Protokoll der Sitzung vom 16.05.2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Was tun andere Gemeinden nicht alles, um Firmen anzulocken: Sie werben mit niedrigen Gewerbesteuerhebesätzen, mit dem Ausweis großer Flächen für Gewerbegebiete, mit guten Verkehrsanbindungen, mit Wirtschaftsförderung, mit schnellen Baugenehmigungen und unbürokratischen Entscheidungen. Und womit wirbt Hamburg? Für mich ist Hamburg die schönste Stadt der Welt, aber seien wir einmal ehrlich, Gewerbebetriebe haben es in Hamburg nicht ganz leicht: Der Gewerbesteuerhebesatz ist mit 470 Prozent im Mittelfeld in Deutschland, Gewerbegrundstücke sind schwer zu finden oder unbezahlbar, Baugenehmigungen dauern oft ziemlich lange und überall gibt es Nachbarn, die Lärm, Schmutz oder Verschattung fürchten.

Ohne Gewerbebetriebe entgingen Hamburg netto Gewerbesteuereinnahmen von einer Milliarde Euro pro Jahr. Den größten Gewerbesteuerzahler Ham

(Michael Kruse)

burgs in der Stadt zu halten, das ist Verpflichtung für den Senat. Wie schnell es mit einem Umzug gehen kann, haben wir bei tesa gesehen: Mehr als 100 Jahre war Eimsbüttel Sitz und jetzt ist es Norderstedt.

Beiersdorf kauft die anliegenden Kleingärtenflächen als Erweiterungsreserve. Bei einem Investitionsvolumen, wie es Beiersdorf vorhat, wäre alles andere eine kurzsichtige, um nicht zu sagen dumme Entscheidung. Kurz- und mittelfristig ist die Nutzung der Flächen nicht geplant. Die Pächter haben Verträge und sogar noch Absicherung für die nächsten 20 Jahre im Kaufvertrag. Dieser Vertrag ist weder in finanzieller Hinsicht schlecht für die Freie und Hansestadt Hamburg noch für die Kleingärtner. Er eignet sich insofern nicht im Geringsten, um daran eine Grundsatzdebatte festzumachen.

In einem Punkt gebe ich der Links-Fraktion allerdings recht: Der Flächenfraß und damit die Bedrohung des Hamburger Grüns nimmt rasant zu. Die Schrebergärten bilden mit gemeinsam über 17 Millionen Quadratmetern die größte Fläche der Stadt, und dieses Grün zu erhalten und zu bewahren, ist eine wichtige Aufgabe. In der Vergangenheit wurde vonseiten des Senats sehr großzügig Kleingärtenfläche geopfert, um dort Baugebiete auszuweisen. Das ist eine gefährliche Entwicklung. Hier braucht es eine langfristige Planung und Absicherung, damit die Hansestadt Hamburg grün und die schönste Stadt der Welt bleibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt nun Frau Sudmann.

Es ist schon eine interessante Welt, in der die meisten von Ihnen zu leben scheinen. Also ich habe jetzt …

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie scheinen ja Ih- re eigene Welt zu haben! – Zurufe)

Was ist denn jetzt schon los? Ich habe doch gerade erst angefangen. Hören Sie doch erst einmal zu, warum ich das sage.

Also ich habe jetzt verstanden, wer sich hier hinstellt und wer sagt, ich setze mich dafür ein, dass wir eine Stadtentwicklungspolitik haben, die alle Aspekte unter einen Hut bringt, wer versucht, Nachhaltigkeit und preisgünstige Wohnungspolitik zu schaffen, wer versucht, Grün zu schaffen, das ist Populismus.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Sie tun das doch gerade!)

Das habe ich jetzt also bei Ihnen verstanden. Und ich habe auch verstanden, wer sich hier hinstellt und sagt, wir vertreten die Interessen der Wirtschaftsunternehmen, das ist gute Politik.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das ist infam! Das hat keiner gesagt!)

Doch, mehrere haben mir vorgeworfen, linker Populismus …

(Hansjörg Schmidt SPD: Das hat doch über- haupt keiner gesagt!)

Vielleicht melden Sie sich gleich noch einmal …

(Hansjörg Schmidt SPD: Bleib doch einmal bei der Wahrheit, ein einziges Mal! – Glocke)

(unterbrechend) : Meine Damen und Herren! Das Wort hat Frau Sudmann. Und ich bitte alle um Berücksichtigung des parlamentarischen Sprachgebrauchs.

So. Wir lesen demnächst im Protokoll nach, dass mehrere von Ihnen vom linken Populismus gesprochen haben, davon gesprochen haben, wir würden hier spalten, wir würden uns immer auf bestimmte Themen setzen. Jetzt widerlege ich Ihnen das gerade, und das Einzige, was Ihnen dazu einfällt, ist, hier loszuschreien. Das ist echt keine Debatte, die man führen kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Und dann wird es ja besonders schön, wenn Sie uns vorwerfen, wir gefährdeten Arbeitsplätze. Ich habe in meinem ersten Beitrag sehr klar ausgeführt, dass auch der Vertreter von Beiersdorf gesagt hat, die Arbeitsplätze, auch die geplanten 300, seien nicht gefährdet, wenn die 12 Hektar nicht dazukämen. Wo ist dann da bitte schön die Begründung dafür, dass Sie sagen, wir seien gegen Arbeitsplätze? Die gibt es nicht. Das ist Populismus.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Krönung war ja, dass … Wer war denn das? Herr Ovens, glaube ich, sagte, jetzt wolle DIE LINKE auch noch quasi eine Kaninchenstallhaltung für die Arbeitnehmerinnen machen. Sie waren doch im Ausschuss dabei. Wir haben über neue Entwicklungen in der Arbeitswelt gesprochen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Der Arbeitswelt, aber nicht Beiersdorf!)

Sie wissen doch selbst, die CDU stimmt doch sonst zu, es gibt Coworking-Plätze. – Wer war es? Egal. Sorry. – Es gibt Coworking-Plätze, es gibt ganz neue Entwicklungen. Es gibt eine Verdichtung. Selbst Beiersdorf hat in der industriellen Produktion, Herr Kruse, gesagt … Es steht auch in der Drucksache drin. Auch die rücken dichter zusammen. Ich merke, Sie wollen das nicht hören. Sie wollen erst einmal raushauen: DIE LINKE ist gegen Arbeitsschutz. Also das stimmt auch nicht.

(Andrea Oelschläger)

(Beifall bei der LINKEN)

Dann hat sich hier einer von Ihnen hingestellt und gesagt: Sie sind auch noch gegen Wohnungsbau, es passiert doch günstiger Wohnungsbau an der Unnastraße. Wir sind nicht gegen Wohnungsbau, der in der Unnastraße kommt, wir sind dagegen, dass dort hochpreisiger Wohnungsbau entsteht. Es kommt kein sozialer Wohnungsbau. Es beginnt ab 8 Euro. Es wird keine einzige Sozialwohnung dort geben, das hat uns der Beiersdorf-Vertreter auch noch einmal bestätigt. Also, auch da stimmt Ihr Argument nicht.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Und dann kommen wir einmal zu den GRÜNEN. Die GRÜNEN haben ja auch schon im Ausschuss ein nettes Argument genannt und Herr Duge hat es gerade wiederholt.

(Glocke)

(unterbrechend) : Frau Sudmann, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Ovens zu?

Ja, natürlich, gern. Können Sie meine Zeit anhalten, bitte? Die läuft und läuft.

Nein, läuft nicht, ist angehalten.

Danke schön.

Zum Thema Arbeitsplatzstätten-Schutzverordnung können wir uns an anderer Stelle gern noch einmal weiter unterhalten, inwieweit Ihnen das wichtig ist oder nicht. Aber würden Sie mir zustimmen, dass es tatsächlich bislang kein fertiges Konzept der Beiersdorf-Stiftung gibt, was genau für Wohnungen gebaut werden sollen am bisherigen Bürostandort Unnastraße? Und würden Sie mir dann auch zustimmen, dass es zu keinen Lasten irgendwelcher Grünflächen geht, was dort künftig alternativ zu den bisherigen Büros entstehen soll? Und wenn Sie mir da zustimmen, wie erklären Sie dann Ihre Pressemitteilung, in der Sie genau das behaupten?

Also erstens kann ich Ihnen in dem Punkt nicht zustimmen, dass Beiersdorf nicht weiß, welche Wohnungen dort entstehen sollen. Der Vertreter hat auf unserer Veranstaltung gesagt, es würden Wohnungen gebaut, es werde günstige Wohnungen zu 8 Euro geben, der Rest werde frei finanziert sein. Das war die klare Aussage. Also, Beiersdorf sagt etwas anderes.

Das Zweite: Sie haben vorhin meine Argumentation nicht verstanden oder nicht zugehört. Herr Ovens, hören Sie mir jetzt zu?

(Carsten Ovens CDU: Ja! Ich bin nur irritiert, weil Sie gerade gesagt haben, es werden günstige Wohnungen gebaut! – Glocke)

(unterbrechend) : Sie haben das Wort, Frau Sudmann. Eine Antwort auf die Zwischenfrage.

Ist vielleicht das das Missverständnis? Sozialer Wohnraum, 1. Förderweg, fängt bei 6,50 Euro an, und der entsteht dort definitiv nicht. Das ist günstiger Wohnungsbau im Sinne der LINKEN. Die CDU hat da andere Vorstellungen, das weiß ich.

(Beifall bei der LINKEN)

Okay, wir machen jetzt einmal weiter. Ihre zweite Frage. Ich habe deutlich gesagt, es gibt einen Richtwert, der sagt, 6 Quadratmeter pro Einwohnerin für wohnungsnahe Parkanlagen. Die gibt es in der Ecke dort nicht. Und was jetzt gebaut wird, da haben Sie recht. In der Unnastraße gibt es keine neue Versiegelung, nein. Aber diese Menschen, die da hinziehen, die da nicht nur zur Arbeit hingehen, die Tag und Nacht dort wohnen werden, die brauchen Freiflächen, und die gibt es nicht, wenn Sie das größte Areal zubauen. Das werden Sie jetzt sicherlich verstehen; ich sehe, dass Sie nicken. – Ihre dritte Frage habe ich jetzt vergessen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber ich mache jetzt einmal mit Herrn Duge weiter. Herr Duge und auch Herr Tjarks sagten im Ausschuss, die Kleingärtnerinnen könnten doch froh sein, der beste Schutz sei, es komme kein Wohnungsbau dahin, wenn Beiersdorf das mache. Aber wenn Beiersdorf erweitert, ist das Grün auch weg. Es geht nicht darum, dass die Kleingärtnerinnen sagen, wir wollen unbedingt unsere Parzelle so haben, wie sie heute ist. Die sind offen. Es gibt Überlegungen für einen Stadtpark, einen Kleingartenpark. Das gibt es alles. Und Sie versuchen das hier auf die Schiene zu schieben, Kleingärtnerinnen denken nur an ihre eigene Parzelle. Das finde ich eher infam.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Duge, Sie waren nicht im Ausschuss. Die GRÜNEN und die SPD waren nicht dazu bereit, dass wir das im Stadtplanungsausschuss diskutieren. Das ist eine Stadtplanungsfrage und Sie haben sich dagegen gewehrt. Es war nur im Wirtschaftsausschuss und nur im Haushaltsausschuss. All das zeigt mir doch: Sie wollen keine Stadtplanung machen, die Sie gerade von uns eingefordert haben. Sie hätten es gut überweisen können, denn

der Vertrag ist im Sommer 2017 abgeschlossen worden und erst im Februar hat es uns hier in der Bürgerschaft erreicht. Erzählen Sie mir nicht, die Zeit hätte nicht gereicht. Das stimmt nämlich nicht.

(Beifall bei der LINKEN – Glocke)