Ja, wer SPD gewählt hat, der wollte, dass Sie in die Opposition kommen. Herr Dressel, wenn es so einfach ist, dann bin ich der Erste, der bei der nächsten Bürgerschaftswahl SPD wählt. Das verspreche ich Ihnen hier.
Eine selten hirnrissige Argumentation ist das. Und auch Ihre Äußerungen, Herr Scholz, es gebe einen klaren Auftrag für Jamaika: Im Wahlkampf ist keine der Parteien vorangeschritten und hat gesagt, wir wollen Jamaika. Das hat doch überhaupt nicht stattgefunden. In Wahrheit hat zum Beispiel eine rechnerisch große Koalition mehr Mandate im Deutschen Bundestag als eine Jamaika-Koalition. Was ist das für ein Argument, das Sie hier immer nennen? Die sind haltlos.
Ich habe von Ihnen kein einziges inhaltliches Argument gehört. Ihren Mindestlohn haben Sie erst später ausgepackt, Herr Scholz. Aber wo ist denn die große inhaltliche Baustelle? Natürlich gibt es unterschiedliche inhaltliche Auffassungen, aber doch nichts, was … Und das haben Sie ja vor dem Wahlkampf immer betont. Sie haben doch auch Erfolge inhaltlicher Art in der Großen Koalition umgesetzt. Darauf waren Sie noch stolz, Herr Dressel. Wo ist denn das alles geblieben, frage ich mich.
Diese Entscheidung direkt am Wahlabend, erst die Partei, dann das Land, die war falsch und ist spätestens jetzt nicht mehr haltbar, und darüber müssen Sie nachdenken.
Ich kann das gleiche Spiel machen, das Sie eben mit der FDP gemacht haben. Hätte Helmut Schmidt so gehandelt, ich kann Ihren Slogan vorlesen,
Zeit für mehr Gerechtigkeit, Herr Dressel, Herr Scholz, Zeit für mehr Verantwortung, das ist jetzt das Motto, das Sie sich vornehmen müssten.
Wir können doch nicht so lange wählen, bis uns das Ergebnis passt. Was soll denn besser werden mit Neuwahlen, das frage ich mich. Wahrscheinlich sitzen die gleichen Leute, die gleichen Parteien am gleichen Tisch, stehen auf dem gleichen Balkon und haben die gleichen Probleme zu lösen. Das führt doch nicht weiter.
Es gibt ja erste Stimmen in der SPD, die dazu auffordern, auch den Kurs zu korrigieren, und ich kann nur an Sie appellieren, kommen Sie endlich zur Vernunft und übernehmen Sie auch wieder Verantwortung in dieser für Deutschland schwierigen Lage. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bemerkenswert an dieser Debatte und auch an den Verhandlungen in den letzten Wochen ist doch, dass die sozialen Themen in diesem Land gar kein Thema waren, obwohl das Wahlergebnis doch sehr deutlich war.
Die GRÜNEN haben, und das hat die grüne Berliner Abgeordnete Canan Bayram in einem Interview mit der "taz" auch richtig festgestellt, heftige Zugeständnisse gemacht. Die Vermögenssteuer wurde sofort über Bord geworfen, unmittelbar vor Beginn der Gespräche haben Sie, Herr Tjarks, sich bereit erklärt, einen atmenden Rahmen in Höhe von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr zu akzeptieren. Damit sind Sie der CSU schon ziemlich weit entgegengekommen. Das erinnert mich an die Verhandlungen hier in Hamburg.
Dieses Bündnis, und das können viele feststellen, hat nicht die Geringverdienerinnen und -verdiener und auch nicht die Mittelschicht in den Mittelpunkt gestellt.
Während dieser Verhandlungen kam gerade die Zahl der 860 000 wohnungslosen Menschen in Deutschland in die Medien. Auch das war kein Thema bei den Verhandlungen.
Es standen aber auch nicht die Kinder und die Rentnerinnen und Rentner, die in Armut leben, im Fokus dieser Verhandlungen. Für die FDP heißt eben auch Sozialpolitik, einfach nur den Soli abschaffen und dann geht es allen gut in der Bundesrepublik. Und das ist ja auch das Problem, Herr Kruse, Frau von Treuenfels-Frowein, gerade nur diese Gruppe haben Sie im Blick. Und das ist der falsche Ansatz.
Und Sie haben auch allgemein keine positive Rolle gespielt. Ich finde es sehr bemerkenswert, dass Sie eine teilweise noch striktere Migrationspolitik als die CSU durchsetzen wollten, dass Sie versucht haben, die CSU rechts zu überholen. Und was war eigentlich das Ziel der FDP?
Es ist jetzt schon ein bisschen in Ihrer Rede weitergegangen, bis die Zwischenfrage bemerkt wurde, aber noch einmal zurück: Ist Ihnen bekannt, dass gerade das Thema Kinderarmut sehr wohl über viele Stunden debattiert wurde und es dazu auch ganz klare Ergebnisse gegeben hat in den Verhandlungen? Oder ignorieren Sie das?
Ich ignoriere das nicht, aber Sie wissen ja, dass wir als LINKE in Sachen Bekämpfung von Kinderarmut viel weitere Forderungen haben als die GRÜNEN.
Ich möchte trotzdem noch einmal auf die FDP zurückkommen, weil ich das für eine wichtige Entwicklung halte. Ich frage mich, Herr Kruse, ob Sie potenziellen AfD-Wählerinnen und -Wählern zeigen wollten, dass ihre Stimmen auch bei der FDP gut aufgehoben sind. Hatte Herr Lindner vor, so wie Sebastian Kurz in Österreich,
(Michael Kruse FDP: Wenn nicht, dann hät- ten Sie uns auch gern in der Regierung ge- sehen, oder was?)
Es stehen jetzt zwei Wege zur Debatte, eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen. Eine Minderheitsregierung, zugegebenerweise kein einfacher Weg bei sechs Fraktionen im Bundestag, wäre aber eine Chance für dieses Land. Das zeigen uns auch die Länder Skandinaviens. Das zeigt uns auch, dass es an der Zeit ist, dass das Parlament mehr Macht bekommt und nicht die Regierung.
Es wäre auch eine Chance, die Opposition im Bundestag zu stärken. Die Lösung, und da schaue ich auch in Richtung SPD, darf jetzt eben nicht sein, zur Not gehen wir in eine Große Koalition, um Neuwahlen zu verhindern, so, wie es einige SPDler auch aus Hamburg andeuten. Ich möchte der SPD ja nicht unbedingt Ratschläge geben, weil sie auch beratungsresistent ist,
aber ich tue es heute trotzdem. Sie haben angekündigt, in eine Selbstfindungsphase zu gehen, Sie haben die Möglichkeit, in den nächsten Jahren wieder zur Besinnung zu kommen, wieder zurück zu Ihren Wurzeln zu finden und das Thema soziale Gerechtigkeit wieder in den Fokus zu stellen. Dann hätten wir mehr Stimmen in diesem Land, die dafür kämpfen, dass die sozialen Probleme auch ernst genommen und auch wirklich ernst bekämpft und nicht weiter verharmlost und ignoriert werden.
Gehen Sie aber mit einem "Weiter so!" in die Große Koalition, dann droht Ihnen bei den nächsten Wahlen ein ziemlich bitteres Ergebnis.
sondern die GRÜNEN haben kein stabiles Rückgrat. Erstens das und zweitens, die SPD muss erst einmal zurück zu ihren Wurzeln kommen, dann können wir Seite an Seite dafür kämpfen, dass das Land auch wieder sozial gerechter wird.