Protokoll der Sitzung vom 17.01.2018

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Reduzierung von Lärm hat auch einen ökonomischen Effekt.

(Dennis Thering CDU: Das reduziert doch gar keinen Lärm!)

Zum Beispiel verringern sich die Kosten im Gesundheitswesen. Es gibt eine Wertsteigerung von Grundstücken. Diese positiven Effekte blenden Sie komplett aus.

(Michael Kruse)

(Dennis Thering CDU: Weil mehr Abgase entstehen!)

Stattdessen fordern Sie also eine vermeintlich sehr einfache Lösung und sagen, die nächtlichen Tempoeinschränkungen könnten auch durch das Aufbringen von lärmminderndem Asphalt verhindert werden. Aber so einfach ist die Welt dann doch nicht. Nun möchte ich Sie in der Aktuellen Stunde nicht mit physikalischen Feinheiten aus dem Tiefbau quälen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Herr Kruse kann da noch was lernen!)

aber ein Blick in die Beantwortung der Großen Anfrage der CDU zu lärmmindernden Fahrbahnbelägen ist da schon sehr hilfreich. Wenn sich jemand wirklich ernsthaft an dieser Diskussion beteiligen will, dann muss er diese Anfrage gelesen und auch verstanden haben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dank der Sanierungsoffensive des Hamburger Senats und der Einführung des systematischen Erhaltungsmanagements wurde bereits ein Großteil der Asphaltdecken lärmmindernd erneuert.

(Dennis Thering CDU: Dann ist ja alles gut!)

100 Millionen Euro werden jährlich dafür auf die Hamburger Straßen gebracht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf: Sehr gut!)

2017 wurden 150 Fahrbahnkilometer mit lärmminderndem Asphalt ausgestattet. 2018 sind 140 Kilometer Fahrbahn geplant. Auf der einen Seite sagen Sie, der Senat solle lärmmindernden Asphalt einführen, und auf der anderen Seite stehen wir wahrscheinlich in zwei Wochen wieder hier und dann beschweren Sie sich über die Baustellen auf der Straße. Das ist keine seriöse Politik.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Um noch einmal auf die Innovationen im Bereich Verkehr zurückzukommen: Die A 7 wird ausgebaut, die A 26 wird gebaut beziehungsweise ist in Planung,

(André Trepoll CDU: Seit wann denn?)

die U5 wird gebaut, die U4 wird verlängert. Wir überlegen dann ja noch … Die S21 nach Kaltenkirchen ist auch in Planung, die S4 wird geplant. Also wie viel Innovation im Bereich Verkehr wollen Sie eigentlich noch haben?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

An dieser Scheindebatte werden wir uns dann nicht weiter beteiligen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion bekommt Herr Thering das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg ist Vermächtnis, Bekenntnis und Verpflichtung in einem. Eines ist sie allerdings bestimmt nicht: veraltet. Nein, im Gegenteil, sie ist brandaktuell, wie wir auch in der Präambel gleich zu Anfang lesen können. Darin steht – ich helfe Ihnen gern noch einmal auf die Sprünge, weil vielen von Ihnen das offensichtlich nicht bekannt ist –, ich zitiere:

"Die Freie und Hansestadt Hamburg hat als Welthafenstadt eine ihr durch Geschichte und Lage zugewiesene besondere Aufgabe gegenüber dem deutschen Volke zu erfüllen. Sie will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein. Durch Förderung und Lenkung befähigt sie ihre Wirtschaft zur Erfüllung dieser Aufgaben und zur Deckung des wirtschaftlichen Bedarfs aller."

Damals, bei der von Senator Kerstan angestoßenen Weltstadtdebatte, hatte ich schon das Gefühl, dass dieser Geist der Verfassung und die danach folgenden 77 Artikel bei diesem Senat irgendwie völlig unter die Räder gekommen sind.

(Gerhard Lein SPD: Das ist aber kleinka- riert!)

Spätestens die Rede von Frau Koeppen hat das Ganze noch einmal bestätigt, denn Sie, Frau Koeppen, treten hier eher als Geisterjägerin denn als Hüterin der Verfassung auf. Das ist wirklich traurig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Verfassung sagt es uns doch hier sehr klipp und klar: Hamburg ist eine Welthafenstadt und die muss auch dementsprechend regiert werden und nicht so kleinteilig, wie dieser Senat das hier tut.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nun frage ich Sie, meine Damen und Herren von SPD und GRÜNEN: Glauben Sie ernsthaft, dass Ihr Tempo-30-Diktat auf Hamburgs Hauptstraßen diesem Anspruch genügt?

(Annkathrin Kammeyer SPD: Ja!)

Oder glauben Sie wirklich, dass die von Ihnen gefahrene Verkehrspolitik den Geist dieser Verfassung atmet?

Lassen Sie mich Ihnen hier kurz in drei Punkten ein paar Denkanstöße geben. Erstens: Hamburg ist Staustadt.

(Beifall bei der CDU)

Von jeder Stunde Fahrzeit in Hamburg verbringt jeder Autofahrer rund 20 Minuten im Stau. Damit

(Martina Koeppen)

liegt Hamburg an der Stauspitze. Unter diesem Stauchaos leiden die Menschen und die Volkswirtschaft in Hamburg gleichermaßen. Doch was machen Sie von SPD und GRÜNEN beziehungsweise in dem Fall von der SPD – die GRÜNEN haben es aber auch nicht verhindert? Sie führen die P+RGebühren ein. 2014 haben Sie das gemacht, mit der Folge von verwaisten P+R-Stellplätzen, zugeparkten Wohnstraßen, immer mehr Pendler fahren in die Innenstadt, mit der Konsequenz, dass es immer mehr Stausituationen in unserer Stadt gibt. Der Welthafenstadt und ihren Einwohnern erweisen Sie damit einen absoluten Bärendienst.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der zweite Denkanstoß: Ihr Fetisch für Zwänge und Pflichten. Die P+R-Gebühren gingen bereits in diese Richtung, aber Ihr Tempo-30-Diktat für zehn Hauptverkehrsstraßen in Hamburg tut es dann doch noch mehr. Es ist ja nun beileibe nicht so, dass Hamburg eine einzige Vollgasstrecke wäre, ganz im Gegenteil: Über 50 Prozent der Straßenkilometer in Hamburg sind bereits Tempo 30 und das ist auch gut so und auch richtig und dabei soll es auch bleiben.

Genauso richtig und wichtig ist es aber auch, dass der eherne Grundsatz der Verkehrspolitik in unserer Stadt, leistungsfähige Hauptverkehrsstraßen und verkehrsberuhigte Wohnstraßen, gerade in einer Industrie-, Dienstleistungs- und Handelsmetropole wie Hamburg auch weiterhin Bestand haben muss.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Doch Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen hebt exakt diesen Zeitvorteil gegenüber kürzeren Strecken durch Tempo-30-Wohnstraßen auf. Ausweichverkehre, insbesondere von Lkws, sind die Konsequenz. Das ist die Folge Ihrer verfehlten Verkehrspolitik.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. An- jes Tjarks GRÜNE: Das ist komplett lächer- lich, was Sie da erzählen!)

Ihr fataler Fetisch für Zwänge und Pflichten schadet hier also nicht nur dem Waren- und Wirtschaftsverkehr, vor allem schadet er auch der Verkehrssicherheit aller Hamburgerinnen und Hamburger. Und das geht absolut in die falsche Richtung.

Oder nehmen Sie zum Beispiel den dritten Denkanstoß: Ihre aggressive Antiautofahrerpolitik. Seit Amtsübernahme von Olaf Scholz gibt es in Hamburg 70 000 Autos mehr. Im Gegenzug haben Sie über 2 100 Parkplätze vernichten lassen. Wo es nur geht, radieren Sie Fahrbahnen aus und zwingen arglose Alltagsradler mit billigen Pinselstrichen als Fahrradstreifen getarnt – oder wie es einige

SPD-Abgeordnete gern nennen: Suizidstreifen – auf Hauptverkehrsstraßen neben 40-Tonner.

(Beifall bei der CDU)

Da muss ich der SPD ausnahmsweise einmal recht geben. Das ist brandgefährlich und der Begriff Suizidstreifen trifft es hier absolut richtig. Und dann versuchen Sie das Ganze noch zu begründen und verweisen auf Städte wie Münster und Kopenhagen, vergessen aber dabei, dass Kopenhagen nur ein Drittel der Einwohnerzahl und ein Neuntel der Fläche von Hamburg hat. Das ist wirklich lächerlich.

Dann fordern Sie jetzt zum Abschluss auch Fahrverbote für Lkws und Dieselfahrzeuge. Besonders skurril ist es aber, dass Frau Senatorin Fegebank – sie ist jetzt leider nicht da – und ihre GRÜNE Fraktion einerseits die Autofahrer gängelt, wo sie nur kann, aber dann die Senatorin gegenüber der Presse, Sie erinnern sich wahrscheinlich, Trübsal bläst, weil sie mit ihrem Freund nicht mit ihrem Ferrari in Urlaub fahren konnte.