Eingriff in das Eigentum erheblich und zieht vielfach Auflagen mit baulichen und vor allem kostenträchtigen Konsequenzen nach sich.

Zudem ist es uns wichtig, den Denkmalrat aufzuwerten. Dieses unabhängige Expertengremium sollte mehr Gewicht bekommen, indem es neben einem Budget auch Entscheidungsbefugnisse bei städtischen Abrissmaßnahmen erhält und die zuständige Behörde verpflichtend Stellungnahmen zu Positionen des Denkmalrats abzugeben hat. Die Stärkung des Denkmalrats ist deshalb so wichtig, weil es im Stadtstaat Hamburg keine Trennung in untere und obere Denkmalbehörde gibt. Die fehlende Kontrollinstanz könnte durch den Denkmalrat zumindest teilweise kompensiert werden. Hinzu kommt, dass das Fachamt sich nicht selbstständig äußern darf, sondern in die Kommunikation des Senats eingegliedert ist. Das tut dem Denkmalschutz nicht gut in dieser Stadt.

Die Maßnahmen, die wir in unserem Antrag vorschlagen, sind vielfach von Experten in der Anhörung im Kulturausschuss genannt oder anderweitig von Fachverbänden artikuliert worden, sie sind daher von einem breiten fachlichen Konsens getragen. Zeigen Sie mit Ihrer Zustimmung zu unserem Antrag, dass Sie Denkmalschutz mit Ernsthaftigkeit betreiben und entschlossen sind, die offensichtlichen Lücken zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu schließen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Dr. Vértes-Schütter von der SPD-Fraktion.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Kollege Meyer! Die öffentliche Anhörung zum Thema Denkmalschutz hat vor allem eines deutlich gemacht: Die Reform des Denkmalschutzes mit Einführung des Ipsa-lege-Prinzips war ein Erfolg.

(Beifall bei der SPD)

Die im Zuge der Novelle geäußerten Befürchtungen haben sich als unbegründet erwiesen. Die prophezeite Klagewelle ist nicht eingetreten, stattdessen gibt es eine gute partnerschaftliche Zusammenarbeit von Denkmalschutzamt und Bürgerinnen und Bürgern, wie es das Gesetz vorsieht.

(Beifall bei der SPD)

Die Genehmigungsfristen werden eingehalten und es gibt kaum Abbruchanträge oder Denkmalaufhebungen. Viele Neubauvorhaben finden in und neben Denkmalensembles statt und werden gut mit dem Denkmalschutzamt abgestimmt. Wie angestrebt verschafft das Gesetz den Denkmaleigentümern eine größere Rechtssicherheit, da keine Unterscheidung zwischen erkannten und geschützten Denkmälern mehr gemacht wird. Die Denkmalbegründungen sind sorgfältig erarbeitet und stellen eine verlässliche Grundlage dar. Zudem hat die Novelle zu mehr Transparenz geführt, da alle Denkmaleigentümer im Rahmen einer umfassenden Benachrichtigungsaktion darüber informiert wurden, dass Sie Eigentümerin oder Eigentümer eines Denkmals sind. Sie wurden auch darüber informiert, dass sie jederzeit die Möglichkeit haben, die Begründung für den Denkmalwert ihres Gebäudes abzufragen. Die Zahl der Stellen schließlich wurde erhöht, bei gleichzeitigem Bürokratieabbau.

Trotz dieser nicht wirklich neuen Faktenlage werden die Fraktionen von FDP und CDU nicht müde, das Ipsa-lege-Prinzip immer wieder anzugreifen und neue bürokratische Hürden vorzuschlagen. So auch mit den heute vorliegenden Anträgen, die außerdem wenig zweckdienliche, dafür aber umfangreiche Bestandsaufnahmen fordern. Der eigentliche Kern Ihres Antrags, Ihr eigentliches Anliegen ist: Sie wollen das Rad zurückdrehen.

Ärgerlich finde ich, dass Sie über das im Ausschuss Gesagte hinweggehen, und das betrifft vor allem die Rolle des Denkmalschutzrats und die Frage nach der Kooperation. Der Wunsch nach Mitteln für die Vergabe von Gutachten wurde in einem einzigen Fall laut, in dem der Denkmalschutzrat eine kritischere Herangehensweise als das Denkmalschutzamt für geboten hielt. Die Akteure haben sich hier darauf verständigt, gegebenenfalls auf Kosten des Denkmalschutzamts weitere Expertise hinzuzuziehen. Ihre Forderung nach Ausweitung der Befugnisse des Denkmalrats ausschließlich bezogen auf Objekte in öffentlichem Eigentum können Sie mit Ihren rechtsstaatlichen Grundsät

zen nicht wirklich in Deckung bringen. Sie verlieren hier jedes Maß und jede Mitte.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blö- meke GRÜNE – Jörg Hamann CDU: Die Stadt kann doch Vorbild sein! Das steht so- gar im Gesetz!)

Das ist einfach schade, weil durch Ihre Haltung eine Verständigung und eine sachliche Debatte darüber erschwert wird, wie wir gemeinsam den Herausforderungen im Spannungsfeld von Denkmalschutz, Stadtentwicklung und begrenzten Ressourcen gerecht werden können. Ich nehme die schwierigen Diskussionen zum Umgang mit der Nachkriegsmoderne dabei nicht aus. Zu einer ehrlichen und transparenten Debatte gehört die Feststellung, dass es kein Denkmalschutzrecht gibt – und auch keines geben kann –, das auf die Abwägung verschiedener Interessen gänzlich verzichten kann.

Die Schlussfolgerungen aus der Evaluation des neuen Denkmalschutzrechts, die der Senat in absehbarer Zeit vorlegen wird, werden Anlass sein, die Debatte zur Weiterentwicklung des Denkmalschutzes konstruktiv weiterzuführen. Auf der Grundlage Ihrer Anträge halten wir eine weitere Befassung im Fachausschuss nicht für zielführend. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Wersich von der CDUFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Initiative der FDP für einen besseren Denkmalschutz ist genau richtig

(Beifall bei der CDU und der FDP)

und mit unserem Antrag ergänzen wir die Vorschläge.

Frau Vértes-Schütter, ehrlich gesagt, ich fand Ihre Argumentation voll daneben.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir beobachten schon wieder, dass Sie etwas behaupten über die Haltung der Opposition, um sich dann daran abzuarbeiten. Stellen Sie sich bitte lieber der Realität in dieser Stadt, und das heißt, stellen Sie sich auch der Realität, die die Experten in der Anhörung genannt haben. Ich möchte Ihnen das deshalb wirklich noch einmal vorhalten. Kristina Sassenscheidt, die Vorsitzende des Hamburger Denkmalvereins, hat gesagt:

"Auf der Ebene der Verwaltung herrscht in unseren Augen zu wenig Transparenz über verwaltungsinterne Abwägungsprozesse. Insbesondere wenn andere städtische Inter

essen betroffen sind, werden Entscheidungen oft in Hinterzimmern gefällt. Fachliche Einwände des Denkmalschutzamtes landen höchstens als Stellungnahme in den Akten, aber werden der Öffentlichkeit in der Regel vorenthalten."

Sie sagt dann weiter:

"Die Stellensituation im Denkmalschutzamt ist bis heute in unseren Augen unzureichend."

Sie fordert:

"Der Denkmalschutz in Hamburg sollte besser ausgestattet werden! Das heißt konkret personelle Aufstockung im Denkmalschutzamt, finanzielles Budget für den Denkmalrat und strukturelle Förderung des Denkmalvereins."

Und sie ist nicht die Einzige. Elinor Schües, die Vorsitzende des Denkmalrats, wird sogar noch klarer. Sie sagt, Hamburg

"[…] hat […] seit dem Erlass des Ipsa-legeGesetzes ja gleich mehrfach gegen seinen eigenen Paragraf 1 verstoßen, Sie haben sich nicht als Vorbild in Sachen Denkmalschutz erwiesen. Stattdessen bestimmen Senat, Oberbaudirektor – Stichwort City-Höfe – oder Schulsenator – Stichwort Geschwister-Scholl-Schule –, was in dieser Stadt ein Denkmal ist. Es gibt demgegenüber kein unabhängiges, fachliches Gegengewicht."

Mit Ihrer Rede, Frau Vértes-Schütter, ist das eine schallende Ohrfeige für die, die in dieser Zivilgesellschaft und im Denkmalrat für den Denkmalschutz tätig sind.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der LIN- KEN)