Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Herr Ehlebracht …

(Zurufe – Glocke)

Ich bin still.

Ob Sie eine Zwischenfrage gestatten, wäre die Frage.

Ach so. Nein, nein.

(Hansjörg Schmidt SPD: Herr Ehlebracht hat Angst vor Frauen! – Glocke)

Herr Schmidt, bitte ein bisschen Mäßigung. – Herr Ehlebracht, fahren Sie fort.

Okay, alles klar.

Egal, auf jeden Fall setzen Sie den Auftrag also um. So, so. Haben Sie den Auftrag denn richtig verstanden? Wir sagen: Sie haben ihn nicht richtig verstanden. Die Menschen in der Stadt wünschen sich, dass der Fahrradverkehr gefördert wird, aber mit Sinn und Verstand und nicht wie entfesselt. Die Bürger wollen keine Fahrradstadt in dem Sinne, dass die Stadt verkehrlich auf den Kopf gestellt wird. Sie wünschen nicht, dass der motorisierte Individualverkehr abgewürgt wird, indem Fahrspuren

der Hauptstraße durch Radfahrstreifen ersetzt werden. Sie wünschen auch nicht, dass Werte vernichtet werden, indem voll funktionsfähige Radwege von gut ausgebauten Bürgersteigen auf die Fahrbahn verlegt werden. Und sie wünschen auch nicht, dass Autofahrer gegen Radfahrer und umgekehrt ausgespielt und aufgehetzt werden.

(Beifall bei der AfD)

Und um das festzustellen …

(Glocke)

Herr Ehlebracht, noch einmal die Frage, ob Sie eine Zwischenfrage gestatten.

Das dritte Mal: Nein. Aber Sie lernen das noch.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Unhöflich!)

Und um das festzustellen, brauchen Sie keine Pseudoumfrage, sondern einfach nur gesunden Menschenverstand. Das Ganze nimmt Ausmaße eines Feldzuges an, Fahrrad gegen Auto. Dabei setzen Sie die im Prinzip zweckmäßigen Schutzstreifen und Radfahrstreifen als Waffe ein, vernichten dabei im Vorbeigehen Tausende von PkwStellplätzen und missbrauchen auf einigen Straßen den Radfahrer als lebende Biobremse.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Oh!)

Hören Sie doch einmal zu, hören Sie doch einmal zu. Ich scheine ja richtig zu treffen. So, wie Sie jaulen, scheine ich ja richtig zu treffen.

Es fällt mir nicht schwer, Ihnen zu bescheinigen, dass Sie dieses Thema in dieser Legislaturperiode vorantreiben

(Farid Müller GRÜNE: Dafür sind wir ge- wählt worden!)

und tatsächlich deutlich mehr Fahrradkilometer schaffen als bisher. Das ist gut und das ist richtig, weil es gut und richtig ist, den Radverkehr mit Augenmaß unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der anderen Verkehrsteilnehmer zu fördern. Aber für welche Qualität und um welchen Preis tun Sie das?

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das dann wieder nicht!)

Die Idee und Umsetzung der Velorouten existieren mittlerweile seit 25 Jahren. Weder die CDU in ihren neun Jahren noch Sie in Ihren 16 Regierungsjahren haben es bis heute geschafft, dieses Konzept umzusetzen. Das ist ein Armutszeugnis.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wir regieren nicht seit 16 Jahren!)

25, 9 und 16 macht 25, Herr Tjarks.

Und wenn Sie irgendwann einmal fertig sein sollten, haben wir dann ein Verkehrssystem, möglichst kreuzungsfrei, in einer gesicherten Verkehrsspur erhalten? Nein, haben wir nicht. Es sind eilig dahingemalte Linien, an etlichen Stellen unklar in der Verkehrsführung. Da ist nur eine Linie, kein Kantstein oder etwas Ähnliches, das den Radfahrer oder den Fußgänger, den schwächsten und daher schützenswertesten Verkehrsteilnehmer, schützt. Sie sprechen immer von Kopenhagen, sind aber nicht in der Lage, wenigstens technische Anleihen zu übernehmen. Am Ende haben wir dann nach wie vor ein Fahrradwegesystem mit viel Konfliktpotenzial. So sieht Ihre Fahrradpolitik aus. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Flocken.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Volksvertreter! Wenn man diese Debatte hier hört, dann muss man ja denken, dass in Hamburg zwischen Radfahrern und Autofahrern der Bürgerkrieg ausgebrochen ist. Und ehrlich gesagt, als ich Mitte der Neunzigerjahre nach Hamburg gekommen bin, war es auch ein bisschen so, da hatte ich wirklich diesen Eindruck. Der Höhepunkt war der 24. September 2001. Den Tag werden viele von Ihnen sicherlich noch erinnern, den Tag nach der Wahl, da sind die Autofahrer wirklich durchgedreht. An dem Tag wurde mir als Fahrradfahrer siebenmal die Vorfahrt genommen.

(Ksenija Bekeris SPD: Ach du liebes bisschen! – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Und danach ist er in die CDU eingetreten!)

Ole von Beust hat dann sehr besonnen reagiert. Irgendwann hat Ole von Beust den Autofahrern gesagt: Also passt mal auf, wir sind schon für euch, aber so geht es irgendwie nicht. Ich kann es jetzt nicht mehr wörtlich zitieren, aber es hat gewirkt und seitdem ist die ganze Sache kontinuierlich immer friedlicher geworden. Ich habe nach objektiven Zahlen gesucht, sie aber nicht gefunden und deshalb im persönlichen Umfeld einmal ein bisschen gefragt. Und alle sagen, dass das Verhältnis zwischen Autofahrern und Fahrradfahrern in Hamburg sich in den letzten 17, 18 Jahren wirklich kontinuierlich verbessert hat. In den letzten drei Jahren wurde mir zum Beispiel nur einmal die Vorfahrt genommen, und zwar von einem Bus, der gerade damit beschäftigt war, eine enge Kurve zu fahren. Das ist jetzt natürlich keine Entschuldigung. Und es gibt ein neues Phänomen, das bestimmt die meisten Fahrradfahrer schon bemerkt haben: Es gibt in Hamburg Autofahrer, die sich gegenüber Radfahrern grundsätzlich weigern, sich ihr Vor

(Detlef Ehlebracht)

fahrtsrecht zu nehmen. Die bleiben also grundsätzlich stehen, wenn ein Fahrradfahrer kommt, und nur wenn der Fahrradfahrer dann auf der Straße einfach absteigt, dann lassen sie sich davon überzeugen, dass es vielleicht gut ist, Höflichkeit zu üben, dass aber natürlich Höflichkeit die Verkehrsregeln begleiten, aber nicht ersetzen kann. Also der Bürgerkrieg zwischen Radfahrern und Autofahrern ist abgesagt, Hamburg ist weitestgehend befriedet. Es gibt vielleicht irgendwo noch Scharmützel, aber jedenfalls nicht in Bergedorf.

(Dennis Thering CDU: Die gehören doch zu Ihnen, Frau Sudmann!)

Hören Sie doch einmal auf mit dieser Art der Debatte, die an der Bevölkerung völlig vorbeigeht. – Vielen Dank.

(Dirk Kienscherf SPD: Was hat das jetzt mit unserer Politik zu tun?)

Das Wort erhält Herr Senator Horch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Eine nachhaltige Mobilität von Menschen und Gütern in unserer Stadt ist die Basis für Lebensqualität und auch für Wachstum in Hamburg. Sie ist somit auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe für die Zukunft.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir wollen in Hamburg, das ist unser großes Ziel, die Mobilität der Zukunft gestalten. Mobilität soll und muss umweltfreundlich und nachhaltig sein, die Menschen sollen bequem zur Arbeit kommen oder sich in ihrer Freizeit fortbewegen. Mobilität bedeutet Unabhängigkeit und Teilhabe. All diese Kernthemen werden durch die Radverkehrsförderung abgebildet und weiterentwickelt. Für viele Hamburgerinnen und Hamburger ist das Fahrrad ein wichtiges und zunehmend immer wichtigeres Verkehrsmittel. Radverkehr gewinnt nicht nur in Hamburg, sondern für den innerstädtischen Verkehr auch an allen anderen Stellen in Deutschland immer mehr an Bedeutung.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Natürlich ist eine Fokussierung nur auf ein einziges Verkehrsmittel, wie es auch hier diskutiert wird, auf keinen Fall die Lösung für die verkehrlichen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte.

(Beifall bei Ewald Aukes FDP)

Zur Mobilität gehören eigene Autos, künftig auch Fahrräder, Busse, Bahnen, Taxen und auch Leihfahrzeuge. Wir wollen den Hamburgerinnen und Hamburgern ein gutes Angebot machen, denn die Frage ist oft nicht, Auto, Rad oder Bahn, sondern alles zusammen – mit dem Auto zum Bahnhof, von

dort mit der Bahn in die Innenstadt und die letzten Meter weiter mit dem Leihrad. Moderne Apps zeigen an, welche Kombinationen dieser Verkehrsmittel der schnellste Weg sind. Der Radverkehr ist ein Baustein für die Gestaltung dieser Mobilität in einer lebenswerten und zukunftsfähigen Metropole. Das hat nichts mit Ideologie, sondern in dieser Form einfach mit gesundem Menschenverstand zu tun; das möchte auch ich einmal deutlich zum Ausdruck bringen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mit Investitionen in die Radverkehrsinfrastruktur, in Service und auch Kommunikation schaffen wir gute Bedingungen zum Radfahren und werden damit zur Lösung vieler aktueller und zukünftiger verkehrspolitischer und gesellschaftlicher – und ich will noch einmal betonen, auch nachhaltiger, Stichwort Luftreinhalteplan – Herausforderungen entsprechend beitragen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vor knapp zwei Jahren wurde das Bündnis für den Radverkehr geschlossen und somit die materielle und organisatorische Grundlage geschaffen, um eine systematische Radverkehrsförderung in den Handlungsfeldern Infrastruktur, der Verbindung zum Service und der Kommunikation auf den Weg zu bringen. Unter anderem steht das Veloroutenkonzept der Stadt. Es umfasst 14 stadtweite Routen in einer Gesamtlänge von 280 Kilometern. Es werden lange zusammenhängende Strecken realisiert, wichtige Lückenschlüsse werden ständig vorgenommen. In den letzten drei Jahren wurden bereits über 100 Kilometer Radverkehrsanlagen in Hamburg fertiggestellt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)