Protokoll der Sitzung vom 06.12.2017

Werte Kollegin Frau Schönfelder, nach Paragraf 7 des Gesetzes über das Hamburgische Verfassungsgericht haben die Mitglieder des Verfassungsgerichts vor Antritt ihres Amtes vor der Bürgerschaft einen Eid zu leisten. Ich lese Ihnen den Wortlaut des Eides vor und bitte Sie, bei erhobener rechter Hand die Beteuerungsformel "Ich schwöre es" oder "Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe" nachzusprechen.

Der Eid hat folgenden Wortlaut:

"Ich schwöre, dass ich als gerechte Richterin allezeit das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, die Verfassung und die Gesetze getreulich wahren und meine richterlichen Pflichten gegenüber jedermann gewissenhaft erfüllen werde."

Ulrike Schönfelder: Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.

Sehr geehrte Frau Schönfelder, die Bürgerschaft hat Sie soeben zum vertretenden Mitglied des Hamburgischen Verfassungsgerichts gewählt. Ich spreche die Glückwünsche aus. Sie haben den erforderlichen Eid vor der Bürgerschaft geleistet. Im Namen des ganzen Hauses wünsche ich Ihnen, Frau Schönfelder, als vertretendes Mitglied des Hamburgischen Verfassungsgerichts eine glückliche Hand in der Amtsführung, alles Gute, Glück und auch Befriedigung für Ihre neue Aufgabe.

(Beifall bei allen Fraktionen – Vizepräsiden- tin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Damit wir nicht aus der Übung kommen, rufe ich jetzt die Punkte 3 und 5 bis 8 auf, nämlich weitere Wahlen zu verschiedenen Gremien.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation – Drs 21/9459 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds für den Kontrollausschuss zur parlamentarischen Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes – Drs 21/10953 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds für den Kontrollausschuss zur parlamentarischen Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes – Drs 21/10954 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds für die Kommission zur Durchführung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses – Drs 21/10961 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds für das Kontrollgremium nach dem Gesetz zur Umsetzung von Artikel 13 Absatz 6 des Grundgesetzes – Drs 21/10991 –]

Die Fraktionen haben vereinbart, dass diese fünf Wahlen in einem Wahlgang durchgeführt werden können. Alle fünf Stimmzettel liegen in den unterschiedlichen Farben vor und sie enthalten bei den Namen jeweils Felder für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie dürfen auf jedem der Stimmzettel ein Kreuz machen, aber bitte wirklich nur eins. Stimmzettel, die den Willen des Mitglieds nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten, sind ungültig. Auch unausgefüllte Stimmzettel gelten als ungültig.

Bitte nehmen Sie nun Ihre Wahlentscheidung vor.

(Die Wahlhandlungen werden vorgenom- men.)

Ich darf die Schriftführungen bitten, mit dem Einsammeln der Stimmzettel zu beginnen. Es liegt an Ihnen, die Sitzung zu beschleunigen, indem Sie die Stimmzettel dann auch so hochhalten, dass die Schriftführer zweifelsfrei erkennen können, wo sie noch etwas zu tun haben.

Dann frage ich noch einmal in die Runde: Gibt es Stimmzettel, die nicht abgegeben worden sind? Dann bitte ich, auch diese Stimmzettel noch einzusammeln.

Ich frage jetzt noch einmal: Gibt es Stimmzettel, die nicht eingesammelt worden sind? – Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Dann schließe ich die Wahlhandlung. Die Wahlergebnisse werden gleich

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich)

ermittelt und ich werde sie Ihnen im Laufe der Sitzung bekannt geben.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 19 und 31, den Drucksachen 21/11058 und 21/11067, Senatsmitteilung: Unterrichtung der Bürgerschaft über die Ergebnisse der November-Steuerschätzung 2017 und Bericht des Haushaltsausschusses: Mitteilung des langjährigen Trends der Steuererträge für das Jahr 2018 sowie Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzrahmengesetzes.

[Senatsmitteilung: Unterrichtung der Bürgerschaft über die Ergebnisse der November-Steuerschätzung 2017 – Drs 21/11058 –]

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Haushaltsplanung um Wachstumsfaktor ergänzen – Drs 21/11229 –]

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 21/10872: Mitteilung des langjährigen Trends der Steuererträge für das Jahr 2018 sowie Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzrahmengesetzes (Senatsantrag) – Drs 21/11067 –]

Zur Drucksache 21/11058 liegt Ihnen als Drucksache 21/11229 ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN vor.

Diesen möchten die Fraktionen der CDU und der FDP an den Haushaltsausschuss überweisen. Den Hauptantrag aus der Drucksache 21/11058 möchten hingegen alle Fraktionen an den Haushaltsausschuss überweisen.

Wer wünscht nun das Wort? – Herr Quast von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir reden jetzt über Geld und Finanzierung, da sind die Fachpolitiker von CDU und FDP alle draußen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Jennyfer Dutschke FDP: Das stimmt doch gar nicht!)

Hamburg ist attraktiv und die Bevölkerung wächst. Die Hamburgerinnen und Hamburger sind wirtschaftlich erfolgreich, die Steuereinnahmen steigen, unser Finanzkonzept geht auf und die Schuldenbremse ist erreichbar. Das alles ist Grund zur Freude, aber nicht zur Euphorie.

(Beifall bei der SPD)

Die November-Steuerschätzung verspricht uns in diesem Jahr und in den nächsten Jahren zusammen fast 700 Millionen Euro höhere Steuereinnahmen, als noch im Mai prognostiziert. Seit 2011 verlassen wir uns aber nicht mehr auf Verheißungen von Steuerprognosen; diese sind in der Vergangenheit oft genug nicht eingetreten und haben Haushalte ruiniert. Wir planen auf der Basis von Erfahrungen. Grundlage für Haushaltsplan und Finanzmittelbedarf sind seit 2011 der Trend der langfristigen Steuererträge eines 21-jährigen Zeitraums. Diesen schreiben wir regelmäßig fort. Heute passen wir das Finanzrahmengesetz deswegen an den Zeitraum 1996 bis 2016 für die Ermittlung des Finanzmittelbedarfs an.

Die über dem Trend verbliebenen, konjunkturell bedingten Steuermehreinnahmen werden für schlechte Zeiten bilanziell zurückgelegt – eine kluge Politik, denn diese Konjunkturrücklage schützt uns davor, in schlechten Zeiten sofort den Rotstift ansetzen zu müssen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Konjunkturrücklage wird Ende des Jahres voraussichtlich bei 2,4 bis 2,5 Milliarden Euro liegen und es ist gut, dass wir diese bilanzielle Reserve haben.

Die Größe des Deltas zwischen den Steuereinnahmen und den verplanbaren Mitteln stimmt aber auch nachdenklich. 2015 sind fast 448 Millionen Euro in die Konjunkturrücklage eingestellt worden, 2016 gut 994 Millionen Euro und auch in diesem Jahr werden über 900 Millionen Euro erwartet. Wendet man andere Konjunkturbereinigungsverfahren an, wie das der EU oder des Bundes, würde die Konjunkturkomponente deutlich geringer ausfallen. Für Hamburg wurde errechnet, dass der Wert eher bei 100 Millionen Euro liegen würde. Es deutet also viel darauf hin, dass ein Teil des Steuerplus nicht konjunkturbedingt ist, sondern dem Wachstum folgt, denn Hamburg ist seit 2011 um 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner gewachsen, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in fast gleicher Höhe angestiegen. Jeder Einwohner/jede Einwohnerin bedeutet im Durchschnitt 4 000 Euro an zusätzlich verfügbaren Mitteln wegen geringerer Zahlungen im Länderfinanzausgleich und zusätzlicher Steuereinnahmen. Jeder neue Einwohner/jede neue Einwohnerin fragt aber auch städtische Dienstleistungen nach, nutzt Busse und Bahnen. Eltern nutzen kostenlose Kita-Plätze, wollen kleine Schulklassen und viele junge Menschen studieren – alles staatliche Leistungen, die jetzt finanziert werden müssen. Ein Grund also für verantwortliche Politik, darüber nachzudenken, welche Konsequenzen gezogen werden können.

Unser heute vorliegender Antrag sieht vor, unser Finanzkonzept weiterzuentwickeln, um einen Wachstumsfaktor zu ergänzen, der durch die

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

Die Wahlergebnisse sind auf Seite 5054 zu finden.

wachsende Bevölkerung verursachte strukturelle Verbesserungen des Steueraufkommens auch zeitnah verfügbar macht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Denn die zusätzlichen Kosten entstehen jetzt und nicht erst, wenn die Mehreinnahmen über unseren langjährigen Trend bei uns in der Haushaltsplanung ankommen. Wir würden uns deswegen über die Unterstützung dieses Antrags freuen, wobei ich befürchte, nachdem Ihre Fachpolitiker draußen sind, dass das bewusst geschehen ist, damit Sie sich besser dagegenstellen können.

Unsere Verpflichtung bleibt die nachhaltige Sanierung unseres Staatshaushalts. Die Schuldenbremse als ersten Meilenstein haben wir faktisch erreicht, den zweiten Meilenstein, den doppischen Ausgleich von Aufwand und Ertrag, haben wir noch vor uns. Beide Meilensteine müssen wir allerdings jedes Jahr wieder erreichen und nicht nur ein Mal. Wir machen deshalb weiterhin wie bislang schon eine Haushaltspolitik mit Augenmaß, eine Ausgabenpolitik, die konjunkturell bedingte kurzfristige Steuermehreinnahmen außen vor lässt, und vorsichtig und nachhaltig ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die aktuelle Steuerschätzung ist in der Tat – wie auch die Steuerschätzungen, die es davor gab – erfreulich für die öffentlichen Haushalte. Sie schafft sicherlich Handlungsspielräume, auch für Konsolidierung. Das ist durchaus nicht zu vergessen. Aber man muss mit den Steuermehreinnahmen auch verantwortungsvoll und nachhaltig umgehen. Wenn wir im Übrigen sagen, die Entwicklung ist erfreulich, ist sie nicht ganz so erfreulich für die Steuerzahler, die gerade jetzt nach einer guten Einkommensentwicklung zum Teil viel mehr Steuern zahlen. Es ist durchaus so, dass viele Parteien auf Bundesebene, auch die SPD, sich dafür einsetzen, dass hier auch mittlere Einkommen steuerlich entlastet werden. Auch das ist etwas, das man nicht aus dem Blick verlieren sollte.

Sie legen uns die Entwicklung oder die Anpassung des Finanzrahmengesetzes vor. Das ist kein Automatismus, das hat der Rechnungshof dieser Tage noch einmal klar festgestellt. Ich halte die Anpassung nach vorne hin, dieses Mal also ab 2018, durchaus für maßvoll und okay. Mehr als erklärungsbedürftig ist allerdings, dass Sie für das Jahr 2017, also wirklich kurz vor Toresschluss, uns gerade im Quartalsbericht noch erklärt haben, es würde alles plangemäß laufen, es gäbe keine Planabweichungen, Sie noch zusätzliche Mittel von

200 Millionen Euro einwerben wollen. Das ist erklärungsbedürftig und diese Frage müssen Sie hier auch beantworten.

(Beifall bei der CDU und bei Jennyfer Dutschke FDP)

Dazu muss man sagen: Es geht nicht nur um das Finanzrahmengesetz, sondern mit dem von Ihnen vorgelegten Antrag, der ja viel gravierender ist, wollen Sie gleich zwei oder drei Schritte auf einmal machen. Wir haben das Finanzrahmengesetz und mit der Anpassung – das muss man einmal sacken lassen – führt das dazu, dass im Doppelhaushalt 2017/2018 1,2 Milliarden Euro mehr für die rot-grüne Koalition zur Verfügung stehen, als bei Start der Koalition eingeplant waren. Das ist ja durchaus ein nennenswerter Spielraum, Herr Tjarks, den Sie sich da eingeräumt haben. 6 Prozent mehr, da kann man einiges politisch gestalten, lieber Herr Tjarks.