Protokoll der Sitzung vom 11.04.2018

Da stellen Sie einerseits fest, dass auch ohne Pflicht zur Stellplatzherstellung nahezu die gleiche Stellplatzanzahl freiwillig gebaut wurde, und behaupten andererseits – nein, danke schön, Frau Sudmann, ich rede lieber weiter –, dass durch die Abschaffung der Verpflichtung die Baukosten im Wohnungsbau gesenkt werden. Na ja, was denn nun? Gilt das eine oder gilt das andere? Wenn nach der Abschaffung der Pflicht freiwillig genauso viele Stellplätze gebaut wurden, ist das wohl eher ein Indiz dafür, dass diese auch nachgefragt werden. Dann hätte man die Verpflichtung zur Herstellung der Stellplätze allerdings auch beibehalten können.

Sie reden oder schwadronieren vielmehr gleichzeitig von Kosteneinsparung. Der Verzicht auf die Herstellung von Stellplätzen spart für den Wohnungsbau rein gar nichts. Zum einen wird eine Wohnung nicht inklusive Stellplatz vermietet oder verkauft, sodass sich die Miet- oder Kaufpreise von Wohnungen durch den nicht gebauten Stellplatz um keinen Cent reduzieren. Zum anderen kann man ohnehin nicht von Kosteneinsparungen sprechen, denn wenn ich etwas nicht baue und demzufolge auch nicht bezahle, dann habe ich es am Ende auch nicht. Falls Sie es noch nicht wussten: Ein Stellplatz erwirtschaftet eine Mietrendite von mindestens 4 bis 6 Prozent, also eine sinnvollere Investition, als Ihr Geld aufs Sparbuch zu legen.

(Beifall bei der FDP und bei Ralf Niedmers CDU – Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Herr Kienscherf, Sie können ja gleich dazu etwas sagen.

(Jörg Hamann)

Das Argument der Kosteneinsparung für den Wohnungsbau ist daher reine Augenwischerei, mit der Sie versuchen, die Hamburgerinnen und Hamburger,

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

die bei der Parkplatzsuche täglich kostbare Lebenszeit vergeuden, für dumm zu verkaufen.

(Beifall bei der FDP und bei Ralf Niedmers CDU und Dr. Alexander Wolf AfD)

Tatsächlich praktizieren Sie mit Ihrer Argumentation Ihre typisch rot-grüne verbohrte Bevormundungspolitik

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

und nehmen der Stadt zukünftige Chancen. Eine Chance wäre zum Beispiel, möglichst viele Stellplätze aus dem öffentlichen Raum in die Tiefgaragen zu verlegen, insbesondere Dauerparker, die dann, wenn sie nicht in Tiefgaragen parken können, den öffentlichen Raum belasten. Herr Hamann hat das schon gesagt. Der einzige Vorteil, den Ihre Abschaffung der Stellplatzverpflichtung bringt, ist mehr Flexibilität beim Stellplatzbau, die man zwar vordergründig gut finden kann, die letztendlich aber zulasten der kostbaren öffentlichen Räume geht.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das ist doch völlig unlogisch!)

Ihre Logik kann ich leider auch nicht verstehen, Frau Sudmann, tut mir leid.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vernünftige Stadtentwicklung setzt auf ein ganzheitliches Konzept, ein Konzept, das Ihnen offensichtlich nicht nur in dieser Frage grundsätzlich fehlt. Ein Konzept, das alle Teile der Gesellschaft einbezieht, das neben einem leistungsfähigen ÖPNV auch Individualität zulässt. Ein Konzept, das baulich nachhaltig und damit klimafreundlich ist, und ein Konzept, das die Chancen der Zukunft, die wir heute alle noch nicht genau kennen, nicht durch blinde Ideologie verbaut. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Herr Kienscherf hat das Wort für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich. Ich dachte nicht, dass man das noch steigern könne, was Herr Hamann gebracht hat an Unsachlichkeit, aber die FDP hat es doch noch hingekriegt.

Also, wie ist denn die Ausgangsposition gewesen? Es ist eine etwas merkwürdige Diskussion. Da gibt es ein Gesetz, das vorschreibt, dass Stellplätze

gebaut werden müssen, mindestens soundso viele. Dann gibt es eine Wohnungswirtschaft, auch die private Wohnungswirtschaft, die sagt, das mit den Stellplätzen und mit diesen Regularien finde sie eigentlich doof, denn sie wüsste genau, wo man Stellplätze baut, die sich auch rechnen und wo die auch sinnvoll für die Mieter sind, und dort, wo sie eigentlich nur Kosten produzieren, aber überhaupt nicht sinnvoll sind. Die private Wohnungswirtschaft, die öffentliche Wohnungswirtschaft, das war deren Anliegen. Die haben gesagt, nun helft da doch einmal, wir glauben, wir können es besser machen. Jetzt schaffen wir Flexibilisierung, jetzt schaffen wir, dass die Wohnungswirtschaft das selbst machen kann, und nun kommen FDP und CDU und entrüsten sich. Das sind echt verkehrte Welten.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Aber das Spannendste ist ja, wie wir gerade von der FDP gelernt haben, die Wohnungswirtschaft ist doof, weil jeder Stellplatz – vielleicht lag es nur daran, dass Sie noch immer mit den alten Zinsen herumhantiert haben – sehr viel Rendite bringt. Das ist ja echt ein Anlageprojekt. Und eigentlich waren wir ja doof, wir haben denen sogar erlaubt, so viele Stellplätze zu bauen, wie sie wollen.

(Ewald Aukes FDP: So stellt sich Hans Dampf die Wirtschaft vor!)

Von daher müsste es ja eigentlich so sein, wenn CDU oder wenn Sie da jetzt richtig liegen, dass wir überall Bauanträge haben, wo die fünf Wohnungen bauen, aber 130 Stellplätze nach Ihrer Logik, weil der Stellplatzbau in Hamburg anscheinend eines der rentabelsten Geschäfte ist, die man sich überhaupt vorstellen kann. Fragen Sie noch einmal Ihren Kollegen Meyer oder fragen Sie die Wohnungswirtschaft; ich glaube, da stimmt irgendetwas nicht in der Argumentation.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Stephan Jersch DIE LINKE)

Kollege Hamann – Herr Trepoll ist schon wieder unterwegs –, Sie haben mir doch neulich noch vertraulich mitgeteilt, dass Sie mit der Wohnungswirtschaft zusammengesessen haben. Da würden wir ja alle einmal gern Mäuschen spielen.

(Ralf Niedmers CDU: Das glaube ich Ihnen!)

Oder vielleicht verrätst du uns einfach einmal, was denn die Wohnungswirtschaft meinte, nachdem sie uns gesagt hat, das sei gut, dass man das mache, man wisse doch selbst, wie die Mobilität der Zukunft sich entwickeln wird mit Carsharing, dass man weniger Stellplätze brauchen wird

(Jörg Hamann CDU: Wo stehen denn die ganzen Autos?)

und dass man in bestimmten Bereichen auch kostengünstigen Wohnungsbau anbieten möchte. Nun

(Ewald Aukes)

erzähl uns doch bitte einmal, was die Wohnungswirtschaft zu eurem tollen Vorschlag gesagt hat. Ich glaube, da sind wir alle sehr gespannt. Aber die werden wahrscheinlich gesagt haben, das sei Blödsinn, und das ist es auch in der Tat.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Auch in unserer Fraktion bestand am Anfang Skepsis und wir haben da mehr Spielraum geschaffen. Wir haben es dadurch aber auch geschafft, dass man jetzt zielgerichtet Stellplätze bauen kann und auf der anderen Seite dort, wo es nicht notwendig ist, kostengünstiger Wohnungsbau betreiben kann. Darüber hinaus ist es in einigen Gebieten so, wo Sie ja immer sagen, da wohnen nur Millionäre oder was weiß ich, in der HafenCity oder auch in der Mitte Altona, dass wir natürlich einen ganz anderen Weg gehen. Denn da haben wir ja nicht die Stellplatzpflicht aufgehoben, sondern wir sagen darüber hinaus, da dürfen nur noch maximal 0,4 Stellflächen pro Wohneinheit gebaut werden, weil sich zukünftig Mobilität im innerstädtischen Bereich anders entwickeln wird. Wir werden zukünftig viel weniger Autos haben, das weiß die Wohnungswirtschaft,

(Ralf Niedmers CDU: Das sagen auch die Zulassungszahlen!)

das weiß die Automobilindustrie – wer es nicht weiß, ist FDP und CDU.

Lieber Herr Hamann, einfach einmal mit der Wohnungswirtschaft reden. Wenn du dich nicht allein traust, komme ich gern mit. Herrn Trepoll nehmen wir auch noch mit und dann können wir einmal hören, wie sinnvoll oder nicht sinnvoll eine Stellplatzverordnung ist. Das ist alles Schnee von gestern, wir sind da viel weiter. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion bekommt Herr Lorkowski das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die AfD hat bei zahlreichen Gelegenheiten dafür plädiert, dass Unternehmern die Entscheidungsfreiheit überlassen wird, wie und in was sie investieren wollen. Ferner begrüßen wir jede mögliche Deregulierung von Prozessen. Das heißt weniger Staat, mehr Freiraum. Wir begrüßen daher im Grundsatz, dass es keine Pflicht mehr gibt, beim Bau von Wohnraum eine verpflichtende Quote an Parkplätzen zu errichten.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Die AfD und wir!)

Diese Einstellung ist jedoch mit der Erwartung verbunden, dass über eine funktionierende Selbstregulierung eine ausreichende Zahl an Kfz-Stellplätzen bereitgestellt wird beziehungsweise im Be

darfsfall geschaffen wird. Die Verpflichtung dafür, dass es ausreichend Stellplätze gibt, liegt bei Regierung und Bauherren von Wohn- und Gewerbeflächen. Sie bestimmen den Bestand der Kfz-Stellflächen.

Keinen Einfluss auf die Entwicklung des Parkraums hat der Kfz-Besitzer. Dieser hat den Bedarf und ist Nutzer, im Zweifelsfalle ist er auch Opfer, nämlich dann, wenn der Bedarf unzureichend abgedeckt wird. Das sollte im Interesse aller Menschen vermieden werden, führt es doch zu dem lästigen Parkplatzsuchverkehr und erhöht dadurch in nicht unbeträchtlicher Höhe unnötigerweise das Gesamtverkehrsaufkommen. Es führt zum Parken an unzulässigen Stellen, blockiert eventuell Rettungs- und Wirtschaftsverkehr. Es nervt, befördert Aggressivität und schafft Konfliktpotenzial.

Die Regierung bewertet die Untersuchung der Parkplatzsituation in Hamburg positiv. Sie sagt, dass nach Abschaffung der Stellplatzpflicht von rund 0,6 Stellflächen pro Wohneinheit 80 Prozent des Bedarfs, der sich aus der damaligen Regelung ergeben hätte, dennoch errichtet wird. Darüber hinaus wird auch mehr oder weniger offen die Frage gestellt, aber ausschließlich von den linken Teilen dieses Hauses, ob die Versorgung mit ausreichendem Parkraum ein legitimer Anspruch des Kfz-Besitzers ist.

Dazu sagt die AfD, genauso wie es zu respektieren ist, wenn ein Mensch sich entscheidet, vom Land in die Stadt zu ziehen, genauso gilt es zu respektieren, wenn sich jemand ein Kfz statt einer Monatskarte kauft. Ob ich hier oder da leben will, ob ich mit dem eigenen Auto oder mit der Bahn fahren will – freie Bürger in einem freien Land entscheiden selbstständig. Für beide gilt, dass die Politik für die notwendige Infrastruktur zu sorgen hat, für den einen Wohnraum, für den anderen Parkraum und für alle Verkehrswege. Die Frage ist nicht, ob, sondern wie wir diesen Bedarf nach Parkraum befriedigen. Die Ausführung, ob Tiefgarage, Einstellplatz, Quartiersgarage et cetera, muss vom Bedarfsfall abhängig entschieden werden. Wir plädieren daher dafür, dass die Entwicklung des Parkraums weiterhin sehr genau beobachtet wird und gegebenenfalls rechtzeitig bei einer sich abzeichnenden Verknappung seitens der Regierung eingegriffen wird.

Das Dilemma entsteht nämlich dann, wenn ein Bauherr meint, dass die Schaffung von Parkraum überhaupt nicht ginge, und die Bedarfsdeckung zulasten der Allgemeinheit abwälzen will. Dass dies nicht geschehen darf, auch nicht in einem Einzelfall, bedingt eine permanente Überwachung der Parkraumsituation und gegebenenfalls eine entsprechende Reaktion.

Der zugrunde liegende Evaluierungszeitraum umfasste lediglich den Zeitraum vom 1. Oktober 2014 bis zum 30. September 2015. Abgesehen davon,

(Dirk Kienscherf)