Protokoll der Sitzung vom 06.12.2017

Es ist empörend, wie der Senat die Bürgerschaft, die Bezirksversammlungen und die Seniorenbeiräte und auch die Öffentlichkeit lange Zeit über seine Zentralisierungspläne an der Nase herumgeführt und eine Mitwirkung nahezu nicht zugelassen hat. Auch auf wiederholtes Nachfragen seitens der CDU hatte sich die fachlich zuständige Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz unter Führung von Frau Prüfer-Storcks geweigert, das Gutachten zu dieser Thematik zu veröffentlichen. Allerdings hat die Geheimniskrämerei und die gezielte Desinformationskampagne der Behörde dann endlich Ende September auf unseren Druck hin ein Ende gehabt. Die Gesundheitsbehörde muss nun mit dem Wissen des Gutachtens und mit dem Wissen, dass die bezirklichen Gremien und die Seniorenbeiräte Sturm gegen das rot-grüne Zentralisierungsdiktat laufen

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

und das können Sie im Tätigkeitsbericht nachlesen, es steht dort schwarz auf weiß, Herr Kienscherf –

(Dirk Kienscherf SPD: Keine Zentralisierung, Frau Stöver!)

eine Entscheidung treffen.

Liebe Kollegen von den Regierungsfraktionen, eine Zentralisierung wäre absolut fahrlässig.

(Dirk Kienscherf SPD: Wir haben keine Zen- tralisierung!)

Wir werden uns die Drucksache erst einmal anschauen, Herr Kienscherf, da brauchen Sie jetzt gar nicht dazwischenzureden.

(Dirk Kienscherf SPD: Dann sagen Sie hier nichts Falsches jetzt die ganze Zeit!)

Erst einmal müssen wir die Drucksache haben, dann haben wir eine Möglichkeit …

Eine Zentralisierung würde absolut fahrlässig das Richtige, nämlich die Ortskenntnisse der WohnPflege-Aufsichten vor Ort und die gute Vernetzung

(Gerhard Lein)

im Quartier, für das Falsche, nämlich für ein paar Euro Einsparung, opfern.

(Dirk Kienscherf SPD: Es gibt keine Einspa- rung!)

Lassen Sie die WPAs so arbeiten wir bisher, Koalitionsvertrag hin oder her, Herr Kienscherf.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU wird, wie sie es immer getan hat, sich dafür einsetzen, dass die Mitwirkung der Seniorinnen und Senioren in unserer Stadt gewahrt bleibt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Frau Stöver. – Jetzt erteile ich Ihnen das Wort, Frau Blömeke von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Stöver, ich glaube, Sie sind nicht auf dem neusten Stand

(Birgit Stöver CDU: Das bin ich!)

oder Sie haben die Entwicklung nicht mitbekommen. Es gibt keine Zentralisierung der Wohn-Pflege-Aufsicht mehr. Es gibt neue Konzepte dafür. Die sind in den Bezirken auch bekannt. Ich möchte heute aber auch nicht das zum Thema machen, weil wir als Thema Seniorenmitwirkungsgesetz und Landes-Seniorenbeirat haben, aber ich finde es ein bisschen seltsam, dass Sie diese Debatte dafür nutzen, um hier noch einmal einen Stand zu veräußerlichen, der überhaupt nicht der Sachstand ist, den wir jetzt in Hamburg haben. Und Sie irren, wenn Sie sagen, es gibt eine Zentralisierung der Wohn-Pflege-Aufsicht.

(Beifall bei der SPD – Zuruf: Richtig!)

Ich möchte zum Thema kommen und will Ihnen sagen, dass die Seniorenmitwirkung in Hamburg Tradition hat. Ich war selbst überrascht, als ich noch einmal gelesen habe, dass es bereits seit 35 Jahren eine ehrenamtliche Interessensvertretung der älteren Generation sowohl im Bezirk als auch auf Landesebene gibt. 2012 wurde die Seniorenmitwirkung auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Das war wichtig, damit auch wirklich eine Grundlage den Senioren die Mitwirkung zusichert. Und jetzt, fünf Jahre nach Inkrafttreten, haben wir eine Evaluation des Seniorenmitwirkungsgesetzes, und man kann wirklich feststellen: Die Prüfung ist bestanden. Das Gesetz hat sich bewährt. Vor allen Dingen – worauf wir auch stolz sein können –: Hamburg geht hier bundesweit voran, denn andere Bundesländer sind in Sachen Mitwirkung der älteren Menschen längst noch nicht so weit wie Hamburg.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Kollege Lein hat schon ausgeführt, was das Seniorenmitwirkungsgesetz bedeutet für die Menschen der Landesebene, im Landes-Seniorenbeirat und im Bezirk. Ich möchte vielleicht doch noch einmal kurz auf die Punkte zu sprechen kommen, die Sie jetzt erst einmal ausgelassen haben. Es gibt nämlich Anregungen in der Evaluation, die auch vom Senat übernommen worden sind, und ich finde die auch wichtig, weil man daran sieht, dass das Instrument der Evaluation ein gutes ist, gerade in diesem Fall, weil eben wirklich noch einmal gute Punkte hinzukommen. So zum Beispiel die Ausnahme beim Wohnsitzprinzip. Hier wird in Zukunft entscheidend sein, wo die Menschen sich engagieren, in welchem Bezirk. Dort können sie auch in den Bezirksseniorenbeirat hinein; der Wohnsitz ist nicht mehr allein das Kriterium. Das ist aus meiner Sicht ein guter Schritt, der die Lebenswirklichkeit der Menschen besser abbildet.

(Vereinzelter Beifall – Dirk Kienscherf SPD: Das können wir beim Wahlrecht auch so machen!)

Die Öffentlichkeit soll verstärkt über die Aufgaben der Seniorendelegiertenversammlung informiert werden. Das ist genauso wichtig wie die Aufwandsentschädigung für den Vorsitz der Delegiertenversammlung. Auch dieser wird eine gesetzliche Grundlage erhalten – ein sehr guter Schritt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für den Landes-Seniorenbeirat soll es zukünftig bei jeder Fachbehörde eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner geben, und auch das ist wichtig, damit die Menschen wissen, an wen sie sich wenden können.

Das alles sind richtige Schritte. Insbesondere hervorheben will ich noch das Rederecht der Seniorenbeiräte in den Bezirksausschüssen. Auch das wird jetzt gesetzlich geregelt. Das ist für die Bezirke jetzt manchmal noch Neuland, dass die Menschen aus den Beiräten in den Ausschüssen zu Wort kommen. Da muss man einmal sehen, wie sich das zurechtruckelt; da gibt es in manchen Bezirken manchmal noch Schwierigkeiten. Aber es ist auf jeden Fall der richtige Schritt in die richtige Richtung, die älteren Menschen an ihrer Lebenswirklichkeit mitgestalten zu lassen.

(Beifall bei Regina-Elisabeth Jäck SPD)

Es ist gut, dass die Seniorenbeiräte regelhaft an den Sitzungen teilnehmen. Und es ist auch gut, dass wir die Quoten in den Seniorenbeiräten haben, denn dazu ist zu sagen: Sie haben sich bewährt. Sowohl die gesetzliche Migrantenquote, die nicht immer leicht einzuhalten ist, hat sich hier bewährt, als auch die Geschlechterquote. Da will ich einmal sagen: Das ausgewogene Geschlechterverhältnis wird in den Seniorenbeiräten besser deutlich gemacht als hier in der Bürgerschaft.

(Birgit Stöver)

(Dirk Kienscherf SPD: Weil die Männer frü- her sterben!)

Wir haben in den Seniorenbeiräten 40 Prozent Männer und 40 Prozent Frauen. Das ist ein gutes Verhältnis, was auch dazu beiträgt, dass Männer und Frauen gemeinsam sind. In der Bürgerschaft haben wir 38 Prozent Frauen, wollte ich sagen.

(Dirk Kienscherf SPD: Weil die Männer frü- her sterben!)

Ja, die Männer müssen da ein bisschen mehr im Alter vielleicht auch in die Puschen kommen und mitwirken. Im Moment sind es dort mehr Frauen.

(André Trepoll CDU: Das ist doch eine biolo- gische Frage!)

Aber die Geschlechterquote sorgt ja dafür, dass wir die Männer dort auch haben.

Ich freue mich darauf, dass wir all diese Punkte – vor allen Dingen gemeinsam mit dem LandesSeniorenbeirat – im Gesundheitsausschuss diskutieren können, denn ich bin mir sicher, dass wir hier ein gutes Gesetz haben, eine gute Gesetzesgrundlage, und dass wir weiterhin auch im Dialog mit dem Landes-Seniorenbeirat hier noch weitere Verbesserungen für die Mitwirkung der älteren Menschen in dieser Stadt erreichen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Blömeke. – Herr Celik von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch wir sehen, dass in der Evaluation viele wichtige Dinge aufgegriffen worden sind und viele gute Verbesserungsvorschläge enthalten sind, die zum Teil jetzt auch in das Gesetz mit hineingenommen wurden. Im Großen und Ganzen finden wir diese Verbesserungsvorschläge auch unterstützungswert. Wir sind ebenso dafür und werden der Überweisung zustimmen und freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss.

Ich möchte aber in meiner Rede noch einmal kurz auf drei Aspekte eingehen. Zum einen steht im Evaluationsbericht, dass die älteren Menschen immer gebildeter, gesünder und fitter werden, was ja auch erfreulich ist. Was jedoch verschwiegen wird, ist, dass viele ältere Menschen in Hamburg deutlich ärmer werden. Das scheint uns in dem Evaluationsbericht kaum erwähnt, und wenn wir wollen, dass es eine Vielfalt bei der Mitwirkung gibt, dass die Vielfalt in den Gremien abgebildet wird, dann müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir alle älteren Menschen mit einbeziehen, auch die mit niedrigem sozioökonomischem Status. Da würden wir einfach den Fokus auf die Aufwandsentschädigung richten wollen. Es ist gut, dass die

Fahrkarten und HVV-Tickets erstattet werden, aber wir müssten im Ausschuss einmal darüber diskutieren, ob die Aufwandsentschädigungen den tatsächlichen Aufwand decken, denn es gehört zu einer Mitwirkung dazu, dass man zum Beispiel einen Computer hat, einen Internetzugang, einen Drucker, Druckerpatronen und so weiter. Deshalb müssten wir darüber diskutieren, wie wir Barrieren, die aufgrund des sozioökonomischen Status vorhanden sind, abbauen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann finden wir es auch gut und wichtig, dass das Rederecht jetzt in den Gremien der Bezirksversammlungen einheitlich und verbindlich geregelt wird. Das ist ein Fortschritt, den wir ebenfalls unterstützen. Wir finden es gut, dass jetzt die Vorschläge der Bezirksseniorenbeiräte von den Bezirksämtern berücksichtigt werden müssen. Allerdings sehen wir, dass die Abgeordneten nicht gezwungen sind, sich mit den Vorschlägen auseinanderzusetzen. Sie können auch die Stellungnahmen ignorieren. Deshalb sagen wir, ein Rederecht ist nicht genug, wir müssten weiter darüber hinausgehen, und schlagen vor, dass es auch ein Antragsrecht geben sollte. Zum einen würde das dazu führen, dass sich die Bezirksabgeordneten inhaltlich damit auseinandersetzen müssten, und zum anderen könnte man es öffentlich dokumentieren,

(Ekkehard Wysocki SPD: Kann das Frau Sudmann noch mal nachfragen?)

und dann könnte die Öffentlichkeit mitbekommen, wie die einzelnen Bezirksabgeordneten sich dazu verhalten.

Zum Schluss möchte ich noch sagen: Es muss mehr Partizipationsmöglichkeiten geben. Es ist gut, dass die Delegiertenversammlungen öffentlich tagen. Es heißt ja auch im Evaluationsbericht, dass die Bezirksseniorenbeiräte die aktive Teilhabe und Mitwirkung der Senioren fördern sollen. Was unserer Meinung nach aber nicht so übereinstimmt, ist, dass die Bezirksseniorenbeiräte nicht öffentlich tagen. Da meinen wir, dass es eine Diskrepanz im Gegensatz zu den Delegiertenversammlungen gibt, und eine Abschottung ist nicht im Sinne der Ziele, die man erreichen möchte. Deshalb würden wir es gut und wichtig finden, um ältere Menschen zu mehr Engagement zu motivieren, dass die Bezirksseniorenbeiräte auch öffentlich tagen und für alle zugänglich sind.