Protokoll der Sitzung vom 22.08.2018

(Dirk Kienscherf SPD: Sehr einseitig, die Re- de!)

Das ist übrigens auch ein Hinweis darauf, dass es in Ihrer rot-grünen Koalition so reibungslos im Moment nicht mehr läuft. Ich kann mich nicht erinnern, dass dem letzten Bürgermeister, Herrn Scholz, ein solcher Lapsus in der Hafenpolitik einmal unterlaufen ist. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass dem letzten Bürgermeister dann gleich zwei öffentliche Unternehmen öffentlich in die Parade fahren, nachdem ein solcher Lapsus passiert. Also, Herr Tschentscher, ordnen Sie Ihren Senat, machen Sie durchdachte Vorschläge, denn das war unausgegoren, und so hat es dem Hafen auf jeden Fall nicht geholfen, sondern nur Unruhe produziert.

(Beifall bei der FDP)

Nichtsdestotrotz unterstützen wir Sie bei diesem Zukunftsthema der Terminalbeteiligung. Und wir sehen weitere Zukunftsthemen, die jetzt dringend Beschleunigung brauchen. Wir sehen das Thema Steinwerder-Süd. Da haben Sie einen Ideenwettbewerb gemacht, der ist eineinhalb Jahre her. Die Ergebnisse sind bekannt, seitdem haben wir nichts gehört. Sie haben keine Planfeststellung unternommen, Sie haben bisher keine Ausschreibung vorgenommen. Wir fragen immer wieder nach. Wir fragen auch danach, was Sie denn in die Ausschreibung, die irgendwann kommen soll, eigentlich reinschreiben wollen. Wir kriegen keine Antworten von Ihnen, deswegen sagen wir Ihnen: Machen Sie eine Ausschreibung, siedeln Sie Industrie

(Norbert Hackbusch)

an, sorgen Sie dafür, dass Sie so eine Industrie ansiedeln, die eben auch den Tiefwasserzugang benötigt, und sorgen Sie dann dafür, dass das dem Hamburger Hafen einen Push gibt.

Wir sind sehr froh, dass wir heute solche Signale auch aus den Regierungsfraktionen gehört haben. Im Sommer waren die nicht zu hören, als die Debatte stattgefunden hat, aber, Herr Tjarks, späte Erkenntnis ist besser als gar keine Erkenntnis. Deswegen machen Sie jetzt Druck bei diesem Thema, denn der Hamburger Hafen braucht genau diesen Wachstumsimpuls.

(Beifall bei der FDP)

Und wenn wir schon bei Terminalbeteiligungen und vorhandenen Terminalbeteiligungen in dieser Stadt sind, dann müssen wir sagen, dass Altenwerder zwar eine gelungene Terminalbeteiligung ist, aber Altenwerder wird Stück für Stück die Kehle zugeschnürt, und zwar durch die Köhlbrandbrücke. Wo ist denn nun Ihr Vorschlag für die Köhlbrandquerung? Im März hieß es, der solle in den nächsten Wochen kommen. Seitdem ist nichts geschehen. Die Köhlbrandquerung ist das wichtigste Zukunftsprojekt für unseren modernsten Terminal, und das bedeutet, Sie müssen sich jetzt sehr schnell auf den Weg machen, um dieses Rieseninfrastrukturprojekt rechtzeitig fertig zu bekommen.

Wenn wir dann einmal auf die Prioritäten schauen, die der Senat bei diesem Thema setzt, dann sind wir allerdings in Sorge, dass die Prioritätensetzung bei Rot-Grün im Moment richtig stattfindet. Wir schlagen Ihnen vor: Machen Sie ein zukunftsfähiges Projekt, machen Sie eine Investition, die für mehr als 30 oder 40 Jahre hält. Planen Sie vernünftig. Wir schlagen Ihnen vor: Wickeln Sie über diese Köhlbrandquerung die Warenverkehre der Zukunft ab, gucken Sie, ob Sie automatisierte Warenverkehre darüber ermöglichen können.

Und was hören wir dann im Sommer vom Kollegen Tjarks, der von irgendetwas irritiert ist, was das wichtigste Projekt dieser Koalition sei? Das Wichtigste für diesen Senat ist es offensichtlich, dass über die neue Köhlbrandquerung auch Fahrradfahrer fahren können.

(Zuruf: Was?)

Das haben wir diesen Sommer vom Kollegen Tjarks gehört. Wir können nur sagen: In Ihrer Hafenpolitik stimmen im Moment die Prioritäten nicht. Ändern Sie das, denn sonst wird der Hafen weiter zurückfallen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Dr. Flocken – oder?

(Zuruf von Dr. Jörn Kruse AfD)

Bitte, dann … Sie müssten sich melden, Herr Professor Kruse, dann kommen Sie auch dran. – Gut, dann bekommt das Wort jetzt als Nächster Professor Kruse für die AfD-Fraktion. Herr Dr. Flocken folgt Ihnen dann.

Ich nehme es mal nicht als Vorsatz, Frau Präsidentin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren!

Also gern noch einmal, Herr Professor Kruse. Wenn Sie das Wort wünschen …

Zu den Dingen, die hier neu sind, gehört …

(Glocke)

Wenn Sie jetzt im Plenarsaal das Wort wünschen, müssten Sie sich bitte melden. Hier bei uns im Präsidium ist keine Meldung gesehen worden. Neben mir sitzen drei Vizepräsidenten. Sie werden uns nicht unterstellen, dass wir Ihre Meldung absichtlich nicht zur Kenntnis genommen haben. Also bitte.

Dann bitte ich Sie dafür um Entschuldigung.

Zu den Neuerungen gehört auch, dass das Wasser, das wir jetzt immer sehr stilvoll serviert bekommen, um das mal einzuwerfen, das will ich jetzt mal machen an dieser Stelle …

Der Hamburger Hafen ist in einer schlechten Verfassung und verliert Marktanteile. Der Containerumschlag in Hamburg ist mengenmäßig rückläufig. Das bedroht natürlich Arbeitsplätze. Aber das allein könnte grundsätzlich auch kurzfristiger Natur sein und/oder an globalen Faktoren liegen, wie zum Beispiel Wachstumsdelle in China, Sanktionen gegen Russland oder Trumps tumbe Ausfälle gegen den freien Welthandel. Aber die Konkurrenz auf der Nordrange hat bei Containern einen Zuwachs, zum Teil ganz beträchtlich. Das gilt für Rotterdam und für Antwerpen und sogar für Bremen. Ich könnte Ihnen die Zahlen vorlesen, aber ich glaube, Sie kennen Sie alle selbst, und ich glaube, uns allen ist es peinlich, dass das so ist.

Das heißt also, Hamburg hat nicht nur ein Mengenproblem, sondern ein Wettbewerbsproblem, und das lässt für die Zukunft nichts Gutes erwarten. Vor allem aber liegt es in der Verantwortung der Hamburger Politik, und die Probleme sind auch nicht neu. Das bekannteste ist die nach 17 Jahren immer noch fehlende Fahrrinnenanpassung, vulgo Elbvertiefung. Wenn ein Containerschiff beim Anlauf Hamburgs 1 000 bis 2 000 Container weniger

(Michael Kruse)

laden kann, weil der Tiefgang fehlt, dann fehlt natürlich Umschlag und einige Reedereien routen ihre Linien lieber gleich nach Rotterdam, und das alles, weil von 100 Elbkilometern 10 Elbkilometer vertieft werden müssen. Die Arbeitsplatzrisiken nehmen wir auf uns wegen eines Unkrauts, des Schierlingswasserfenchels, das außer ein paar Biologen vorher niemand kannte und die meisten auch nicht interessiert. Und der Umweltsenator stellt sich hin und sagt öffentlich, dass er als GRÜNER gegen die Elbvertiefung sei. So eine Person ist als Hamburger Senator untragbar, Herr Bürgermeister.

Das zweite große Problem kennen zwar die meisten Hamburger aus eigenem Erleben, denken da aber wohl nicht an den Hafen. Das ist die katastrophale Straßenverkehrssituation in der Stauhauptstadt Hamburg. Eine große Hamburger Spedition hat ausgerechnet, dass die Ladungsmenge, die sie vor zehn Jahren mit 100 Lkws erledigen konnte, heute 120 Lkws benötigt; das ist eine Senkung der Produktivität um 20 Prozent roughly. Und das ist eine Folge des Straßenstaus und damit einer verfehlten Verkehrspolitik in Hamburg, auch in Berlin, gebe ich zu.

Es gibt Spediteure, die mittlerweile nicht mehr gern bereit sind, Waren über Hamburg zu transportieren, da die Kosten durch Staus so hoch sind, dass sie kein Geld mehr verdienen.

Auch die Hamburger Straßensperrungen an zwei Stellen in Altona, die ganz Hamburg in Deutschland zur Lachnummer gemacht haben, Herr Senator Kerstan, gehören hierher, und zwar deshalb, weil sie ein Symbol sind – und so war es wohl auch gedacht –, ein Symbol generell gegen den Autoverkehr in Hamburg, aber es ist auch ein Symbol für eine wohlstandsverwahrloste grüne Politik. Stattdessen suhlt man sich in der grünen Radfahrpolitik. Ich warte darauf, bis die GRÜNEN die Container per Fahrrad durch Hamburg ziehen, weil Lkws von ihnen verboten worden sind.

(Dr. Monika Schaal SPD: Ha, ha, ha!)

Dann kann man auch gleich den ganzen Hafen zuschütten und dort Wohnungen bauen. Das eignet sich ohnehin viel besser für den Wahlkampf.

(Beifall bei Dr. Alexander Wolf AfD – Wolf- gang Rose SPD: Peinlich!)

Ein Hafenproblem ganz anderer Art ist die Einfuhrumsatzsteuer. Wenn ein Spediteur Waren über den Hamburger Hafen importiert, muss er die Einfuhrumsatzsteuer sofort zahlen und hoffen, dass er sie vom Empfänger der Ware später, nach Wochen oder Monaten, erstattet bekommt – eine ganz unnötige Bindung von Kapital und Liquidität und überflüssige Transaktionskosten und Bürokratie. Bei einem Import über Rotterdam oder Antwerpen zahlt das direkt der Empfänger. Kein Wunder, dass

ein Spediteur seine Importe lieber über Rotterdam oder Antwerpen routet.

Wieso ein deutscher Bundesfinanzminister – wer war das noch gleich? – bei Zinsen von fast null und vollen Steuerkassen den deutschen Häfen einen derartigen Wettbewerbsnachteil zumutet, ist mir unverständlich. Das Problem ist zwar bekannt, aber es ist noch nichts passiert in dieser Richtung. Und ich denke mal, Herr Scholz, es sollte das Interesse sein, in Hamburg zu signalisieren, dass das bald angepackt wird. Treten Sie Ihrem Vorgänger doch mal auf die Füße, Herr Bürgermeister Tschentscher.

(Beifall bei Dr. Alexander Wolf und Peter Lorkowski, beide AfD)

Der Hamburger Hafen hat seine Wettbewerbsvorteile. Ich nenne mal drei: als Zielhafen wegen der hohen Industriedichte, bei der Eisenbahnanbindung und aufgrund der guten Arbeitsverhältnisse – ich könnte auch sagen, wegen vernünftiger Betriebsräte und Gewerkschaften in Hamburg, speziell im Hafen. Aber diese Vorteile kann man durch andere Politik leicht wieder verspielen, insbesondere in der Umwelt- und Verkehrspolitik; wir sind gerade dabei. Die Nachteile hätten der Standort Hamburg und die Hamburger Arbeitsplätze. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Nun bekommt das Wort der Abgeordnete Dr. Flocken.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Volksvertreter! Jeder Hafen braucht eine Infrastruktur samt allem, was Herr Westenberger erwähnt hat, ein leistungsfähiges Hinterland und leistungsfähige Handelspartner. Diese sind zwar kühle Rechner, aber auch Menschen von Fleisch und Blut, deren Vertrauen in Hamburg gepflegt werden will. Dies sei veranschaulicht am Beispiel unseres wichtigsten Handelspartners. Die Chinesen glauben zumeist nicht an Götter, aber an die Bedeutung von Worten und Zeichen, sehr zu unserem Vorteil. Hamburg oder Han Bao heißt chinesische Burg. Da werden selbst Sie jeden chinesischen Geschäftsmann verstehen, der lieber in Han Bao Handel treibt als in der größten deutschen Stadt, Bolin, zu Deutsch Zypressenwald. Deutschland heißt Deguo, Guo bedeutet Land und De bedeutet Tugend. Dieser Vertrauensvorsprung ist die Basis des chinesischen Engagements im Hafen.

Dieses von unseren Ahnen ererbte Kapital verspielen Sie gerade leichtfertig und rasant durch das, was die Chinesen Baizuo nennen. Bai bedeutet weiß oder leer, zuo bedeutet links, falsch, ungeschickt, irrtümlich, unlogisch, inkompetent. Baizuo ist die Gefahr für den Hamburger Hafen. Laut der

(Dr. Jörn Kruse)

hochqualitativen Frage- und Antwortplattform Zhihu, also Wissen/Fragen, bedeutet Baizuo Folgendes – Zitat –:

"Westliche Menschen der Bildungsschicht, die sich um Einwanderer, ethnische Minderheiten, Genderismus, gegebenenfalls die Umwelt kümmern."

(Zuruf von Sabine Boeddinghaus DIE LINKE)

Ja genau, ich habe Ihnen gesagt, der Hafen sei abhängig von dem Vertrauen unserer Handelspartner.

Und jetzt versuchen Sie mal ein bisschen, den Standpunkt unserer Handelspartner einzunehmen. Die kümmern sich also nicht um die Probleme der einfachen Leute, haben davor weder Achtung noch davon Ahnung und geben scheinheilig vor, für Menschenrechte, Frieden und Gleichstellung einzutreten, um sich moralisch überlegen zu fühlen. Sie unterwerfen sich dem Multikulturalismus so weit, dass sie Barbarei in ihr Land einladen und Vielfalt predigen, aber anderen Meinungen nicht zuhören können.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das hat doch mit dem Thema nichts mehr zu tun! – Zuruf von Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP)