Protokoll der Sitzung vom 22.08.2018

(Dr. Joachim Seeler)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, neben der Barrierefreiheit ist die größte Neuerung an diesem Pult, dass man sich hier irgendwie nicht mehr so richtig festklammern kann bei schwierigen Debatten, aber das werden Sie dann alle noch im Laufe des Tages erfahren.

(André Trepoll CDU: Du kannst auch rein- beißen! – Anna-Elisabeth von Treuenfels- Frowein FDP: Ja!)

Wer da gegenwärtig in Mikrofone beißt, weiß ich nicht, aber ich glaube, ich lege jetzt einmal mit der Rede los.

Wir haben schon ein paarmal über das Thema Hamburger Hafen geredet, und ich glaube, wir sind uns alle einig, der Hamburger Hafen ist ein bedeutender Umschlagplatz. Wir sind einer der größten maritimen Standorte der Welt, der rein über den Umschlag hinausgeht, und ich glaube, wir arbeiten alle daran – und das sollten wir gemeinsam tun –, dass das so bleibt.

Die Herausforderungen, die es gibt für den Hamburger Hafen in der Weltwirtschaft, die globale Schifffahrtskrise – wir haben das bei der HSH Nordbank, bei Hapag-Lloyd zu spüren bekommen –, die verlangsamten Weltwirtschaftswachstumsraten, das langsamere Welthandelswachstum, den Protektionismus, Stichwort Zölle und Sanktionen gegen Russland, kennen wir alle zur Genüge. Ich glaube, es ist aber wichtig – und das hat der Kollege Seeler vorher hier schon gut gemacht –, dass wir uns auch selbst überlegen, was wir für den Hamburger Hafen tun können, was wir sozusagen organisch tun können, um das voranzubringen. Ich glaube, dass da jetzt einige wichtige Weichenstellungen in der Debatte und auf dem Weg sind, die das Gesicht des Hamburger Hafens nachhaltig ein bisschen verändern können und ihn auch wieder in die Erfolgsspur zurückbringen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Damit ist zum einen die ganze Frage benannt, welche Flächen wir für den Hamburger Hafen zur Verfügung stellen. Wir hatten eine sehr lange Debatte, auch mit dem Kollegen Hackbusch, über die Frage, was eigentlich in Steinwerder-Süd passiert. Wir haben einen Hafenentwicklungsplan festgelegt, wir wollen, dass wir Industrienähe haben, wir wollen die Wertschöpfung erhöhen, wir wollen eine hohe Flächeneffizienz haben und viele Arbeitsplätze. Ich glaube, wenn wir uns erst einmal die Ansiedlung von Liebherr angucken, die jetzt gelungen ist, erfüllt sie viele dieser Kriterien. Wenn wir uns dann anschauen, dass wir einen Ideenwettbewerb gemacht haben, der erstmals plastisch dargestellt hat, was man auf dieser Fläche machen kann, nämlich die Idee eines Multipurpose-Terminals und

die Idee eines Shortsea-Terminals, die im Kern die Idee dahinter haben, dass sie Ladung an den Hamburger Hafen binden und sozusagen für zusätzliche Ladung im Hafen sorgen, dann sind das Zeichen, dass wir diese Fläche gut entwickeln werden können und dass wir damit dem Hamburger Hafen einen zusätzlichen Impuls geben können.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Dann ist in der Zwischenzeit die Debatte losgetreten worden, wer eigentlich Eigentümer der Flächen in der Stadt bleibt. Ich möchte hier, glaube ich, für Rot und Grün sagen: Das ist klar, das bleibt die Stadt Hamburg. Das Hafenentwicklungsgesetz gilt. Ich glaube, dass wir aber trotzdem richtig daran tun, dass wir auch die Finanzierungsinstrumente, die unter diesen Pachtverträgen liegen, weiterentwickeln, denn man kann Pachtverträge nicht beleihen, man kann auch die Grundstücke nicht beleihen. Das geht aber für Erbbaurecht und deswegen ist es wichtig, dass wir auch das Erbbaurecht hier einführen, dass wir dort neue Finanzierungsinstrumente ermöglichen, damit diese Flächen vernünftig finanziert und entwickelt werden können, sodass wir dort mehr Wertschöpfung, mehr Arbeitsplätze und mehr Erfolg in Hamburg haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Die dritte große Debatte, die hier im Raum steht, ist die Frage der Internationalisierung des Hafens oder der Beteiligung anderer Anteilseigner – Michael Westenberger hat sie auch angesprochen – und damit die Frage von Dedicated Terminals oder der Beteiligung von Reedereien an den Terminals. Ich glaube, bei aller Vorsicht, die man in dieser Frage walten lassen muss – wir haben zwar eine erfolgreiche Lösung mit Hapag-Lloyd in Altenwerder, es ist zwar auch keine Inhouse-Lösung, aber schon eine Hamburger Lösung –, sollten wir uns dieser Idee nähern und wir sollten sie sehr wohl durchdenken und dafür die Parameter festlegen, die wir brauchen.

Die Parameter sind: Wir müssen, wenn wir das machen, insgesamt als Standort davon profitieren, wir müssen die Wertschöpfung erhöhen und wir müssen in relevantem und großem Umfang Ladung binden. Wenn wir das hinkriegen, dann sollten wir uns dieser Idee nicht nur nähern, dann sollten wir auch versuchen, sie aktiv umzusetzen. Auch hier liegt eine große Chance, dem Hamburger Hafen wieder einen Push zu verleihen. Viele erfolgreiche Häfen in der Welt haben Terminalbeteiligungen, und es gibt wenige Gründe, warum diese internationale Entwicklung komplett an Hamburg vorbeigehen sollte.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

In diesem Zusammenhang, und das ist die vierte große Debatte, fordern die einen immer mal wieder einen Aktionsplan, die anderen seit Jahren die Überarbeitung des Hafenentwicklungsplans. Ich glaube, miteinander reden – und da gibt es die Idee runder Tisch – ist an dieser Stelle gar nicht so schlecht, denn wenn wir uns auf den Weg von Dedicated Terminals machen, dann haben wir ein Thema, das natürlich viele Interessengruppen im Hamburger Hafen betrifft. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sagen: Was bedeutet das eigentlich für mein Lohnniveau? Die Unternehmerinnen und Unternehmer sagen: Was bedeutet das eigentlich für zusätzliche Konkurrenz? Und die HHLA als Unternehmen wird sich auch verändern müssen, wenn man diesen Weg gehen möchte. Ich glaube, das sind alles Sorgen, Wünsche und Nöte, die dahinterstehen, die man ernst nehmen muss und die man gemeinsam besprechen muss. Nur wenn man das gemeinsam hinkriegt, wird man am Ende daraus einen Erfolg machen. Deswegen ist es wichtig, dass man wieder viel mehr miteinander als übereinander redet. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Hackbusch bekommt das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das sind zwar beruhigende Worte, die Sie von den GRÜNEN und der SPD uns jetzt gesagt haben, aber sie können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Situation im Hafen gegenwärtig kritisch ist. Das ist nicht nur die Meinung der Opposition, sondern es ist die Meinung der wichtigsten Akteure, die im Hafen gegenwärtig etwas machen. Dementsprechend verlange ich von Ihnen, sich ein bisschen ernsthafter damit auseinanderzusetzen, als nur zu sagen, wir reden über alles, wir sind ja nett und wir können über alles sprechen. Das nützt nichts.

(Beifall bei der LINKEN, vereinzelt bei der CDU und bei Ewald Aukes FDP)

Sie haben gegenwärtig etliche Fehler gemacht, und ich will Ihnen einmal einige nennen. Erstens: Wenn ein Wirtschaftssenator in einer wichtigen Situation des Hafens beim Hafen-Klub auftritt und fragt, wer denn die ganze Infrastruktur im Hafen, die wir so dringend brauchen, eigentlich finanzieren soll; es dürfte doch klar sein, dass dies über Miet- und Pachteinnahmen nicht funktionieren könne. Wie kann man als Senator eines Senats gegenwärtig hilfloser auftreten als so?

(Dirk Kienscherf SPD: Kommen Sie mal wie- der runter! War gar nicht so gemeint, Sie müssen die ganze Rede lesen!)

Wie kann man auftreten und sagen: Ich habe keine Ahnung, wie ich das finanzieren soll, sondern ich

trete hier auf und regiere nicht seit sieben Jahren, sondern frage Sie einmal, wie ich das eigentlich machen soll. Das ist Hilflosigkeit, das ist keine klare Politik, wie man den Hafen weiterentwickelt.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Zweite, was damit verbunden ist: Dann kommt die Idee mit den Dedicated Terminals, eine Diskussion, die schon immer existiert – keine Frage. Es gibt im Hafen einige davon – auch keine Frage. Was macht der Bürgermeister? Er tritt auf und sagt – für mich selbst überraschend – unabgesprochen mit den anderen Akteuren im Hafen: 25 Prozent für CMA wäre doch eine gute Lösung. Was geschieht im Hafen? Die HHLA, städtisches Unternehmen im Wesentlichen, sagt: Das ist aber noch nicht durchgerechnet. Seid ihr eigentlich noch ganz klug, dass ihr das machen wollt? Wir verlieren dadurch Geld und wir haben dadurch etliche Aktionen zu machen. Das ist das Erste.

(Dirk Kienscherf SPD: Hat er doch gar nicht gesagt!)

Dann müssen Sie einmal Zeitung lesen, Herr Kienscherf, und nicht nur hier Zwischenrufe machen.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Zeitung heißt nicht, dass er das ge- sagt hat!)

Dann tritt Hapag-Lloyd auf und sagt, man habe ein Problem mit dieser Terminalbeteiligung. Was ist das für eine Politik, die schon einmal irgendetwas rausbläst, ohne das mit anderen städtischen Akteuren abgesprochen zu haben? Das ist keine kluge Politik.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der CDU)

Ich will Ihnen das Dritte sagen dazu. Wie ist es denn mit Steinwerder? Wir haben die Situation, dass Steinwerder seit zwei Jahren brachliegt. Da geschieht nichts. Da werden Pläne entwickelt und selbst die sind noch nicht einmal fertig überlegt. Auf diesem Gelände geschieht nichts. Warum ist dort denn nicht der Universalhafen weitergeführt worden? Es wäre doch gar kein Problem gewesen. Das Unternehmen hätte das machen können und die Beschäftigten hätten sich gefreut, weiterhin beschäftigt zu sein. Die Auswirkung davon ist, dass wir nach zwei Jahren jetzt auch noch im Universalbereich Ladung verloren haben – nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Ladung. Für eine Politik, die erst einmal gesagt hat, Schluss damit, irgendwie machen wir etwas Neues, aber wir führen dieses Unternehmen nicht weiter,

(Dr. Monika Schaal SPD: Worüber reden Sie eigentlich?)

ist das auch keine kluge Politik. Auch dort müssen Sie sich etwas einfallen lassen.

(Dr. Anjes Tjarks)

(Beifall bei der LINKEN)

Von daher ist es natürlich richtig zu sagen, wir müssen den Hafenentwicklungsplan neu machen. Wenn der Hafenentwicklungsplan von 17 Millionen TEU ausgeht, die nächstes Jahr erreicht werden sollen, und wir gegenwärtig froh sind, wenn wir 10 Millionen TEU erreichen, dann sind doch die wesentlichen Grundlagen für die Planungen im Hafen – für Straßen, für Kaianlagen, für den Ausbau – aufgrund dessen infrage gestellt. Dann nur zu sagen, man mache das nicht anhand eines Hafenentwicklungsplans, sondern lade einmal alle ein und rede mit denen, reicht nicht aus. Damit werden Sie Ihrer Verantwortung, vernünftige Hafenpolitik zu machen, nicht gerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Dementsprechend verstehe ich diejenigen völlig, die im Hafen agieren, und natürlich vor allen Dingen die Beschäftigten, die ihren Hafentarif bedroht sehen. Das wissen Sie doch, Herr Tjarks; nun reden Sie einmal darüber, meinetwegen auch hier, was Sie dazu denken. Denn die Situation ist, dass der Logistiktarifvertrag den Hafentarif bedroht und dementsprechend auch die Beschäftigung dort und das gute Lohnniveau, was gegenwärtig noch vorhanden ist. Auch dieses Problem müssen gerade Sozialdemokraten, meinetwegen auch ein bisschen noch die GRÜNEN, mit berücksichtigen für eine gute Hafenpolitik. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion bekommt Herr Kruse das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! In der Tat muss die Hafenpolitik dieses Senats viel besser werden, denn der Hamburger Hafen steht am Scheideweg. Er steht am Scheideweg, weil der Senat in den letzten Jahren viele wichtige Entscheidungen schlicht ausgesessen hat. Nach rund zehn Jahren wirtschaftlicher Krise im Hamburger Hafen können wir sagen, altbewährte Konzepte werden in dieser Stadt nicht mehr funktionieren, um den Hafen aus der Krise zu holen.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen begrüßen wir es auch, dass der Wirtschaftssenator im Sommer unseren Vorschlag für Terminalbeteiligungen aufgegriffen und jetzt auch in die Prüfung gegeben hat. In der Tat war es, wie der Kollege Hackbusch eben schon angemerkt hat, reichlich unglücklich, wie allerdings dieses Thema dann den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat, nämlich über die Äußerungen des Bürgermeisters auf seiner Marseille-Reise.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie waren gar nicht dabei! – Dr. Monika Schaal SPD: Sie waren nicht dabei!)

In der Tat ist es höchst unklug, dass in Marseille offensichtlich eine Terminalbeteiligung an der HHLA angeboten worden ist, und die HHLA hinterher dann erst einmal erklärt, dass sie davon aber gar nichts wisse.

(Dr. Monika Schaal SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Dumm ist, dass bei der HHLA nun einmal der Vorstand die relevanten unternehmerischen Entscheidungen zu treffen hat und nicht etwa der Senat. Sie wissen es so gut wie ich, Herr Kienscherf, die HHLA ist eine Aktiengesellschaft, und deswegen kann der Bürgermeister im Ausland nicht einfach im Alleingang sagen: Sie können sich hier gern an unseren Terminals beteiligen. So geht es nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Jörg Hamann CDU)

Anstatt das Thema nur anzustoßen, sollten Sie es auch vernünftig durchdenken, denn auch HapagLloyd hat darauf hingewiesen, dass das Unternehmen in große Schwierigkeiten gerät, wenn beispielsweise diese Beteiligung am Burchardkai stattfindet, und danach sieht es im Moment aus.

(Dirk Kienscherf SPD: Sehr einseitig, die Re- de!)