Haushaltsentwicklung wirklich generationengerecht gelingt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns heute und in den nächsten Wochen gute Beratungen. – Vielen Dank.
Das Wort erhält jetzt für die Opposition traditionell der Redner der stärksten Oppositionsfraktion. Thilo Kleibauer für die CDU.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielleicht kurz vorweg: Wir haben uns hier im Haus, übrigens schon lange vor 2011, gemeinsam auf den Weg gemacht, den Haushalt auf das kaufmännische Rechnungswesen umzustellen. Ich glaube, auch die Bilanz, die der Finanzsenator gerade gestern für das abgeschlossene Jahr vorgelegt hat, zeigt, dass dieser Weg richtig ist; das kaufmännische Rechnungswesen ist deutlich aussagekräftiger. Wir sind Vorreiter, und wir haben uns damit, das stimmt in der Tat, auch an der einen oder anderen Stelle engere Maßstäbe gesetzt als andere Bundesländer. Aber das ist auch richtig, es passt zu einer Kaufmannsstadt und es sichert die Zukunftsfähigkeit der Stadt. Das ist wichtig, und deshalb sollten wir diesen Weg auch fortsetzen.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Kleibauer, ich habe die Redezeit angehalten. – Ich blicke noch einmal auf die Senatsbank, ich finde es wirklich ungebührlich
Wenn man sich die Konzernbilanz anguckt, die gestern vorgelegt wurde, dann ist der Fehlbetrag beim Eigenkapital der Stadt im Konzern weiter zurückgegangen. 26 Milliarden Euro, das heißt schlichtweg, dass auch in den letzten Jahren, aber auch viele, viele Jahre und Jahrzehnte davor mehr Geld ausgegeben wurde, mehr Verpflichtungen eingegangen worden sind, als zur Verfügung stehen. Daran haben wir noch lange zu knabbern, und das dürfen wir auch nicht vergessen, wenn wir jetzt über den Haushalt 2019/2020 reden.
Da hat man bei Ihnen, wenn wir uns den Haushaltsplan des Senats für 2019 und 2020 anschauen, doch eher ein bisschen den Eindruck, im Vor
dergrund steht die sehr günstige Konjunkturlage, die den Kernhaushalt positiv beeinflusst. Da muss man sich doch noch einmal die Zahlen vor Augen halten. Sie weiten den Haushalt aus, ungefähr um eine Milliarde Euro pro Jahr. In den drei Jahren 2018, 2019, 2020 wollen Sie über 4 Milliarden Euro oder 15 Prozent mehr ausgeben, als bei Abschluss der Koalition festgelegt wurde. Das hat dann auch nichts mehr mit einer Wachstumskomponente zu tun; das ist eine sehr massive, eine sehr deutliche Ausweitung des Haushalts und das ist durchaus fragwürdig.
Man kann sich auch viele Phasen in der Vergangenheit anschauen; in den Neunzigerjahren hat es einmal eine solch deutliche Ausweitung des Haushalts gegeben – das rächt sich früher oder später. Der Rechnungshof, den Sie schon zitiert haben, hat auch deutlich gemacht, dass sich die Verkürzung bei der Berechnung des Steuertrends in schlechten Jahren genauso ins Gegenteil umkehren kann. Und das führt dann dazu, dass die paar Millionen, die Sie die letzten Jahre getilgt haben, relativ schnell wieder aufgenommen werden, Herr Dressel. Deshalb müssen wir in jedem Fall darauf achten.
Wenn man sich den Haushalt anschaut, dann steigt das Haushaltsvolumen, aber man schaut sich ja auch die Parameter an, mit welchen Annahmen Sie arbeiten, wie vorsichtig das ist, wo Reservepositionen sind. Ich finde, da ist relativ wenig Reserve enthalten. Ich habe mit Interesse Ihre Aussage im "Hamburger Abendblatt" gelesen, Herr Dressel, als Sie im April dieses Jahres Finanzsenator wurden:
"Wir wollen auch künftig Vorsichtsabschläge berücksichtigen. Bei der vorsichtigen Haushaltsführung wird es mit mir keinerlei Abstriche geben."
Vorsichtsabschläge – Ihr Vorgänger hatte im Haushaltsplan 2017/2018 über 500 Millionen Euro eingepreist. Bei Ihnen im Jahre 2019 null, im Jahre 2020 null. Was ist das denn? Also selten so ein Wortbruch eines neuen Senators in kurzer Zeit.
Das zeigt doch, dass Sie in guten Jahren eine positive Einnahmesituation einpreisen und gleichzeitig noch die Risikovorsorge herunterfahren. Das passt doch nicht zusammen, Herr Dr. Dressel, das kann ein Hamburger Finanzsenator doch nicht so machen.
Wenn man sich den Haushalt anschaut, dann gibt es auch ein paar Annahmen, die einen ein bisschen skeptisch werden lassen. Sie haben das
Thema Personal angesprochen, da gibt es in der Tat an der einen oder anderen Stelle sicherlich mehr Bedarf. Die zentrale Annahme für die Personalkostensteigerung ist, dass wir von einem Tarifanstieg von 1,5 Prozent ausgehen. Da fragt man sich, ob Ihre Haushaltsabteilung eigentlich nicht so häufig dazu kommt, einmal in die Tagespresse zu gucken. Die letzten Tarifabschlüsse waren deutlich höher.
Der Bürgermeister hat auch von Mindestlohn gesprochen, da müssten wir etwas tun bei den unteren Lohngruppen. Wir haben in vielen Bereichen, in vielen Berufsgruppen doch das Problem Fachkräftemangel, dass wir eher überlegen, dass wir da überproportional nachsteuern müssen. Und Sie sagen, nein, 1,5 Prozent. Das reicht doch für die großen Behörden, die einen sehr großen Personalkörper haben – das ist ja die größte Position im Haushalt –, nicht aus. Hier ist nichts zu erkennen, und das werden wir sehr kritisch in den Haushaltsberatungen hinterfragen, ob Sie dort ausreichend Vorsorge getroffen haben.
Im Übrigen, Herr Finanzsenator, haben wir in der Tat an einigen Stellen Mehrbedarfe, aber ob ausgerechnet die erste Amtshandlung in Ihrer Behörde das Richtige ist? Nachdem die Finanzbehörde Aufgaben abgibt, schaffen Sie ein zusätzliches Amt, Sie schaffen zusätzliche Abteilungsleiterstellen. Ich glaube, da sendet die Finanzbehörde eher ein falsches Signal aus, was das Thema Ausgabenkritik angeht.
Ich finde auch die Analyse des Rechnungshofs, den Monitoringbericht zur Schuldenbremse, sehr interessant, der uns dankenswerterweise rechtzeitig zu den Haushaltsberatungen, auch mit einer Einschätzung der Haushaltsberatungen, zur Verfügung gestellt wurde. Da sind viele Ampeln auf Gelb. Das haben Sie die letzten Jahre schon geflissentlich ignoriert und gesagt: Gut, gelbe Ampel, da kann man ja Gas geben und weiterfahren. Aber dieses Mal ist in der Tat eine Ampel auf Rot gesprungen. Und das ist nicht irgendeine Ampel, das sind zwölf Kriterien. Das ist das Kriterium Finanzstrategie des Senats. Das ist schon ein zentrales Element, und das sollte Ihnen wirklich ein Warnsignal sein, wenn dort die Ampel auf Rot springt.
Sie haben heute gesagt: Ja, da steuern wir noch einmal nach und da reden wir. Aber ich fand auch die Reaktion der Kollegen von den Regierungsfraktionen interessant. Sie haben gesagt: Ah, rote Ampel, böse, böse, da ist der Rechnungshof ein
bisschen übers Ziel hinausgeschossen. Nein, liebe Kollegen, Sie sind über das Ziel hinausgeschossen.
Sie wollten nicht 700 Millionen Euro für das Jahr 2018, sondern noch einmal 200 Millionen Euro zusätzlich. Sie wollten den kompletten Betrag und haben jetzt eine Nachtragsdrucksache, wo man an vielen Stellen erkennt, das Geld wird in diesem Jahr gar nicht benötigt, sondern ist eher dazu da, noch einmal die Reserven zu füllen. Es ist doch so: Wer sein Finanzkonzept zu häufig ändert, der gerät doch automatisch in den Verdacht, dass er das nach Kassenlage ändert. Da haben Sie dann keine Glaubwürdigkeit mehr.
Wenn wir den Konzern Hamburg anschauen, was wir ja immer tun, und da gibt es auch viele Schnittstellen zum Haushalt, dann stellen wir fest: Es gibt eine Schuldentilgung im Kernhaushalt und es gibt weiter einen ungebremsten Anstieg der Verschuldung außerhalb. Im gesamten Konzern steigt die Verschuldung. Wenn Sie, wie Sie gestern gesagt haben, 600 Millionen Euro im Kernhaushalt getilgt haben, heißt das, Sie haben einen deutlichen Schuldenanstieg außerhalb des Kernhaushalts. Und das kann man sich bei vielen Geschichten anschauen. Bei der Hochbahn haben Sie die letzten Jahre die Finanzschulden verdoppelt, beim UKE haben Sie mehr als verdoppelt, HPA von 200 Millionen Euro auf über 300 Millionen Euro, f & w fördern und wohnen haben Sie in die Verschuldung geschickt. Das sind alles keine Einheiten, die sich selbst finanzieren, sondern die in der Regel auf Zuschüsse, auf Verlustübernahmen aus dem Haushalt angewiesen sind und nicht wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen. Und hier ist schon ein weiterer Anstieg vorprogrammiert. Da habe ich mit Interesse gelesen, welche Ermächtigungen Sie sich mit dem Haushalt 2019/2020 einräumen lassen wollen für die Bürgschaftsaufnahme, für die Verschuldung von Tochterorganisationen der Stadt. Auch das werden wir kritisch hinterfragen.
Dann ist Ihre Antwort: Wir machen jetzt im Haushaltsplan eine neue Position, Stärkung Finanzkraft Hamburg. Das hört sich auf den ersten Blick gut an und ist vom Ansatz her auch nicht die schlechteste Richtung. Da planen Sie in den Jahren 2019 und 2020 110 Millionen Euro für Investitionen ein. Sie planen das ohne jegliche Konkretisierung ein und ohne jegliche Beteiligung des Parlaments. Das ha
Da haben Sie gesagt: Ja, wir gucken dann einmal, wo wir das einsetzen. 110 Millionen Euro, die wir als Bürgerschaft am Anfang blanko ermächtigen sollen, und Sie werden dann irgendwie überlegen, in welchem Politikbereich Sie einmal was damit machen, in welchem Politikbereich Sie Löcher stopfen.
Meine Damen und Herren, das kann nicht sein. Das ist mehr als Intransparenz, das ist haushaltsrechtlich grenzwertig und es ist eine Frechheit gegenüber dem Parlament, wenn man solche Pläne vorlegt.
Ich komme auch auf das Thema Investitionen. Wir hatten in der letzten Sitzung die Drucksache zum Erhaltungsmanagement debattiert, und da ist auch interessant, was der Rechnungshof Ihnen am Montag gesagt und aufgeschrieben hat. Im Ist, also in dem, was tatsächlich investiert wird, ist die Investitionsquote 2017 auf ein neues Tief gesunken. Auch wenn ich mir den Jahresabschluss von gestern anschaue, Bauten des Infrastrukturvermögens – das ist gesondert ausgewiesen, Herr Müller, da können Sie auch einmal reingucken –, dann ist es 2017 weiter zurückgegangen, und das ist das Anlagevermögen für Straßen, für Brücken, für Hafenanlagen, für Grünanlagen.
Seit 2014 ist das Anlagevermögen um 5 Prozent zurückgegangen. Das heißt, wir sind noch im Substanzverzehr. Insofern bleibt das, was ich auch letzte Woche beim Erhaltungsmanagement gesagt habe: Bei den Investitionen messen wir Sie nicht an den Ankündigungen, sondern an dem, was Sie tatsächlich umsetzen, Herr Senator. Und da ist auch ein großes Manko und ein großer Handlungsbedarf.