Es geht vor allem um solche Fälle, in denen der Ermittlungserfolg durch die Zurückstellungen nicht gefährdet ist. Die Kripo würde wahrscheinlich sagen: Wir achten darauf, dass uns nichts anbrennt.
Und wenn aktuell thematisiert wird, dass wir 8 000 dieser Zurückstellungen haben, dann ist das natürlich ein Umstand, wo man erst einmal sagen kann, oh Mann, das ist eine hohe Zahl. Wer das allerdings einen Skandal findet, weiß nicht, welches Arbeitspensum unsere Kripo eigentlich leistet. Herr Schumacher hat es gesagt, allein in den ersten drei Quartalen hatten wir 150 000 abgeschlossene Verfahren. Nehmen wir also nur einmal an, dass unter den 8 000 Vorgängen, über die wir im Moment sprechen, vielleicht 4 000 sind, bei denen es sich tatsächlich um Straftaten handelt, aus denen dann auch Ermittlungsverfahren entstehen,
und sie schon abschließend bearbeitet worden wären. Wenn es nur 4 000 wären – und das ist, glaube ich, keine ganz unzutreffende Schätzung –, dann wäre das die Arbeitsrate von einer Woche. Das ist das, worüber wir sprechen: den Rückstand von einer Woche.
Wenn wir uns dann ansehen – und ich will nicht sagen, dass wir hier nicht auch ein Problem haben, mit dem wir umgehen müssen, aber wir müssen
ein realistisches Bild der Situation zeichnen –, dass allein ungefähr 50 Prozent dieser Fälle in die Bereiche Warenkreditbetrug/Internetbetrug fallen, häufig zum Nachteil von Versandunternehmen …
Ich will nicht sagen, dass das keine Straftaten sind, aber es ist etwas anderes als die Fälle, unter denen der Hamburger, die Hamburgerin jeden Tag dann im Zweifel auch leidet oder davon betroffen ist, wenn er oder sie auf die Straße geht.
Es sind zudem in erheblichem Umfang Aufenthaltsverstöße, die auch verspätet abgearbeitet werden können und die nicht dazu führen, dass die Sicherheitslage in der Stadt gefährdet ist. Wenn man sich das anschaut, gewinnt man, glaube ich, ein etwas realistischeres Bild der Gesamtsituation. Daraus erkennt man dann auch, dass gerade in den Bereichen der Alltagskriminalität, über die wir sehr häufig sprechen, jeden Tag hoch engagiert ermittelt wird und wir dadurch trotz der aktuell hohen Belastungszahl bei den Wohnungseinbrüchen, bei den Fahrraddiebstählen, bei Taschendiebstählen, bei Raub und bei Körperverletzung Rückgänge der Straftaten haben und auch einen Rückgang der Gesamtkriminalität, und zwar schon seit zwei Jahren in Folge. Wer da noch behauptet, die Stadt werde nicht sicherer, sondern unsicherer, der weiß nicht, wovon er spricht.
Bei aller Kritik und bei allem, was man ansprechen kann und ansprechen sollte, sowohl als Gewerkschaft als auch als Opposition, will ich dann doch sehr deutlich sagen: Wer diese aktuelle besondere Belastungssituation versucht auszunutzen, um daraus politisches Kapital oder welchen Profit auch immer zu schlagen,
indem er den nahenden Zusammenbruch der Kripo herbeiredet oder sogar öffentlich infrage stellt, ob es sich überhaupt noch lohnt, eine Anzeige zu erstatten, der untergräbt in unverantwortlicher Weise das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unsere Polizei, und das ist unanständig.
Gleichzeitig gilt, die Rückstände müssen abgearbeitet werden. Das passiert auch. Wir werden dazu die entsprechenden Personalverstärkungen im LKA vornehmen, sie sind zum Teil bekannt: 50 Stellen. Die Ausschreibungen laufen. Im ersten Quartal 2018 wird das ankommen, und davor wird es noch kurzfristig zwischenzeitlich Personalver
Interessanter wird es natürlich, und auch das haben Sie dankenswerterweise angesprochen, Herr Gladiator, wenn wir einmal einen Blick auf die strukturelle Personalentwicklung der Polizei werfen. Da ist das Bild sehr klar. Wir sind mitten in dem größten, nachhaltigsten und umfangreichsten Personalaufbauprogramm, das die Hamburger Polizei seit Jahrzehnten gesehen hat: 300 zusätzliche Köpfe im Polizeivollzug und eine insgesamt erhöhte Personalverfügbarkeit um 500 bis 2021. Wir haben aktuell allein aus dem Bereich Dienstzeitverlängerer, verringerte Krankenquote und Umwandlungen von Verwaltung in Vollzug 150 Köpfe jeden Tag zusätzlich verfügbar im Einsatz. Wir haben die Ausbildung binnen drei Jahren verdreifacht – nein, wir haben sie verdoppelt; verdreifacht haben wir sie gegenüber Ihren Zahlen – und kommen im nächsten Jahr auf eine Ausbildung von 600.
Insofern, wenn Sie dann, Herr Gladiator, von Versäumnissen sprechen, will ich Ihnen einmal sagen: Schon im ersten Jahr der Regierungsübernahme, schon 2011, hatten wir eine höhere Zahl in der Polizeiausbildung,
(Dennis Gladiator CDU: Das waren doch un- sere Einstellungen! Die haben Sie doch gar nicht eingestellt 2011!)
Sie haben einmal in einem Jahr ein paar Berliner schanghait, das war das Einzige, und den Effekt haben Sie dann radikal wieder runtergeführt.
Wir haben seit 2011 Jahr für Jahr die Ausbildungszahlen erhöht. Wir liegen jetzt bei 500, im nächsten Jahr liegen wir bei über 600.
Das ist der höchste Stand, den wir, ich will nicht sagen jemals, aber jedenfalls seit Jahrzehnen hatten. Wir gehen weit über die Altersabgänge hinaus. Das ist die dreifache Zahl gegenüber Ihrer besten Zahl
und gegenüber dem, was Sie im Jahr 2005 eingestellt haben – 28 Nachwuchskräfte, das war die CDU-Politik –,
und davon sprechen, was Sie an sinnvoller Politik gern machen würden, dann kann ich sagen, dass die letzte Phase der gelebten Kompetenz der CDU der Polizei heute noch in den Knochen steckt. Das war eine Zeit, die sich bis heute verbindet mit der Schließung von Kommissariaten, mit einem radikalen Personalabbau, mit dem Plan, das Weihnachtsgeld zu streichen, und mit dem völligen Andie-Wand-Fahren der Ausbildung. Das war die Politik der Inneren Sicherheit bei Ihnen.
(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Herr Lenders kann das noch bestätigen! – Glocke)
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Senator, entschuldigen Sie die Unterbrechung. Eigentlich wollte ich das zum Schluss sagen. Da die Rede aber nicht zum Schluss kommt, sind wir mittlerweile bei der doppelten Redezeit, die einem Abgeordneten in der Aktuellen Stunde zur Verfügung steht.
Ich bitte, mein Engagement an dieser Stelle zu entschuldigen, und schließe mit der Bemerkung: Es wäre gut, wenn Sie anerkennen würden, was im Bereich der Ausbildung und der Personalverstärkung geleistet wird. Das ist eine enorme Kraftanstrengung. Es ist eine Rieseninvestition in die Sicherheit unserer Stadt, und wir tun das aus der Überzeugung heraus, dass es erforderlich ist und dass nur so solide Innenpolitik geht und nicht, wie wir sie einige Jahre zuvor erlebt haben. – Vielen Dank.
Das war der Dank für Ihr Engagement in der Rede. Ich will aber noch einmal sagen, dass Abgeordnete, die sich an die Redezeit halten, nicht umgekehrt als minder engagiert gelten dürfen;
das will ich im Namen des Parlaments hier dann doch einmal festhalten. – Als nächster Redner erhält das Wort Herr Richard Seelmaecker von der CDU-Fraktion für maximal drei Minuten.
Meine Damen und Herren! Das müssen Sie sich unbedingt noch einmal in der Videoanalyse anschauen. Das ist das klassische Beispiel des Anfangs vom Untergang. Dass Sie das glauben, was Sie hier gesagt haben … Sie machen dasselbe wie der Senator für Justiz vor einem Jahr, als wir zum Thema Justizvollzug debattierten. Ich hätte eigentlich meine Rede von vor einem Jahr aufwärmen können – das mache ich heute nicht –, es sind dieselben Probleme. Er stand da und sprach: Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen.