Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

In den letzten Jahren haben wir bereits viel über den Sanierungsfonds 2020 der Bürgerschaft für die Kultureinrichtungen getan. Allein in die Deichtorhallen haben wir so über 20 Millionen Euro

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

investiert, ins Planetarium 8 Millionen Euro und viel, viel Geld in das Schauspielhaus, das Thalia Theater, aber vor allem auch in viele Stadt- und Kultureinrichtungen und die Bücherhallen. Mit der vorliegenden Drucksache stellen wir uns bei dem Thema neu und vor allen Dingen nachhaltig auf.

Wir weiten das Mieter-Vermieter-Modell, mit dem wir bisher nicht nur bei den städtischen Bürogebäuden mit der Instandsetzung gute Erfahrungen machen, sondern auch bei den Museen schon gute Erfahrungen gemacht haben, einmal mehr aus. In den nächsten zwei Jahren werden über 20 Kulturimmobilien unter dem Dach der städtischen Immobilientochter Sprinkenhof AG zusammengefasst und dann zunächst von der Kulturbehörde und später auch von den Kultureinrichtungen selbst zurückgemietet. Über die Mietzahlungen stellen wir dann sicher, dass die Gebäude von 23 Kultureinrichtungen, vielleicht später noch mehr, der Museen, von Schauspielhaus und Thalia Theater, der Oper, von Kampnagel und Planetarium, aber auch viele andere, zunächst vom Vermieter saniert und später vor allem auch instandgehalten werden – denn daran hat es doch oft gehapert –,

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

damit nicht wieder das eintritt, worüber wir heute reden, nämlich ein Sanierungs-/Modernisierungsstau bei Kulturimmobilien, der jetzt schon auf über 300 Millionen Euro geschätzt wird. Die Mieten für die Objekte stellen wir im Haushalt zur Verfügung, steigende Mieten für steigende Instandhaltungsund Sanierungsbedarfe. Einmal mehr werden wir den Kulturhaushalt in den nächsten Jahren erhöhen.

Dieses Vorhaben stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Das haben die Beratungen und die eine oder andere Korrekturschleife gezeigt. Das war manchmal ärgerlich, aber immer parlamentarisch sichergestellt, dass wir alles beraten und besprechen konnten. Ich glaube, über 200 Seiten Protokollerklärungen zeigen, wie intensiv wir beraten haben, beraten konnten, wie gut wir informiert worden sind zu diesem Zeitpunkt.

(Beifall bei der SPD und bei René Gögge und Farid Müller, beide GRÜNE)

Die Kulturbehörde verstärkt nun ihr Immobilienmanagement, um mit den neuen Anforderungen umgehen zu können. Die Kultureinrichtungen stehen vor der großen Herausforderung, Sanierung und Betrieb womöglich unter einen Hut zu bringen, und dort, wo es nicht möglich ist, werden wir auch Ersatzspielstätten bereitstellen. Die Sprinkenhof, der städtische Immobilienverwalter, steht vor der Herausforderung, mit Spezialimmobilien umgehen zu müssen und mit besonders anspruchsvollen Nutzern. Ich hoffe, dass sie dieser Herausforderung gewachsen ist.

Um die Versäumnisse vergangener Jahrzehnte bei der Instandhaltung öffentlicher Infrastruktur aufzuarbeiten, bedarf es guter Konzepte und eines langen Atems. Mit dem Mieter-Vermieter-Modell und dem Erhaltungsmanagement haben wir die guten Konzepte, und Rot-Grün steht für den langen Atem. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, in einem Punkt sind wir uns weitestgehend einig: Es gibt einen großen Sanierungsbedarf bei den Kulturimmobilien in der Stadt, der ist an vielen Stellen durchaus dringend und zeitkritisch, und es ist sinnvoll, das anzugehen. Aber egal, wie man es angeht und mit welchem Finanzierungsmodell man es angeht, eines ist doch immer vorausgesetzt, der Senat muss das Modell sauber vorbereiten, er muss es sorgfältig vorbereiten, er muss der Bürgerschaft eine angemessene Drucksache zur Beratung und Entscheidung vorlegen und er muss vor allen Dingen das Parlament angemessen informieren. Das ist hier am Anfang definitiv nicht erfolgt. Herr Brosda und Herr Dressel, die diese Drucksache zu verantworten haben: Ich habe selten eine so miserable Ausgangsdrucksache gesehen, die Sie zu diesem Thema ins Parlament eingebracht haben.

(Beifall bei der CDU)

Es sind nicht nur kleine Formel- oder Tippfehler, die da korrigiert werden mussten, sondern das sind schon sehr gravierende Fehler, die darauf hindeuten, dass das wirklich mit Unwissenheit, mit der heißen Nadel gestrickt wurde; das geht schon eher in den Bereich der groben Fahrlässigkeit. Es ist auch schon bezeichnend, dass der Zusatzantrag der Regierungskoalition zur Fehlerkorrektur Ihrer Drucksache, über den Herr Quast sehr charmant hinweggegangen ist, ja fast einen größeren Umfang hat als die Ausgangsdrucksache, lieber Senat. Das ist ein Verfahren, wie wir es uns nicht wünschen.

(Beifall bei der CDU)

Es sind einige wirklich gravierende Sachen. Das Planetarium ist durchaus erwähnenswert, denn wir beschließen doch mit dieser Drucksache formal nicht die Sanierung, sondern wir beschließen die Übertragung von Immobilien, die Kreditaufnahmeermächtigung bei Sprinkenhof, und wir beschließen den Verkauf des Planetariums von der Stadt, aus dem städtischen Anlagevermögen, an eine privatrechtliche GmbH, an die Sprinkenhof. Das kann man also hier durchaus erwähnen, und es ist auch bezeichnend bei der Frage Verkauf Planetarium.

(Jan Quast)

Die erste Antwort der Kulturbehörde im Ausschuss war im Brustton der Überzeugung, da falle gar keine Grunderwerbssteuer an, das sei steuerlich vorteilhaft. Die erste Antwort von Sprinkenhof zum gleichen Vorgang war, natürlich falle da Grunderwerbssteuer an. Das ist zum Beispiel ein Punkt, der nicht vertrauenerweckend ist, wenn wir so eine Drucksache beraten, Herr Brosda.

(Beifall bei der CDU)

Bei der Verpflichtungsermächtigung, also dem Punkt, in dem es um die Belastung der langfristigen Verträge geht, die abgeschlossen werden für künftige Haushalte – Ihre Drucksache –, geht es um 94 Millionen Euro. Dann fragen wir im Ausschuss nach, dann schaut sich das anschließend die Finanzbehörde noch einmal an: Nein, es geht nicht um 94 Millionen Euro, wir brauchen eine Verpflichtungsermächtigung über 417 Millionen Euro. Das ist ein himmelweiter Unterschied und es zeigt doch sehr, hier wurde mit der heißen Nadel gearbeitet, hier wurde diese Drucksache wirklich nicht angemessen und sorgfältig zur Entscheidung vorbereitet, abgesehen davon, dass Sie dann auch noch Museen mit aufgeführt haben, bei denen an sich relativ klar war – im Übrigen auch vielen Menschen in der Finanzbehörde und in der Kulturbehörde –, dass man die aufgrund der vertraglichen Konstruktion gar nicht übertragen kann. Herr Seeler nickt, schmunzelt und weiß, worum es geht. Das ist doch auch sehr überflüssig gewesen.

Ich möchte noch etwas dazu sagen. Das eine ist, dass wir hier eine Drucksache von, diplomatisch formuliert, unterdurchschnittlicher Qualität hatten. Das andere ist, dass die kombiniert war mit einem enormen Zeitdruck, der insbesondere vonseiten der Kulturbehörde und vonseiten der SPD-Abgeordneten hier aufgebaut wurde. Ich finde es dann wirklich nicht angemessen, wenn aufseiten der Behörden durchaus die Kenntnis vorhanden ist, dass in den Drucksachen Fehler enthalten sein können, gleichzeitig einen großen Zeitdruck aufzubauen und das Parlament zu drängen, diese Drucksache doch sehr schnell vor der Sommerpause durchzuwinken. Es ist sehr gut, dass wir das nicht getan haben und dass wir sauber aufgearbeitet haben, was dort steht, was korrigiert werden muss, und dass wir nun auch Klarheit haben, welche Museen überhaupt zum Anlagevermögen der Kulturbehörde gehören und welche nicht. Es ist, glaube ich, sehr gut, dass wir uns diese Zeit genommen haben für eine angemessene parlamentarische Beratung zu diesem wichtigen Thema.

(Beifall bei der CDU und bei Jennyfer Dutschke FDP)

Wir sind insgesamt, was das Mieter-Vermieter-Modell angeht, nicht überzeugt, dass dieser Senatsstandard die einzige und in allen Fällen die wirtschaftlichste Variante für alle Sanierungsvorhaben in dieser Stadt ist. Da ist der Senat, da ist auch

diese Koalition in der Pflicht, den Nachweis anzutreten. Das werden wir sicherlich weiter verfolgen. Ansonsten kann man nur sagen, dieses Projekt ist sehr schlecht gestartet, jetzt liegt es am Senat, hier auch für Transparenz zu sorgen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei Jennyfer Dutschke FDP)

Das Wort bekommt Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kleibauer, sicher ist, dass beim nächsten Start für ein Mieter-Vermieter-Modell von Anfang an bessere Vorlagen kommen müssen. Ich denke aber, die Eile des Senats war auch objektiv begründet,

(André Trepoll CDU: Für uns war die Vorla- ge nicht schlecht!)

weil es hier tatsächlich einige Gebäude sehr, sehr nötig haben, schnell instand gesetzt zu werden. Das habe ich unseren Senatsvertretern auch abgenommen, dass das die Motivation war, das Parlament …

(André Trepoll CDU: Sie nehmen denen doch alles ab!)

Ja, nun seien Sie einmal still, Herr Oppositionsführer da unten, hören Sie erst einmal zu.

Das objektive Problem in dieser Stadt war, dass wir vor der Herausforderung stehen, all die Kulturhäuser in dieser Stadt wieder instand zu setzen. Ich habe von Ihnen jetzt noch nicht so den richtigen Vorschlag gehört, wie Sie es gern machen würden. Wir haben uns nun auf den Weg gemacht, eine Menge älterer Häuser der Kultur zu sanieren und auch kurzfristig instand zu setzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Wir haben auch vor, dafür Geld in die Hand zu nehmen, denn ohne das geht es nicht. Wir haben uns natürlich auch Gedanken gemacht dazu, wie das denn alles vonstattengehen kann, wenn es in der letzten Zeit nicht so gut geklappt hat, denn der Sanierungsstau ist doch nicht vom Himmel gefallen. Es hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass die Theater und Museen und andere Kulturhäuser selbst überhaupt keine fachliche Kompetenz in dem Ausmaß haben, ihre Häuser selbst in diese Instandsetzung zurückzubringen, wo sie einmal waren. Deswegen ist dieses Modell, das wir jetzt vorgeschlagen haben, das auch ein bewährtes ist in anderen Bereichen, das Mieter-Vermieter-Modell, eines, was jetzt versucht das zu erreichen, und zwar in einer Breite, wie es diese Stadt so noch nicht erlebt hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

(Thilo Kleibauer)

Wir wollen mit diesem Modell einerseits die Kulturschaffenden davon entlasten, Immobilienmanagement zu spielen, was sie wahrscheinlich nicht so super gut hinkriegen, weil ihre Kompetenzen woanders liegen. Es macht auch keinen Sinn, an 23 Kulturhäusern diese Kompetenz aufzubauen, sondern es macht schon Sinn, zu überlegen, wo gibt es denn jetzt schon eine solche Kompetenz und wo ist es auch nicht so schlimm, die noch weiter auszubauen. Dass die Sprinkenhof AG sich hier anbietet als Partner, als städtischer Partner, liegt auf der Hand und ist von Ihnen doch in der Sache auch nicht bestritten worden. Insofern sind wir erst einmal sehr froh, dass wir hier den richtigen Partner gefunden haben, und haben großes Zutrauen, dass Kulturbehörde und Sprinkenhof AG sich mit den Kulturschaffenden zusammen die Mietverträge und all das, was pro Haus notwendig ist, genau ansehen und dann alles unter Dach und Fach bringen mit den Mietverträgen, aber eben auch mit der Instandsetzung in den nächsten Monaten und Jahren.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Wenn man sich das jetzt noch einmal anschaut, bedarf es dafür, damit so eine Situation in Zukunft nicht wieder eintritt, einiger Vorkehrungen. Das ist sehr ausführlich in der Drucksache erläutert worden und auch im Ausschuss. Wir haben eine Miete, die setzt sich zusammen und ist praktisch das Spiegelbild dafür, dass wir monatlich für die Instandsetzung, die Finanzierung ansparen für die Zukunft und auch natürlich für die Finanzierung sorgen. Dann haben wir eine zweite Miete, die natürlich die Werterhaltung im Blick hat, die augenblickliche und auch die für die nächsten Jahre. Diese beiden Komponenten zusammen sollen dafür sorgen, dass der Sanierungsstau, den wir heute in dieser Stadt haben, sich in Zukunft nicht noch einmal in dieser Art und Weise darstellt.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das hinbekommen. Es ist ein gehöriges Stück Arbeit, wenn wir das heute verabschieden, aufseiten der Exekutive, zwischen Senat und auch der Sprinkenhof AG, das auch wirklich auszuarbeiten. Wir werden uns natürlich, das ist versprochen worden, vom Senat immer wieder einmal berichten lassen, wie der Stand der Dinge ist. Aber unser aller Interesse als Parlamentarier ist doch, dass wir heute den Weg dafür freimachen, dass die Kultur in den Häusern, in denen sie stattfindet, wieder eine gute Zukunft bekommt, dass wir das anpacken mit der Sanierung nicht nur auf den Straßen, sondern eben auch da, wo die Kultur in dieser Stadt stattfindet. Dafür bitte ich um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren! Herr Kleibauer hat eben schon sehr gut ausgeführt, was wir an formaler und konkreter Kritik im Zusammenhang mit der Drucksache haben; das brauche ich nicht weiter auszuführen. Ich möchte mich dementsprechend eher auf die anderen Fragestellungen konzentrieren. Herr Müller hat eben gesagt, warum das so eilig ist. Da müssen wir doch einmal ein paar selbstkritische Worte dieser Koalition hören. Sie haben doch den Zustand herbeigeführt, dass es zu so einer kritischen Situation gekommen ist.

(Farid Müller GRÜNE: Bitte?)

Es ist doch so, dass über sieben Jahre in gewisser Weise – und nicht nur Rot-Grün – die Roten hier regieren. Sie haben die Situation geschaffen, Sie haben nichts für die Sanierung getan, kommen dann aber eilig an und sagen, vielleicht habe die CDU vor acht Jahren auch einmal etwas falsch gemacht. Aber das kann doch nicht mehr die Begründung sein dafür, dass Sie jetzt Mist gebaut haben und damit die Eiligkeit gekommen ist. Da möchte ich Ihre Selbstkritik gern hören.

(Beifall bei der LINKEN und bei André Tre- poll CDU)

Das Zweite: Ich finde übrigens auch die Kritik an der Kultur und den Kultureinrichtungen an dieser Stelle falsch. Wenn wir uns noch daran erinnern, wir haben damals eine Stelle, die etwas Ähnliches gemacht hat und machen sollte, eingerichtet, die sogenannte IMPF. Die waren für etwas Ähnliches zuständig, da wurde etwas Ähnliches versprochen. Man kann jetzt nicht sagen, die Kultureinrichtungen hätten aufgrund dessen Schuld, das kann man denen nicht vorwerfen, sondern da gab es einen strukturellen Fehler, den hätte man auch früher schon beseitigen können, und das haben Sie nicht gemacht.

Aber wir haben natürlich so eine Situation und zwei kritische Sachen, Herr Quast hat schon darauf hingewiesen, 230 Seiten Bericht. Das liegt nicht nur daran, dass die Opposition nervig ist, wie sie es gern ist, sondern das liegt auch daran, dass diese Sachen, die dort aufgebaut werden, eine Komplexität bekommen, die mir große Sorgen bereitet. Eine Komplexität, die viele neue Schnittstellen schafft zwischen dem, was die Kultureinrichtungen machen müssen, was Sprinkenhof macht, wo noch eine private Finanzierung dahinter liegt mit Objektgesellschaften. Ich meine und ich befürchte auch an dieser Stelle, und die Ausschussberatungen haben es uns wohl nicht widerlegt, dass einfach die Übersicht auch innerhalb der Kulturbehörde und innerhalb der Finanzbehörde wahrscheinlich darun

(Farid Müller)

ter leiden wird. Deswegen sind wir diesem Modell gegenüber insgesamt skeptisch.