eine Weltstadtdebatte zu führen, kann man ja wirklich nur mit einigen wenigen Worten bezeichnen: Das ist wirklich eine nicht nur absurde Argumentation,
sondern geradezu grotesk. Und es stellt sich die Frage: In welcher Welt und in welcher Stadt leben Sie eigentlich?
Dass die Redner der FDP, der CDU und der AfD angesichts von Tempo 30 – einer Maßnahme, die die Gesundheit von Menschen schützen soll –
das Thema Gesundheit und die Menschen mit keinem einzigen Wort auch nur erwähnen, das zeigt eine Einstellung, die man einfach nur als zutiefst unsozial charakterisieren kann.
Denn in der Tat leben in unserer Stadt an den viel befahrenen Hauptstraßen 107 000 Bürgerinnen und Bürger, die zum Teil nachts mit Lärmwerten von 65 Dezibel und mehr belastet werden. Nach allen Kategorisierungen der Mediziner und der Gesundheitsdienste ist das ein Lärmpegel, der nicht nur belastet, sondern zum Teil auch zu schweren Erkrankungen führen kann. Auch das war Ihnen kein Wort wert und sagt sehr viel über Sie aus. Das ist eigentlich ein schlechtes Zeugnis, das Sie sich damit selbst ausgestellt haben.
Und um einmal über die Dimensionen zu reden, über die wir hier sprechen: Es geht um sechs Hauptverkehrsstraßen, noch nicht einmal in Gänze, sondern um einzelne Straßenabschnitte. Im nächsten halben Jahr werden es zehn sein. Wir haben diese Straßenabschnitte nach zwei Kategorien ausgewählt, nämlich: Sie sind nachts sehr stark befahren und es sind die Straßenabschnitte, wo mit Abstand die meisten Menschen wohnen. Menschen, die an viel befahrenen Straßenabschnitten wohnen müssen, weil sie sich die Topmieten in besseren Lagen unserer Stadt nicht leisten können.
Das sind die Menschen, für die dieser Senat eine Verantwortung empfindet. Denn wir machen eine Politik für alle Menschen in dieser Stadt und nicht nur für wenige Topverdiener.
Tempo 30 bei Nacht führt zu einer Reduzierung des Lärmpegels um 2,5 Dezibel. Das mag für Unkundige und die, die sich mit dem Sachverhalt nicht weiter beschäftigt haben, wenig klingen, aber das ist keine lineare Skala, meine Damen und Herren von FDP und CDU, sondern eine logarithmische.
Hören Sie doch einfach zu, weil Sie sich ja anscheinend damit noch nicht beschäftigt haben; vielleicht lernen Sie was.
(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Deniz Celik, Dr. Carola Ensslen und Heike Sudmann, alle DIE LINKE)
Eine Reduzierung um 2,5 Dezibel entspricht der Halbierung des Verkehrs auf diesen Straßen. Und vor dem Hintergrund zu sagen, das sei doch etwas, das die Menschen noch nicht einmal merken werden, entspricht wirklich einer Ignoranz und einer Sachfremde, die jeder Beschreibung spottet.
Diese Maßnahmen führen dazu, dass wir die Grenzwerte bei Nacht einhalten und dass Menschen in dieser Stadt, die einen belasteten Arbeitsalltag, auch durchaus ein belastetes Leben haben, in der Nacht die notwendige Nachtruhe bekommen, um sich zu erholen und ihre Gesundheit zu schützen, was notwendig ist, damit diese Stadt eine lebenswerte und gute Metropole für alle Menschen ist.
Und wenn ich sage, dass wir damit die Grenzwerte einhalten, dann sage ich dazu, dass wir geltendes Umweltrecht einhalten. Dass das von einer FDP kritisiert wird, die sich selbst doch immer als Rechtsstaatspartei qualifiziert, ist doch eigentlich so, als würden Sie uns auffordern, gesetzliche Regelungen zu ignorieren zugunsten – ja, von wem eigentlich? Das können Sie wirklich nicht ernst meinen und schon gar nicht dieses Pathos in Ihre Reden legen; das ist einfach nur peinlich.
Ich kann mir jetzt natürlich vorstellen, dass die FDP diese belasteten Viertel nicht so im Blick hat, weil da ihre Wähler nicht wohnen. Ich kann mir auch vorstellen, dass sich die FDP nicht so sehr um die Leute in dieser Stadt kümmert, die nicht die Topmieten zahlen und in den Toplagen wohnen, die nicht belastet sind, und die sie auch nicht weiter interessieren. Ich kann mir auch vorstellen, dass Sie selbst mit Ihrem Auto gern durch diese Gegenden fahren, um schneller in Ihren eigenen Wohngebieten zu sein, wo es diese Probleme nicht gibt. Das unterscheidet uns aber voneinander, diese Einstellung teilen wir nicht.
Verzeihung, Herr Senator. Es ist nur der vereinbarte Hinweis, dass die Redezeit eines Abgeordneten jetzt abgelaufen wäre.
Sie scheinen irgendwie der Ansicht zu sein, dass eine Weltstadt sich dadurch auszeichnet, dass man da ungebremst mit dem Auto durchbrettern kann.
Da fragt man sich, ob Sie einmal unterwegs in der Welt und in Weltstädten waren. Ist es nicht vielmehr so, dass es sich in Weltstädten mit der Geschwindigkeit doch eigentlich andersrum verhält? Je mehr Weltstadt, desto zäher und manchmal desto langsamer der Verkehr. Und von daher: Dieser Anspruch, in einer Weltstadt müsse man ungebremst fahren können, ist nicht nur falsch und irrig, sondern einfach auch nur zutiefst provinziell.
Deshalb werden meine Behörde und dieser Senat weiter daran arbeiten, diese Stadt lebenswert und gesund für alle Menschen, nicht nur für die Topverdiener, zu machen. Und davon werden wir uns von Ihrer wirklich haltlosen Kritik auch nicht abbringen lassen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Kerstan, Ihre wohlfeilen Worte ändern nichts daran, dass Sie eine konzeptionslose Verkehrspolitik in Hamburg machen.
Ihre Vorwürfe, die Sie der FDP gegenüber geäußert haben, fallen im Grunde genommen auf Sie selbst und Ihre Partei zurück.
Gucken Sie sich doch einmal konkret an, was im Verkehr tatsächlich läuft. Ich wohne selbst in der Nähe der Eiffestraße
(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, in einer ruhi- gen Nebenstraße! – Dr. Anjes Tjarks GRÜ- NE: In der Nähe!)
und dort war Folgendes: 86 Autos habe ich gezählt, von denen nicht ein einziges Auto 30 gefahren ist. Das ist Ihre Politik. Nichts anderes als Symbol, Symbol, Symbol.
Das einzige Konzept, das Sie innerhalb der rotgrünen Koalition haben, ist anscheinend Ihr Fahrradstraßenkonzept. Das wiederum hat dazu geführt, dass in Hamburg in den letzten zwei Jahren lediglich 2 Prozent mehr Fahrradfahrer gezählt wurden, dagegen aber 50 000 Autos. Wenn Sie da meinen, Sie sprechen für die Mehrheit der Menschen, dann frage ich mich, wie Sie den Begriff Mehrheit auslegen.